TE OGH 1991/12/19 8Ob591/90

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Veröffentlicht am 19.12.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes

Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*****, vertreten durch Dr. Gunther Gahleitner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Christian P*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Broesigke und Dr. Bertram Broesigke, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 173.600,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 5. Februar 1990, GZ 4 R 276/89-33, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 12. September 1989, GZ 32 Cg 349/88-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die klagende GmbH. begehrte zunächst die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 360.000,-- mit der Begründung, er habe sie gegen ein Entgelt von 1,5 Mio. S mit der Planung und Ausstattung eines Gastlokales (Kaffeehaus) beauftragt, sei dann aber grundlos vom Vertrag zurückgetreten und müsse aufgrund der vereinbarten Verkaufs- und Lieferbedingungen eine 20-%ige Stornogebühr zuzüglich Umsatzsteuer zahlen. In der Folge schränkte die Klägerin das Zahlungsbegehren unter Hinweis auf das richterliche Mäßigungsrecht auf S 173.600,-- sA ein und führte dazu aus, ihr sei in dieser Höhe eine tatsächlicher Schaden entstanden, weil sie dem Handelsvertreter P***** einen Betrag von S 90.000,-- bezahlt und im Rahmen des erteilten Auftrages bereits 104,5 Arbeitsstunden a S 800,-- aufgewendet habe.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens mit der Behauptung, er habe der klagenden Partei keinen verbindlichen Auftrag erteilt, vielmehr ihr diesbezügliches Anbot nicht angenommen. Die Streitteile hätten vereinbart, daß er, der Beklagte, im Falle eines anderweitigen Vertragsabschlusses der klagenden Partei für die gegenständliche Konzepterstellung einen Betrag von S 3.000,-- zuzüglich USt zu zahlen habe. Mangels Auftragserteilung hätten auch die Verkaufs- und Lieferbedingungen der klagenden Partei keine Geltung. Die hierin enthaltene Bestimmung über die Stornogebühr sei überdies ungewöhnlich und für ihn, den Beklagten, nachteilig; er habe nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde mit dieser Klausel auch nicht rechnen müssen. Die Höhe der Stornogebühr sei im Hinblick auf den geringen Arbeitsaufwand der klagenden Partei (vierstündige Planung) jedenfalls unangemessen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf der Grundlage folgender wesentlicher Feststellungen statt: Über Vermittlung des selbständigen Handelsvertreters Wilhelm P*****, der von dem Plan des Beklagten, das *****-Cafe in der ***** Straße zu übernehmen, erfahren hatte, kam es zu einer gemeinsamen Besichtigung zunächst eines anderen von der klagenden Partei einzurichtenden Lokales ("B*****") und nach einer Besprechung der "künftigen Betriebsform" auch des vom Beklagten zu übernehmenden Lokales. Hiebei verlangte der Beklagte eine Kostenschätzung für sämtliche Einrichtungsarbeiten einschließlich Installationen und erklärte, daß er maximal 1,5 Mio. S investieren wolle. Nach Besprechung der dann von Vertretern der klagenden Partei einzeln kalkulierten Leistungen, wie sie später im Leistungsverzeichnis ./C aufschienen, wurde dieser Betrag als hinreichend befunden und als "Gesamtrichtpreis", d.h. als einzuhaltende Obergrenze, bezeichnet. Die Situierung der Einrichtung und die Art des Materials (Ausführung in Holz, bestimmte Tapezierung der Sitzmöbel) stand fest, nicht jedoch das genaue Design, für das die klagende Partei einen Entwurf herstellen sollte. Schließlich wurde der Auftrag zur Planung und Einrichtung des künftigen Lokales verbindlich fixiert. Der Beklagte erklärte, es sei zu 90 % sicher, daß er dieses Lokal mieten werde. Für den Fall, daß es wider Erwarten zu keinem Mietvertrag komme, vereinbarten die Streitteile einen Stornobetrag von S 3.000,--, zumal der klagenden Partei das Risiko des Nichtzustandekommens eines Mietvertrages sehr gering erschien. In Gegenwart des Beklagten wurde der Kaufvertrag Beilage ./B ausgefüllt. Dieser lautete:

"Ich (wir) bestelle(n) unter Anerkennung

umseitiger Verkaufs- und Lieferbedingungen:

Planung und Einrichtung eines Gastlokales - Cafes. Da zur Zeit kein Mietvertrag besteht, werden bei Nichtübernahme des Lokales durch den Kunden für die Konzeptplanung S 3.000,-- o.Mwst. berechnet.

"Darüber befanden sich folgende Vermerke:

"Lieferzeit lt. getr. Vereinbarung", "Versand frei" und "Zahlung lt. getr. Vereinbarung".

Auf der Rückseite des Formulares befinden sich die Verkaufs- und Lieferbedingungen der Klägerin. Punkt 8) lautet:

"Auftragserteilung

Es bleibt dem Verkäufer vorbehalten, diesen Kaufantrag nachträglich ohne nähere Begründung abzulehnen. Der Antrag gilt als angenommen, wenn er nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen seitens des Verkäufers abgelehnt wird.

Im Falle einer Stornierung oder Teilstornierung des Auftrages durch den Kunden gilt eine Stornogebühr von 20 % der Auftragssumme zuzüglich MWSt. als vereinbart. Diese Gebühr unterliegt nicht dem richterlichen Mäßigungsrecht. Darüberhinaus haftet der vom Vertrag zurücktretende Käufer auch für alle Schäden, die sich aus dem Umstand ergeben, daß die Erzeugung von Einrichtungsgegenständen bereits angelaufen ist oder daß Wareneinkäufe nicht mehr rückgängig gemacht werden können."

Der Beklagte las sich die Vorder- und Rückseite des Kaufvertrages durch, sah dann Ing. W***** an und fragte ihn, was jetzt sei, wenn er das Lokal miete; Ing. W***** antwortete, daß dann die Klägerin die Einrichtung mache. Darauf erwiderte der Beklagte, daß dies klar sei, und unterfertigte den Auftrag auf der Vorderseite links unten, während ihn Ing. W***** rechts unten unterschrieb.

Als Lieferzeitpunkt wurde Mai 1987 (sechs bis acht Wochen) ins Auge gefaßt, als Zahlungsmodalität hieß es von Klagsseite: "Ein Drittel, ein Drittel, ein Drittel". Die Klägerin verstand darunter: Ein Drittel bei Arbeitsbeginn, ein Drittel bei Lieferbereitschaft, ein Drittel nach Rechnungslegung (vgl. ./A). Dem Beklagten war diese Formulierung geläufig. Die Konsequenzen einer Konstellation "Zustandekommen des Mietvertrages, jedoch Stornierung des vorliegenden Auftrages", wurden von den Beteiligten nicht ausdrücklich erörtert. Der Beklagte erwähnte noch, daß er bereits Gespräche mit seiner Hausbank bezüglich der Finanzierung führe, weshalb er die Klägerin ersuche, ihm für die Bank ein Anbot über die Leistungen der Klägerin zu legen.

Etwa eineinhalb Wochen nach der Auftragserteilung überbrachten Ing. W***** und P***** dem Beklagten einen Plan (./2), der die Situierung der Einrichtung von oben zeigte, und eine Zeichnung (./G) die die äußere Ausgestaltung der Einrichtung perspektivisch zeigte. Der Beklagte war mit diesen Vorschlägen der Klägerin einverstanden, sodaß auch das Design der Ausführung feststand. Der Preis von 1,5 Mio. S wurde als definitive Fixgröße vereinbart.

Bei einem Treffen am 7. März 1987 teilte der Beklagte dem Ing. W***** mit, daß mit dem Mietvertrag alles in Ordnung gehen werde. Tatsächlich begann das Mietverhältnis am 1. April 1987.

Bei einem weiteren Treffen vom 12. März 1987 wurde dem Beklagten ein als "Angebot" bezeichnetes Leistungsverzeichnis der Klägerin vom 10. März 1987 (./C) übergeben. In diesem Leistungsverzeichnis waren die einzelnen Einrichtungspositionen einschließlich Bodenbelags-, Verfliesungs-, Installations-, Tapezierer- und Malerarbeiten etc. angeführt und ein Gesamtrichtpreis von 1,5 Mio. S ausgeworfen. Die Bezeichnung "Angebot" war deshalb gewählt worden, weil der Beklagte die Klägerin ersucht hatte, daß er für seine Bank ein Angebot benötige. Der Beklagte bestätigte, daß das Leistungsverzeichnis in Ordnung gehe.

Nachdem der Beklagte die Klägerin auch um die Erstattung von Finanzierungsvorschlägen ersucht hatte, nahmen Ing. W***** und P***** mit der ***** AG, der *****Bank und der P***** Kontakt auf, um Finanzierungsmöglichkeiten in Erfahrung zu bringen. Von der P***** wurden der Klägerin etwa S 500.000,-- als finanzierbar mitgeteilt, von der ***** AG wurden Beträge von S 220.000,-- bzw. S 350.000,-- im Falle des Abschlusses einer Bezugsvereinbarung vorgeschlagen. Von der *****Bank gab es keinen Vorschlag, nachdem der Beklagte zwei in Aussicht genommenen Treffen für 19. März und 6. April 1987 ferngeblieben war.

Die Klägerin erstattete dem Beklagten schließlich auch noch ein Anbot vom 16. März 1987 über Küchengeräte zum Preis von S 205.250,-- exkl. Ust. (./L) bzw. ein Anbot vom 19. März 1987 (./D) über Küchengeräte zum Preis von S 256.000,-- exkl. Ust. und Portal-Außenwerbung, Speise- und Getränkekarten zum Preis von S 105.000,-- exkl. Ust. Dabei handelte es sich um Leistungen, die über den Auftrag vom 20. Februar 1987 hinausgingen. Der Beklagte erklärte sich auch mit diesen weiteren Leistungen mündlich einverstanden.

Am 30. März 1987 sandte die Klägerin dem Beklagten auch noch eine Auftragsbestätigung (./A).

Am 2. April 1987 fragte der Beklagte Ing. W*****, ob die Klägerin gegenüber der Bank eine Rücknahmeverpflichtung bezüglich der Einrichtung eingehe, wenn er den Kredit nicht zurückzahle. Ing. W***** antwortete, daß sie derartiges noch nie gemacht hätten. Zur Auftragsbestätigung ./A äußerte sich der Beklagte nicht näher.

Mit dem (nicht unterfertigten) Schreiben vom 8. April 1987 (./E) teilte der Beklagte der Klägerin folgendes mit:

"Betrifft: Einrichtung Projekt ***** Straße *****.

Da ich die von Ihnen geplante Einrichtung nicht finanzieren kann, muß ich Ihnen leider mitteilen, daß eine erfolgreiche Zusammenarbeit nicht möglich ist.

Ich danke für das Bemühen, das sie mir entgegengebracht haben und zeichne

hochachtungsvoll

Christian P*****".

Die klagende Partei antwortete ihm mit Schreiben vom 13. April 1987 und ersuchte um Terminvereinbarung, es kam aber in der Folge zwischen den Streitteilen zu keinen Gesprächen mehr. Bis zum Einlangen der Stornierung des Beklagten war der klagenden Partei durch die Planung der vom Beklagten beauftragten Einrichtung ein Aufwand von 104,5 Stunden entstanden. Diese Stunden verteilen sich auf den Geschäftsführer Ing. W***** und drei weitere Mitarbeiter der klagenden Partei. Deren üblicher Stundensatz betrug S 800,--. An ihren Handelsvertreter P***** bezahlte die klagende Partei für die Vermittlung des vorliegenden Einrichtungsauftrages S 75.000,--; S 15.000,-- Umsatzsteuer sind noch offen. Sie nimmt einen Bankkredit mit Sollzinssätzen von 8 bis 9 % in Anspruch.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, zwischen den Streitteilen sei ein Vertrag über die Einrichtung eines Cafe abgeschlossen worden. Der Beklagte habe sich den Verkaufs- und Lieferbedingungen der klagenden Partei unterworfen, nach denen er im Falle einer Stornierung des Auftrages 20 % der Auftragssumme zuzüglich 20 % Ust zu bezahlen habe. Da er einseitig vom Vertrag zurückgetreten sei, habe die klagende Partei grundsätzlich einen Anspruch auf Stornogebühr in der Höhe von S 360.000,--; diese unterliege jedoch dem richterlichen Mäßigungsrecht. Die Stornogebührvereinbarung sei keineswegs ungewöhnlich, der Beklagte habe auch nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde mit dieser Klausel rechnen müssen, überdies habe er die Bedingungen gelesen. Die in Punkt 8 der AGB vorgesehene Vertragsstrafe sei somit Vertragsbestandteil geworden. Ihre weitere Mäßigung unter den von der klagenden Partei eingeschränkten Betrag habe nicht stattzufinden, da ein Schaden in dieser Höhe tatsächlich entstanden sei. Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und erklärte die Revision für zulässig. Es übernahm die erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen als unbedenklich und hielt die Rechtsrüge nicht für gerechtfertigt. Hiezu führte es aus:

Entgegen der Ansicht des Beklagten handle es sich bei der Vereinbarung einer Stornogebühr von 20 % um keine Bestimmung von ungewöhnlichem Inhalt. Der zum Zwecke der Schadenspauschalierung vorgesehene Vergütungsbetrag, durch den die Führung von Rechtsstreitigkeiten über die HÖhe des jeweils zu entrichtenden konkreten Schadens vermieden werde, diene der Rationalisierung der Geschäftsabwicklung durch Verbilligung der Schadensregulierung (vgl. RdW 1987, 93). Es finde sich daher vielfach bei Werkverträgen größeren Umfanges - soweit dem Auftraggeber überhaupt die Möglichkeit des Rücktrittes eingeräumt werde - die Vereinbarung einer Konventionalstrafe. Eine Wertung der Benachteiligung finde im Rahmen der Prüfung, ob die Vertragsbestimmung gemäß § 864 a ABGB Vertragsbestandteil geworden sei, noch nicht statt (SZ 56/62). Die Geltungskontrolle des § 864 a ABGB führe im vorliegenden Fall zum Ergebnis der Geltung der vom Beklagten bekämpften Vertragsbestimmung, weil beim Abschluß von Werkverträgen oder Kaufverträgen größeren Umfanges verwendete Formblätter regelmäßig Konventionalstrafen für den Fall unbegründeter einseitiger Vertragsauflösung vorsähen. Dazu komme, daß der Beklagte die Vertragsbestimmung gelesen habe und die Klägerin davon habe ausgehen können, daß er mit ihr einverstanden sei. Auch eine Vertragsbestimmung ungewöhnlichen Inhaltes werde Vertragsbestandteil, wenn aus dem Verhalten des Erklärenden dem Anerklärten bekannt sei, daß der Erklärende auch von der ungewöhnlichen Bestimmung wisse und er mit ihr einverstanden sei (Krejci, ÖJZ 1981, 117).

Anschließend an die Geltungskontrolle habe die Angemessenheitskontrolle im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB stattzufinden. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine gröbliche Benachteiligung vorliege, seien auch die Normen des dispositiven Rechts heranzuziehen (SZ 56/62 u.v.a.). Das dispositive Recht bestimme für Werkverträge in § 1168 Abs 1 ABGB, daß bei einem Rücktritt des Auftraggebers der Unternehmer den Anspruch auf das vereinbarte Entgelt behalte und sich nur das anrechnen lassen müsse, was er sich erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt habe. Der Besteller trage hiefür die Beweislast (Schwimann/Grillberger, ABGB IV/2, § 1168 Rz 14). Vergleiche man nun diese Regelung des dispositiven Rechts mit der hier vereinbarten Vertragsstrafe von 20 % der Auftragssumme, so könne eine gröbliche Benachteiligung des Beklagten nicht erkannt werden. Wäre die Vertragsstrafe von 20 % nicht vereinbart worden, so hätte die Klägerin einen Anspruch auf die volle Auftragssumme von 1,5 Mio S. und müßte der Beklagte beweisen, was sich die Klägerin erspart habe. Es führe sohin auch die Angemessenheitskontrolle im Sinne des § 879 Abs. 3 ABGB nicht zum Ergebnis einer gänzlichen oder teilweisen Nichtigkeit. Letzlich bestreite der Beklagte die Geltung der Vertragsbedingungen der Klägerin mit dem Argument, das Erstgericht gehe davon aus, der Vertrag sei mündlich zustandegekommen; es habe aber nicht festgestellt, daß der mündliche Auftrag auch die Stornovereinbarung umfaßt habe. Auch diese Ansicht sei nicht zutreffend. Gehe man von den Feststellungen des Erstgerichtes aus, so sei die Auftragserteilung am 20. Februar 1987 erfolgt, wobei der definitive Preis etwas später festgelegt worden sei. Am 20. Februar 1987 habe sich der Beklagte die Vorder- und Rückseite der Urkunde durchgelesen und diese sodann auf der Vorderseite unterfertigt, auf der ein deutlicher Hinweis auf die umseitigen Bedingungen enthalten sei. Somit könne kein Zweifel bestehen, daß die Bedingungen von der Willenserklärung des Beklagten umfaßt gewesen seien.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Beklagten mit dem auf Abweisung des Klagebegehrens gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte bringt vor, nach ständiger Judikatur ergebe sich die Ungewöhnlichkeit einer Vertragsbestimmung nicht allein aus deren Inhalt, sondern besonders aus der Art ihrer Einordnung in die allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere an einem vom Vertragspartner nicht vermuteten, versteckten Ort des Textes. Hier sei der entscheidende Punkt 8 des Vertrages mit "Auftragserteilung" überschrieben, diese habe aber mit einer Stornogebühr nichts zu tun. Der Umstand, daß der Beklagte einige Zeit auf die Urkunde geblickt habe beweise noch nicht, daß er sie und die betreffende Klausel auch tatsächlich gelesen habe, sodaß die diesbezügliche erstgerichtliche Feststellung nicht begründet sei. Der Verwender von AGB müsse auf seinen Wunsch nach Einbeziehung derselben deutlich hinweisen und diese sollten daher nicht auf der Rückseite des Formulars stehen. Der Vermerk "Ich bestelle unter Anerkennung umseitiger Verkaufs- und Lieferbedingungen" bedeute nicht, daß diese Bedingungen als vereinbart zu gelten hätten, sondern lediglich, daß sie zur Kenntnis genommen würden. Da hier Lieferzeit und Zahlung einer erst geplanten Vereinbarung unterliegen sollten, seien entscheidende Punkte noch zu klären gewesen. Selbst nach den Angaben des Geschäftsführers der klagenden Partei sei nur über eine Stornogebühr von S 3.000,-- gesprochen worden, sodaß nicht davon ausgegangen werden könne, daß die klagende Partei den Beklagten auf die überraschende Stornoklausel hingewiesen habe. Eine stillschweigende Zustimmung sei hier auszuschließen, da nicht behauptet werden könne, daß der Beklagte die Stornoklausel tatsächlich gelesen habe. Dieser habe die klagende Partei nur mit Planungsvorschlägen beauftragt, jedoch keinen Auftrag erteilt und sicherlich auch keine Stornovereinbarung abschließen wollen. Es liege sowohl eine Nachteiligkeit der gegenständlichen Stornobestimmung iSd § 864 a ABGB als auch eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs. 3 ABGB vor. Die klagende Partei habe eine Provisionszahlung behauptet und eine Stundenaufstellung verfaßt, die unüberprüfbar seien. Nach der Lebenserfahrung seien bei Planungsaufträgen für kleine Kaffeehäuser lediglich geringe Zeitaufwände erforderlich. Eine 20 %ige Stornogebühr sei auch deswegen grob nachteilig, weil der klagenden Partei kein Schaden entstanden sei. Anläßlich des mündlich zustandegekommenen Vertrages sei mit der Ausnahme des Betrages von S 3.000,-- nichts über Stornogebühren gesprochen worden. Da lediglich ein Auftrag zur Planung und Einrichtung, nicht jedoch ein Generalunternehmerauftrag erteilt worden sei, könne auch nur der Betrag von S 910.000,-- die Bemessungsgrundlage für eine Stornogebühr bilden. Die erstgerichtliche Urkundenauslegung sei unrichtig, weil aus dieser der Betrag von 1,5 Mio. S nicht hervorgehe und die Urkunden ./C und ./A mit "Anbot" überschrieben seien und überdies einen "Gesamtrichtpreis" von 1,5 Mio. S anführten. Auch weitere erstgerichtliche Schlußfolgerungen aus den Urkunden seien unrichtig. Tatsächlich sei nur ein unverbindliches Angebot über die "runde Summe von 1,5 Mio. S", aber kein Auftrag vorgelegen.

Die Revision ist entgegen der Ansicht des Revisionswerbers und des Berufungsgerichtes aus den nachfolgend angeführten Gründe mangels Vorliegens einer Rechtsfrage iSd § 502 Abs. 1 ZPO unzulässig; sie ist daher zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Das Revisionsvorbringen des Beklagten, er habe der Klägerin lediglich einen Planungsauftrag erteilt, es sei keine Liefer- und Zahlungsvereinbarung geschlossen worden, er habe die Kauf- und Lieferbedingungen nicht durchgelesen, der gesamte Kaufpreis bzw. die Bemessungsgrundlage habe nicht 1,5 Mio. S, sondern nur S 910.000,-- betragen und die Klägerin habe aus der Stornierung keinen Schaden erlitten, ist feststellungswidrig und daher unbeachtlich. Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden, weil nicht nur auf Urkunden, sondern auch auf Zeugen- und Parteiangaben gestützten Feststellungen der Tatsacheninstanzen muß von folgendem Sachverhalt ausgegangen werden:

Zwischen den Streitteilen wurde ein Auftrag "zur Planung und Einrichtung des künftigen Lokales verbindlich fixiert"; der Beklagte hat die Vorder- und Rückseite (mit den Kauf- und Lieferbedingungen) des von ihm unterzeichneten "Kaufantrages" durchgelesen; das vereinbarte Gesamtentgelt betrug 1,5 Mio. S; es wurde Zahlung in drei zeitlich bestimmten Abschnitten festgesetzt; die klagende Partei hat zufolge der Stornierung des Auftrages durch den Beklagten tatsächlich einen Gesamtschaden in der Höhe des Klagebetrages (Vermittlungsprovision S 90.000,--, 104,5 aufgewendete Arbeitsstunden a S 800,--) erlitten.

Selbst bei einer "Bemessungsgrundlage" von S 910.000,--, wie sie der Revisionswerber behauptet, läge die 20 %ige Stornogebühr über der Höhe der Klageforderung.

Die in dem als "Kaufantrag" überschriebenen Formular ./A handschriftlich festgehaltene Erklärung der Klägerin, im Falle des Nichtzustandekommens eines Mietvertrages würde sie den Beklagten für die - sodann nutzlose - Konzeptplanung lediglich S 3.000,-- abrechnen, hat auf den übrigen Vertragsinhalt überhaupt keinen Bezug, sodaß, nachdem der Mietvertrag tatsächlich zustandegekommen und diese Klausel somit obsolet geworden war, der Vertragsinhalt volle Wirksamkeit erlangte. Der nur aus wenigen Zeilen sehr übersichtlich gedruckten Textes bestehende "Kaufantrag" ./A enthält auf der Vorderseite über einer - für die im Einzelfall vorzunehmende Ausfüllung vorhandenen - druckmäßigen Einrahmung eindeutig und sofort erkennbar den Vermerk: "Ich (Wir) bestelle(n) unter Anerkennung umseitiger Verkaufs- und Lieferbedingungen:".

Die Rückseite ist sodann deutlich lesbar und übersichtlich in 10 Punkte gegliedert, deren Überschriften lauten:

"1. Eigentumsvorbehalt

2.

Preise

3.

Zustellung

4.

Liefertermin

5.

Mängelrüge

6.

Haftrücklaß

7.

Zahlung

8.

Auftragserteilung

9.

Gerichtsstand, Erfüllungsort

10.

Allgemeines."

Der Text dieser Punkte besteht aus Kleindruck.

Die Einordnung der Stornogebührvereinbarung unter Punkt 8 "Auftragserteilung" erscheint im Hinblick auf den Inhalt der übrigen neun Punkte völlig sachgerecht. Der Revisionsausführung, diese Vereinbarung stehe an einem unvermuteten, versteckten Ort, kann demnach nicht gefolgt werden. Davon abgesehen steht aber ohnehin fest, daß der Beklagte auch die Rückseite der Urkunde mit allen Geschäftsbedingungen durchgelesen hat. Die damit in Widerspruch stehende Behauptung des Beklagten, sein längeres "Anschauen" der Rückseite der Urkunde bedeute noch nicht, daß er diese wirklich "gelesen habe", ist ein unzulässiger Angriff gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen und deshalb unbeachtlich.

Nicht verständlich ist die Revisionsbehauptung, die "Anerkennung" der "Verkaufs- und Lieferbedingungen" bedeute nicht ihre Vereinbarung, sondern nur, daß der Beklagte sie "zur Kenntnis genommen habe". Durch das widerspruchslose "Anerkennen" und "Zurkenntnisnehmen" solcher von einem Vertragspartner angebotenen Vertragsbedingungen durch den anderen Vertragspartner kommt nämlich, gemäß den §§ 862, 863 ABGB, grundsätzlich ein Vertrag (= Vereinbarung) zustande.

Gemäß § 864 a ABGB werden Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet hat, nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte; es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen.

Nach der ständigen Rechtsprechung zu dieser Gesetzesstelle ist objektiv ungewöhnlich nur eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte. Der Klausel muß ein Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt innewohnen (SZ 60/52; 4 Ob 649, 650/88; EvBl. 1988/149 S 597 ua).

Die Vereinbarung der Zahlung einer Stornogebühr - zu deren Rechtsnatur als Reuegeld gemäß § 909 ABGB, allenfalls als Konventionalstraße gemäß § 1336 ABGB vgl Reischauer in Rummel ABGB2 Rz 11 zu § 909 mit Rechtsprechungsnachweis - als Gegenleistung für die Einräumung des Rechtes auf Rücktritt vom Vertrag durch den Vertragspartner ist bei Kauf- und Werkverträgen erfahrungsgemäß durchaus üblich. Eine derartige, für die Art des Rechtsgeschäftes typische Klausel in den Verkaufs- und Lieferbedingungen des Vertragspartners ist daher schon grundsätzlich selbst für einen unerfahrenen Vertragspartner nicht überraschend (vgl. ecolex 1991, 453). Im vorliegenden Fall steht aber - wie bereits dargelegt wurde - fest, daß der Beklagte die Verkaufs- und Lieferbedingungen und damit auch die Stornogebührenklausel bei Vertragsabschluß ohnehin gelesen und gemäß seinen Revisionsausführungen "zur Kenntnis genommen hat". An der Geltung dieser Klausel als Vertragsbestandteil kann daher im Sinne der zutreffenden berufungsgerichtlichen Ausführungen kein Zweifel bestehen (vgl. VersRsch. 1991, 103; 8 Ob 14/91).

Ob eine geltende Vertragsbestimmung im Sinne des § 879 Abs. 3 ABGB "einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles gröblich benachteiligt", muß auf Grund einer umfassenden, die Umstände des Einzelfalles berücksichtigenden Interessenprüfung beurteilt werden (SZ 56/62; SZ 57/41; SZ 58/144 uva).

Die klagende Partei begehrt im vorliegenden Fall nach Klageeinschränkungen letztlich noch den Ersatz ihres aus der Stornierung des Auftrages durch den Beklagten tatsächlich erlittenen Schadens. Ein derartiger Ersatzanspruch entspricht durchaus den Regeln des dispositiven Rechtes (vgl. Reischauer aaO Rz 240 zu § 879), so dem Anspruch auf eine richterlich ermäßigte Vertragsstrafe (§ 1336 ABGB) jedenfalls in der Höhe des tatsächlich erlittenen Schadens oder dem Anspruch auf Schadenersatz bei Nichterfüllung der Verbindlichkeit gemäß den §§ 918 ff ABGB (vgl. Reischauer aaO Rz 1 vor §§ 918 bis 933). Auch auf die beschränkte Entgeltforderung des Unternehmers bei Ausbleiben der Ausführung des Werkes gemäß § 1168 Abs. 1 ABGB aus Gründen, die auf Seiten des Bestellers liegen, hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zutreffend verwiesen.

Die Vereinbarung einer Stornogebühr in der Höhe des durch die Stornierung tatsächlich erlittenen Schadens des Vertragspartners ist demnach jedenfalls in diesem Umfang keine gröblich benachteiligende Vertragsbestimmung und daher gültig (vgl. Reischauer aaO Rz 256 zu § 879; SZ 56/52). Die Rechtsposition des Beklagten ist durch diese Vertragsbestimmung nicht schlechter als bei Anwendung des dispositiven Gesetzesrechtes (vgl. Krejci in JBl 1981, 178); die Interessenprüfung nach den Umständen des Einzelfalles zeigt keine unbillige Belastung des Beklagten.

Da das Berufungsgericht somit sowohl die Rechtsprechungsgrundsätze zur Geltungskontrolle nach § 864 a ABGB als auch zur Angemessenheitskontrolle nach § 879 Abs. 3 ABGB richtig angewendet hat, ist eine Rechtsfrage von der in § 502 Abs. 1 ZPO vorausgesetzten Bedeutung nicht zu lösen.

Die Revision war demnach - der Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichtes bindet den Obersten Gerichtshof nicht (§ 508 a Abs. 1 ZPO) - als unzulässig zurückzuweisen.

Da in der Revisionsbeantwortung auf diese Unzulässigkeit nicht hingewiesen wurde, diente sie nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und es gebührt hiefür kein Kostenersatz.

Anmerkung

E28087

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0080OB00591.9.1219.000

Dokumentnummer

JJT_19911219_OGH0002_0080OB00591_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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