TE OGH 1992/1/9 6Ob502/92 (6Ob503/92)

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Veröffentlicht am 09.01.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****ges.m.b.H., ***** vertreten durch Dr. Ernst Kojer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Renate Z*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr. Roland Kassowitz, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 53.780 s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 16. September 1991, GZ 4 R 67/91-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 19. Dezember 1990, GZ 20 Cg 76/89-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 7.019,64 (darin S 1.169,94 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit S 9.348,80 (darin S 5.000,-- Barauslagen und S 724,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte und ihr Ehemann suchten durch längere Zeit hinduch einen Baugrund in K*****. Im Zuge der zeitraubenden Suche waren sie auch auf die im Eigentum des Dr. Gerhard S***** stehenden beiden aneinandergrenzenden Liegenschaften ***** H*****gasse im Ausmaß von zusammen über 1.000 m2 gestoßen. Die Verhandlungen mit dem Eigentümer führten zunächst zu keinem Ergebnis, weil dieser einerseits die beiden Liegenschaften zusammen verkaufen wollte und überdies der verlangte Preis von 3.000 pro m2 dem Ehepaar Z***** zu hoch war.

Am 20.10.1988 suchte die Beklagte das Büro der Klägerin auf, beauftragte diese mit der Vermittlung eines Baugrundstückes in K***** und unterfertigte folgendes Schriftstück:

"K*****gesellschaft m.b.H. ***** Bestätigung:

Im Sinne der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie über die Ausübungsregeln für Immobilienmakler BGBl Nr 323/78 (VO).

Wir bestätigen, daß uns heute von Ihnen nachstehende(s) Realobjekt(e) unverbindlich zum Kauf/zur Miete/Pacht angeboten wurde (Besichtigung kostenlos).

Falls wird das von Ihnen bekanntgegebene Objekt kaufen (mieten, pachten), verpflichten wir uns, an Sie eine Pauschalprovision in unten angegebener Höhe zu bezahlen. Diese ist sofort bei Willensübereinstimmung oder bei Akontierung fällig und von einer allfälligen Grundbucheintragung unabhängig. Im Verzugsfall werden 12 % Verzugszinsen p.a. zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer vereinbart. Gerichtsstand Wien.

Wir sind verpflichtet, sämtliche uns vom Beauftragten bekanntgegebenen Adressen streng vertraulich zu behandeln, bei Weitergabe derselben an dritte Personen haften wir für die entgangene Gesamtprovision.

Diese vorstehenden besonderen und die umseitigen allgemeinen Geschäftsbedingungen anerkennen wir vollinhaltlich.

Wir bestätigen, die nachstehend angeführten Objekte von Ihnen zum Kauf (Miete) empfohlen erhalten zu haben und war uns bisher nicht bekannt, daß dieselben vermietbar bzw verkäuflich sind.

Besichtigung ist in jedem Fall kostenlos und unverbindlich.

Kaufpreis        Provision wie folgt          Bes.Termin

Miete             zuzügl. 20 % MWSt                 Tel.:

VB S 1,647.240,--     S 49.417,--           Objekt:Baugr.530 m2

                                                Ecke H*****g.

                                                W*****g.

                                            K*****g.,Baugr.585 m2

Wir verpflichten uns, Sie bei Anmietung oder Ankauf jedes uns von Ihnen bekanntgegebenen Objektes binnen 3 Tagen zu verständigen, widrigenfalls wir uns verpflichten, zusätzlich zu Ihrem Honorar ein vereinbartes, dem richterlichen Mäßigungsrecht nicht unterliegendes Pönale von S 5.000,-- (in Worten fünftausend Schilling) zu bezahlen ....

Punkt 4. der auf der Rückseite dieser Vereinbarung abgedruckten Geschäftsbedingungen lautet:

Sollten schriftlich angebotene Objekte dem Auftraggeber bereits bekannt sein, ist er nur dann von der Provisionspflicht befreit, wenn dem Beauftragten unverzüglich am Tage der Zustellung hievon eingeschrieben Mitteilung gemacht wird, andernfalls gilt die Anbotstellung als anerkannt."

Die Beklagte hat ein schlechtes Namensgedächtnis und ist auch im Planlesen nicht besonders geschickt. Sie erkannte bie Unterfertigung des Schriftstückes daher nicht, daß der angebotene Baugrund "Ecke H*****gasse-W*****gasse" die Liegenschaften des Dr. Gerhard S***** bezeichnen sollte. Es verwirrte sie, daß ihr die Straßenbezeichnung nicht geläufig war und zusätzlich der Umstand, daß dieses Baugrundstück in zwei Parzellen angeboten wurde, was während ihrer früheren direkten Verhandlungen mit dem Eigentümer nicht der Fall gewesen war.

Die Beklagte zeigte ihrem Ehemann am selben Tag das Besichtigungsanbot. Dieser erkannte sofort, daß es sich bei der Liegenschaft H*****gasse-W*****gasse um das ohnehin bekannte Grundstück des Dr. S***** handelte. Die Beklagte rief daher noch am selben Tag bei der Klägerin an und teilte deren Mitarbeiterin mit, daß ihr das angebotene Grundstück schon vor Unterfertigung der Vereinbarung bekanntgewesen sei und sie sich in einem Irrtum befunden habe. Dies nahm die Angestellte mit den Worten "Dankeschön" zur Kenntnis.

Am 4.11.1988 nahm eine Mitarbeiterin der Klägerin mit der Beklagten mit der Frage Kontakt auf, ob die Beklagte nicht in der Kartei der Klägerin bleiben wolle. Dies bejahte die Beklagte. Zu diesem Zeitpunkt waren die Beklagte und ihr Ehemann aufgrund einer Mitteilung des Dr. S***** davon ausgegangen, daß dieser die in Frage stehende Liegenschaft bereits zur Gänze zu einem Kaufpreis von über S 3.000 pro m2 verkauft hatte.

Am 8.11.1988 las der Ehemann der Beklagten in einer Tageszeitung eine Annonce eines anderen Immobilienmaklers, in welcher ein Grundstück von 530 m2 Nutzfläche im oberen Stadtzentrum in K***** angeboten wurde. Er setzte sich daraufhin mit Dr. S***** neuerlich in Verbindung. Dieser teilte ihm mit, daß der Verkauf doch nicht zustandegekommen sei. Nach längeren Vertragsverhandlungen mit dem Verkäufer unterzeichneten die Beklagte und ihr Ehemann am 20.12.1988 einen Kaufvertrag über eine der beiden Liegenschaften, nämlich die EZ ***** KG K***** im Ausmaß von rund 530 m2 zu einem Kaufpreis von S 1,355.000. Dies entspricht einem Quadratmeterpreis von rund S 2.550. Die Klägerin entfaltete diesbezüglich keinerlei Tätigkeit.

Die Klägerin begehrt nach Klagseinschränkung von der Beklagten S 53.780 sA an Provision und vereinbartem Pönale mit dem Vorbringen, sie sei von der Beklagten mit der Vermittlung des in der Folge gekauften Grundstückes in Klosterneuburg beauftragt worden. Die Beklagte habe einen Besichtigungsschein unterfertigt, in welchem das angebotene Objekt erkennbar beschrieben worden sei. Dieses sei der Beklagten nicht bekannt gewesen. Im übrigen habe diese die Geschäftsbedingungen der Klägerin zur Kenntnis genommen, nach welchen eine Befreiung von der Provisionspflicht nur dann gegeben sei, wenn ein schriftlich angebotenes Objekt dem Auftraggeber bereits bekannt sein sollte und dieser Umstand unverzüglich am gleichen Tag mit eingeschriebener Mitteilung bekanntgemacht werde. Die Beklagte habe die Klägerin vor und nach Abschluß des Kaufvertrages überhaupt nicht verständigt.

Die Beklagte wandte ein, die Klägerin sei zum Zustandekommen des Kaufvertrages nicht verdienstlich tätig geworden. Ein Provisionsanspruch oder ein Pönale stehe ihr daher nicht zu.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging aufgrund des festgestellten Sachverhaltes davon aus, daß die Tätigkeit der Klägerin für den Vertragsabschluß nicht kausal gewesen sei; mangels Verdienstlichkeit stehe ihr kein Anspruch zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und änderte das Ersturteil im Sinne der Klagestattgebung ab. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, insbesondere auch die, daß der Beklagten die namhaft gemachte Liegenschaft aus persönlichen Kontakten mit dem Eigentümer bereits bekannt war. Die nach Entdeckung des Irrtums noch am selben Tag erfolgte telefonische Mitteilung von diesem Umstand könne die Beklagte jedoch nicht von ihrer Provisionspflicht befreien, weil diese mit der Unterfertigung des Besichtigungsanbotes auch die Geschäftsbedingungen der Klägerin anerkannt und zur Kenntnis genommen habe. Danach trete eine Befreiung von der Provisionspflicht nur dann ein, wenn dem Beauftragten unverzüglich am Tage der Zustellung eingeschrieben von dem Umstand Mitteilung gemacht werde, daß das angebotene Objekt bereits bekannt sei; andernfalls gelte die Anbotstellung als Anerkenntnis. Die telefonische Mitteilung ersetze die vereinbarte qualifizierte Schriftlichkeit nicht. Hiezu hätten die Vertragsteile einvernehmlich von den vereinbarten Geschäftsbedingungen abgehen müssen; dies sei durch das bloße Zurkenntnisnehmen der Mitteilung der Beklagten durch eine Angestellte der Klägerin nicht geschehen. Die Beklagte sei daher zur Zahlung der vereinbarten Provision sowie des Pönales verpflichtet.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil die hier zu lösenden Fragen nur die Auslegung bestimmter Erklärungen beträfen, denen über den konkreten Fall hinaus keine Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung zwingende Bestimmungen der Immobilienmaklerverordnung nicht beachtet hat; sie ist auch berechtigt.

Nach § 8 Abs 2 ImmMV ist die einen Provisionsanspruch begründende Vermittlung nur dann als erfolgreich anzusehen, wenn das im Vermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft durch die Tätigkeit des Immobilienmaklers zwischen dem Auftraggeber und dem vom Immobilienmakler namhaft gemachten Interessenten rechtswirksam zustandegekommen ist (oder der Fall des § 13 Abs 2 gegeben ist). Dies trifft hier nicht zu, da der Beklagten nach den getroffenen Feststellungen das Grundstück bereits bekannt war und sie, wenn zunächst auch erfolglos, Verhandlungen mit dem Verkäufer geführt hatte und diese in der Folge ohne jedes Zutun der Klägerin nicht aufgrund deren Anbotes, sondern aufgrund eines Zeitungsinserates eines anderen Vermittlers und daraufhin entfalteter eigener Initiative wieder aufnahm.

Für den Fall, daß die Vermittlung trotz seiner zweckentsprechenden auf eine Vermittlung gerichtete Tätigkeit nicht als erfolgreich im Sinne des § 8 Abs 2 ImmMV anzusehen ist, darf der Immobilienmakler mit dem Auftraggeber eine dem § 8 Abs 1 entsprechende Provision oder sonstige Vergütung nur in den im § 9 Abs 1 ImmMV taxativ aufgezählten Fällen vorsehen, das heißt ausdrücklich vereinbaren (MietSlg 34.644/12 mwN; 34.639/25). Die im vorliegenden Fall verwendete Klausel "Sollten schriftlich angebotene Objekte dem Auftraggeber bereits bekannt sein - was die Verdienstlichkeit im Sinne des § 8 Abs 2 ImmMV ausschließt - ist er nur dann von der Provisionspflicht befreit, wenn dem Beauftragten unverzüglich am Tag der Zustellung hievon eingeschrieben Mitteilung gemacht wird, andernfalls gilt die Anbotstellung als anerkannt" entspricht keinem Fall einer ohne Rücksicht auf den Erfolg zulässigen Provisionsvereinbarung nach § 9 ImmMV. Sie verstößt damit, da entsprechend dem Schutzzweck die ImmMV auch Konsumentenschutzbestimmungen enthält, auf die sich wegen ihrer allgemeinen Geltung auch Kunden berufen können (MietSlg 34.644/12 mwN), gegen ein gesetzliches Verbot. Daß hier kein Fall des § 9 ImmMV vorliegt, gesteht die klagende Partei in ihrer Revisionsbeantwortung auch zu, meint aber, die übrigen Voraussetzungen für ihre Provisionsforderung, insbesondere die Kausalität ihrer - einzigen - Tätigkeit der Namhaftmachung des Baugrundes für den Abschluß des Kaufvertrages sei gegeben, weil die Beklagte durch Unterlassung der in den Geschäftsbedingungen vorgesehenen rechtzeitigen und formgerechten Mitteilung, daß ihr das Grundstück bereits bekannt sei, die verdienstliche Anbotstellung der Klägerin anerkannt und damit die Provisionspflicht ausgelöst habe.

Nach § 6 Z 2 KSchG ist die vereinbarte Vertragsbestimmung für die

Beklagte als Konsumentin im Sinne des § 879 ABGB jedenfalls nicht

verbindlich, weil darin ein bestimmtes Verhalten des

Verbrauchers - nämlich das Unterlassen der eingeschriebenen

schriftlichen Bekanntgabe noch am selben Tage des Anbotes - als Abgabe einer Erklärung gelten soll - nämlich als Anerkenntnis der Anbotstellung -, ohne daß der Verbraucher bei Beginn der hiefür vorgesehenen Frist auf die Bedeutung seines Verhaltens besonders hingewiesen wurde und zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eine angemessene Frist zur Verfügung hat. Daß es hier nicht nur am besonderen Hinweis, sondern auch an der Angemessenheit der Frist fehlt, muß nicht näher erörtert werden.

Schließlich verstößt die Vertragsklausel auch gegen § 6 Z 4 KSchG, weil die vom Verbraucher dem Unternehmer abzugebende Anzeige oder Erklärung nicht nur der Schriftform, sondern überdies dem besonderen Zugangserfordernis "eingeschriebener Brief" genügen muß.

Der klagenden Partei steht daher weder ein Provisionsanspruch noch das begehrte Pönale, das als Vertragsstrafe eine "besondere Vergütung" im Sinne des § 9 ImmMV darstellt, zu.

Der Revision war somit Folge zu geben und das Ersturteil wieder herzustellen.

Der Ausspruch über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E28070

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0060OB00502.92.0109.000

Dokumentnummer

JJT_19920109_OGH0002_0060OB00502_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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