TE OGH 1992/2/18 4Ob127/91

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Veröffentlicht am 18.02.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Wolfram Wutzel, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei W***** GmbH, ***** vertreten durch DDr.Walter Barfuss und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Zahlung, Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 200.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 9.Oktober 1991, GZ 2 R 234/91-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 5.August 1991, GZ 8 Cg 204/91-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.836,20 (darin enthalten S 1.472,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die klagende GmbH betreibt ein Werbeunternehmen. Nachdem sie im Frühjahr 1989 von der beklagten "Wienerwald Restaurant GmbH" den Auftrag zur Erstellung eines umfassenden Werbekonzeptes erhalten hatte, entwickelte sie ein derartiges Konzept und übermittelte einige Exemplare davon der Beklagten; zu einem Werbeauftrag auf dieser Grundlage ist es jedoch nicht gekommen. Bestandteil des Werbekonzeptes war der Slogan "Auf bald - beim Wienerwald" gewesen, der in den verschiedenen Werbemaßnahmen immer wiederkehren sollte.

Seit Jänner 1991 verwendet die Beklagte in ihrer - von einem anderen Werbeunternehmen entworfenen - Werbung, insbesondere in Inseraten, auf Plakaten, in Rundfunkspots udgl., die Slogans "Bis bald - im Wienerwald" oder "Bis bald - Wienerwald".

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere in Zeitungsinseraten, auf Plakaten, in Rundfunkspots und auf sonstigen Geschäftsdrucksorten, den Werbeslogan "Auf bald - beim Wienerwald" und/oder "Bis bald - im Wienerwald" und/oder "Bis bald - Wienerwald" zu verwenden. Sie habe die Beklagte anläßlich der Übergabe ihres Werbekonzeptes darauf hingewiesen, daß die in dieser Konzeption enthaltenen Ideen und Vorschläge urheberrechtlich geschützt und ihr Eigentum seien. Durch die beanstandete Verwendung der Slogans greife die Beklagte in die Urheberrechte der Klägerin an dem von ihr entwickelten Slogan "sowie dessen verwechslungsfähigen Mutationen" ein; darüber hinaus ahme sie den von der Klägerin entwickelten, charakteristischen Slogan sklavisch nach.

Die Beklagte sprach sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Der von der Klägerin entwickelte Werbeslogan habe mangels jeglicher Originalität und Individualität nicht den Charakter eines urheberrechtlich geschützten Sprachwerkes; er enthalte nur eine dem urheberrechtlichen Schutz nicht zugängliche, für ein Unternehmen der Gastronomie naheliegende Werbeaussage. Ein Eingriff in Urheberrechte scheide aber auch deshalb aus, weil der von der Klägerin entwickelte Slogan und die von der Beklagten nunmehr verwendeten Werbeaussagen verschiedene Wortfolgen enthielten. Aus dem UWG könne die Klägerin gegen die Beklagte schon deshalb keinen Unterlassungsanspruch ableiten, weil zwischen den Streitteilen kein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Dem von der Klägerin entwickelten Slogans fehle überdies jede wettbewerbliche Eigenart.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Es bejahte den Werkcharakter des von der Klägerin entwickelten Werbeslogans als Sprachwerk und einen Eingriff der Beklagten in Urheberrechte der Klägerin.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zwar könne auch ein Werbespruch urheberrechtlichen Schutz als Sprachwerk genießen, sofern er eine eigentümliche geistige Schöpfung im Sinne des § 1 UrhG ist; das setze aber voraus, daß persönliche Züge des Werkschaffenden - insbesondere durch die sprachliche Gestaltung und die gedankliche Bearbeitung - in den Werbespruch eingeflossen sind. Wie den meisten Werbesprüchen fehle auch dem von der Klägerin entwickelten Slogan die erforderliche Werkhöhe; außer einer "leichten Merkbarkeit" und "höchstens einer gewissen werbemäßigen Originalität" zeichne ihn nichts aus. Der durch ihn ausgesprochene Werbegedanke gehe weder durch seine künstlerische Form noch durch seine geistige Tiefe über das ungeschützte sprachliche Allgemeingut hinaus; er enthalte vielmehr einen Gemeinplatz, der nach Inhalt und Form in keiner Weise über Alltägliches hinausgehe. Urheberrechtlicher Schutz als Sprachwerk sei daher dem Solgan nicht zuzuerkennen. Auch ein Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen § 1 UWG komme nicht in Betracht, weil zwischen den Streitteilen kein Wettbewerbsverhältnis bestehe.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin bekämpft in ihrem Rechtsmittel nur die Auffassung des Rekursgerichtes, daß der von ihr entworfene Werbespruch kein Werk der Literatur iS des § 2 Z 1 UrhG sei. Sie wähnt sich als "Urheberin" des Werbespots, macht also originären Erwerb des Urheberrechtes durch einen eigenen Schöpfungsakt geltend; auf den Erwerb von Verwertungsrechten iS der §§ 14 ff UrhG, insbesondere des Rechtes auf Verbreitung gemäß § 16 UrhG, vom Urheber ist die Klage nicht gestützt. Gemäß § 10 Abs 1 UrhG ist aber Urheber eines Werkes nur, "wer es geschaffen hat"; der Ausdruck "Urheber" wird im UrhG, wenn sich nicht aus dem Hinweis auf § 10 Abs 1 UrhG das Gegenteil ergibt, außer für den Schöpfer des Werkes nur für Personen verwendet, auf die das Urheberrecht nach seinem Tod übergegangen ist (§ 10 Abs 2 UrhG). Da § 1 Abs 1 UrhG eine "eigentümliche geistige Schöpfung" voraussetzt und juristische Personen keine das Urheberrecht begründende geistige Tätigkeit entfalten können (EB zu § 10 UrhG, abgedruckt bei Peter, Das österreichische Urheberrecht 497), kommt als Urheber immer nur eine physische Person in Betracht (Fromm-Nordemann, Urheberrecht7 Rz 1 zu § 7 dUrhG; Möhring-Nicolini, UrhG 102 Anm 1 zu § 7 dUrhG;

Loewenheim in Schricker, Urheberrecht 205 f Rz 2 zu § 7 dUrhG);

einen originären Erwerb von Urheberrechten durch juristische Personen gibt es daher nicht (Kucsko, Urheberrecht3, 23). Auch Auftraggeber oder Dienstgeber können das Urheberrecht an den von Beauftragten oder Dienstnehmern geschaffenen Werken nicht originär erwerben (Mitteis, Grundriß des österreichischen Urheberrechts 45; Rintelen, Urheberrecht und Urhebervertragsrecht 91; Kucsko aaO; v.Gamm, UrhG Rz 1 zu § 7 dUrhG; Fromm-Nordemann aaO Rz 2 zu § 7 dUrhG; Möhring-Nicolini aaO). Als juristische Person kann daher die klagende GmbH kein Urheberrecht an dem Slogan erworben haben. Damit kann aber die Frage, ob der Werbespot "Auf bald - beim Wienerwald" als Sprachwerk urheberrechtlich geschützt ist, auf sich beruhen.

Auf einen Unterlassungsanspruch nach dem UWG kommt die Klägerin im Revisionsrekurs nicht mehr zurück. Diesem Rechtsmittel war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E28045

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB00127.91.0218.000

Dokumentnummer

JJT_19920218_OGH0002_0040OB00127_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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