TE OGH 1992/3/10 4Ob12/92

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Veröffentlicht am 10.03.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** Handelsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Walter Barfuß und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Hussein E*****, vertreten durch Dr.Andreas Peyrer-Heimstätt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 100.000 S) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 4.November 1991, GZ 4 R 164/91-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 18.Juni 1991, GZ 37 Cg 616/90-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß das stattgebende Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 14.338,40 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 5.000 S Barauslagen und 1.556,40 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin wurde am 30.5.1990 ***** im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien eingetragen; Gegenstand ihres Unternehmens ist der Handel zwischen Österreich und dem arabischen Raum. Das Wort "NEMSA" in ihrer Firma bedeutet auf arabisch "Österreich"; die deutsche Übersetzung der Firma der Klägerin lautet daher:

"Österreichisch-arabische Handelsgesellschaft mbH".

Der Beklagte tritt im geschäftlichen Verkehr mit dem von ihm seit 1975 betriebenen, nicht protokollierten Handelsunternehmen unter der Bezeichnung "NEMSA Export-Import Dr.Hussein E*****" bzw auch in der Kurzform "Firma NEMSA Export-Import" auf.

Die Streitteile wenden sich an einen im wesentlichen gleichartigen Kundenkreis und betreiben den Handel mit im wesentlichen gleichartigen Produkten (aus dem arabischen Raum).

Der Beklagtenvertreter hat die Klägerin mit Schreiben vom 27.8.1990 aufgefordert, ihre Firma bis zum 31.10.1990 dahin abzuändern, daß darin das Wort "NEMSA" nicht mehr aufscheint; die Verwendung dieses Firmenbestandteils sei im Hinblick auf die Priorität des Beklagten "gemäß § 9 UWG und § 43 ABGB unzulässig".

Zuletzt mit Brief vom 25.10.1990 ersuchte der Klagevertreter den Beklagtenvertreter, der Klägerin bis 2.11.1990 zu bestätigen, daß der Beklagte gegen den Firmenwortlaut der Klägerin keine Einwendungen mehr erhebe; eine solche Bestätigung hat die Klägerin aber bisher nicht erhalten.

Mit der Behauptung, daß ihr Firmenbestandteil "NEMSA" weder in Namens- noch in Kennzeichenrechte des Beklagten eingreife, weil dieser die arabische Bezeichnung für "Österreich" nicht für sich monopolisieren könne, begehrt die Klägerin die Feststellung, daß der Beklagte nicht berechtigt sei, ihr die Benützung der Firma "NEMSA-ARAB Handelsgesellschaft mbH" zu untersagen und/oder eine Änderung dieser Firma durch Entfernung des Bestandteils "NEMSA" zu verlangen. Ganz abgesehen davon, daß den vielen in Österreich geschäftlich tätigen Arabern die Bedeutung des Wortes "NEMSA" bekannt sei, komme es gerade im Export- und Importhandel auf die fremdsprachige Bezeichnung eines Landes, mit dem Handel betrieben wird, nicht an; in dieser Branche bestehe vielmehr ein absolutes Freihaltebedürfnis an der - in welcher Sprache auch immer ausgedrückten - geographischen Bezeichnung der am internationalen Handel beteiligten Länder, gelte doch die Angabe jedenfalls im betroffenen Ausland als bloß beschreibend, oder sie sei dort sogar allgemein gebräuchlich.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Ob ein fremdsprachiger Ausdruck als Name schutzfähig ist, entscheide die inländische Verkehrsanschauung. Da die Bedeutung des arabischen Wortes "NEMSA" in Österreich unbekannt sei, genieße die Bezeichnung den Namensschutz des § 43 ABGB. Dem Beklagten als dem prioritätsälteren Benützer stehe demnach sehr wohl ein Anspruch auf Unterlassung der Bezeichnung durch die Klägerin zu.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Firmenbestandeil "NEMSA" beschreibe nur den Unternehmensgegenstand der Klägerin. Das Wort sei als - wenngleich fremdsprachige - geographische Bezeichnung noch nicht zu einer relativen Phantasiebezeichnung geworden. An der Landesbezeichnung bestehe für den Import- und Exporthandel zwischen Österreich und dem arabischen Raum ein Freihaltebedürfnis. Im übrigen fehle auch die Verwechslungsgefahr, weil sich die Firma der Klägerin insgesamt ausreichend von der Etablissementbezeichnung des Beklagten unterscheide.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Auch bei der Prüfung der Schutzfähigkeit fremdsprachiger Bezeichnungen sei grundsätzlich die Auffassung des inländischen Verkehrs maßgebend. Da die Bedeutung des arabischen Wortes "NEMA" in Österreich keineswegs geläufig sei, könnten die davon angesprochenen inländischen Geschäftspartner gar nicht erkennen, daß es sich um eine geographische Bezeichnung handelt. Anders als in den Entscheidungen ÖBl 1985, 41 - "Pisang" und ÖBl 1990, 165 - "Kombucha" liege hier keine Warenbezeichnung, sondern eine Unternehmensbezeichnung vor, für welche auch im Import- und Exporthandel kein Freihaltebedürfnis bestehe, könne doch auch in anderer geeigneter Weise ein Hinweis darauf gegeben werden, daß mit Waren von und nach Österreich gehandelt werde. Der Bestandteil "NEMSA" sei sowohl in der Firma der Klägerin als auch in der Etablissementbezeichnung des Beklagten so dominierend, daß nur er auffalle und möglicherweise als Familienname angesehen werde. Entgegen der Meinung des Erstgerichtes bestehe daher auch Verwechslungsgefahr, so daß die Verwendung des Wortes "NEMSA" in der Firma der Klägerin entgegen § 9 UWG in das ältere Kennzeichenrecht des Beklagten eingreife.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils.

Der Beklagte stellt den Antrag, dem Rechtsmittel der Klägerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Der Beklagte behauptet nach wie vor, daß ihm gegenüber der Klägerin ein Anspruch auf Untersagung des Gebrauches des Firmenbestandteils "NEMSA" zustehe, sei doch diese Angabe Bestandteil der von ihm schon seit dem Jahr 1975 verwendeten Etablissementbezeichnung; mit Recht haben daher die Vorinstanzen das gemäß § 228 ZPO erforderliche rechtliche Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten negativen Feststellung schlüssig bejaht.

Der Beklagte hat den von der Klägerin bestrittenen Untersagungsanspruch auf § 43 ABGB und § 9 Abs 1 UWG gestützt. Nach beiden Gesetzesstellen sind auch schlagwortartig gebrauchte Bestandteile von Etablissementbezeichnungen geschützt (Aicher in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 43; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 1228 Rz 101 und 1239 Rz 129 zu § 16 dUWG). In beiden Fällen sind aber diese Zeichen zufolge der ihnen innewohnenden Namensfunktion grundsätzlich schon (aber auch nur) dann schutzfähig, wenn sie Unterscheidungskraft (Kennzeichnungskraft) besitzen, also etwas Besonderes, Individuelles an sich haben, das sich schon ihrer Art nach dazu eignet, ihren Träger von anderen Personen zu unterscheiden (Aicher aaO; Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 47; Baumbach-Hefermehl aaO 1181 f Rz 9 vor § 16 dUWG). Geographischen Bezeichnungen, insbesondere Länderangaben, fehlt

aber - jedenfalls im Bereich der Import- und Exportwirtschaft - diese zur Kennzeichnung eines bestimmten Unternehmens erforderliche Unterscheidungskraft (Hohenecker-Friedl aaO; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 148; Baumbach-Hefermehl aaO 1194 f Rz 29 und 30 zu § 16 dUWG); sie können nur ausnahmsweise zum "Unternehmenskennzeichen" im Sinne des § 9 Abs 1 UWG oder zu einer nach § 43 ABGB geschützten geschäftlichen Bezeichnung werden, wenn und soweit sie Verkehrsgeltung erlangt haben, die angesprochenen Verkehrskreise also in ihnen einen eindeutigen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen erblicken. Da aber an solchen rein beschreibenden Wörtern schon ein legitimes "Freihaltebedürfnis" der Allgemeinheit besteht und jede Anerkennung eines ausschließlichen Benützungsrechtes notwendigerweise den freien Sprachgebrauch aller übrigen Mitbewerber einengt, muß an den Nachweis der Verkehrsgeltung in diesen Fällen ein strenger Maßstab angelegt werden (Hohenecker-Friedl aaO 48; ÖBl 1974, 139; ÖBl 1976, 105; ÖBl 1978, 40 ua). Auf eine solche Verkehrsgeltung der in Rede stehenden Bezeichnung zu seinen Gunsten hat sich der Beklagte im vorliegenden Fall gar nicht berufen; sie ist auch den Feststellungen nicht zu entnehmen. Es braucht daher nicht mehr geprüft zu werden, ob die Meinung der Klägerin zutrifft, daß auch unternehmenskennzeichende Länderangaben im Bereich des Import- und Exporthandels - so wie fremdsprachige Warenbezeichnungen in diesem Bereich (ÖBl 1985, 41; ÖBl 1990,

165) - sogar absolut schutzunfähig sind (vgl dazu ÖBl 1970, 151). In keinem Fall darf jedenfalls ein Import- oder Exportkaufmann die Bezeichnung des Import- oder Exportlandes seiner Waren - auch nicht in der Sprache des Ursprungs- oder Bestimmungslandes - ohne Verkehrsgeltung für sich monopolisieren. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes kommt es daher in diesem Bereich auch nicht darauf an, ob die Landesbezeichnung der deutschen Sprache angehört oder einer anderen lebenden Sprache entstammt, mag diese auch im Inland nicht allgemein verständlich sein (Hohenecker-Friedl aaO 178).

Da somit das arabische Wort "NEMSA" als Bezeichnung für "Österreich" für den Import- und Exporthandel mit dem arabischen Raum - jedenfalls ohne Verkehrsgeltung - keine Kennzeichnungskraft für ein bestimmtes Unternehmen dieser Branche besitzt, maßt sich der Beklagte schon aus diesem Grund einen ihm weder nach § 43 ABGB noch nach § 9 Abs 1 UWG zustehenden Anspruch auf Untersagung des entsprechenden Firmenbestandteils der Klägerin an. In Stattgebung der Revision war daher das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Der Ausspruch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren in zweiter und dritter Instanz beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E28331

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB00012.92.0310.000

Dokumentnummer

JJT_19920310_OGH0002_0040OB00012_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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