TE OGH 1992/4/9 6Ob507/92

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Veröffentlicht am 09.04.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Monika V*****, vertreten durch Dr.Ingeborg R*****, als Sachwalterin, infolge Revisionsrekurses des Kollisionskurators Dr.Heinz-Volker St*****, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 13.November 1991, GZ 44 R 989/91-42, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 4.Oktober 1991, GZ 16 SW 39/87-36, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der erstgerichtliche Beschluß ersatzlos behoben wird.

Der Rechtsmittelwerber hat die Kosten seines Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Das Erstgericht genehmigte mit Beschluß vom 4.Oktober 1991 unter anderem die Rechnung der Sachwalterin und bestimmte deren Belohnung unter Abweisung eines Teilbetrages mit 9.000 S (incl Barauslagen und Umsatzsteuer). Gleichfalls mit Beschluß vom 4.Oktober 1991 bestellte das Erstgericht den Rechtsmittelwerber als Kollisionskurator zur Vertretung der Interessen der Betroffenen im Verfahren über die Bestimmung der Belohnung der Sachwalterin.

Das Rekursgericht gab dem gegen seine Bestellung erhobenen Rekurs des Kollisionskurators nicht Folge; den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete es als zulässig.

Der Revisionsrekurs des Kollisionskurators ist gemäß § 14 Abs 1 AußStrG zulässig, weil er weder den Kostenpunkt (§ 14 Abs 2 Z 2 AußStrG) noch einen Streitgegenstand vermögensrechtlicher Natur (§ 14 Abs 3 AußStrG), sondern die Fürsorge für eine unter dem besonderen Schutz der Gesetze stehende Person (§ 21 Abs 1 ABGB) betrifft. Er ist auch berechtigt.

Gemäß § 271 ABGB ist ein Kollisionskurator dann zu bestellen, wenn sich aus zwischen Sachwalter und Betroffenem geschlossenen Geschäften Interessenkollisionen ergeben. Der Begriff "Geschäfte" im § 271 ABGB ist dabei nicht zu eng auszulegen; wenn ein objektiver Tatbestand vorliegt, bei dem die Interessen auch eines pflichtbewußten gesetzlichen Vertreters den Interessen des von ihm vertretenen Pflegebefohlenen zuwiderlaufen können, kann der Sachwalter den Betroffenen nicht vertreten (SZ 53/136; NZ 1973, 95; Pichler in Rummel2, Rz 1 zu §§ 271, 272 ABGB). Nach §§ 282, 266 ABGB hat der Sachwalter neben seinem Anspruch auf Aufwandersatz einen solchen auf Belohnung, über den von dem Gericht zu entscheiden ist, das ihn bestellt hat (EFSlg 39.764 ua; Wentzel-Piegler in Klang2 I/2 493; Pichler aaO, Rz 4 zu §§ 266, 267 ABGB). Dabei ist ein Widerstreit der Interessen des Betroffenen und seines Sachwalters gegeben, sodaß der Sachwalter insoweit von der Vertretung des Betroffenen ausgeschlossen ist. Die Wahrung des rechtlichen Gehörs (vgl auch Art 6 Abs 1 MRK) ist aber dadurch gesichert, daß der Richter nicht nur im außerstreitigen Verfahren zur Wahrung der Interessen des Betroffenen verpflichtet ist, sondern überdies die Bestimmung der Belohnung seinem pflichtgemäßem, unter der Sanktion der Amtshaftung stehenden Ermessen obliegt. Die vom Rekursgericht in Übereinstimmung mit Pichler (aaO, Rz 4 zu §§ 266, 267 ABGB; vgl dazu auch Wiener Richter 393) vertretene Rechtsauffassung, die Bestellung eines Kollisionskurators sei in einem solchen Fall nicht zu vermeiden, wird vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt (3 Ob 513/92). Daß die betroffene Person, der ein Sachwalter zur Besorgung ihrer Angelegenheiten bestellt ist, ihre Rechtsposition im Verhältnis zum Sachwalter nicht durchsetzen könnte, weil dieser von der Vertretung in eigenen Angelegenheiten ausgeschlossen ist, bedeutet noch nicht, daß es der Beiziehung eines Kollisionskurators bedarf (3 Ob 513/92). Im Regelfall genügt die amtswegige Prüfung der Ansprüche des Sachwalters unter Bedachtnahme auf das Wohl des Leistungspflichtigen, dem nicht durch Bestellung eines weiteren Kurators, auf den die Amtspflicht faktisch abgeschoben wird, eine zusätzliche Belastung mit Kuratorkosten auferlegt werden soll (vgl § 2 Abs 2 Z 11 AußStrG).

Im allgemeinen ist es daher entbehrlich, allein zur Vertretung der Betroffenen im Verfahren zur Festsetzung der Sachwalterbelohnung einen Kollisionskurator zu bestellen, der bei pflichtgemäßem Vorgehen - insbesondere Einbringung von Rechtsmitteln in diesem sich periodisch wiederholenden Vorgang - seinerseits Ansprüche auf eine wiederum durch einen Kurator zu prüfende Honorierung stellen könnte. Es genügt vielmehr in der Regel, daß die Interessen des Betroffenen bei der amtswegigen Prüfung der Belohnungsansprüche vom Richter gewahrt werden (JBl 1936, 282; 3 Ob 513/92; Wentzel-Piegler aaO; Knell, Kuratoren 232 und 246). Im vorliegenden Fall sind keine Umstände erkennbar, aus denen geschlossen werden könnte, daß die Rechte des Betroffenen nur durch einen Kollisionskurator gewahrt werden könnten und die amtswegige Wahrnehmung des Wohls der Betroffenen dessen Interessen nicht ausreichend berücksichtigen würde. Die Bestellung des Kollisionskurators hat deshalb zu entfallen.

Der Revisionsrekurswerber hat die von ihm verzeichneten Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen, weil abgesehen von hier nicht relevanten besonderen Regelungen im Verfahren außer Streitsachen keine Kostenersatzpflicht besteht.

Anmerkung

E29323

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0060OB00507.92.0409.000

Dokumentnummer

JJT_19920409_OGH0002_0060OB00507_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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