TE OGH 1992/4/28 5Ob48/92

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Veröffentlicht am 28.04.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Dusanka S*****, Arbeiterin, *****Wien, P*****gasse 20a/27, vertreten durch Helmut Trenkwalder, Funktionär des Vereins Mieter informieren Mieter "MIM", Hilfe zur Selbsthilfe, 1150 Wien, Löhrgasse 13/20, wider die Antragsgegner

1. I*****gesellschaft mbH, ***** Wien, P*****gasse 1, vertreten durch Dr. Ernst-Elmar Löffler, Rechtsanwalt in Wien und

2. E*****gesellschaft mbH, ***** Wien, M*****straße 103, vertreten durch Dr. Gerhard Renner, Rechtsanwalt in Wien, wegen §§ 2 Abs.3, 16, 17 und 21 MRG, infolge Revisionsrekurses der Erstantragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 16.Jänner 1992, GZ 48 R 21/92-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 7.Oktober 1991, GZ 5 Msch 4/91-15, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Akten werden dem Rekursgericht mit dem Auftrag übersendet, den Beschluß vom 16.1.1992, 48 R 21/92-18, durch den Ausspruch zu ergänzen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000,-- übersteigt und ob der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist.

Sollte ausgesprochen werden, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, ist der Antragstellerin Gelegenheit zur Revisionsrekursbeantwortung zu geben und bei Wiedervorlage der Akten auch der R-Akt anzuschließen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin hat am 14.2.1990 mit der Erstantragsgegnerin einen "Wohnungsuntermietvertrag" über die Wohnung Nr.27 im Haus ***** Wien, P*****gasse 20a, abgeschlossen. Das Mietverhältnis begann am 1.3.1990 und sollte am 31.8.1990 enden, ohne daß es einer Aufkündigung bedurfte.

Mit der Behauptung, das Mietverhältnis sei verlängert worden und unterliege damit dem MRG, hat die Antragstellerin zunächst bei der Schlichtungsstelle der Gemeinde Wien, dann beim Erstgericht die Anerkennung als Hauptmieterin, die Feststellung der Ausstattungskategorie sowie die Überprüfung des Hauptmietzinses und des Betriebskostenanteils begehrt.

Das Erstgericht wies diese Anträge mit der Begründung zurück, daß das Mietverhältnis unter den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs.2 Z 3 MRG falle, weshalb auch keine Angelegenheit vorliege, die im außerstreitigen Verfahren gemäß § 37 MRG abgehandelt werden könne. Dieser mit "Sachbeschluß" überschriebenen Entscheidung liegt die Annahme zugrunde, daß die am 13.9.1990 zur Post gegebene Räumungsklage der Erstantragsgegnerin die Rechtsvermutung des § 569 ZPO widerlegt habe, obwohl die Klage erst nach Ablauf der dort genannten Frist bei Gericht einlangte.

Dem dagegen erhobenen Rekurs der Antragstellerin gab das Rekursgericht Folge. Es hob den "Sachbeschluß" auf und verwies die Rechtssache zur Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom herangezogenen Zurückweisungsgrund an das Erstgericht zurück. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, daß die materiellrechtliche Frist des § 569 ZPO nur durch ein rechtzeitiges Einlangen der Räumungsklage bei Gericht hätte gewahrt werden können.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält keine Bewertung des Entscheidungsgegenstandes, jedoch den Ausspruch, daß gemäß § 37 Abs.3 Z 16 und 18 MRG iVm §§ 526 Abs.3, 500 Abs.2 Z 2 und 527 Abs.2 ZPO der weitere Rekurs jedenfalls unzulässig sei.

Trotz dieses Ausspruches hat die Erstantragsgegnerin außerordentlichen Revisionsrekurs erhoben, weil es eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob die Frist des § 569 ZPO durch eine rechtzeitig zur Post gegebene Räumungsklage gewahrt werde. Der Rechtsmittelantrag geht dahin, den Beschluß des Rekursgerichtes ersatzlos aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Ob dieser Revisionsrekurs zulässig ist, kann derzeit noch nicht beurteilt werden, weil der gemäß § 37 Abs.3 Z 16 MRG iVm §§ 526 Abs.3, 500 Abs.2 Z 1 ZPO erforderliche Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes fehlt.

Der letzte Satz des § 37 Abs.3 Z 18 MRG, wonach die Anfechtbarkeit eines rekursgerichtlichen Beschlusses (ua) nicht vom Wert des Entscheidungsgegenstandes abhängt, bezieht sich nur auf Sachbeschlüsse oder solche nach § 527 Abs.2 ZPO anfechtbare Beschlüsse des Gerichtes zweiter Instanz, mit denen ein Sachbeschluß aufgehoben wurde. Bei allen anderen Entscheidungen im außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG hat daher das Rekursgericht auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes - falls er nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht - S 50.000,-- übersteigt (5 Ob 72/90; 5 Ob 2/91).

Gemäß § 37 Abs.3 Z 15 MRG hat nur die Entscheidung in der Sache mit Sachbeschluß zu ergehen. Es kommt dabei nicht auf die Bezeichnung, sondern auf den Inhalt der Entscheidung an (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 Rz 37 zu § 37 MRG). Trotz ihrer irreführenden Bezeichnung war daher die Entscheidung des Erstgerichtes kein Sachbeschluß, weil das Begehren der Antragstellerin gar nicht inhaltlich geprüft wurde. Ihre Anträge wurden zurückgewiesen, nachdem das Erstgericht bei der Überprüfung einer Vorfrage zur Überzeugung gelangt war, daß der außerstreitige Rechtsweg gar nicht zur Verfügung steht. Eine solche Wahrnehmung der Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges erfordert keinen Sachbeschluß (vgl. MietSlg.34/18, WoBl.1991, 142/89).

Hat demnach das Rekursgericht gar keinen Sachbeschluß aufgehoben, könnte das Unterbleiben eines Bewertungsausspruches nur noch damit zu rechtfertigen sein, daß eine weitere Anfechtung seiner Entscheidung ohnehin ausgeschlossen ist. Das Rekursgericht war offensichtlich dieser Ansicht, weil es unter Berufung auf § 527 Abs.2 ZPO aussprach, daß der weitere Rekurs jedenfalls unzulässig sei, doch träfe dies - mangels Rechtskraftvorbehalts - nur auf echte Aufhebungsbeschlüsse zu (vgl. MietSlg.39:542; WoBl.1992, 35/31). Ein Aufhebungsbeschluß iS des § 527 Abs.2 ZPO liegt nur dann vor, wenn über den Gegenstand des angefochtenen Beschlusses neuerlich zu verhandeln und zu entscheiden ist (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 2010). Wird dem Erstgericht keine neuerliche Entscheidung über denselben Gegenstand aufgetragen, handelt es sich in Wahrheit um eine abändernde Entscheidung der zweiten Instanz (4 Ob 530/91). Genau das trifft auf eine Entscheidung zu, mit der ein Beschluß über die Zurückweisung eines Antrags wegen Unzulässigkeit des streitigen oder außerstreitigen Rechtsweges aufgehoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen wird. Eine solche Entscheidung ist ihrem Sinn und ihrer Funktion nach abändernd und daher auch ohne Rechtskraftvorbehalt anfechtbar (JBl.1979, 605). Im gegenständlichen Fall wird dies durch den Umstand deutlich, daß sich das Erstgericht bisher nur mit der Vorfrage der stillschweigenden Erneuerung des Mietvertrages iS des § 569 ZPO beschäftigte und daß es dazu nach der Entscheidung der zweiten Instanz keiner weiteren Verfahrensergänzung mehr bedarf.

Damit richtet sich die Anfechtbarkeit des rekursgerichtlichen Beschlusses nach § 37 Abs.3 Z 16 MRG iVm § 528 ZPO. Es bedarf der im Spruch angeführten Ergänzungen, um zunächst einmal die Zulässigkeit des vorliegenden Revisionsrekurses zu beurteilen.

Anmerkung

E29303

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0050OB00048.92.0428.000

Dokumentnummer

JJT_19920428_OGH0002_0050OB00048_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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