TE OGH 1992/4/28 4Ob1028/92

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Veröffentlicht am 28.04.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) G***** KG, ***** 2) Fritz H*****, 3) Lorenz B***** Gesellschaft mbH, *****

4) Ernst Schm***** 5) Franz B***** Gesellschaft mbH, ***** sämtliche vertreten durch Dr.Gernot Hain und andere Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei Josef M*****, vertreten durch Dr.Norbert Lehner und Dr.Alfred Steinbuch, Rechtsanwälte in Neunkirchen, wegen Unterlassung (Streitwert S 300.000) infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 2.März 1992, GZ 4 R 11/92-12, womit infolge Rekurses der klagenden Parteien der Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 10.November 1991, GZ 2 Cg 369/91-8, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Rekursgericht der Beklagten verboten, im geschäftlichen Verkehr neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben anzubieten, insbesondere für den Fall des Kaufes eines neuen Grabsteins die unentgeltliche Zugabe einer Grablaterne und einer Grabvase anzubieten.

Der dagegen von der Beklagten erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse voraus;

es ist nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen, rein theoretische Fragen zu entscheiden (SZ 49/22; SZ 53/86; SZ 61/6; MR 1990, 73;

ÖBl 1991, 38; Heller-Berger-Stix 648; Fasching IV 13 f und LB Rz 1709 ff). Nach nunmehr herrschender Auffassung muß diese Beschwer zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen (SZ 61/6 mwN; ÖBl 1991, 38; Heller-Berger-Stix aaO).

Das Zugabengesetz BGBl 1934 II 196, zuletzt geändert durch das BG BGBl 1971/75, nach dessen § 1 Abs 1 es verboten war, im geschäftlichen Verkehr neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) anzubieten, anzukündigen oder einem größeren Kreis von Personen zu gewähren, wurde durch Art II Abs 2 Z 3 Wettbewerbs-DeregulierungsG BGBl 1992/147 mit 1.4.1992 aufgehoben. Gemäß dem durch Art I Z 1 Wettbewerbs-DeregulierungsG neu geschaffenen, am 1.4.1992 in Kraft getretenen § 9a Abs 1 UWG kann nunmehr derjenige, der im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs 1. in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, ankündigt, daß er Verbrauchern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) gewährt, oder 2. Unternehmern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) anbietet, ankündigt oder gewährt, auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden.

Nach der neuen Gesetzeslage ist daher das hier allein beanstandete Anbieten von Zugaben gegenüber Verbrauchern nicht mehr verboten; ein solcher Verstoß kommt nunmehr begrifflich nicht mehr in Frage. Wenngleich das aufgehobene Zugabengesetz gemäß Art III Abs 3 Wettbewerbs-DeregulierungsG auf Sachverhalte, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes verwirklicht wurden, weiter anzuwenden ist, kann wegen der Eigenart eines Unterlassungstitels, welcher die Rechtswidrigkeit des Zuwiderhandelns auch bei den künftigen Verstößen voraussetzt, eine Exekution auf Grund der einstweiligen Verfügung des Rekursgerichtes seit dem Inkrafttreten des neuen § 9a UWG nicht mehr bewilligt werden. Im übrigen könnte auch bei vor dem 1.4.1992 begangenen Verstößen gegen das Zugabengesetz eine Exekution nach § 355 EO nicht mehr bewilligt und eine Geldstrafe nicht verhängt werden, liegt doch der Zweck dieser Maßnahme nicht darin, den Verpflichteten für begangene Delikte zu bestrafen, sondern darin, ein künftiges Zuwiderhandeln zu verhindern (ÖBl 1991, 38; Heller-Berger-Stix 2579 f, 2591 mwN). Ist aber das durch das aufgehobene Gesetz verbotene Verhalten nunmehr zulässig, dann darf die Unterlassung nicht erzwungen werden (vgl ÖBl 1991, 38 im - in Hinblick auf Art 140 Abs 5 Satz 3 B-VG - gleichgelagerten Fall der Aufhebung eines gesetzlichen Verbotes durch den VfGH).

Der Beklagte ist daher durch die angefochtene Entscheidung nicht mehr beschwert; gegen einen allenfalls zu Unrecht gefaßten Exekutionsbewilligungsbeschluß könnte er sich mit rechtlichen Mitteln erfolgreich zur Wehr setzen. Eine Beschwer durch die Kostenentscheidung ist aber ohne Rücksicht darauf zu verneinen, ob es sich um Kosten erster oder zweiter Instanz handelt (SZ 61/6; ÖBl 1991, 38).

Die Zurückweisung des unzulässigen Rechtsmittels enthält auch den darin gestellten Kostenantrag. Daß das Rechtmittel vor der Aufhebung des Zugabengesetzes, nämlich am 30.3.1992 verfaßt wurde, kann im vorliegenden Fall schon deshalb zu keiner Kostenentscheidung im Sinne des durch die EO-Nov 1991 eingeführten § 50 Abs 2 ZPO führen, weil das das Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz enthaltende Bundesgesetzblatt bereits am 19.3.1992 ausgegeben wurde, die beschriebene Gesetzesänderung bei der Verfassung des Revisionsrekurses somit schon bekannt war.

Anmerkung

E28666

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB01028.92.0428.000

Dokumentnummer

JJT_19920428_OGH0002_0040OB01028_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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