TE OGH 1992/4/29 3Ob519/92

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Veröffentlicht am 29.04.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** International Transportation Company Ltd., ***** vertreten durch Dr. Norbert Schira, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. SCH***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Raimund Gehart, Rechtsanwalt in Wien, und 2. Ali *****, L*****, vertreten durch Dr. Helmut Klement und Dr. Annemarie Schreiner, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 798.557,-- s.A., infolge Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 31. Oktober 1991, GZ 6 R 69/91-47, womit infolge Berufung der zweitbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 28. Dezember 1990, GZ 6 Cg 339/89-36, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 19.879,20 (darin S 3.313,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrt vom Zweitbeklagten - die gegen die erstbeklagte Partei gerichtete Klage wurde rechtskräftig abgewiesen - die Zahlung eines Betrages von (eingeschränkt) S 798.557,-- sA. Ein Fahrer des klagenden Speditionsunternehmens, Nasser ***** A*****, habe eine LKW-Ladung Rohpistazien, die nach Hamburg hätte transportiert werden sollen, veruntreut und am 26. Juli 1986 in Graz dem Zweitbeklagten zu einem äußerst günstigen Preis verkauft. Dem Zweitbeklagten hätte klar sein müssen, daß A***** nicht Eigentümer des von ihm transportierten Gutes war und darüber auf Grund der Transportpapiere, insbesondere des mit Bill of Lading bezeichneten Ladescheines, der an die Order des Hamburger Unternehmens L***** gelautet habe und nicht indossiert worden sei, auch nicht verfügen durfte. Die klagende Partei sei hinsichtlich des eingetretenen Schadens regreßpflichtig.

Der Zweitbeklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe in berechtigtem Vertrauen auf die ihm von dem Fahrer A***** vorgewiesenen Papiere die Pistazien zu einem angemessenen Betrag redlich erworben.

Das Erstgericht gab dem gegen den Zweitbeklagten gerichteten Klagebegehren statt und traf folgende Feststellungen:

Die klagende Partei ist ein Speditionsunternehmen, das Pistazientransporte durchführt. Im Jahr 1986 sollten über Auftrag eines iranischen Produktionsunternehmens 10 LKW-Züge mit Pistazien nach Hamburg zum Unternehmen L***** transportiert werden; der Transport mit vier LKW sollte durch die klagende Partei als Subunternehmen der Iran H***** durchgeführt werden. Der Zustand der Pistazien war einwandfrei. Nur neun LKW kamen mit der Ware in Hamburg an. Der Lenker des zehnten LKW, Nasser ***** A*****, entschloß sich in Österreich, seine Ladung eigenmächtig zu verkaufen. Er kam in Graz mit dem Zweitbeklagten, einem der größten Pistazienhändler in Europa, der seit 20 Jahren in diesem Geschäftsbereich tätig ist, in Verbindung, und zeigte ihm die Frachtpapiere, insbesondere einen CMR-Frachtbrief, lautend auf den Empfänger L*****, Hamburg, sowie ein Bill of Lading. Auf dem Bill of Lading schien als Spediteur die klagende Partei auf; übersandt werden sollte die Ware an die Order der L*****, Hamburg. Der Zweitbeklagte kaufte A***** die Ladung von 294 Säcken rohe iranische Pistaziennüsse mit einem Gesamtgewicht von 19.477 kg zu einem Preis von DM 60.474,-- ab. Dies entspricht einem Kilopreis von öS 22,--. Der Marktwert für iranische Rohpistazien betrug im Juli 1986 öS 41,--; die Ladung hatte daher einen Wert von S 798.557,--.

Das Speditionsunternehmen Iran H*****, von dem die klagende Partei den Subauftrag zur Durchführung der Lieferung erhalten hatte, stellte Regreßforderungen gegen die klagende Partei in der Höhe von US-Dollar 107.672,--.

Das Berufungsgericht, das die Entscheidung des Erstgerichtes hinsichtlich des Zweitbeklagten in der Hauptsache

bestätigte - wobei es aussprach, daß die ordentliche Revision nach § 502 Abs. 1 ZPO zulässig sei - und die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich übernahm, stellte ergänzend folgende, auf der Rückseite des Bill of Lading in englischer Sprache angegebene Vertragsbedingungen in der Übersetzung fest:

"1. Anwendbarkeit

Unbeschadet der Überschrift "Bill of Lading für kombinierte Beförderung" sind die in dieser Urkunde abgedruckten Bedingungen auch dann anwendbar, wenn die auf der Vorderseite des Bill of Lading bezeichnete Beförderung entgegen der ursprünglichen Absicht der Parteien nur mittels einer Art der Beförderung ausgeführt wird. ....

3. Übertragbarkeit und Recht am Gut

3.1. Durch Annahme dieses Bill of Lading einigen sich der Kaufmann und seine Indossatare (Rechtsnachfolger) mit dem Spediteur, wenn das Bill of Lading nicht als unübertragsbar gekennzeichnet ist, darüber, daß die Annahme des Bill of Lading das Recht an dem im Bill of Lading bezeichneten Gut, den Anspruch des Besitzers des Guts kraft Indossaments auf dem Bill of Lading auf Herausgabe des Guts und die Befugnisse zu weiterem Indossament begründet.

3.2. Dieses Bill of Lading ist "prima facie" Beweis für die Annahme des darauf bezeichneten Guts durch den Spediteur. Jedoch ist der Gegenbeweis nicht zulässig, wenn das Bill of Lading gegen Entgelt einem gutgläubigen Dritten begeben oder übertragen worden ist."

Das Bill of Lading wies kein Indossament auf.

Die in Rede stehenden Pistazien wurden vom Iran nach Graz auf dem Landweg transportiert.

In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die zweite Instanz aus, der Umstand, daß das Erstgericht österreichisches Recht angewendet habe, sei im Berufungsverfahren nicht releviert worden; es sei daher inländisches Recht anzuwenden. Der Ladeschein (des Frachtführers) sei eine Urkunde des Binnenfrachtrechtes, das Konnossement (des Seeschiffers) eine des Seefrachtrechtes. Diese Wertpapiere stellten einerseits eine Empfangsbestätigung über das zu befördernde Gut dar und verbrieften andererseits die Auslieferungsverpflichtung. Gemäß § 447 (§ 648)HGB sei derjenige zum Empfang des Gutes legitimiert, an welchen das Gut nach dem Ladeschein oder Konnossement abgeliefert werden soll oder auf welchen der Ladeschein (das Konnossement), wenn er (es) an Order lautet, durch Indossement übertragen worden sei. Ladeschein und Konnossement könnten auf Inhaber oder Order lauten und auch Rektapapier sein. Es sei gesetzlich bestimmt, welches Papier ein Orderpapier sei oder zu einem Orderpapier gemacht werden könne. Ladeschein und Konnossement seien gekorene Orderpapiere, wenn sie die Orderklausel tragen. Die Orderklausel im Ladeschein (Konnossement) mache diese Urkunde zum Orderpapier. Die Leistung sei dann an den aus dem Papier ersichtlichen Empfänger, im Fall eines Indossamentes an jeden durch ein Indossament ausgewiesenen Inhaber zu erbringen. Die vorliegende Urkunde sei ein "Negotiable FIATA Combined Transport Bill of Lading, issued subject to ICC Uniform Rules for a Combined Transport Document", also ein "begebbares FIATA Durchkonnossement für kombinierte Beförderung", ein sogenanntes "FBL", ein vom internationalen Spediteurverband FIATA geschaffenes und weltweit benutztes Dokument. Die Bedingungen und Klauseln des FBL stimmten mit den durch die Internationale Handelskammer in Paris (ICC) publizierten "Einheitlichen Vorschriften für ein Dokument des kombinierten Transports" überein. Daher befürworte die Internationale Handelskammer (ICC) das FBL und habe es offiziell anerkannt. Zwar werde die Meinung vertreten, daß das FBL mit Orderklausel kein echtes Orderpapier iS des § 363 HGB sei; doch werde eine analoge Anwendung des § 363 HGB bejaht. Das Berufungsgericht folge der Ansicht, daß ein FBL durch eine Orderklausel zu einem echten Wertpapier (Orderpapier) gemacht werden könne. Dem vorliegenden FBL sei nicht zu entnehmen, daß es sich um ein Inhaber- oder Rektapapier handle, daß also der jeweilige Inhaber als zur Verfügung über das Gut berechtigt ausgewiesen wäre oder der Lenker des LKW oder der Beklagte darin namentlich bezeichnet seien oder ihnen die im Papier verbriefte Warenforderung vom dort genannten Berechtigten abgetreten worden wäre. Es handle sich vielmehr um ein Orderpapier. Die Auffassung des Beklagten, der Lenker des LKW sei aus dieser Urkunde zur Verfügung über das darin bezeichnete Gut berechtigt gewesen, wäre nur zutreffend, wenn ein von dem in der Urkunde genannten Empfänger stammendes Indossament auf den Lenker des LKW als formell berechtigten Inhaber hinwiese. Mangels eines derartigen Indossamentes habe der LKW-Lenker nicht als über das Gut verfügungsberechtigt angesehen werden können. Der Beklagte habe beim Erwerb zumindest (grob) fahrlässig gehandelt; der gute Glaube, die Redlichkeit des Beklagten sei daher zu verneinen. Die Revision sei zuzulassen gewesen, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Rechtsnatur des "Bill of Lading" fehle.

Die Revision des Zweitbeklagten ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat sich mit der rechtlichen Qualifizierung des FIATA Combined Transport Bill of Lading (FBL), das dem Zweitbeklagten von dem von der klagenden Partei beauftragten LKW-Lenker vorgewiesen wurde und auf das der Zweitbeklagte seine Redlichkeit und den Erwerb des Transportgutes zu gründen versucht, unter Berücksichtigung der hiezu bestehenden Lehrmeinungen auseinandergesetzt. Das Revisionsgericht stimmt der in der angefochtenen Entscheidung vorgenommenen Beurteilung zu:

Nach § 363 Abs. 2 HGB können unter anderem Konnossemente der Seeschiffer und Ladescheine der Frachtführer durch Indossament übertragen werden, wenn sie an Order lauten. In Österreich (Roth, Grundriß des österreichischen Wertpapierrechts, 90; Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht III, 394) ebenso wie in Deutschland (Helm, GroßK zum HGB3 Anm. 10 zu § 444, Canaris in GroßK zum HGB3 Anm. 2 zu § 363; Zöllner, Wertpapierrecht14 152; Schlegelberger, HGB5 Rz 60 zu § 363) wird hiezu die Ansicht vertreten, es bestehe im Recht der Orderpapiere ein numerus clausus der zulässigen Gestaltungsformen; als Orderpapiere könnten nur die vom Gesetz als solche vorgesehenen Wertpapiere ausgestellt werden.

Kombinierte internationale Transporte (Eisenbahnfrachtverkehr, Straßentransport, Luftfrachtbeförderung, Seeverkehr, Binnenschiffahrt) werden in aller Regel nicht von einem einheitlichen Recht beherrscht. Da aber die Bedeutung derartiger Transporte immer weiter zunimmt, bestand das Bedürfnis nach Lösung der Dokumentationsfrage. So wurde vom Internationalen Spediteurverband FIATA 1970 das FIATA Combined Transport Bill of Lading (FBL) geschaffen, das bereits weltweit benützt wird. Der dem FBL zugrunde liegende Vertrag ist ein Frachtvertrag mit unbestimmten Beförderungsmittel. In ihm verbrieft der ausstellende Spediteur als Beförderer im kombinierten Verkehr einen Beförderungsanspruch über die gesamte kombinierte Strecke, einen Auslieferungsanspruch sowie begrenzte Haftung (Helm, Das Dokument des kombinierten Transports - Ein neues Wertpapier, FS für Wolfgang Hefermehl zum 70. Geburtstag, 62; Helm in GroßK2 Anm. 3 zu § 444 HGB und Anm. 26 zu § 425 HGB). Anders als beim "CT-Dokument" (Dokument des kombinierten Transports) der Internationalen Handelskammer in Paris, für das die Internationale Handelskammer 1973 "einheitliche Regeln" ("Uniform Rules", kurz UR) aufgestellt und 1975 revidiert hat (Helm in FS 57; Helm in GroßK3 Anm. 9 zu § 444 HGB), nach denen es zwei wertpapiermäßig übertragbare Formen dieses Dokuments, nämlich die Übertragung durch Indossament für die Orderversion und die Übertragung ohne Indossament für die Inhaberversion geben soll, sehen die Bedingungen des FBL keine Inhaberversion vor (Helm in FS 69 und FN 39; Krien/Glöckner, Speditions- und Lagerrecht, 6551 Z 2). Das FBL ist grundsätzlich ein "begebbares" ("negotiables") Dokument, es lautet - wie auch hier - "an die Order von ...." ("Consigned to Order of ....) (Krien/Glöckner aaO 6550, 6551 und 6560).

Da sich aus § 363 HGB, wie bereits ausgeführt wurde, ein numerus clausus der Orderpapiere ergibt, bereiten das Order-CT Dokument und das FBL im deutschen wie im österreichischen Recht Probleme (Helm in FS 70). Vor allem Canaris (in GroßK zum HGB3 III/2, Anm. 3, 65 und 66 zu § 363), aber auch Zöllner (Wertpapierrecht15 151 f) und Roth (Grundriß des österreichischen Wertpapierrechts, 90) befürworten eine analoge Anwendung von § 363 HGB auch auf andere als die dort genannten Papiere; allerdings könne nur die Gleichstellung einzelner, fest umrissener und mit den im § 363 HGB genannten Papieren besonders eng verwandter Gestaltungsformen in Betracht kommen, wie etwa bei den Dokumenten des kombinierten Transports. Da nämlich hier für jeden Abschnitt des Transports ein gesondertes Orderpapier zulässig wäre und diese einander inhaltlich weitgehend entsprächen, bestünden keine Bedenken, auch ein einheitliches Orderpapier für den gesamten Transport zuzulassen; der Gesetzgeber habe die durch die Entwicklung des modernen Transportwesens entstandenen Probleme nicht vorhersehen können (Canaris aaO, Roth aaO). Schlegelberger (HGB5 IV Rz 60 zu § 363) dagegen meint, andere als die in § 363 HGB genannten Urkunden könnten durch die Beifügung der Orderklausel nicht zum echten Orderpapier gemacht werden. Sie seien zwar nicht ungültig, doch fehle ihnen die Indossabilität und damit die wesentliche Eigenschaft des Orderpapiers. Man bezeichne sie als "einfache" ("zivile") Orderpapiere. Ein auf die Urkunde gesetztes "Indossament" habe nur die Bedeutung einer Abtretungserklärung. Dies entspricht auch der Ansicht Helms (GroßK3 Anm. 10 zu § 444 HGB; FS 71 und 73); doch hebt Helm hervor, daß durch eine derartige Anwendung des bürgerlichen Rechts eine der Übertragung durch Indossament "sehr weitgehend angenäherte Wirkung" zu erzielen sei, daß sich die Wirkungen eines echten Orderpapiers auf diese Weise "in allen wesentlichen Punkten nahezu vollständig" erreichen ließen.

Das Revisionsgericht schließt sich der Ansicht von Canaris und Roth an, daß in Analogie zu Konnossement und Landeschein auch das FBL als Papier für kombinierte Transporte als Orderpapiere zuzulassen sind; handelt es sich doch hiebei, wie Canaris hervorhebt, um die Gleichstellung von Urkunden, die mit den in § 363 HGB genannten Wertpapieren besonders eng verwandt sind und im wesentlichen nichts anderes als eine Kombination dort genannter Papiere darstellen. Auch bei gegenteiliger Rechtsansicht würde übrigens die Orderklausel eine Behandlung als Inhaberpapier ausschließen.

Die Frage, welchen rechtlichen Charakter das FBL besitzt, wurde in der Entscheidung SZ 53/80 entgegen den Revisionsausführungen vom Obersten Gerichtshof nicht behandelt; Gegenstand jenes Verfahrens war eine Spediteurübernahmsbescheinigung (FCR; s dazu Schuhmacher in Straube, HGB, Rz 1 zu § 363). Allein die erste Instanz hatte in jenem Verfahren in der rechtlichen Beurteilung (ohne Begründung) ausgeführt, daß die FIATA zum Gebrauch als Inhaberpapiere andere Dokumente als das FCR, etwa das FBL, entwickelt habe.

Daß ein (gekorenes) Orderpapier Eigentumserwerb durch "Blankobegebung" ermöglicht, ist richtig. Hiezu bedarf es aber eben eines Blankoindossamentes (vgl. Schuhmacher in Straube, HGB, Rz 3 zu § 365). Dasselbe gilt für die Traditionswirkung.

Finden nun die Bestimmungen für Orderpapiere auf das FBL analoge Anwendung und steht überdies fest, daß das vorliegende FBL auch ausdrücklich an die Order der L***** in Hamburg lautete, so ist entscheidend, daß es beim Erwerb der Ware durch den Beklagten kein Indossament trug. Der Beklagte konnte demnach redlicherweise nicht der Ansicht sein, der Fahrer des LKW's sei verfügungsberechtigt über das transportierte Gut. (Bei Annahme eines Rektapapiers wäre überhaupt nur eine Zession in Frage gekommen, bei der es einen Gutglaubenserwerb gar nicht gibt; SZ 41/16 ua.).

Die Angaben des Zweitbeklagten im Strafverfahren vermögen an der rechtlichen Qualifizierung des FBL ebensowenig etwas zu ändern wie die Angaben des in jenem Verfahren als Zeugen vernommenen Leiters der Rechtsabteilung der erstbeklagten Partei.

Soweit sich der Zweitbeklagte in der Revision auf Handelsusancen beruft, kann dahingestellt bleiben, ob es sich hiebei nicht um eine im Rechtsmittelverfahren unzulässige Neuerung handelt. In der Klagebeantwortung des Zweitbeklagten findet sich hiezu lediglich eine vage Andeutung (".... konnte ...im Vertrauen auf die Handelsusancen durchaus sich darauf verlassen ..."), zu der als Beweis der Strafakt sowie der Zeugen Dr. Siegfried Heckel und der Zweitbeklagte als Partei angeboten wurden. Die Angaben dieses Zeugen und des Zweitbeklagten - auch im Strafverfahren - geben jedoch nur Rechtsmeinungen wieder, nicht einen Handelsbrauch. Der Zweitbeklagte vermochte daher einen Handelsbrauch, wonach das FBL entgegen den oben dargelegten Ausführungen als Inhaberpapier entwickelt worden wäre, nicht nachzuweisen (ganz abgesehen davon, daß der Wortlaut der Urkunde einer derartigen Qualifikation entgegensteht).

In dem vom Zweitbeklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Informationsblatt der Girozentrale (nicht der Creditanstalt-Bankverein) wird die Ansicht vertreten, das Bill of Lading sei ein gekorenes Orderpapier; laute das Dokument auf den Namen des Empfängers der Ware, sei die Übertragung lediglich im Wege der Zession möglich. Am gebräuchlichsten sei jedoch die Ausstellung an die Order des Abladers. Indossiere dieser blanko, sei die Weitergabe ohne Indossierung möglich. All dem ist nicht zu widersprechen, mögen damit auch verschiedene Lehrmeinungen gleichzeitig zum Ausdruck kommen. Doch ist nicht zu erkennen, inwiefern der Zweitbeklagte hieraus etwas für seinen Standpunkt gewinnen könnte.

Die Anwendung österreichischen Rechts ergibt sich, da es sich um außervertragliche Schadenersatzansprüche handelt, aus § 48 Abs 1,

1. Satz IPRG und soweit der Erwerb dinglicher Rechte an den Pistazien durch den Zweitbeklagten zu beurteilen ist, aus § 31 Abs 1 IPRG. Bei Beurteilung der Rechte, die sich aus dem FBL ergeben, ist zu beachten, daß es sich hiebei um ein internationales Papier handelt. Die Anwendung österreichischen Rechts ist auch hiebei gerechtfertigt.

Mit Recht haben die Vorinstanzen daher der Klage gegen den Zweitbeklagten stattgegeben.

Eine Bekämpfung der Kostenentscheidung der zweiten Instanz ist nach § 528 Abs. 2 Z 3 ZPO unzulässig.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens erfolgte nach den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E29203

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0030OB00519.92.0429.000

Dokumentnummer

JJT_19920429_OGH0002_0030OB00519_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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