TE OGH 1992/5/27 2Ob539/92

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Veröffentlicht am 27.05.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Dr. Ernst G*****, wider den Antragsgegner Dipl.Ing. Jörg L*****, vertreten durch Dr. Hannes Priebsch und Dr. Sven D. Fenz, Rechtsanwälte in Graz, wegen Bestimmung eines Heiratsgutes von S 1,000.000,- infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 5. März 1992, GZ 2 R 5/92-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 2. Dezember 1991, GZ 18 Nc 109/91-4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche, nach Verfahrensergänzung zu fällende, Entscheidung aufgetragen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller hat mit der Tochter des Antragsgegners am 22. 3. 1991 die Ehe geschlossen. Er beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, für die Tochter ein Heiratsgut im Wert von S 1 Mill. zu bestellen.

Der Antragsgegner bestritt die Legitimation des Antragstellers, den Anspruch auf Bestellung eines Heiratsgutes geltend zu machen, die Tochter des Antragsgegners sei dem Antrag nicht beigetreten. Überdies wendete der Antragsgegner ein, der Antragsteller habe kurze Zeit nach der Eheschließung eine Klage auf Aufhebung der Ehe eingebracht und später eine auf Verschulden gestützte Scheidungsklage. Die Tochter des Antragsgegners sei dem Begehren zunächst entgegengetreten, habe nach Einsicht in die Aussichtslosigkeit der Situation aber eine Widerklage auf Verschuldensscheidung eingebracht. In dem beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien anhängigen Scheidungsverfahren sei der Frau einstweiliger Unterhalt zugesprochen worden. Der Antragsteller habe Ende Oktober 1991 sogar einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit dem Ziel eingebracht, die Frau, die im Dezember 1991 ein Kind erwarte, zum Verlassen der ehelichen Wohnung zu zwingen bzw. dem Antragsteller die eheliche Wohnung zur alleinigen Benützung zuzuweisen. Daraus ergebe sich der Widersinn des Antrages, da das Heiratsgut eine Starthilfe sein solle, das Objekt der Starthilfe, nämlich der mit der ehelichen Gemeinschaft verbundene eheliche Haushalt, aber in erster Linie auf Initiative des Antragstellers gelöst werden solle.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung zurück, der Mann sei nach der Eheschließung nicht allein legitimiert, den Ausstattungsanspruch geltend zu machen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Es führte aus, § 1220 ABGB verpflichte die Eltern zu einer Heiratsausstattung der Tochter. Diese Leistung gebühre nicht dem Ehemann, sondern der Frau und sei unabhängig von den Rechten des Ehemannes; die Tochter könne sie geltend machen, auch wenn dem Mann kein Heiratsgut im Sinne des § 1218 ABGB zugesagt worden sei und sogar dann, wenn der Mann vor der Ehe auf ein Heiratsgut verzichtet habe. Antragslegitimiert seien beide Brautpersonen, weil der Braut ein Vorgehen gegen ihre Eltern oft nicht zumutbar sei. Antragslegitimiert sei die Ehefrau nach der Eheschließung und wohl auch, aber keineswegs nur, der Ehemann, weil das Gesetz von der Frau ebenfalls nur als Brautperson spreche und das angeführte Motiv auch nach der Eheschließung wirke. Entgegen der Meinung des Antragstellers seien die Ausführungen von Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1221 nur so zu verstehen, daß der Braut allein ein Vorgehen gegen ihre Eltern nicht zumutbar erscheine, weshalb auch ihr Gatte antragslegitimiert sei; daß der Ehemann allein antragslegitimiert sei, werde aber ausdrücklich verneint.

Der Antragsteller bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs, in welchem er die Ansicht vertritt, er sei legitimiert, den Antrag auf Bestellung eines Heiratsgutes zu stellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Der Oberste Gerichtshof hat sich mit der Frage, ob der Ehemann legitimiert ist, einen Anspruch auf Bestellung einer Heiratsaussattung für seine Ehefrau gegen deren Eltern geltend zu machen, bisher lediglich in der Entscheidung vom 19. 10. 1937, RZ 1938, 14, befaßt. Dort wurde die Legitimation verneint und der von beiden Ehegatten erhobene Anspruch, soweit er vom Mann geltend gemacht worden war, zurückgewiesen. In SZ 28/176 ging es darum, ob eine Exekution durch Pfändung eines Ausstattungsanspruches, der noch nicht einmal geltend gemacht worden war, zulässig ist. Die Frage, ob der Ehemann legitimiert ist, den Anspruch der Frau gegen deren Eltern geltend zu machen, wurde in dieser Entscheidung nicht erörtert. In EvBl. 1956/271 führte der Oberste Gerichtshof aus, die im § 1220 ABGB vorgesehene Zuwendung gebühre nicht dem Ehemann, sondern der Frau und werde zum Heiratsgut im eigentlichen Sinn des Wortes nur durch die Bestellung, also durch den entsprechenden Ehepakt (§ 1218 ABGB). Der im § 1220 ABGB normierte Ausstattungsanspruch der Tochter gegenüber ihren Eltern sei unabhängig von den Rechten des Ehemannes; die Tochter könne ihn geltend machen, auch wenn dem Mann kein Heiratsgut (im engeren Sinn) zugesagt worden sei, und sogar dann, wenn er vor der Ehe auf eine "dos" verzichtet habe. In dieser Entscheidung wurde also wohl erörtert, wem der Anspruch zusteht, nicht aber, ob nicht auch der Mann den Antrag stellen kann, daß die Eltern seiner Ehefrau eine Heiratsausstattung bestellen. Daraus, daß es sich um einen Anspruch der Tochter gegen ihre Eltern handelt, folgt noch nicht, daß nur sie die gerichtliche Bestimmung des Heiratsgutes begehren kann. Dies würde der Bestimmung des § 1221 ABGB widersprechen, wonach die gerichtliche Bestimmung auf Ansuchen der Brautpersonen erfolgt. Fraglich ist nur, ob nach der Eheschließung der Mann, da er nicht mehr "Brautperson" ist, den Antrag noch stellen kann.

In der Lehre vertrat Lenhoff in Klang1 III 593 die Auffassung, auch der Ehemann könne den Anspruch erheben. Weiß in Klang2 V 742 war der Auffassung, der Bräutigam, nicht aber der Ehemann sei legitimiert, den Anspruch geltend zu machen. Schwind vertritt in Ehrenzweig, Familienrecht3 93 die Meinung, solange kein Vertrag bestehe, könne nur die Tochter ein Heiratsgut verlangen (zwischen Anspruch und Antragslegitimation wird hier nicht unterschieden). Brauneder in Schwimann, ABGB, Rz 6 zu § 1221 führt aus, die Geltendmachung des Anspruches stehe nach dem Gesetzeswortlaut von § 1221 ABGB ("Ansuchen der Brautperson") auch dem künftigen Ehegatten und nach wohl richtigem Verständnis ebenso dem Ehegatten zu. Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1221 vertritt ebenfalls die Ansicht, auch der Ehemann sei legitimiert. Daß dieser Autor die Legitimation des Mannes, den Antrag allein zu stellen, verneint, ergibt sich aus den Worten "aber keineswegs nur" nicht.

Der erkennende Senat schließt sich der Ansicht an, der Ehemann sei allein legitimiert, den Antrag auf Bestellung einer Heiratsausstattung für seine Frau zu stellen. Daß der Bräutigam vor der Eheschließung berechtigt ist, den Antrag zu stellen, ergibt sich aus § 1221 ABGB. Obwohl in dieser Vorschrift nur "Brautpersonen" angeführt sind, wird einhellig die Ansicht vertreten, die Frau könne auch nach der Eheschließung den Antrag stellen. Es ist nicht einzusehen, weshalb der Mann nur bis zur Eheschließung antragsberechtigt sein sollte. § 1225 ABGB spricht nicht dagegen, da diese Bestimmung nicht die Antragslegitimation, sondern den Anspruch des Mannes im Sinne des § 1218 ABGB betrifft. Ist der Mann antragslegitimiert, weil der Braut ein Vorgehen gegen ihre Eltern oft nicht zumutbar ist (vgl. Lenhoff, Weiß und Petrasch je aaO), dann kann daraus nur abgeleitet werden, der Mann sei auch allein legitimiert, denn auch bei gemeinsamer Antragstellung geht die Frau gegen ihre Eltern vor.

Die Legitimation des Antragstellers ist daher grundsätzlich nicht zu verneinen. Daraus, daß es sich um einen Anspruch der Frau handelt und die Frau, nicht aber der Mann darauf verzichten kann (Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1221 mwN) folgt aber, daß der Mann den Antrag nicht gegen den Willen der Frau zu stellen berechtigt ist.

Zum Vorbringen des Antragsgegners über das anhängige Scheidungsverfahren ist darauf hinzuweisen, daß erst durch die Beendigung der Ehe der Anspruch auf eine Heiratsausstattung entfällt (Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1220; EFSlg. 36.117 mwN).

Im fortgesetzten Verfahren wird zu klären sein, ob der Antrag dem Willen der Tochter nicht widerspricht. Widerspricht er ihm nicht, sind die für die Höhe der Heiratsausstattung maßgebenden Umstände zu erforschen.

Aus diesen Gründen mußten die Beschlüsse der Vorinstanzen aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche nach Verfahrensergänzung zu fällende Entscheidung aufgetragen werden.

Anmerkung

E29172

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0020OB00539.92.0527.000

Dokumentnummer

JJT_19920527_OGH0002_0020OB00539_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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