TE OGH 1992/6/9 1Ob1574/92

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Veröffentlicht am 09.06.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Otto P*****, vertreten durch Dr. Christian Jelinek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Eva P*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Anfechtung eines Vergleiches (Streitwert S 126.000) infolge ao. Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 14.Jänner 1992, GZ 47 R 2080/91-37, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag des Revisionsgegners auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 3 ZPO abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Auch ein Vergleich über die Scheidungsfolgen kann wegen Willensmängel angefochten werden (ÖAV 1990, 132; SZ 58/43 mwN), so wenn sich der Irrtum auf die Vergleichsgrundlage, das sind jene Umstände, die von beiden Parteien als feststehend angenommen wurden und die sie somit nicht der Streitbereinigung unterwerfen wollten, bezieht (JBl.1990, 333 mwN). Auszugehen ist davon, daß die von der Beklagten bei den Vergleichsverhandlungen angegebene monatliche Einkommenshöhe von S 4.000 richtig war, die Beklagte aber zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses für die Zeit der Karenzierung einer anderen Beschäftigten vorübergehend zwischen S 14.000 und 15.000 monatlich verdiente. Der Kläger erblickt nun, wie sein Vorbringen zeigt - auf List stützte er sein Begehren nicht - die Veranlassung seines Irrtums durch die Beklagte darin, daß sie ihm die Änderung ihrer Einkommensverhältnisse nicht mitteilte. Veranlaßt wäre der Irrtum des Klägers durch die Beklagte aber nur dann, wenn die Beklagte dem Kläger gegenüber in diesem Punkt eine Aufklärungspflicht getroffen hätte. Wohl trifft es zu, daß auch bei Abschluß von Unterhaltsvergleichen anläßlich der Scheidung Aufklärungspflichten bestehen können (RZ 1963, 196; Rummel in Rummel2, ABGB Rz 4 zu § 870), generelle Aussagen, wann eine Aufklärungspflicht besteht, aber kaum möglich sind, es vielmehr immer auf die Übung des redlichen Verkehrs ankommt (SZ 55/51; SZ 52/22 uva, zuletzt 7 Ob 625/91; Rummel aaO; Apathy in Schwimann, ABGB Rz 3 zu § 870; Dilcher in Staudinger12, Rz 7 zu § 123 BGB). Eine Aufklärungspflicht eines Vertragspartners besteht jedenfalls nur insoweit, als die mitzuteilenden Umstände für den Abschlußwillen des anderen Vertragsteiles von entscheidender Bedeutung sind (NJW 1971, 1795, 1799 mwN; Krüger-Nieland in BGB-RGRK12, Rz 19 zu § 123), ihre Verheimlichung somit den Vertragszweck gefährden könnte (Dilcher aaO). Nun war der Kläger schon in den dem Vergleichsabschluß vorangegangenen Besprechungen immer damit einverstanden, daß seine Unterhaltsleistungen unabhängig von einem (auch hohen) Einkommen der Beklagten zu erbringen sein werden. Ob daraus die Vorinstanzen - vom Kläger in der ao. Revision bekämpft - den Schluß auf die mangelnde Kausalität der Irreführung ziehen konnten, kann dahingestellt bleiben. Es ist vielmehr eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu verneinen. Wie nämlich der Kläger selbst zu erkennen gab, hielt er das jeweilige Einkommen der Beklagten für seinen Willensentschluß, ihr in der vereinbarten Höhe Unterhalt zu leisten, für irrelevant. Dies war auch für die Beklagte ersichtlich, sodaß in der Verschweigung einer vorübergehenden Einkommenserhöhung nicht die Veranlassung eines erheblichen Irrtums für den Kläger erblickt werden kann.

Anmerkung

E29142

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0010OB01574.92.0609.000

Dokumentnummer

JJT_19920609_OGH0002_0010OB01574_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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