TE OGH 1992/7/9 6Ob544/92

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Veröffentlicht am 09.07.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Eva B*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. B***** Gesellschaft mbH & Co Immobilien KG, ***** vertreten durch Dr.Michael Pressl, Rechtsanwalt in Salzburg, 2. C***** AG, ***** vertreten durch Dr.Helmut Hüttinger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 135.000 und Herausgabe (S 10.000), und 3. "UG" ***** GesmbH, ***** infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 12. November 1991, GZ 1 R 152/91-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 13. Februar 1991, GZ 1 Cg 324/89-15, in Ansehung der erst- und zweitbeklagten Partei bestätigt, in Ansehung der drittbeklagten Partei als nichtig aufgehoben wurde,in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgwiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 8.218,98 (darin S 1.369,83 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die zweitbeklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die erstbeklagte Partei ist eine sogenannte Publikumskommanditgesellschaft, deren Besonderheit darin liegt, daß sie auf die Mitgliedschaft einer unbestimmten Vielzahl rein kapitalistisch beteiligter Personen als Anlagegesellschafter gerichtet ist und die Anleger über die zweitbeklagte Partei als Treuhänderin, die alleinige Kommanditistin der erstbeklagten Partei ist, nur mittelbar an der KG beteiligt sind.

Die Klägerin hat im Jahr 1982 eine solche Beteiligung, einen Hausanteilschein der Serie 8, in welchem eine Kommanditbeteiligung der Klägerin an der erstbeklagten Partei, die von der Zweitbeklagten gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen über die Ausgabe von Hausanteilscheinen Serie 8 treuhändig gehalten wird, beurkundet wird, erworben. § 11 Z 2 dieser AGB lautet: "Die (zweitbeklagte Partei) haftet den Eigentümern der Hausanteilscheine für die Einhaltung der ihr nach diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen und dem gesondert abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag der (erstbeklagten Partei) obliegenden Verpflichtungen. Weitergehende Ansprüche können nicht erhoben werden. Zur Vertretung gegenüber der (erstbeklagten Partei) in sämtlichen wie immer gearteten Angelegenheiten ist ausschließlich der Treuhandkommanditist berechtigt."

Mit eingeschriebenem Brief vom 16.Dezember 1988 an die erstbeklagte Partei kündigte die Klägerin ihre Beteiligung auf und begehrte die Auszahlung ihres Anteiles. Die Erstbeklagte teilte mit, daß sie die Kündigung in ihren Unterlagen vermerkt habe und wies darauf hin, daß diese nach Beendigung der zehnjährigen Laufzeit zum 31.Jänner 1989 wirksam werde, die Auszahlung des Abschichtungsguthabens von S 135.000 erfolge gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen spätestens zum 31.Juli 1989. Im Juli 1989 teilte eine Firma, die sich als "Kundenverwalter" der erstbeklagten Partei bezeichnete, der Klägerin mit, daß bis zur Klärung des Sachverhaltes im Zuge staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen sämtliche Zahlungen gestoppt und die Kündigung der Klägerin entsprechend den AGB nach dem Eingangsdatum gereiht worden sei.

Die Klägerin begehrt von den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand die Zahlung von S 135.000, von der Erstbeklagten auf Grund der Aufkündigung der Beteiligung, von der Zweitbeklagten aus dem Titel des Schadenersatzes, weil diese ihren Verpflichtungen aus dem Treuhandvertrag nicht nachgekommen sei. Über die ursprünglich drittbeklagte Partei, die als Garant gegenüber den Anlegern fungiert hatte, ist im Zuge des Verfahrens der Konkurs eröffnet worden.

Beide Vorinstanzen haben das Klagebegehren abgewiesen. Gegenüber der erstbeklagten Partei könne die Klägerin keine direkten Ansprüche geltend machen; das Treuhandverhältnis mit der Zweitbeklagten sei nicht aufgekündigt worden, ein Schaden nicht erweislich.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage der unmittelbaren Kündigung einer Beteiligung an einer Publikums-KG durch den Treugeber, soweit ersichtlich, oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht vorliege und der Lösung dieser Rechtsfrage über den einzelnen Rechtsstreit hinaus Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht zulässig.

Die rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichtes sind zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).

Es ist ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß die hier in Frage stehende Form einer Kapitalbeteiligung an einer Publikums-KG in Lehre und Rechtsprechung allgemein anerkannt ist und bewirkt, daß allein der Treuhänder gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftsgläubigern aus dem Kommanditverhältnis berechtigt und verpflichtet ist. Der Treuhänder hat wohl die Interessen der Treugeber gegenüber der Gesellschaft zu wahren, zwischen der Gesellschaft und den Treugebern besteht aber keine Rechtsbeziehung. Das Treuhandverhältnis zwischen der Klägerin und der Zweitbeklagten bewirkt, daß diese Gesellschaft im Besitz der Vollrechte ist. Die Offenlegung der verdeckten Treuhand bewirkt keine Änderung der Rechtslage im Innen- oder Außenverhältnis. Durch die Offenlegung allein wird der Treugeber noch nicht zum Träger der vom Treuhänder im eigenen Namen begründeten Rechte und Pflichten (RdW 1991, 205; RdW 1986, 336; 6 Ob 585/91; 8 Ob 19/91 - diese Entscheidung erging gegenüber denselben beklagten Parteien - ; EvBl 1980/162, alle mwN).

Die Aufkündigung der Beteiligung und des Treuhandverhältnisses muß daher gegenüber dem Treunehmer erfolgen; dies ist nach den Feststellungen hier nicht geschehen. Anspruch auf Anzahlung gegenüber der Gesellschaft hat nur der Treunehmer als Kommanditist. Der bloße Umstand, daß die erstbeklagte Partei die Kündigung "in ihren Unterlagen vorgemerkt hat", eröffnet noch keinen Direktanspruch gegen diese. Ein konstitutives Anerkenntnis liegt seitens der Erstbeklagten nicht vor.

Die gewählte Treuhandkonstruktion entspricht den bei Publikumskommanditgesellschaften üblichen Bestimmungen. Zutreffend hat das Berufungsgericht daher ausgeführt, daß durch die Bestimmung des § 4 Z 2 der AGB von einer gröblichen Benachteiligung der Klägerin im Sinne einer Nichtigkeit nach § 879 Abs 3 ABGB nicht gesprochen werden kann.

Der erstbeklagten Partei waren die Kosten der Revisionsbeantwortung zuzusprechen, weil sie ausdrücklich auf die Unzulässigkeit der Revision auf Grund der gesicherten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hingewiesen hat. Für die Zweitbeklagte trifft dies nicht zu.

Anmerkung

E30073

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0060OB00544.92.0709.000

Dokumentnummer

JJT_19920709_OGH0002_0060OB00544_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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