TE OGH 1992/7/14 1Ob510/92

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Veröffentlicht am 14.07.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E. B*****, Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Ernst Ploil, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Bankhaus C***** S***** & Co., 2.) Dr.Heinrich W***** 3.) Richard S*****, 4.) Heinrich S*****, vertreten durch Dr.Peter Zumtobel und Dr. Harald Kronberger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 107.304,74 sA und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 31. Mai 1990, GZ 21 R 414/89-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 29. September 1989, GZ 14 C 168/88a-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt bzw. beschlossen:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird in Ansehung der Abweisung des Teilbegehrens auf Zuspruch von S 107.304,74 s.A. bestätigt. Im übrigen, sohin in Ansehung des Feststellungsbegehrens und des Kostenpunkts werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben; die Rechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Auf die Kosten des Rechtsmittelverfahrens ist gleich weiteren Verfahrenskosten erster Instanz Bedacht zu nehmen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Eigentümer der Liegenschaft mit dem Haus in S***** M*****platz 4, vermieteten mit Vertrag vom 13. Dezember 1965 das im Erdgeschoß des Hauses gelegene Geschäftslokal im Ausmaß von rund 65 m2 an die erstbeklagte Partei, deren persönlich haftende Gesellschafter die weiteren Beklagten sind. Der Vertrag wurde mit Wirkung ab 1. Jänner 1966 auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, das Mietverhältnis war beiderseits unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Letzten jeden Monats aufkündbar. Die Vermieter haben auf ihr Kündigungsrecht für die Dauer von 20 Jahren verzichtet. Als Mietzins war ein monatlicher Betrag von netto S 2.500,-- wertgesichert vereinbart; für die Vereinbarung dieses günstigen Mietzinses war maßgeblich, daß die erstbeklagte Partei sich um die einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses mit dem Vormieter verdient gemacht und ihrerseits Investitionen im Mietobjekt in Höhe von S 700.000,-- bis S 900.000,-- getätigt hatte. Der erstbeklagten Partei wurde das Recht zur gänzlichen oder teilweisen Untervermietung eingeräumt. Die erstbeklagte Partei betrieb zunächst im Bestandobjekt eine Wechselstube und ein Reisebüro. Nachdem sie diese Agenden aufgegeben hatte, trat sie in Vertragsverhandlungen mit der klagenden Partei zum Abschluß eines Untermietvertrages über das gesamte Objekt. Im Zuge dieser Verhandlungen wurde bekanntgegeben, daß der Hauptmietvertrag seitens der Vermieter bis 31. Dezember 1985 unkündbar ist. Nach dem am 22. August 1973 geschlossenen Untermietvertrag begann das Untermietverhältnis mit 1. Oktober 1973, es wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, beide Teile hatten das Recht der halbjährigen Kündigung zum Letzten jedes Monats, als Untermietzins wurde ein monatlicher Bruttomietzins incl. aller Betriebskosten, Steuern und Abgaben von S 19.000,-- wertgesichert vereinbart. Mit Schreiben vom 23. August 1973 verzichtete die erstbeklagte Partei auf das im Untermietvertrag vereinbarte Kündigungsrecht bis zum 31. Juli 1985.

Während der Dauer des Hauptmietverhältnisses versuchten einige der Miteigentümer des Bestandobjektes, eine Erhöhung des von der erstbeklagten Partei entrichteten Hauptmietzinses zu erreichen. Dies wurde von der erstbeklagten Partei immer unter Hinweis auf den Kündigungsverzicht bis Ende 1985 abgelehnt.

Im August 1985 fand eine Versammlung der Miteigentümer der Liegenschaft statt, in der im Hinblick auf den herannahenden Ablauf des Kündigungsverzichts die Frage der Beendigung des Bestandverhältnisses zur Sprache kam. Am 21. August 1985 richtete der Miteigentümer Rechtsanwalt Dr. Kurt A***** an den Geschäftsführer der klagenden Partei ein Schreiben, in dem er auf den von der erstbeklagten Partei bezahlten Jahresmietzins von rund S 100.000,-- sowie auf die Kündigungsmöglichkeit zum Jahresende 1985 verwies, um Bekanntgabe der Höhe des von der klagenden Partei an die erstbeklagte Partei bezahlten Untermietzinses ansuchte und sich über das weitere Interesse der klagenden Partei am Bestandobjekt erkundigte. Etwa Mitte September 1985 erfuhr sodann Dr. Kurt A***** vom Geschäftsführer der klagenden Partei die Höhe des von dieser an die erstbeklagte Partei bezahlten Untermietzinses. In der Folge führte Dr. Kurt A***** als Vertreter der Miteigentümergemeinschaft ein Gespräch mit dem Zweitbeklagten über die Möglichkeit einer Beendigung des Mietverhältnisses zum Jahresende. Der Zweitbeklagte teilte damals mit, daß die erstbeklagte Partei vorbehaltlich der Rechte der klagenden Partei als Untermieterin bereit wäre, das Mietverhältnis zum 31. Dezember 1985 zu beenden. Bei diesem Gespräch kündigte Dr. Kurt A***** dem Zweitbeklagten an, daß die Miteigentümer gegen die erstbeklagte Partei aus dem Kündigungsgrund der Unverhältnismäßigkeit des Untermietzinses im Verhältnis zum Hauptmietzins vorgehen würden. Dessenungeachtet unternahm die erstbeklagte Partei nichts zur „Beseitigung“ dieses Kündigungsgrundes. Vielmehr kündigte sie mit Schreiben vom 23. September 1985 der klagenden Partei das Untermietverhältnis zum 31. März 1986 auf. In einem Begleitschreiben zur Kündigung teilte sie der klagenden Partei mit, aus formalen, in ihrem mit den Hauseigentümern geschlossenen Mietvertrag liegenden Gründen dazu gezwungen zu sein. Nach Einholung eines Rates des Klagevertreters verfaßte der Geschäftsführer der klagenden Partei am 14. Oktober 1985 ein Schreiben an die erstbeklagte Partei mit der Mitteilung, daß sowohl der Untermietvertrag, als auch der Hauptmietvertrag den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes unterlägen und daher beide Verträge nur gerichtlich bei Vorliegen eines gesetzlichen Kündigungsgrundes gekündigt werden könnten. Er ersuchte die erstbeklagte Partei auch, ihn für den Fall zu verständigen, daß die Hauseigentümer den Hauptmietvertrag aufzulösen trachteten.

Mit gerichtlicher Aufkündigung vom 23./24. Oktober 1985 kündigten die Miteigentümer des Bestandobjektes der erstbeklagten Partei den Hauptmietvertrag aus dem Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 MRG zum 28. Februar 1986 gerichtlich auf (AZl. 18 C 1815/85 des Bezirksgerichtes Salzburg). Am Tag der Zustellung der Aufkündigung, am 28. Oktober 1985, verständigte der Vertreter der beklagten Parteien die klagende Partei brieflich von der erfolgten Aufkündigung und teilte mit, daß die erstbeklagte Partei beabsichtige, die Aufkündigung in Rechtskraft erwachsen zu lassen, da der darin geschilderte Sachverhalt als richtig außer Streit zu stellen und demnach der Kündigungstatbestand gegeben sei. Weiters wurde mitgeteilt, daß eine rechtskräftige Aufkündigung gegen die erstbeklagte Partei auch gegen die klagende Partei als Unterbestandnehmer wirksam sei, sowie darauf hingewiesen, daß die Einwendungsfrist am 11. November 1985 ende. Mit dem am 4. November 1985 bei Gericht eingelangten Schriftsatz erklärte die klagende Partei, dem Kündigungsstreit als Nebenintervenientin auf seiten der beklagten Partei (hier: erstbeklagten Partei) beizutreten, und erhob ihrerseits Einwendungen gegen die Aufkündigung; darin brachte sie im wesentlichen vor, daß die kündigenden Parteien nicht aktiv klagslegitimiert seien, daß sie auf die Kündigung verzichtet hätten, die gesetzliche Kündigungsfrist nicht eingehalten sei und der Kündigungsgrund auch nicht vorliege. Die erstbeklagte Partei erhob keine Einwendungen, da sie von ihrem Rechtsvertreter dahingehend beraten wurde, daß gegen die Aufkündigung nichts unternommen werden könne. Die Höhe des von der erstbeklagten Partei zuletzt entrichteten Hauptmietzinses, die dem Geschäftsführer der klagenden Partei im August 1985 bekannt geworden war, wurde dem Vertreter der klagenden Partei im Prozeß erst durch die Zeugenaussage des Dr. Kurt A***** in der Verhandlung vom 17. Dezember 1985 bekannt. Mit Schreiben vom 28. Jänner 1986 begehrte die klagende Partei von der erstbeklagten Partei die Herabsetzung des Untermietzinses im Hinblick auf § 26 Abs 2 MRG auf die angemessene Gegenleistung. Mit Urteil vom 14. Jänner 1986 erkannte das Bezirksgericht Salzburg im Kündigungsstreit die Aufkündigung für rechtswirksam und verurteilte die erstbeklagte Partei zur Räumung des Bestandobjektes bis 14. März 1986. In einer zwischen dem 11. Februar 1986 und dem 9. Juni 1986 geführten Korrespondenz zwischen dem Klagevertreter namens der klagenden Partei und Dr. Kurt A***** namens der Hauseigentümergemeinschaft wurde erörtert, ob die Hauseigentümer bereit wären, nach Beendigung des Mietvertrages mit der erstbeklagten Partei, nunmehr einen Hauptmietvertrag mit der klagenden Partei abzuschließen, wofür eine prinzipielle Zustimmung erteilt wurde. Mit Schreiben vom 24. März 1986 übermittelte Dr. Kurt A***** der klagenden Partei mit Bindung bis 25. April 1986 den Entwurf eines Hauptmietvertrages mit einem Mietzins, der im wesentlichen dem zuletzt von der klagenden Partei auf Grund des Untermietvertrages mit der erstbeklagten Partei entrichteten Entgelt entsprach. In dieser Korrespondenz anerkannte der Vertreter der klagenden Partei auch, daß der geforderte Hauptmietzins durchaus ortsüblich sei. Er teilte aber mit, daß die klagende Partei nur dann endgültig abschließen wolle, wenn die Kündigung rechtskräftig werde. In einem zwischen dem 6. Mai und 21. Mai 1986 geführten Telefonat zwischen dem Vertreter der klagenden Partei und Dr. Kurt A***** brachte ersterer allfällige Schadenersatzansprüche der klagenden Partei gegen die erstbeklagte Partei zur Sprache. Im Schreiben vom 21. Mai 1986 teilte Dr. Kurt A***** der klagenden Partei bzw. deren Rechtsvertreter mit, daß die Hauseigentümer mit dem Vorschlag, erst die Rechtskraft der Kündigung abzuwarten, nicht einverstanden seien, sondern nur dann sofort einen Hauptmietvertrag abschließen wollten, wenn die Berufung im Kündigungsprozeß zurückgezogen und auf - ohnehin nicht gegebene - Regreßansprüche gegen die erstbeklagte Partei verzichtet werde. Mit Schreiben vom 3. Juni 1986 lehnte der Vertreter der klagenden Partei letztlich dieses Angebot mit dem Hinweis darauf ab, daß offenkundig eine Kollusion zwischen den Hauseigentümern und der erstbeklagten Partei im Zusammenhang mit dem vorliegenden Kündigungsverfahren stattgefunden habe. In einem Schreiben vom 9. Juni 1986 teilte Dr. Kurt A***** der klagenden Partei mit, daß die Hauseigentümer einen Verzicht auf Regreßansprüche gegen die erstbeklagte Partei nicht forderten, sondern sie lediglich die Meinung vertreten hätten, daß solche Ansprüche nicht berechtigt seien. Es kam letztlich deshalb zwischen den Hauseigentümern und der klagenden Partei nicht zum Abschluß eines Hauptmietvertrages, weil die klagende Partei nicht bereit war, die Berufung im Kündigungsprozeß zurückzuziehen. Sie sah die Chance, bei Obsiegen im Kündigungsprozeß zu einem weit günstigeren herabgesetzten Untermietzins im Bestandobjekt bleiben zu können. Das Landesgericht Salzburg bestätigte mit seinem - unangefochten in Rechtskraft erwachsenen - Urteil vom 1. Juni 1987 das Urteil des Erstgerichtes im Kündigungsprozeß.

Die klagende Partei begehrt mit der vorliegenden Klage den Betrag von S 107.304,74 samt Anhang und die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für alle ihr aus der von der erstbeklagten Partei verschuldete Auflösung des Hauptmietvertrages in Zukunft entstehenden Schäden. Sie sei vor Zustellung der Aufkündigung des Hauptmietvertrages über den Unterschied zwischen dem von der erstbeklagten Partei entrichteten Hauptmietzins und dem von ihr entrichteten Untermietzins nicht informiert gewesen; die erstbeklagte Partei habe mit den Hauseigentümern im Kündigungsprozeß zum Nachteil der klagenden Partei zusammengespielt. Sie hätte in Wahrung ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der klagenden Partei als Untermieterin den von den Hauseigentümern letztlich wirksam geltend gemachten Kündigungsgrund jedenfalls rechtzeitig vor dem Ende des Kündigungsverzichts beseitigen müssen, indem sie entweder ihren Hauptmietzins entsprechend erhöht oder den Untermietzins entsprechend herabgesetzt hätte. Da § 27 MRG auch Schutzwirkungen zugunsten des Untermieters entfalte, sei die erstbeklagte Partei der klagenden Partei für deren Schaden aus der zugleich mit der Beendigung des Hauptmietvertrages erfolgten Beendigung des Untermietvertrages und für die der klagenden Partei (als Nebenintervenientin) erwachsenen gesamten Kosten des Kündigungsprozesses ersatzpflichtig.

Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wandten ein, bei Abschluß des Untermietvertrages sei der klagenden Partei bekanntgegeben worden, daß auch ihr Vertragsverhältnis bis längstens 31. Dezember 1985 beendet sein sollte. Die Höhe des Hauptmietzinses sei der klagenden Partei bereits im August 1985 bekannt geworden. Eine Verpflichtung zur Herabsetzung des Untermietzinses vor dem (Schluß der Verhandlung erste Instanz im) Kündigungsprozeß habe ohne entsprechenden Antrag der klagenden Partei nicht bestanden. Durch die Ablehnung des angebotenen Hauptmietvertrages zu den nahezu gleichen Konditionen des Untermietvertrages habe die klagende Partei ihren vorgeblich erlittenen Schaden selbst zu vertreten. Die Führung des Kündigungsprozesses sei von vorneherein aussichtslos gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und führte aus, die festgestellten Umstände reichten nicht aus, eine Kollusion der Hauseigentümer mit der erstbeklagten Partei zu Lasten der klagenden Partei anzunehmen. Die erstbeklagte Partei habe ihre Schutzpflicht als Untervermieterin gegenüber der klagenden Partei als Untermieterin im Zusammenhang mit den festgestellten Abläufen nicht verletzt, da sie zu einer vor der Aufkündigung des Hauptmietvertrages freiwillig vorzunehmenden Herabsetzung des Untermietzinses nicht verhalten gewesen sei. Zwar habe sie die klagende Partei nicht mehr davon verständigt, daß die Aufkündigung des Hauptmietvertrages drohe, dies sei jedoch für den durch die Aufkündigung entstandenen Schaden der klagenden Partei nicht kausal gewesen.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und erklärte die Revision für zulässig. Um eine Kollusion(sabsicht) der Parteien des Hauptmietvertrages zum Nachteil der klagenden Partei als Untermieterin annehmen zu können, hätte es der Feststellung einer bereits beim Abschluß des Untermietvertrages mit dem „überhöhten Untermietzins“ vorgelegenen entsprechenden Absicht (der Parteien des Hauptmietvertrages) bedurft, den Untermieter durch passives Verhalten des Hauptmieters auf den seinerzeit geltend zu machenden Kündigungsgrund der unverhältnismäßigen Verwertung des Bestandgegenstandes aus dem Bestandobjekt wieder hinauszubekommen. Das sei aber im Verfahren nicht hervorgekommen. Dazu komme noch, daß die Hauseigentümer selbst erst durch Anfrage an die klagende Partei die Höhe des Untermietzinses und damit dessen Unverhältnismäßigkeit in Erfahrung gebracht hätten. Es sei daher eine Kollusion der Vertragsparteien des Hauptmietvertrages zu Lasten der klagenden Partei nicht anzunehmen. Selbst wenn der erstbeklagten Partei die Verletzung vertraglicher Schutzpflichten gegenüber der klagenden Partei als ihrer Untermieterin in dem Sinn angelastet werden könnte, daß sie diese von der Kündigungsabsicht der Hauseigentümer aus dem Grund der Unverhältnismäßigkeit des Untermietzinses nicht sogleich verständigte, sei die klagende Partei für alle von ihr geltend gemachten oder erwarteten Schäden aus der Beendigung des Hauptmietverhältnisses selbst verantwortlich, weil sie einen den ortsüblichen Konditionen des Untermietvertrages entsprechenden Hauptmietvertrag mit den Hauseigentümern ausgeschlagen habe. Ihre Beteiligung am Kündigungsprozeß sei von vornherein aussichtslos gewesen, weil im maßgeblichen Zeitpunkt der Aufkündigung der geltend gemachte Kündigungsgrund nach ihrem Wissensstand (dem ihres Geschäftsführers) berechtigt gewesen sei.

Die gegen das Urteil der zweiten Instanz erhobene Revision der klagenden Partei ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerber halten zunächst daran fest, daß dem auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes gestützten Klagebegehren schon deshalb Erfolg beschieden sein müsse, weil ein kollusives Verhalten der Hauseigentümer und der beklagten Parteien anzunehmen sei. Demgegenüber ist auf die als Tatsachenfeststellung zu wertenden Ausführungen der Vorinstanzen zu verweisen, wonach die Verfahrensergebnisse nicht ausreichen, um ein kollusives Verhalten des Bestandgebers und der beklagten Parteien zum Nachteil der klagenden Partei anzunehmen.

Den weiteren Ausführungen der Revision kommt jedoch im Ergebnis teilweise Berechtigung zu.

Der Unterbestandvertrag verpflichtet den Unterbestandgeber, dem Unterbestandnehmer die Benützung des Bestandobjektes zu ermöglichen. Dem Untermieter stehen nach bürgerlichem Recht dieselben Rechte gegenüber seinem Vertragspartner (Hauptbestandnehmer) zu wie einem Hauptbestandnehmer (Würth in Rummel2 Rz 17 zu § 1098). In gleicher Weise wie der Bestandgeber dem Bestandnehmer bei Verschulden (über die Zinsbefreiung hinaus) für jeden durch Vernachlässigung seiner Pflichten schuldhaft verursachten Schaden, insbesondere auch durch vorzeitige Beendigung des Bestandverhältnisses haftet (Würth a.a.O. Rz 12 zu § 1097), ist der Unterbestandgeber dem Unterbestandnehmer gegenüber schadenersatzpflichtig. In Rechtsprechung und Lehre ist anerkannt, daß der Unterbestandgeber, der sein Bestandrecht freiwillig aufgibt, dem Unterbestandnehmer zu Schadenersatz verpflichtet ist, sofern der Unterbestandgeber nicht ohnehin auch gegenüber dem Unterbestandnehmer Anspruch auf Vertragslösung gehabt hätte (GlUNF 4968; JBl 1955, 474; Binder in Schwimann ABGB Rz 115 zu § 1098). Da der Unterbestandgeber aufgrund des abgeschlossenen Unterbestandvertrages seinem Vertragspartner zur Gebrauchsgewährung verpflichtet ist, darf er nicht ein Verhalten setzen, das dem Hauptbestandgeber die Auflösung des Bestandvertrages ermöglicht, wodurch zugleich auch der Unterbestandnehmer sein Bestandrecht verliert (§ 568 ZPO). Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn der Unterbestandgeber vom Unterbestandnehmer einen gesetzwidrigen Bestandzins in einer Höhe fordert, die den Bestandgeber zur Aufkündigung des Hauptbestandvertrages berechtigt. Wird dem Unterbestandnehmer auf diese Weise der Gebrauch der Bestandsache entzogen, ohne daß der Unterbestandgeber selbst berechtigt gewesen wäre, den Bestandvertrag zu lösen, hat der Unterbestandgeber für den dem Unterbestandnehmer aus dem Verlust des Bestandrechtes entstehenden Schaden zu haften. Eine analoge Anwendung des § 1120 zweiter Satz ABGB, wie sie von der Entscheidung JBl 1955, 474 erwogen wird, ist zur Begründung der Schadenersatzpflicht nicht erforderlich. Der Schaden, welcher dem Unterbestandnehmer durch das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten des Unterbestandgebers erwächst, kann darin bestehen, daß ihm die Anmietung eines gleichwertigen Bestandobjektes nur zu einem höheren Bestandzins möglich ist. Der klagenden Partei als Unterbestandnehmer obliegt aber auch die Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens (§ 1304 ABGB). Diesbezüglich ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, daß der klagenden Partei von den Hauseigentümern der Abschluß eines Bestandvertrages zu Bedingungen angeboten wurde, die die klagende Partei selbst (im Hinblick auf Lage und Größe des Bestandobjektes) als angemessen erachtete. Nach den getroffenen Feststellungen haben die Liegenschaftseigentümer den Abschluß des Bestandvertrages auch keineswegs von einem Verzicht der klagenden Partei auf ihr zustehende Schadenersatzansprüche abhängig gemacht, sie vermeinten nur, daß solche Ansprüche nicht zu Recht bestünden. Bei dieser Sachlage hätte die klagende Partei den Abschluß des Bestandvertrages nicht ausschlagen dürfen. Eine Schadenersatzpflicht der beklagten Parteien kann dann jedenfalls nur in der - noch festzustellenden - Differenz zwischen dem von der klagenden Partei als Unterbestandnehmer unter Anwendung der gesetzlichen Zinsbeschränkungen zu bezahlenden Bestandzins und jenem Bestandzins, den sie aufgrund des ihr angebotenen Bestandvertrages zu bezahlen gehabt hätte anerkannt werden. Hätte die klagende Partei den angebotenen Bestandvertrag abgeschlossen, wären auch die Übersiedlungskosten von S 39.000,-- nicht erwachsen. Was die Bekämpfung der Aufkündigung des Hauptbestandvertrages durch die klagende Partei als Nebenintervenient betrifft, so mußte sie im Hinblick auf die Höhe des von der klagenden Partei entrichteten Bestandzinses von vorneherein aussichtslos erscheinen. Die weiteren substanzlos erhobenen Einwendungen (Mangel der Aktivlegitimation, Verzicht auf Aufkündigung, verfehlter Kündigungstermin bzw verfehlte Kündigungsfrist) erwiesen sich sämtliche als nicht gerechtfertigt. Demnach steht der klagenden Partei aber auch ein Anspruch auf Ersatz der im Kündigungsstreit aufgelaufenen Kosten (eigene Kosten und dem Prozeßgegner zu ersetzende Kosten) nicht zu, so daß auch diese Teilbegehren mit Recht abgewiesen wurden.

Da eine Sachentscheidung über das Feststellungsbegehren aus dem dargelegten Grund noch nicht möglich ist, ist spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 ZPO.

Textnummer

E30668

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0010OB00510.92.0714.000

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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