TE OGH 1992/7/15 13Os81/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.07.1992
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Juli 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Kuch, Dr.Massauer und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Amschl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerald W***** wegen des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 SGG über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 27.April 1992, GZ 15 E Vr 758/91-17, nach Anhörung des Vertreters der Generalprokuratur, des Generalanwaltes Dr.Bassler, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, in öffentlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 27.April 1992, GZ 15 E Vr 758/91-17, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 41 Abs. 2 StPO.

Dieser Beschluß wird aufgehoben und es wird dem Kreisgericht Krems an der Donau aufgetragen, dem Gesetze gemäß zu verfahren.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Einzelrichters des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 17.März 1992, GZ 15 E Vr 758/91-14, wurde Gerald W***** des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 SGG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Gegen dieses Urteil meldete der Beschuldigte fristgerecht Berufung an und ersuchte unter Bezugnahme auf seine finanzielle Situation, ihm "einen Pflichtverteidiger zur Verfügung zu stellen" (ON 16).

Mit Beschluß vom 27.April 1992, GZ 15 E Vr 758/91-17, wies das Kreisgericht Krems an der Donau, das die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Verfahrenshilfe offenkundig nicht in Zweifel zog, den Antrag auf Beigebung eines Verteidigers ab, weil dies im Interesse der Rechtspflege und einer zweckmäßigen Verteidigung nicht erforderlich sei.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Beschluß steht mit dem § 41 Abs. 2 StPO nicht im Einklang.

Gemäß dem ersten Satz dieser Gesetzesbestimmung ist einem Beschuldigten, der außerstande ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung zu tragen, auf Antrag ein Verteidiger beizugeben, dessen Kosten er nicht zu tragen hat, wenn und soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist. Der dem Gericht damit eingeräumte Ermessensspielraum wird jedoch durch den zweiten Satz des § 41 Abs. 2 StPO insoweit eingeschränkt, als dort (unter anderem) die Beigebung eines Verteidigers "besonders zur Ausführung angemeldeter Rechtsmittel" für erforderlich erklärt wird. Demnach muß dem mittellosen Beschuldigten auf dessen Verlangen im Fall einer Rechtsmittelausführung immer ein Verteidiger beigegeben werden. Das Gericht hat bei Erledigung eines solchen Antrages nur die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten, nicht aber auch die "Erforderlichkeit" der Verteidigung zu prüfen. Auf die sachliche oder rechtliche Schwierigkeit des Verfahrens kommt es hingegen in diesem Fall nicht an (EvBl. 1991/22 = RZ 1991/38; 14 Os 20/92).

Die dem Gesetz nicht entsprechende Entscheidung des Kreisgerichtes Krems an der Donau konnte sich zum Nachteil des Beschuldigten auswirken, sodaß der die Gesetzesverletzung feststellenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofes konkrete Wirkung zuzuerkennen (§ 292 letzter Satz StPO) und in Stattgebung der vom Generalprokurator zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde spruchgemäß zu erkennen war.

Anmerkung

E30156

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0130OS00081.9200005.0715.000

Dokumentnummer

JJT_19920715_OGH0002_0130OS00081_9200005_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten