TE OGH 1992/9/30 9ObA603/92

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Veröffentlicht am 30.09.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna

als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Franz Zörner und Anton Hartmann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Österreichischer Gewerkschaftsbund Gewerkschaft Hotel, Gastgewerbe, Persönlicher Dienst, Wien 1., Hohenstaufengasse 10, vertreten durch Franz Erwin Niemitz, Vorsitzender und Rudolf Kaske, Zentralsekretär, diese vertreten durch ***** Gewerkschaft Hotel, Gastgewerbe, Persönlicher Dienst, Wien 1., Hohenstaufengasse 10, wider die Antragsgegner 1. Fachverband Gastronomie Wien 4., Wiedner Hauptstraße 63, vertreten durch KommRat Hansjörg Kröll, Fachverbandsvorsteher und Dr.Erhard Platzer, Fachverbandssekretär, und 2. Fachverband der Hotel- und Beherbergungsbetriebe, Wien 4., Wiedner Hauptstraße 63, vertreten durch KommRat Peter Mühlbacher, Fachverbandsvorsteher, und Dr.Michael Raffling, Fachverbandssekretär, über den gemäß § 54 Abs 2 ASGG gestellten Feststellungsantrag in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Antrag auf Feststellung, daß den Arbeitnehmern, die unter den Anwendungsbereich des Kollektivvertrages für Arbeiter im österreichischen Hotel- und Gastgewerbe fallen, für Arbeit an gesetzlichen Feiertagen zusätzlich zum Lohnzuschlag von 1/22 des vereinbarten Monatslohnes gemäß Punkt 12 a des Kollektivvertrages noch das Feiertagsarbeitsentgelt gemäß § 9 Abs 5 ARG zu zahlen ist, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Im Kollektivvertrag für Arbeiter und Arbeiterinnen im österreichischen Hotel- und Gastgewerbe vom 13.Juli 1988 (im folgenden: KV) ist unter anderem folgendes bestimmt:

"......

2. Arbeitszeit

a) Die Normalarbeitszeit ausschließlich der Ruhepausen (Essenspausen) darf wöchentlich 40 Stunden nicht übersteigen und ist auf 5 oder 6 Arbeitstage aufzuteilen. ...

3. Wöchentliche Ruhezeit

a) Jedem Arbeitnehmer ist in regelmäßiger Folge wöchentlich Wochenruhe bzw Wochenendruhe im Ausmaß von mindestens 36 Stunden zu gewähren. Wird ein Arbeitnehmer während seiner wöchentlichen Ruhezeit beschäftigt, hat er Anspruch auf Ersatzruhe. .....

4. Überstunden

a) ........

Die tägliche Gesamtarbeitszeit (Normalarbeitszeit und Überstunden)

darf 10 Stunden nicht überschreiten. ....

7a) Nachtarbeitszuschlag

Auf einen Nachtarbeitszuschlag haben Anspruch......

12. Arbeit an Feiertagen

a) Wenn an einem gesetzlich anerkannten Feiertag, auch wenn er auf einen Sonntag fällt, gearbeitet wird, so gebührt den Arbeitnehmern, die an diesem Tag arbeiten, ein 100 %iger Lohnzuschlag auf den Normallohn gemäß § 3 Feiertagsruhegesetz. Einvernehmlich kann anstelle dieses 100 %igen Lohnzuschlages ein bezahlter Ersatzruhetag gewährt werden. Dieser Lohnzuschlag bzw das Entgelt für den Ersatzruhetag beträgt bei Festlöhnern 1/26 des vereinbarten Monatslohnes, bei Garantielöhnern den auf einen Arbeitstag entfallenden Durchschnittslohn für die Normalarbeitszeit des Monats, in den der gesetzliche Feiertag fällt. Sonderzahlungen sind in die Berechnungsgrundlage nicht einzubeziehen. Der Feiertagszuschlag bzw das Entgelt für den Ersatzruhetag dürfen nicht den Umsatzprozenten entnommen werden. ...."

Mit Übereinkommen vom 22.Jänner 1992 änderten die Kollektivvertragsparteien unter anderem folgende Bestimmungen des KV ab:

".......

1.1.2 lit a, erster Satz, lautet neu:

Die wöchentliche Normalarbeitszeit ist auf 5 Tage aufzuteilen; die sich daraus zusätzlich zur wöchentliche Ruhezeit ergebende Freizeit kann jedoch innerhalb der in lit b erwähnten Durchrechnungszeiträume verschoben werden.

2. Änderungen in Punkt 3 und Punkt 12 des KV

Die im Punkt 3 lit b sowie Punkt 12 lit a genannte Bruchzahl von 1/26 ist jeweils durch 1/22 zu ersetzen. ..."

Der Antragsteller ist eine kollektivvertragsfähige Körperschaft der Arbeitnehmer im Sinne des § 4 Abs 2 ArbVG. Die Antragsgegner sind zur gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitgeber berufene Körperschaften im Sinne des § 4 Abs 1 ArbVG. Der Antragsteller und beide Antragsgegner sind daher im Sinne des § 54 Abs 2 erster Satz ASGG als Parteien des besonderen Feststellungsverfahrens legitimiert.

Der Antragsteller begehrt die Feststetllung, daß den Arbeitnehmern, die unter den Anwendungsbereich des Kollektivvertrages für Arbeiter im österreichischen Hotel- und Gastgewerbe fallen, für die Arbeit an gesetzlichen Feiertagen zusätzlich zum Lohnzuschlag von 1/22 des vereinbarten Monatslohnes gemäß Punkt 12 a des KV noch das Feiertagsarbeitsentgelt gemäß § 9 Abs 5 ARG zu zahlen sei.

Die im Antrag relevierte Rechtsfrage sei für mehr als drei Arbeitnehmer von Bedeutung.

Zur Begründung des Feststellungsantrages brachte der Antragsteller vor:

Der in Punkt 12 a KV zitierte § 3 Feiertagsruhegesetz - dieses wurde seit 1.Juli 1984 durch das ARG ersetzt - habe vorgesehen, daß für Feiertage das regelmäßige Entgelt und für Arbeiten, die aufgrund geltender Ausnahmebestimmungen an Feiertagen geleistet werden, das auf die geleistete Arbeit entfallende Entgelt zu zahlen sei. Darauf aufbauend gewähre der Kollektivvertrag einen 100 %igen Lohnzuschlag. Dieser Lohnzuschlag werde allerdings nicht mit 100 % pro Arbeitsstunde berechnet; nach dem Kollektivvertrag betrage dieser Lohnzuschlag bei Festlöhnern 1/22 des vereinbarten Lohnes. Vor allem aus dieser Formulierung sei die Auffassung abzuleiten, daß der Kollektivvertragszuschlag eine andere Abgeltung für die Feiertagsarbeit sei als sie im § 9 Abs 5 ARG - früher § 3 Feiertagsruhegesetz - vorgesehen sei.

Die Absicht der Kollektivvertragsparteien sei es offensichtlich gewesen, die nicht angenehme Arbeit mit einem eigenen Zuschlag zu entlohnen, um sich so die Arbeitskräfte auch für die Arbeit an Feiertagen zu sichern. Der kollektivvertragliche Feiertagszuschlag gebühre nämlich allen gastgewerblichen Arbeitnehmern, die an Feiertagen arbeiteten, gleichgültig, ob sie nur eine Stunde oder 8 Stunden arbeiteten.

Erst durch die Einführung der 5-Tage-Woche sei die Bruchzahl in Punkt 12 a KV von bisher 1/26 durch 1/22 ersetzt worden. Bis zur Änderung des Kollektivvertrages vom 22.Jänner 1992 habe der Lohnzuschlag bei Festlöhnern 1/26 des vereinbarten Monatslohnes betragen; wäre man der Ansicht, daß dieser Lohnzuschlag das Entgelt gemäß § 9 Abs 5 ARG - früher § 3 Abs 2 Feiertagsruhegesetz - sei, dann ergebe sich eine Teilnichtigkeit der Bestimmung in all jenen Fällen, in denen die tatsächlich geleistete Feiertagsarbeit mehr als 6,65 Stunden (1/26 der Normalarbeitszeit von 173 Stunden pro Monat) betragen habe.

Diese Rechtsansicht komme im Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 12. Juli 1990, GZ 7 Ra 58/90, zum Ausdruck. Danach stehe gastgewerblichen Arbeitern für die Arbeit an Feiertagen folgende Entlohnung zu:

1. Die Weitergewährung des Entgeltes (gemäß § 9 Abs 1 ARG);

2. pro gearbeiteter Stunde ein Stundenlohn (gemäß § 9 Abs 5 ARG) und

3. ein Zuschlag von 100 % (1/22).

Der Text von Punkt 12 a KV lasse darauf schließen, daß der Feiertagszuschlag von 1/22 des Monatsentgeltes mit der gesetzlichen Zahlungsvorschrift nichts zu tun habe; vielmehr gebühre zusätzlich zum Feiertagsarbeitsentgelt gemäß § 9 Abs 5 ARG der Zuschlag gemäß Punkt 12 a KV.

Die Antragsgegner beantragten die Abweisung des Feststellungsantrages.

Sie vertraten die Rechtsauffassung, daß sowohl bei Bedachtnahme auf die Entstehungsgeschichte als auch bei objektiver Interpretation des gesamten Textes des KV Punkt 12 a KV dahin auszulegen sei, daß der darin genannte Zuschlag mit dem Feiertagsarbeitsentgelt ident sei.

Der älteste den Fachverbänden zur Verfügung stehende KV für die Arbeiter im Gast-, Schank- und Beherbergungsgewerbe sei am 1.Oktober 1949 in Kraft getreten. In dessen Punkt 10 werde folgende Regelung zur Feiertagsarbeit getroffen:

"Wenn an einem gesetzlich anerkannten Feiertag gearbeitet wird, so gebührt den Arbeitnehmern, die an diesem Tag arbeiten, ein 100 %iger Lohnaufschlag auf den Normallohn. Bei Garantielöhnern tritt eine Erhöhung des Garantielohnes um 100 % ein."

Dazu habe damals auch die Gewerkschaft, die diesen Kollektivertrag mit den Fachverbänden abgeschlossen habe, die Auffassung vertreten, daß dieser "Aufschlag" nur eine andere Bezeichnung für das auf die tatsächlich geleistete Arbeit entfallende Entgelt sei; die Gewerkschaft der Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe habe eine Lohnordnung für die Wiener Hotel-, Gast-, Kaffeehaus- und Beherberungsbetriebe zum Kollektivvertrag vom 1.Oktober 1949 mit folgender Regelung herausgegeben:

"Für Arbeiten an gesetzlich anerkannten Feiertagen gebührt allen Arbeitnehmern, die an diesen Tagen arbeiten, ein 100 %iger Lohnzuschlag auf den Normallohn. Für Garantielöhner erhöht sich der Garantielohn bzw der gehobene Lohn im gleichen Ausmaß.

Beispiel:

Ein Kellner mit Inkasso, der in einem Betrieb der Lohngruppe I arbeitet, hat einen Garantielohn von S 720 im Monat. Wenn dieser Kellner an einem Feiertag im Monat arbeitet, so erhöht sich sein Garantielohn für diesen Monat um einen Taglohn und beträgt S 747,69 bzw der gehobene Lohn S 965,69."

Der Tageslohn für den Kellner mit S 720 Monatslohn ergebe sich bei Anwendung des Teilers 26 mit S 27,69.

Mit Kollektivvertrag vom 1.Juni 1956 sei eingeführt worden, daß der Lohnaufschlag für die Feiertagsarbeit auch dann gebühre, wenn der Feiertag auf einen Sonntg falle.

Mit Kollektivvertag vom 1.Juni 1960 sei die Formulierung "Lohnaufschlag" in "Lohnzuschlag" abgeändert worden, wobei auf das Feiertagsruhegesetz Bezug genommen werde: "Ein 100 %iger Lohnzuschlag auf den Normallohn (Garantie- oder Festlohn) gemäß § 3 Feiertagsruhegesetz."

Mit Kollektivvertrag vom 1.Mai 1964 sei der Lohnzuschlag bei Festlöhnern mit 1/26 des vereinbarten Monatslohnes festgelegt worden; bei den Garantielöhnern betrage er den auf einen Arbeitstag entfallenden Durchschnittslohn für die Normalarbeitszeit des Monats, in den der Feiertag falle.

Die im wesentlichen noch heute geltende Bestimmung des Punktes 12 a KV sei am 1.September 1974 in Kraft getreten.

Zum 1.Mai 1992 sei lediglich aus Anlaß der Einführung der 5-Tage-Woche der Teiler zur Berechnung des Tageslohnes von 26 auf 22 abgeändert worden.

Aus dem Kollektivvertragsabschluß zur Einführung der 5-Tage-Woche zum 1. Mai 1992 könnten keine Argumente abgeleitet werden, die die Auffassung des Antragstellers in diesem Verfahren unterstützten. Der Einführung der 5-Tage-Woche seien fünfjährige, überaus schwierige Verhandlungen vorausgegangen. In einer Nebenbemerkung habe die Gewerkschaft den Wunsch geäußert, bei Einführung der 5-Tage-Woche den Faktor zur Berechnung des Tageslohnes von 1/26 auf 1/22 zu ändern. Dieser Korrektur sei von Arbeitgeberseite zugestimmt und eine entsprechende Änderung vorgenommen worden. Damit sei aber keine neue Bewertung der Feiertagsarbeit erfolgt, sondern habe es sich um eine rein formale Änderung gehandelt, wobei es trotz Inkrafttretens des ARG bei der textlichen Bezugnahme auf das Feiertagsruhegesetz geblieben sei.

Die vorliegende Bestimmung sei jahrzehntelang nicht als echter Lohnzuschlag, sondern als Regelung des gesetzlichen Feiertagsentgeltes verstanden worden. In den Entscheidungen Arb 7157 und Arb 7847 sei der Oberste Gerichtshof von diesem Verständnis des damals in § 11 lit a des Kollektivvertrages vereinbarten 100 %igen Lohnzuschlages auf den Normallohn ausgegangen.

Für diese Auslegung sprächen folgende weitere Argumente:

Bereits die Überschrift zu Punkt 12 "Arbeit an Feiertagen" lege nahe, daß in den folgenden Detailregelungen die Feiertagsarbeit umfassend und nicht bloß bezüglich eines Teilaspektes geregelt werde. Dies zeige der Vergleich mit Punkt 7 lit a KV, dessen Überschrift "Nachtarbeitszuschlag" deutlich zum Ausdruck bringe, daß es dort nur um einen Teilaspekt der Nachtarbeit gehe, nämlich um die Regelung eines echten Zuschlages. Entsprechend seiner umfassenden Überschrift sei Punkt 12 lit a KV auch inhaltlich so gefaßt, daß darunter eher die Gesamtansprüche für Feiertagsarbeit zu verstehen seien, als bloß ein Teil dieser Ansprüche. Hätten die Kollektivvertragsparteien beabsichtigt, neben dem Feiertagsentgelt und dem gesetzlichen Feiertagsarbeitsentgelt zusätzlich noch einen weiteren Zuschlag einzuführen, so hätten sie sicherlich nicht verabsäumt, im Kollektivvertrag neben der Verpflichtung zur Leistung des Normallohnes auch den Hinweis zu geben, daß auch das Entgelt für die tatsächlich geleistete Arbeit und zusätzlich ein Zuschlag zu zahlen wäre.

Der 100 %ige Lohnzuschlag werde in Punkt 12 lit a KV ausdrücklich als solcher auf den Normallohn gemäß § 3 Feiertagsruhegesetz bezeichnet.

§ 3 Feiertagsruhegesetz enthalte in seinem Abs 2 sowohl das Feiertagsentgelt als auch das Feiertagsarbeitsentgelt. Der Ausdruck "Normallohn" finde sich darin nicht, wohl aber enthalte die Anordnung des Feiertagsentgeltes die Präzisierung, daß für Feiertage das "regelmäßige Entgelt" zu leisten sei. Da die Ausdrücke "regelmäßig" und "normal" sprachlich sehr eng verwandt seien, sei davon auszugehen, daß der KV mit "Normallohn gemäß § 3 Feiertagsruhegesetz" das regelmäßige Entgelt und damit das Feiertagsentgelt meine, zumal in der Regelung des Feiertagsarbeitsentgeltes im zweiten Halbsatz des § 3 Abs 2 Feiertagsruhegesetz keinerlei Hinweis auf die Regelmäßigkeit oder Normalität enthalten sei.

In der aufgrund des § 3 Abs 4 Feiertagsruhegesetz erlassenen Verordnung vom 29.Oktober 1945, StGBl 212, über die Lohnzahlung an Feiertagen werde sehr deutlich zwischen der "Entgeltzahlung an Feiertagen" (§ 2) und der "Entlohnung der Feiertagsarbeit" (§ 3) differenziert. Auch sei eine Präzisierung in Richtung Regelmäßigkeit, also Normalität, ausschließlich im Zusammenhang mit dem Feiertagsentgelt getroffen worden. Ähnlich wie im § 3 Abs 2 Feiertagsruhegesetz ("außerdem") fänden sich auch noch im § 3 dieser Verordnung Worte wie "außer" und "auch noch", die offenkundig dafür verantwortlich seien, daß damals auch im KV das Feiertagsarbeitsentgelt besonders betonend als "Lohnaufschlag" bzw später als "Lohnzuschlag" bezeichnet worden sei. Vor allem aber enthalte § 3 zweiter Satz der Feiertagsruheverordnung als Feiertagsarbeitsentgelt für einen vollen Arbeitstag jenes "1/26" des auf einen Monat entfallenden Entgeltes, welches auch der KV im Punkt 12 a dritter Satz zur Höhe dieses 100 %igen Lohnzuschlages enthalte. Die grundsätzliche Identität der kollektivvertraglichen Regelung mit dem gesetzlichen Feiertagsarbeitsentgelt nach § 3 der Verordnung spreche dafür, daß der Kollektivvertrag mit dem 100 %igen Lohnzuschlag auf den Normallohn gemäß § 3 Feiertagsruhegesetz lediglich das Feiertagsarbeitsentgelt laut Gesetz und Verordnung meine.

Nach Punkt 12 lit a zweiter Satz KV könne anstelle des 100 %igen Lohnzuschlages einvernehmlich ein bezahlter Ersatzruhetag gewährt werden, was höchst ungewöhnlich wäre, würde es sich um einen echten Zuschlag zum gesetzlichen Feiertagsarbeitsentgelt handeln.

Demgegenüber sei zumindest seit Inkrafttreten des ARG in dessen §§ 7 Abs 6 und 9 Abs 5 die Möglichkeit der Vereinbarung eines Zeitausgleiches ausdrücklich und sehr sachähnlich geregelt, was im Sinne der Kontinuität der Rechtsentwicklung für die Auslegung spreche, wonach mit dem Lohnzuschlag nur das gesetzliche Feiertagsarbeitsentgelt gemeint sei.

Anders als in zahlreichen Branchen sehe der gegenständliche KV keinen Sonntagszuschlag für die Arbeit an Sonntagen vor. Ein Wertungsvergleich mit der Sonntagsarbeit führe daher auch dazu, daß der Feiertagszuschlag kein Zusatzentgelt sei.

Praktisch kein Kollektivvertrag sehe für die Normalarbeitszeit an Feiertagen über das Arbeitsentgelt hinaus einen echten Zuschlag vor. Ziehe man in Betracht, daß gerade im Hotel- und Gastgewerbe Feiertagsarbeit häufig sei,verbiete sich eine Auslegung, die zu einer atypischen Begünstigung der Arbeitnehmer und einer entsprechenden atypischen Belastung der Arbeitgeber führe.

Im vorliegenden KV sei nicht bloß ein 100 %iger Lohnzuschlag normiert, sondern in Punkt 12 a dritter Satz zusätzlich in Höhe eines 1/26 des Monatslohnes festgelegt; dies sei bei keinem bekannten kollektivvertraglichen Zuschlag der Fall.

Sämtliche Gründe sprächen dafür, das Wort "Zuschlag" im Punkt 12 a KV so zu verstehen, daß dieses Entgelt eben zusätzlich zum Feiertagsentgelt gebühre, zumal auch in der Feiertagslohnzahlungsverordnung immer das Zusätzliche zum regelmäßigen Entgelt sprachlich besonders betont werde. Auch bei dieser Sicht sei Punkt 12 KV keine überflüssige Regelung. Abgesehen von der wegen der Häufigkeit der Feiertagsarbeit im Hotel- und Gastgewerbe zweckmäßigen Informativfunktion dieser Regelung blieben durchaus eigenständige normative Anordnungen übrig, wie insbesondere die Behandlung von auf einen Sonntag fallenden Feiertagen als Besserstellung gegenüber dem Gesetz.

Die Kollektivvertragsparteien seien ohne Zweifel bei Bestimmung der Höhe des gesetzlichen Feiertagsarbeitsentgeltes vom branchentypischen Regelfall ausgegangen, wonach am Feiertag die volle tägliche Normalarbeitszeit geleistet worden sei (daher 1/26, später 1/22). Dies habe es methodisch problemlos ermöglicht, bei kürzerer oder längerer Arbeitszeit am Feiertag das mit 1/22 bemessene Feiertagsarbeitsentgelt im Wege einer interpretativen Lückenfüllung im Aliquotierungsverfahren - unbeachtlich allfälliger Überstundenzuschläge - entsprechend anzupassen.

Schließlich sei gemäß § 28 Abs 3 ARG auch dann, wenn im Kollektivvertrag ein echter Zuschlag geregelt sei, nicht aber das gesetzliche Feiertagsarbeitsentgelt, dieser Zuschlag auf das in § 9 Abs 5 ARG angeordnete Arbeitsentgelt voll anrechenbar, weil für die nach § 28 Abs 3 ARG nicht anrechenbare Abgeltung von Mehrarbeit oder anderen Arbeitserschwernissen als der Belastung mit Feiertagsarbeit keinerlei Anhaltspunkte vorlägen.

Der Feststellungsantrag ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Kollektivverträge sind in ihrem normativen Teil nach den Regeln, die für die Auslegung von Gesetzen gelten (§§ 6 und 7 ABGB), auszulegen. Die Normadressaten, denen nur der Text des Kollektivvertrages zur Verfügung steht, müssen sich darauf verlassen können, daß die Absicht der Parteien in erkennbarer Weise im Vertragstext ihren Niederschlag gefunden hat. In erster Linie ist daher der Wortsinn - auch im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen - zu erforschen und die sich aus dem Text des Kollektivvertrages ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien zu berücksichtigen. Ein zwischen denselben Kollektivvertragsparteien abgeschlossener, inzwischen außer Kraft getretener Kollektivvertrag ist nur dann zur Auslegung der Parteienabsicht heranzuziehen, wenn die am Text des geltenden Kollektivvertrages orientierte Auslegung zu keinen eindeutigen Ergebnissen führt (siehe Kuderna, Die Auslegung kollektivrechtlicher Normen und Dienstordnungen sowie deren Ermittlung im Prozeß, DRdA 1975, 161 ff [167 und 169]; Arb 10.815 = SZ 62/135 mwH ua). Geht man davon aus, daß eine statische Verweisung auf ein geltendes Gesetz im Kollektivvertrag zulässig ist (siehe Arb 10.815 mwH), dann muß der Normadressat dann, wenn trotz zwischenzeitiger Gesetzesänderung eine ausdrückliche Verweisung auf das inzwischen außer Kraft getretene Gesetz unverändert beibehalten wird, jedenfalls auch die von den Kollektivvertragsparteien nach wie vor zitierte, außer Kraft getretene Gesetzesbestimmung bei Auslegung der Kollektivvertragsnorm berücksichtigen.

Da im  Punkt 12 a KV (vom 13.Juli 1988) auf das  mit dem

Inkrafttreten des ARG am 1.Juli 1984 außer Kraft getretene

Feiertagsruhegesetz verwiesen wird, ist dieses Gesetz sowie die

aufgrund der Ermächtigung im § 3 Abs 4 dieses Gesetzes erlassene

Verordnung über die Lohnzahlung an Feiertagen - beide Vorschriften

wurden mit § 31 Abs 2 Z 1 und 2 ARG ausdrücklich aufgehoben - zur

Auslegung des KV heranzuziehen.

§ 3 Feiertagsruhegesetz lautete:

"......

(2) Für Feiertage ist das regelmäßige Entgelt zu leisten; außerdem ist für Arbeiten, die aufgrund geltender Ausnahmebestimmungen an Feiertagen geleistet werden, das auf die geleistete Arbeit entfallende Entgelt zu zahlen. Diese Bestimmungen gelten nicht, wenn ein Feiertag auf einen Sonntag fällt.

(4) Die näheren Bestimmungen über die Lohnzahlung an Feiertagen erläßt das Bundesministerium für soziale Verwaltung durch Verordnung."

Die Verordnung des Staatsamtes für soziale Verwaltung vom 29.Oktober 1945 über die Lohnzahlung an Feiertagen, StGBl Nr 212, enthielt folgende Regelungen:

"......

Artikel II

Entgeltzahlung an Feiertagen

§ 2 (1) Ein nach Wochen, Monaten oder längeren Zeiträumen bemessenes Entgelt darf wegen Arbeitsausfällen an Feiertagen nicht gemindert werden.

(2) In allen anderen Fällen ist für Feiertage das regelmäßige Entgelt zu leisten.

(3) Als regelmäßiges Entgelt im Sinne des Abs 2 gilt das Entgelt, das dem Dienstnehmer für die Arbeit gebührt, die er nach der für den Betrieb geltenden Arbeitszeiteinteilung an dem Tage, auf den der Feiertag fällt, zu leisten hätte, wenn dieser Tag ein Werktag wäre.

......

Entlohnung der Feiertagsarbeit

§ 3 Für Feiertage, an denen aufgrund geltender Ausnahmebestimmungen gearbeitet wird, gebührt außer dem regelmäßigen Entgelt (§ 2) auch noch das auf die geleistete Arbeit entfallende Entgelt. Hiebei ist der Berechnung des Entgeltes bei einem nach Monaten oder längeren Zeiträumen bemessenen Entgelt für einen vollen Arbeitstag 1/26 des auf einen Monat entfallenden Entgeltes, bei einem nach Wochen bemessenen Entgelt 1/6 des Wochenlohnes zugrundezulegen. ...."

Durch das Heimarbeitsgesetz 1960, BGBl Nr 105/1961 wurde lediglich Artikel III dieser Verordnung aufgehoben.

Wie die Antragsgegner zutreffend erkannt haben, spricht die

Formulierung im § 3 Abs 2 Feiertagsruhegesetz "außerdem ist für

Arbeiten, die.... an Feiertagen geleistet werden, das auf die

geleistete Arbeit entfallende Entgelt zu zahlen", insbesondere aber

die Formulierung im § 3 der zitierten Verordnung "für Feiertage, an

denen..... gearbeitet wird, gebührt außer dem regelmäßigen Entgelt (§

2) auch noch das auf die geleistete Arbeit entfallende Entgelt.

Hiebei ist der Berechnung des Entgeltes bei einem nach Monaten oder längeren Zeiträumen bemessenen Entgelt für einen vollen Arbeitstag 1/26 des auf einen Monat entfallenden Entgeltes...

zugrundezulegen"... dafür, daß mit dem in Punkt 12 lit a KV genannten Lohnzuschlag nur auf das nach dem Gesetz zustehende Feiertagsarbeitsentgelt hingewiesen, und mit dem Satz "Dieser Lohnzuschlag bzw das Entgelt für den Ersatzruhetag beträgt bei Festlöhnern 1/26 des vereinbarten Monatslohnes" die in § 3 zweiter Satz der zitierten Verordnung getroffene Regelung für das Feiertagsarbeitsentgelt übernommen werden sollte. Während nun in der Verordnung - ausgehend von einer 6-Tage-Woche - 1/26 des Monatslohnes nur als Berechnungsgrundlage für das selbstverständlich nach der tatsächlichen Arbeitsleistung an dem Feiertag zu bemessende, zusätzlich zu dem gemäß § 2 Abs 1 der Verordnung trotz Entfalls der Arbeitsleistung am Feiertag ungekürzt ("darf nicht gemindert werden") zu zahlende Feiertagsarbeitsentgelt herangezogen wurde, wurde im Kollektivvertrag vergröbernd nur für den Normalfall, daß auch am Feiertag die sonst an einem Arbeitstag regelmäßig geleistete Arbeitszeit absolviert wurde, das 1/26 nicht bloß als Berechnungsgrundlage für die Entlohnung der Feiertagsarbeit, sondern als "regelmäßiges" Feiertagsarbeitsentgelt bestimmt. Da es sich bei dieser Kollektivertragsbestimmung, wie auch aus dem Zitat des § 3 Feiertagsruhegesetz zu erschließen ist - mit Ausnahme der Einbeziehung auch der auf Sonntage fallenden Feiertage - um eine bloße Verweisung auf die nach dem Gesetz und der Verordnung zustehenden Ansprüche für Feiertagsarbeit handelte, wäre aber im Fall eines - von den Kollektivvertragsparteien offenbar nicht bedachten - Abweichens des Ausmaßes der Feiertagsarbeit von der sonst geleisteten Arbeit, wie es § 3 der zitierten Verordnung entspricht, die tatsächlich am Feiertag zurückgelegte Arbeitszeit zu berücksichtigen gewesen. Zieht man weiters in Betracht, daß die Verordnung am 7.August 1945 erlassen wurde, als noch 8-Stunden-Tag und 48-Stundenwoche galten - durch Generalkollektivverträge wurde 1949 die 45-Stunden-Woche und 10 Jahre später die 40-Stunden-Woche eingeführt und letztere unmittelbar danach im AZG gesetzlich verankert - und § 3 bis zur Aufhebung der Verordnung mit § 31 Abs 2 Z 2 ARG unverändert blieb, dann war bei sinngemäßer Auslegung, sofern von der erst durch die Verkürzung der Wochenarbeitszeit gegebenen Möglichkeit, die Normalarbeitszeit auf bloß 5-Wochen-Tage zu verteilen, Gebrauch gemacht wurde - der Kollektivvertrag sah in seiner in seiner Fassung vor der am 1.Mai 1992 erfolgten Änderung im § 2 a die Möglichkeit vor, die 40-stündige Arbeitszeit auf 5 oder 6 Arbeitstage zu verteilen - , eben auch der Teiler entsprechend auf 1/22 zu korrigieren. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß auch das Urlaubsgesetz im § 2 Abs 1 noch grundsätzlich von der 6-Tage-Woche ausgeht (siehe DRdA 1991, 285 mwH).

B. Schwarz ist daher in seiner Auffassung zu folgen (Kommentar zum ARG2 225 f), daß mit dem Begriff des "doppelten Entgeltes" oder des 100 %igen Zuschlages für Feiertagsarbeit oft Mißverständnisse in der Praxis verbunden sind; vom gebührenden doppelten Entgelt werde die erste Hälfte (also das einfache Entgelt) meistens als Fortzahlung des Entgelts für den Feiertag ohne Arbeitsleistung im regelmäßigen Monatslohn oder Wochenlohn bereits enthalten sein. Leiste der Arbeitnehmer darüber hinaus Tätigkeiten am Feiertag, so bekomme er über das bereits für den Feiertag zustehende einfache Entgelt hinaus die geleistete Arbeit noch einmal bezahlt, das zusätzlich fällige werdende Entgelt aufgrund des § 9 Abs 5 ARG (früher im Feiertagsruhegesetz bzw in den entsprechenden Entgeltverordnungen sinngemäß ähnlich gestaltet) betrage also für sich nicht das doppelte, sondern nur noch die zweite Hälfte des doppelten Entgelts.

Weiters spricht auch noch die in Punkt 12 lit a KV vorgesehene Möglichkeit, anstelle des 100 %igen Lohnzuschlages einen Ersatzruhetag als Zeitausgleich zu vereinbaren im Hinblick auf die diesen Zeitausgleich regelnden Bestimmungen der §§ 7 Abs 6 und 9 Abs 5 ARG dafür, daß der Lohnzuschlag das für die zusätzliche Arbeit am Feiertag zu gewährende Entgelt nicht nur teilweise, sondern insgesamt umfaßt.

Dem Einwand, eine bloße Wiedergabe des ohnehin geltenden Gesetzes sei nicht sinnvoll, ist zu erwidern, daß die Kollektivvertragsparteien auch an anderer Stelle des Kollektivvertrages zwingende gesetzliche Regelungen übernahmen, etwa im § 2 lit a KV (in der bis zum 1.Mai 1992 geltenden Fassung) "Die Normalarbeitszeit ausschließlich der Ruhepausen (Essenspausen) darf wöchentlich 40 Stunden nicht übersteigen.....", im Punkt 3 lit a KV "Jedem Arbeitnehmer ist in regelmäßiger Folge wöchentlich Wochenruhe bzw Wochenendruhe im Ausmaß von mindestens 36 Stunden zu gewähren. Wird ein Arbeitnehmer während seiner wöchentlichen Ruhezeit beschäftigt, hat er Anspruch auf Ersatzruhe...." sowie im Punkt 4 lit a KV "......die tägliche Gesamtarbeitszeit (Normalarbeitszeit und Überstunden) darf 10 Stunden nicht überschreiten.....".

Da somit auch in Punkt 12 lit a KV lediglich auf die gesetzliche Regelung über die Abgeltung von Feiertagsarbeit verwiesen und keine darüber hinausgehende Entlohnung normiert wird, war der Feststellungsantrag abzuweisen.

Anmerkung

E32185

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:009OBA00603.92.0930.000

Dokumentnummer

JJT_19920930_OGH0002_009OBA00603_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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