TE OGH 1992/10/15 8Ob1652/92

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Veröffentlicht am 15.10.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1. Ing.H***** B*****, 2. Ing.K***** B*****, beide *****, beide vertreten durch Dr.Otto Pichler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei V*****Ges.m.b.H., ***** vertreten durch Dr.Herbert Schaller, Rechtsanwalt in Traiskirchen, wegen S 1.503.322,75 sA (Revisionsinteresse S 995.433,22 sA), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25.Juni 1992, GZ 1 R 87/92-75, den

Beschluß

gefaßt:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO), weil die Entscheidung des Berufungsgerichtes in der entscheidungswesentlichen Frage der Verjährung der oberstgerichtlichen Rechtsprechung folgte, sodaß das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 zu verneinen ist:

Wesentlicher Sachverhalt:

Die Kläger errichteten in den Jahren 1981 und 1982 für die beklagte Partei, einen Wohnungseigentumsorganisator, eine Reihenhausanlage, deren Häuser in der Folge an Interessenten verkauft wurden. Nach Legung der Schlußrechnung begehrten die Kläger mit der im Herbst 1983 erhobenen Klage die Bezahlung des restlichen Werklohnes. Die beklagte Partei rügte verschiedene dem Werk anhaftende Mängel, insbesondere auch spätestens Ende 1983 den einzigen im Revisionsverfahren noch erheblichen Mangel, nämlich die bauplanwidrige und die Benützbarkeit einschränkende Garagenabfahrt, und wendete mangelnde Fälligkeit infolge Nichtbehebung dieser Mängel ein. Die Kläger behoben auch diesen Mangel - wenn auch nicht im mit der beklagten Partei ursprünglich vereinbarten Sinn, so doch zur Zufriedenheit der nunmehrigen Wohnungseigentümer -, jedoch erst im Herbst 1987; zu diesem Zeitpunkt waren mehr als drei Jahre seit Erhebung der Rüge und des Einwandes der mangelnden Fälligkeit vergangen und es hatte die beklagte Partei bereits die Verjährung der Werklohnforderung eingewendet.

Rechtliche Beurteilung

Daraus folgt:

1. Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit der oberstgerichtlichen Rechtsprechung zu Recht davon ausgegangen, daß die Verjährung der Werklohnforderung bei Säumigkeit des Unternehmers mit der Verbesserung trotz mangelnder Fälligkeit schon mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem die Verbesserung objektiv möglich gewesen wäre (SZ 54/35 uva).

2. Wird die Werklohnforderung aber innerhalb der Verjährungsfrist eingeklagt, kommt es darauf an, ob die der Einrede des nichterfüllten Vertrages entgegengesetzte Prozeßbehauptung, dem Werk hafte kein Mangel an, als mutwillig oder aussichtslos anzusehen ist, weil nur in diesem Fall von einem willkürlichen Hinausschieben der Verjährungsfrist die Rede sein kann. Wie der Oberste Gerichtshof in seiner E SZ 61/233 ausführlich darlegt, beginnt für den Unternehmer, der innerhalb der Verjährungsfrist seinen Werklohn eingeklagt und seine Verbesserungspflicht nicht willkürlich bestritten hat, dann, wenn sein Klagebegehren dennoch wegen Nichtverbesserung der gerügten, als bestehend erkannten Mängel mangels Fälligkeit des Anspruchs abgewiesen wird, die Verjährung der Werklohnforderung mit der dann durchgeführten Verbesserung bzw deren grundloser Verweigerung durch den Besteller oder Verstreichenlassen der Frist, in der die Verbesserung objektiv möglich gewesen wäre, neu zu laufen. Es muß nämlich dem Unternehmer möglich sein, ohne Gefahr, daß ihm der Besteller Verjährung einwendet, unter Beweis zu stellen, daß der gerügte Mangel nicht vorliegt. Bei gegenteiliger Auffassung, wenn also wie hier der Werklohnanspruch bei längerer Prozeßdauer bereits verjährt wäre, müßte sich der Unternehmer zuvor dem Standpunkt des Bestellers unterwerfen. Zunächst in einem Prozeß die Aufschiebung der Fälligkeit einzuwenden und danach zu behaupten, die Fälligkeit sei zumindest fiktiv schon viel früher eingetreten und der Anspruch deshalb verjährt, widerspricht nach Treu und Glauben der auch noch auf die Zeit der Prozeßführung weiter wirkenden gegenseitigen Verhaltenspflicht der Vertragspartner. Aus dem Verhalten des Bestellers konnte der Unternehmer vielmehr mit Recht annehmen, der Besteller werde sich selbst bei einer Klageführung (oder wie hier Klagefortführung) nach Ablauf der Verjährungsfrist auf sachliche Einwendungen beschränken und die Einrede der Verjährung nicht arglistig erheben (SZ 61/233).

3. Im vorliegenden Fall war der Einwand der Kläger, das Werk sei mangelfrei, nicht willkürlich oder erkennbar aussichtslos erhoben, kam es doch einerseits während des Baus zu verschiedenen Änderungswünschen, sodaß über die letztlich bestellte Ausführung Unklarheiten bestehen konnten, und es erteilte andererseits die Verwaltungsbehörde die Benützungsbewilligung.

4. Der Unterschied zu dem der E SZ 61/233 zugrunde liegenden Sachverhalt besteht nur darin, daß dort der Unternehmer erst, nachdem im ersten Prozeß seine Klage auf Werklohn mangels Fälligkeit infolge Mangelhaftigkeit des Werkes rechtskräftig abgewiesen wurde, verbessert hatte und sodann im zweiten Prozeß die nunmehr fällige Werklohnforderung einklagte und in diesem obsiegte, während im vorliegenden Prozeß der Unternehmer bereits, nachdem sich aufgrund des Sachverständigengutachtens die Gefahr der Feststellung der Mangelhaftigkeit der Garagenabfahrt abzuzeichnen begann, diese (in dem von den nunmehrigen Wohnungseigentümern gewünschten Umfang) verbesserte, sodaß noch während des Prozesses der Einwand der mangelnden Fälligkeit wegfiel. Ist die Klage noch nicht verjährt, wenn der Unternehmer die Mängel erst, nach rechtskräftiger Feststellung, daß sie noch vorhanden sind, behebt, kann sie umsoweniger verjährt sein, wenn der Unternehmer noch während des Prozesses dem ihm nun begründet erscheinenden Verbesserungsbegehren nachkommt.

5. Dem Besteller steht das auf der Mangelhaftigkeit des Werkes beruhende Leistungsverweigerungsrecht und damit der Einwand der mangelnden Fälligkeit des Werklohnes nur so lange zu, als er noch ein Interesse an der Verbesserung hat. Das Interesse fällt weg, wenn die nunmehrigen Eigentümer eine weitere Verbesserung nicht mehr wünschen. Dies ist sowohl der Fall, wenn sie gegenüber dem Verkäufer (der hier beklagten Partei), auf weitere Verbesserungsansprüche verzichten und sich anderweitig, zB im Sinn einer Preisminderung vergleichen (RdW 1984, 41), oder wenn sie sich - was hier im Oktober 1987 der Fall war - mit dem Unternehmer direkt auf eine endgültige (wenn auch nicht der ursprünglichen Bestellung entsprechende) Sanierung einigen. In beiden Fällen können dann die Erwerber gegen den Veräußerer (Besteller des Werkes) keine Verbesserungsansprüche mehr stellen; dem Besteller kann dann höchstens ein Preisminderungsinteresse zuerkannt werden, nämlich dann, wenn er seinerseits wegen dieser Mängel von den Erwerbern nicht den vollen Kaufpreis erhalten hat. Zieht der Besteller aus dieser geänderten Sachlage nicht die notwendige verfahrensrechtliche Konsequenz (zB anerkennt er einen Teilbetrag und macht im übrigen Preisminderung geltend), ist dem noch nicht verjährten Klagebegehren auf Zahlung des Werklohns stattzugeben (SZ 55/27 ua).

6. Die Kostenfolgen hat sich die beklagte Partei selbst zuzuschreiben, weil sie nach Wegfall ihres Verbesserungsinteresses die Klageforderung nicht anerkannt, nicht bezahlt und nicht Kostenzuspruch nach § 45 ZPO mangels Klageveranlassung bis zu diesem Zeitpunkt begehrt hat (MGA ZPO14 § 45/20, 39, insb 39a).

Zur Klarstellung ist im übrigen zu bemerken:

1. Der Unternehmer ist gemäß § 1167 zweiter Satz ABGB auch zur Behebung unwesentlicher, aber behebbarer Mängel verpflichtet, sofern dies nicht mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist (RdW 1990, 109 ua); das war hier unstrittig nicht der Fall.

2. Der Besteller begehrt hinreichend deutlich Verbesserung, wenn er der Fälligkeit des eingeklagten Werklohnes die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages infolge Vorliegens unbehobener Mängel entgegenhält und diese in der Folge spezifiziert.

3. Der Unternehmer ist zur Verbesserung auch verpflichtet, wenn ihm hiezu keine Frist gesetzt wurde; eine Fristsetzung nach § 1167 dritter Satz ABGB ist nur dann erforderlich, wenn der Besteller einen Endpunkt für die Durchführung der verlangten Verbesserung festsetzen will, nach dessen Eintritt er sie nicht mehr anzunehmen verpflichtet ist. Er kann danach Minderung des Entgelts begehren, aber auch den Mangel selbst oder durch einen Dritten beseitigen lassen und die Mängelbehebungskosten verlangen (EvBl 1977/39 uva). Die Fristsetzung dient also einzig und allein dazu, den Besteller von der Unsicherheit zu befreien, wie lange er dem Unternehmer Gelegenheit zur Verbesserung geben muß, führt aber nicht dazu, daß ohne Fristsetzung die Verjährung des Werklohnes nicht eintreten könnte.

4. Der Unternehmer muß nach allgemeinen Beweislastregeln (JBl 1959, 135; SZ 60/119 uva) den die Einrede der mangelnden Fälligkeit vernichtenden Umstand des Wegfalls des Verbesserungsinteresses des Bestellers behaupten und beweisen. Gleiches gilt, wenn die Verbesserung tatsächlich unmöglich wird, weil die nunmehrigen Eigentümer eine solche nicht mehr gestatten. Dieser Umstand fällt zwar in die Sphäre des Bestellers; dieser muß sich deren Verhalten zurechnen lassen, ändert aber nichts an der Beweislast.

Anmerkung

E33000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0080OB01652.92.1015.000

Dokumentnummer

JJT_19921015_OGH0002_0080OB01652_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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