TE OGH 1992/10/15 12Os89/92

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Veröffentlicht am 15.10.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Oktober 1992 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Rzeszut, Dr.Markel und Dr.Schindler als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Held als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ernst M***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom 29. April 1992, GZ 5 Vr 3333/91-59, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr.Hauptmann, und des Verteidigers Dr.Fichtenbauer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde Ernst M***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (Schuldspruch Punkt 1.) und des Vergehens nach dem § 36 Abs. 1 Z 2 WaffenG (2.) schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Seine auf § 345 Abs. 1 Z 6, 7, 10 a und 11 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde richtet sich nur gegen den Schuldspruch wegen Mordes und den diesem zugrundeliegenden Teil des Wahrspruchs. Danach hat er am 29.November 1991 Josef F***** und Ute K***** dadurch vorsätzlich getötet, daß er mit einer "Pump Gun" aus unmittelbarer Nähe einen Schuß auf Josef F***** und zwei Schüsse auf Ute K***** abgab.

Der Rüge nach § 345 Abs. 1 Z 6 StPO die sich gegen die Zusammenfassung der an den beiden Tatopfern begangenen Tötungsdelikte in einer Hauptfrage richtet, genügt es zu erwidern, daß die Verbindung mehrerer Fakten in einer Frage dann zulässig ist, wenn den Geschwornen dennoch eine vollständige Prüfung des Sachverhalts und eindeutige und erschöpfende Antwort ermöglicht und durch die Verbindung nicht die Gefahr einer unsachgemäßen Pauschalbeurteilung ohne sorgfältige Prüfung der Schuld im Einzelfall geschaffen wird (Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr 6 a, 24 a zu § 317; ENr 18 zu § 345 Z 6 StPO). Vorliegend sind diese Voraussetzungen erfüllt, weil weder das Vorbringen des Angeklagten in der Hauptverhandlung, er habe dreimal auf zwei Personen geschossen, die Tat wäre für ihn eine Einheit gewesen (S 223/II) noch seine dort verlesene (S 261/II) umfassend geständige Verantwortung vor der Bundespolizeidirektion Graz (S 37 ff/I) eine differenzierte Beurteilung der subjektiven Tatseite bei den einzelnen Tötungsdelikten indizierten. Im übrigen stand es den Geschwornen angesichts der Möglichkeit, eine Frage nur teilweise unter kurzer Beifügung der Beschränkung zu bejahen (§ 330 Abs. 2 StPO) frei, die Tötungshandlungen insbesondere in Ansehung des zugrundeliegenden Vorsatzes, unterschiedlich zu beurteilen.

Soweit die Beschwerde auch den Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs. 1 Z 7 StPO releviert, entzieht sie sich mangels Substantiierung einer sachbezogenen Erörterung; infolge anklagekonformer Fragestellung ist im übrigen eine Verletzung des § 267 StPO ausgeschlossen.

Die Tatsachenrüge (Z 10 a) zeigt keine sich aus den Akten ergebenden Umstände auf, aus welchen sich erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten entscheidenden Tatsachen ergeben könnten. Wenn sie unter Hinweis auf die diesbezüglich leugnende Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung den von den Geschwornen festgestellten Tötungsvorsatz bekämpft und behauptet, der Angeklagte habe nie ein in diese Richtung gehendes Schuldbekenntnis abgelegt, steht sie zur Aktenlage im Widerspruch, weil sie den vom Angeklagten vor der Bundespolizeidirektion Graz wiederholt zugestandenen Tötungswillen übergeht (siehe abermals S 53 und 55/I). Da dieser begrifflich (§ 5 Abs 1 StGB) keine längere und vorbedachte Planung voraussetzt, können die eine derartige Planung negierenden Beschwerdeausführungen auf sich beruhen. Der von der Beschwerde darüber hinaus angestrebte Schluß auf unbewußte Reaktionshandlungen im Sinne eines Reflexes scheidet jedoch schon infolge der vor der Schußabgabe bei der benutzten Tatwaffe notwendigen Repetitionsmanipulation, die der Angeklagte nach seiner Verantwortung bedacht hatte (S 224, 225/II), ersichtlich aus. Dem diesbezüglichen Vorbringen der Tatsachenrüge zuwider ergibt sich dies auch keineswegs aus dem psychiatrischen Sachverständigengutachten, das vielmehr die von den Geschwornen gezogenen Schlüsse zur subjektiven Tatseite stützt (S 236 bis 260/II).

Die Rechtsrüge (Z 11 lit b) bleibt gänzlich unausgeführt und entzieht sich schon dadurch einer sachlichen Beurteilung.

Das Geschworenengericht verurteilte den Angeklagten nach § 75 StGB zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Als erschwerend wurden dabei Vorverurteilungen wegen mehrerer Aggressionsdelikte, das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit einem Vergehen, die Tötung von zwei Personen mit einer verbotenen Waffe und die besonders brutale, den Opfern keine Entkommensmöglichkeit lassende Vorgangsweise gewertet, mildernd hingegen das Teilgeständnis hinsichtlich der Mordtaten und das Geständnis zum Vergehen nach dem Waffengesetz.

Die gegen den Strafausspruch erhobene Berufung strebt (inhaltlich) die Bemessung einer zeitlichen Freiheitsstrafe an. Auch sie ist unbegründet.

Die aktenkundige gedankliche Befassung mit der Straftat längere Zeit vor der Tat, von der der Angeklagte auch immer wieder zu anderen Personen gesprochen hat, schließt bereits die Annahme des besonderen Milderungsgrundes einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung nach § 34 Z 8 StGB aus. Das gerichtspsychiatrische Gutachten enthält keinen Hinweis auf strafmildernde Herabsetzung der Schuldfähigkeit des Angeklagten. Ebensowenig kann im Sinne des § 35 StGB dessen (leichte) Alkoholisierung zur Tatzeit als mildernd herangezogen werden, weil der Angeklagte, wie aus demselben Sachverständigengutachten hervorgeht, beträchtlichen Alkoholmißbrauch betrieben hat, deswegen, wenn auch ergebnislos, in Behandlung gewesen war und er zumindest seit dem Verfahren zu 5 Vr 2723/85 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um die enthemmende Wirkung von Alkoholkonsum auf seine Persönlichkeit Kenntnis hatte (vgl etwa S 47h/I des bezogenen Aktes). Da es für die Anwendbarkeit des § 33 Z 2 StGB unerheblich ist, ob die seinerzeit verhängte Strafe (bereits) verbüßt wurde - in der Regel wird dies der Fall sein - wurde die im genannten Vorverfahren erfolgte Verurteilung (wegen §§ 15, 144 Abs. 1, 145 Abs. 1 Z 1 und 2; 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 und 2 Z 3; 125; 107 Abs. 1 StGB) vom Geschwornengericht - den Berufungsausführungen zuwider - berechtigterweise als besonderer Erschwerungsgrund gewertet.

Es hat somit die Strafzumessungsgründe vollständig erfaßt und auch ihrem Gewicht entsprechend gewertet. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Strafzumessungsgrundsätze (§ 32 StGB) ist die über den Angeklagten verhängte Strafe tat- und tätergerecht.

Den zur Gänze unbegründeten Rechtsmitteln mußte somit der Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung findet ihre Begründung in der angeführten gesetzlichen Bestimmung.

Anmerkung

E32025

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0120OS00089.920001.1015.000

Dokumentnummer

JJT_19921015_OGH0002_0120OS00089_9200010_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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