TE OGH 1992/10/21 13Os79/92

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Veröffentlicht am 21.10.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Oktober 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Kuch, Dr.Massauer und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Schützenhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Ahmed Y***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach den §§ 302 Abs. 1, 12, zweiter Fall, StGB sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Ahmet Y***** und Erich H***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5.Dezember 1991, GZ 9 a Vr 13.710/86-103, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten und die - sachlich als Nichtigkeitsbeschwerde aufzufassende - Berufung der Staatsanwaltschaft gegen die Höhe des Wertersatzes (§ 20 Abs. 2 StGB) werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten und jene der Staatsanwaltschaft gegen die Anwendung des § 20 Abs. 4 StGB werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde hinsichtlich der Angeklagten Erich H***** und Ahmed Y***** im zweiten Rechtsgang in Ergänzung des rechtskräftigen Urteils des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. Dezember 1989, 9 a Vr 13.710/86-79, gemäß dem § 20 Abs. 1 StGB das bei Ahmed Y***** sichergestellte Bargeld in der Höhe von 51.753,60 S für verfallen erklärt (Pkt 1) sowie gemäß dem § 20 Abs. 2 (und Abs. 3 StGB) Ahmed Y***** zur Zahlung eines Geldbetrages in der Höhe von 82.246,40 S (Pkt 1) und Erich H***** zur Zahlung eines Geldbetrages von 208.000 S (Pkt 2) verurteilt.

Von der Verurteilung der Genannten zur Zahlung eines Betrages von 70.000 S zur ungeteilten Hand wurde gemäß dem § 20 Abs. 4 StGB abgesehen (Punkt 3).

Dieses Erkenntnis wird von den Angeklagten mit getrennt ausgeführten, auf die Z 5, vom Angeklagten H***** auch auf die Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden und jeweils mit Berufung bekämpft. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Berufung unter anderem gegen die ihrer Ansicht nach zu gering angenommene Höhe der Schmiergeldzahlungen.

Nach den Urteilsfeststellungen stellte der Angeklagte H***** in Mißbrauch seiner Befugnis als Vertragsbediensteter eines Arbeitsamtes in der Zeit von Juli bis Anfang November 1986 in 56 Fällen falsche Beschäftigungsbewilligungen gemäß dem § 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sowie falsche Verständigungen über diese Beschäftigungsbewilligungen aus (Schuldspruch Punkt A des Urteils ON 79); Ahmed Y***** hat ihn zu einem Teil der Taten (A/2, 6, 7, 11, 18, 19, 24, 28, 30, 37, 41, 46, 48 und 56) bestimmt und auch zu ihrer Ausführung beigetragen (Schuldspruch Punkt B des Urteils ON 79).

Das Gericht nahm im zweiten Rechtsgang (gleich dem ersten) als erwiesen an, daß der Angeklagte H***** für die ihm angelasteten insgesamt 56 Tathandlungen eine "Mindestsumme" von 300.000 S an Schmiergeldern erhalten hat. Es begründete dies damit, daß der Mitangeklagte Y***** nach seiner Verantwortung, die auch durch die Angaben der im Verfahren vernommenen ausländischen Arbeitsuchenden erhärtet worden sei, 15.000 S von jedem arbeitsuchenden Ausländer erhalten habe und nach allgemeiner Lebenserfahrung von einer Teilung dieser erhaltenen Geldbeträge zwischen den beiden Angeklagten auszugehen sei. Bei Abzug der Beträge von Stempelmarken und Gebühren ergebe sich bei H***** eine Schmiergeldsumme von 278.000 S. Für den Angeklagten Y*****, dem die Beteiligung am Amtsmißbrauch in 14 Fällen anzulasten sei, sei ein Betrag von 204.000 S anzunehmen. Diese Summe habe Y***** zwar nicht zur Gänze an H***** weitergegeben; nach Ansicht des Gerichtes war aber nicht entscheidungswesentlich, welche Beträge er tatsächlich dem Genannten übergeben hatte, weil Gegenstand des Verfalls bzw des Wertersatzes das gesamte von Y***** zur Deliktsbegehung empfangene Geld war.

Hinsichtlich jenes Teiles des Geldes, das H***** als unmittelbarer Täter von Y***** erhalten hatte (je 5.000 S in 14 Fällen, somit insgesamt 70.000 S), nahm das Gericht gemäß dem § 20 Abs. 3 StGB eine Haftung zur ungeteilten Hand an und zog diesen Betrag von den oben angeführten, den Angeklagten jeweils zur Last fallenden "Schmiergeldsummen" ab (US 10). Beim Angeklagten Y***** wurde überdies der gemäß dem § 20 Abs. 1 StGB für verfallen erklärte Bargeldbetrag (51.753,60 S) berücksichtigt. Der so korrigierte Betrag wurde dem Wertersatz nach dem § 20 Abs. 2 StGB zugrunde gelegt (Punkt 1 und 2 des Urteilssatzes). Von der Verurteilung zur Zahlung des Betrages von 70.000 S zur ungeteilten Hand wurde gemäß dem § 20 Abs. 4 StGB abgesehen, weil eine solche die Angeklagten nach Ansicht des Gerichtes unbillig hart träfe.

Die Mängelrügen (Z 5) der Angeklagten bezeichnen die Feststellungen über die Höhe der von ihnen erhaltenen "Schmiergeldbeträge" als unzureichend begründet.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen findet aber die Konstatierung des Erstgerichtes, daß der Angeklagte Y***** "pro Fall" 15.000 S verlangt und auch erhalten hat, durchaus Deckung in dessen Verantwortung (vgl S 75 ff und S 185 f/IV) und in der Aussage der Zeugen C***** (S 81 f/IV), Y***** (S 82/IV), A***** (S 83/IV) und E***** (S 85/IV). Daraus konnte das Erstgericht aber auch erschließen, daß der Angeklagte H***** insgesamt mindestens 300.000 S erhalten hat (US 7). Die Annahmen der Tatrichter, daß diese Beträge zwischen den Angeklagten geteilt wurden, sind denkmöglich und lebensnah und damit zureichend begründet. Soweit der Angeklagte Y***** vorbringt, bei richtiger Würdigung der Verfahrensergebnisse hätte das Gericht davon ausgehen müssen, daß er die von ihm kassierten Beträge ohne Abzug weitergegeben habe, bekämpft er unzulässig die Beweiswürdigung des Erstgerichtes. Auch die Feststellung über den gemäß dem § 20 Abs. 1 StGB für verfallen erklärten Betrag finden den Beschwerdeausführungen zuwider Deckung in der Aussage dieses Angeklagten (vgl S 187/IV).

Mit seiner Rechtsrüge (Z 11) begehrt der Angeklagte H***** eine weitere Anwendung der Bestimmung des § 20 Abs. 4, letzter Satz, StGB und ein gänzliches Absehen vom Verfallsersatz. Er bekämpft damit aber eine Ermessensentscheidung, die nicht mit einem materiellen Nichtigkeitsgrund sondern nur mit Berufung angefochten werden kann (vgl 14 Os 141/87).

Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Berufung unter anderem gegen die ihrer Ansicht nach zu gering angenommene Höhe der Schmiergeldzahlungen. Mit diesem Teil ihrer Berufung macht sie sachlich den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO geltend und behauptet, daß das Erstgericht Zeugenaussagen über die Höhe dieser Zahlungen mit Stillschweigen übergangen habe und deshalb zu einer unrichtigen Berechnung gekommen sei. Da der öffentliche Ankläger aber nur Berufung angemeldet hat (vgl ON 108/IV), ist ihm sachlich die Ausführung eines Nichtigkeitsgrundes verwehrt.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten und die sachlich als Nichtigkeitsbeschwerde zu wertende Ausführung der Berufung der Staatsanwaltschaft gegen die Höhe des Wertersatzes (§ 20 Abs. 2 StGB) waren daher teils als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs.1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO im Zusammenhalt mit dem § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Über die Berufungen wird demnach das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E30425

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0130OS00079.9200007.1021.000

Dokumentnummer

JJT_19921021_OGH0002_0130OS00079_9200007_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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