TE OGH 1992/11/10 10ObS264/92

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Veröffentlicht am 10.11.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Franz Köck (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag.Kurt Retzer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Herta K*****, vertreten durch Dr.Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter (Landesstelle Wien), 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. August 1992, GZ 32 Rs 94/92-53, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 24. Jänner 1992, GZ 26 Cgs 20/91-50, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Nach dem rechtlich zu beurteilenden Sachverhalt ist die am 31.3.1947 geborene Klägerin mit dem seit der Antragstellung bestehenden, im einzelnen genau festgestellten körperlichen und geistigen Zustand imstande, leichte und mittelschwere Arbeiten in jeder Körperhaltung auszuüben. Ausgeschlossen sind Arbeiten in Nässe und Kälte, in Räumen mit Reizgasen, unter längerer Einwirkung von feuchtkalter Luft, Rauch und Staub sowie überdurchschnittlicher Verunreinigung der Hände mit dem Erfordernis, diese überdurchschnittlich häufig oder besonders intensiv zu reinigen. Die Fingerbeweglichkeit ist außer für Feinarbeiten erhalten. Berufe, in denen die Hand exponiert ist, wie manuelle Dienstleistungen, eine Tätigkeit im Lebensmittelhandel, in der Lebensmittelerzeugung und überall, wo die Hände im Blickpunkt des Kunden sind, scheiden aus, nicht aber Tätigkeiten in der Produktion, wo die Klägerin nicht direkt mit Kunden zu tun hat. Mit dieser Arbeitsfähigkeit kann die Klägerin, die keinen Beruf erlernt (oder angelernt) hat und in den letzten 15 Jahren vor der Antragstellung als Elektromontiererin tätig war, seit 1986 allerdings nicht mehr erwerbstätig ist, noch verschiedene Hilfstätigkeiten in größeren Betrieben leisten, zB in der Metall- und Elektrobranche im Rahmen der Werkstück- und Produktionskontrolle verschiedene Werkstücke (Leiterplatten und Gehäuseteile) überprüfen, aber auch wie bisher Montagearbeiten in der Metall- und Elektrobranche ausführen. Dabei würde auch das aus gesundheitlichen Gründen erforderliche Tragen von Handschuhen (insbesondere Zwirnhandschuhen) nicht arbeitsbehindernd wirken. Wegen der bei Auftreten starker Schübe der ekzematösen Hauterkrankung zu erwartenden jährlichen Krankenstände von insgesamt vier bis sechs Wochen sind die Vermittlungsaussichten der Klägerin geringer als bei anderen Arbeitnehmern.

Bei diesem Sachverhalt wurde eine Invalidität der Klägerin iS des § 255 Abs 3 ASVG von den Vorinstanzen ohne Rechtsirrtum verneint, weil sie zB auch die in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag ausgeübte Tätigkeit ohne Beeinträchtigung ihres Gesundheitszustandes weiter ausüben könnte (SSV-NF 1/68 ua). Ob die arbeitsfähige Klägerin tatsächlich einen Dienstposten finden wird, ist für die Frage der Invalidität ohne Bedeutung (SSV-NF 1/23, 68; 2/5, 14, 34 uva). Die jährlich zu erwartenden Krankenstände in der Dauer von insgesamt vier bis sechs Wochen weichen von der durchschnittlichen Krankenstandsdauer noch nicht so stark ab, daß ein Ausschluß vom allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen werden könnte, der nach der neuesten Rechtsprechung des erkennenden Senates erst bei regelmäßig zu erwartenden jährlichen Krankenständen von sieben Wochen bejaht wird (16.6.1992, 10 Ob S 92/92 ua).

Aus den genannten Gründen ist weder die Rechtsrüge berechtigt, die zum Teil nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht und daher insoweit nicht gesetzgemäß ausgeführt ist, noch liegt die geltend gemachte Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 3 ZPO) vor (§ 510 Abs 3 leg cit). Daß die Klägerin wegen der durch ihr Hautleiden bei Arbeitgebern oder Arbeitskollegen ausgelösten negativen Gefühle hinsichtlich des für die Produktionstätigkeiten in der Metall- und Elektrobranche bestehenden allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeschlossen wäre, ist weder festgestellt noch offenkundig. Es besteht auch kein diesbezüglicher allgemeiner Erfahrungssatz. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, daß der Sachverständige für Berufskunde, dem das Hautleiden der Klägerin bekannt war, keine Aussage darüber machte, daß sie wegen der allfälligen Entstellungen oder (grundlos) befürchteten Ansteckungsgefahr vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen wäre (ähnlich SSV-NF 5/82 hinsichtlich eines Epileptikers). Ob die Klägerin auch auf die Tätigkeiten eines Portiers, Aufsehers oder Museumsaufsehers verwiesen werden kann, ist nicht entscheidungswesentlich, weil sie vor allem ihre überwiegend ausgeübte Tätigkeit weiterhin leisten kann. Unter beiden geltend gemachten Revisionsgründen wird übrigens unzulässigerweise die Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes angegriffen, was insbesondere auch auf die Ausführungen über die Krankenstandsdauer zutrifft.

Der nicht berechtigten Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Anmerkung

E30360

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:010OBS00264.92.1110.000

Dokumentnummer

JJT_19921110_OGH0002_010OBS00264_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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