TE OGH 1992/11/26 1Ob622/92

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Veröffentlicht am 26.11.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Thomas T*****, infolge Revisionsrekurses des Vaters Dipl. Dolm. Mag. Theodor A*****, vertreten durch Dr. Harald Berger, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 9. September 1992, GZ 22a R 286/92-25, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Oberndorf bei Salzburg vom 29. Juli 1992, GZ 14/85-22, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Minderjährige ist ein uneheliches Kind des Rechtsmittelwerbers. Obsorgeberechtigt ist die Mutter. Der Vater lebt von seiner Ehegattin seit April 1992 getrennt. Im Juli 1992 brachte er die Scheidungsklage ein; das Scheidungsverfahren ist noch anhängig.

Am 8.7.1992 beantragte der Vater, die Zustimmung seiner Ehegattin zur Namensgebung zu ersetzen. Er beabsichtige, seinem Kind seinen Familiennamen zu geben, seine Ehegattin verweigere jedoch die Zustimmung ohne gerechtfertigten Grund.

Die Ehegattin des Vaters begründete die Zustimmungsverweigerung damit, sie fühle sich hiezu geradezu verpflichtet, weil dies dem Wohl des Minderjährigen gerecht werde. Dem Vater gehe es ausschließlich um eigenes egoistisches und dynastisches Denken, weil er adeliger Abstammung sei. Er habe ihre Tochter über Jahre sexuell mißbraucht, weshalb gegen ihn ein Strafverfahren anhängig sei. Überdies konsumiere der Vater unmäßig Alkohol und habe die Existenz des Minderjährigen seinen Kindern aus erster Ehe jahrelang verschwiegen.

Das Erstgericht wies den Antrag des Vaters ab und führte hiezu aus, dieser lebe erst seit April des Jahres von seiner Ehegattin getrennt. Zweck der Namensgebung sei die Einheit des Familiennamens nach außen. Es solle für die Umwelt der Anschein erweckt werden, daß es sich um ein gemeinsames eheliches Kind handle. Im allgemeinen sozialen Kontakt mit Mitschülern, Lehrpersonen und Erwachsenen erweise es sich für das Kind regelmäßig als vorteilhaft, wenn es denselben Familiennamen führe wie jene Familie, in der es aufwachse. Da der Vater jedoch immer noch in aufrechter Ehe lebe und auch nur die Absicht zur Verehelichung mit der Mutter des Minderjährigen bekundet habe, könne nach so kurzer Zeit von einer Familie oder einem familienähnlichen Verband noch keine Rede sein.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte aus, die Ehegattin des Vaters mache keine sie selbst berührenden Verweigerungsgründe geltend, sondern führe ausschließlich das Wohl des Minderjährigen gefährdende Umstände ins Treffen. Es müsse deshalb zunächst geprüft werden, ob der Zustimmungsberechtigte solche Weigerungsgründe überhaupt mit Erfolg geltend machen könne, würde doch die Namensgebung bei erteilter Zustimmung bereits mit dem Zugang der erforderlichen Erklärungen an den Standesbeamten wirksam werden, ohne daß das Kindeswohl vom Gericht einer Prüfung unterzogen worden wäre. Das Rekursgericht sei jedoch mit dem Erstgericht der Auffassung, daß auch bei dieser Verfahrenslage stets das Kindeswohl geprüft werden müsse, wäre doch sonst das im § 165b Abs 2 ABGB verankerte Erfordernis des Kindeswohls überflüssig. Demnach dürfe die verweigerte Zustimmung nur dann ersetzt werden, wenn dies den Interessen des Kindes entspreche, und zwar selbst dann, wenn der Zustimmungsberechtigte keine gerechtfertigten Gründe vorgebracht habe. Zu Recht habe das Erstgericht daher die Frage geprüft, ob die beabsichtigte Namensgebung den Interessen des Minderjährigen entspreche, und dies verneint, weil das Kind infolge der Namensgebung zwar denselben Familiennamen wie sein Vater führen würde, dagegen aber den bisher geführten Familiennamen der Mutter verlöre, obwohl er in deren Haushalt lebe und dieser die Obsorge für ihn zukomme. Von einem der Familie entsprechenden gefestigten Verband könne derzeit noch keine Rede sein; ob sich dies in absehbarer Zeit ändern werde, könne derzeit noch nicht verläßlich beurteilt werden, weil sich die Ehegattin des Vaters gegen dessen Scheidungsbegehren ausgesprochen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Vater gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Gemäß § 165a Abs.1 ABGB kann der Vater dem minderjährigen Kind seinen Familiennamen geben. Nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle ist im Falle der Namensgebung durch den Vater unter anderem auch die Zustimmung seiner Ehefrau erforderlich. § 165b Abs 2 ABGB zufolge hat das Gericht, wird eine nach § 165a Abs 2 ABGB erforderliche Zustimmung ohne gerechtfertigten Grund verweigert, diese auf Antrag eines Beteiligten zu ersetzen, wenn das dem Wohl des Kindes entspricht. Nach den Materialien (RV, 6 BlgNR 12.GP, abgedruckt in Klang2 ErgBd 91) soll das Rechtsinstitut der Namensgebung dem Bedürfnis des mj. unehelichen Kindes, daß sein Familiennamen mit dem seines (Stiefvaters oder) unehelichen Vaters, in dessen Familie es aufwächst, übereinstimmt, Rechnung tragen (vgl. Gschnitzer-Faistenberger, Familienrecht2, 134; Edlbacher, Namensrecht, 112). Verweigert eine zustimmungsberechtigte Person ihre Zustimmung zur Namensgebung ohne gerechtfertigten Grund, so darf diese nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 165b Abs 2 ABGB nur dann ersetzt werden, wenn die Erklärung des Zustimmungsberechtigten gerechtfertigter Gründe entbehrt und deren Ersetzung dem Wohl des Kindes entspricht (so auch JAB, 155 BlgNR 12.GP, 4; vgl. auch Radel in ÖStA 1971, 50 FN 19); führt der Zustimmungsberechtigte gerechtfertigte Gründe ins Treffen, obwohl die beabsichtigte Namensgebung das Kindeswohl förderte, so sind die Weigerungsgründe gegen die Kindesinteressen abzuwägen (NRsp 1988/240; Pichler in Rummel, ABGB2 §§ 165a-165c Rz 12; Radel aaO).

Entspricht die Namensgebung indes dem Kindeswohl nicht, darf die verweigerte Zustimmung daher selbst dann nicht ersetzt werden, wenn der Zustimmungsberechtigte für seine Erklärung keine gerechtfertigten Gründe geltend macht oder machen könnte. Dem steht auch die Erwägung nicht entgegen, daß die erstmalige Namensgebung bei Erteilung aller erforderlichen Zustimmungserklärungen gemäß § 165a Abs 3 und § 165c Abs 2 ABGB ohne Mitwirkung des Gerichts zustande kommt, weil das Gericht, wird es um die Zustimmungsersetzung angegangen, in jedem Fall - ob also nun die Zustimmung aus gerechtfertigten Gründen verweigert wird oder nicht - zu prüfen hat, ob die Namensgebung dem Kindeswohl entspricht. Letztlich ausschlaggebend für die im § 165b ABGB vorgesehene gerichtliche Entscheidung ist das Wohl des Kindes (Edlbacher aaO 116).

Von der Lösung dieser Frage hängt die Entscheidung deshalb auch im vorliegenden Fall ab, auch wenn die Ehegattin des Vaters zugegebenermaßen kein sie selbst berührenden Weigerungsgründe ins Treffen führte. Wie Edlbacher (aaO 116 mwN aus der zweitinstanzlichen Rechtsprechung) mit Recht ausführt, würde sich im vorliegenden Fall mit der Namensgebung durch den Vater in seinem Verhältnis zum Kind nichts ändern; weder dessen Unterhaltsanspruch noch dessen Erbansprüche seinem Vater gegenüber würden dadurch verbessert, noch seine persönlichen Beziehungen zu ihm gestärkt. Die Namensgebung hätte nur zur Folge, daß das Kind nun den Familiennamen des Vaters führte; gleichzeitig unterschiede es sich dann aber im Familiennamen von seiner Mutter. Da dieser jedoch die Obsorge zukommt und von einem dem Familienverband ähnlichen gefestigten Zusammenleben des Vaters mit der Mutter und dem Kind nach so wenigen Monaten noch keine Rede sein kann, entspricht es derzeit wohl eher dem Kindeswohl, wenn es den Familiennamen seiner Mutter fortführt.

Auch die angekündigte Eheschließung des Vaters mit der Mutter des Kindes kann nicht mit Erfolg ins Treffen geführt werden: Solange die Ehe des Vaters, der erst im Juli 1992 die Scheidungsklage einbrachte, nicht geschieden ist, kann er sein Vorhaben ohnehin nicht realisieren; bei danach verwirklichter Eheschließung würde das Kind aber ohnedies legitimiert werden und erhielte dann den gemeinsamen Familiennamen der Eltern bzw. den des Vaters (§ 162a Abs 1 ABGB).

Da die Vorinstanzen das Begehren des Vaters um Ersetzung der Zustimmung seiner Ehegattin zur beabsichtigten Namensgebung zu Recht abgewiesen haben, ist dessen Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Textnummer

E34302

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0010OB00622.92.1126.000

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

30.04.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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