TE OGH 1992/12/10 8Ob640/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.12.1992
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hedwig St*****, vertreten durch Dr.Karl Zingher, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Dipl.Kfm.Gilbert G*****, und 2.) Margarethe G*****, beide vertreten durch Dr.Heinz Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 780.600,--, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 11. September 1991, GZ 18 R 119/91-48, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtsachen Wien vom 28. Februar 1991, GZ 19 Cg 97/89-35, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Klägerin, ihr die Kosten der Revisionsbeantwortung zuzusprechen, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin und der Erstbeklagte, ihr Bruder, waren je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft. Die Teilungsklage der Klägerin wurde am 5.10.1979 im Grundbuch angemerkt; auf Grund Anerkenntnisurteiles wurde am 16.1.1980 die Exekution durch Versteigerung der Liegenschaft bewilligt. Die von der Klägerin und dem Erstbeklagten vereinbarten und vom Exekutionsgericht am 6.11.1980 genehmigten Versteigerungsbedingungen hatten u.a. folgenden Wortlaut:

".....

3. Jeder der beiden Eigentümer behält sich für den Fall, daß einer

von ihnen die Liegenschaft ersteigert, daß Recht vor, hinsichtlich

seines bisherigen Anteiles den Verkauf gemäß § 278 AußStrG binnen

drei Tagen nach Erteilung des Zuschlages ...... abzulehnen, sodaß

Gegenstand der Vereinbarung dann nur mehr die ersteigerte Liegenschaftshälfte des anderen Miteigentümers bildet, und womit sich das von diesem Ersteher zu erlegende Meistbot um die Hälfte verringert.....

6. Das Meistbot ist, soweit es nicht auf die auf der Liegenschaft

sichergestellten Forderungen anzurechnen ist, bei Gericht binnen drei

Wochen nach Zuschlagstag zu erlegen...... Wenn das Meistbot vom

Ersteher nicht rechtzeitig oder ordnungsgemäß berichtigt wird, findet

auf Antrag die Wiederversteigerung auf Kosten und Gefahr des säumigen

Erstehers statt ......

8. Die Liegenschaft wird dem Ersteher bestandfrei, bezogen auf

sämtliche Räumlichkeiten und Flächen, übergeben und zwar geräumt

binnen 90 Tagen ab Rechtskraft des Zuschlages, soferne sämtliche

Versteigerungsbedingungen durch den Ersteher erfüllt sind. Ebenso

erfolgt die bücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes des

Erstehers nach Erfüllung aller Versteigerungsbedingungen.

9. Die Grunderwerbssteuer sowie alle sonstigen Gebühren und alle mit

der Versteigerung verbundenen Kosten hat der Ersteher allein und ohne

Anrechnung auf das Meistbot zu berichtigen......"

Noch vor Genehmigung der Versteigerungsbedingungen hatte der Erstbeklagte am 15.8.1980, die ihm ausschließlich zur Nutzung zustehende Parterrewohnung in dem auf der Liegenschaft errichteten Haus der Zweitbeklagten, seiner Ehefrau, vermietet. In der Versteigerungstagsatzung vom 4.6.1981 wurde der Klägerin auf Grund ihres Anbotes von S 4,463.000,-- der Zuschlag erteilt. Noch in dieser Tagsatzung machte sie von dem ihr in Punkt 3. der Versteigerungsbedingungen eingeräumten Recht Gebrauch. Der Erstbeklagte verzeichnete bei Abschluß der Versteigerungstagsatzung S 52.623, 22 an Kosten. Die Klägerin hat das von ihr nach Abzug übernommener Lasten zu erlegende Meistbot von S 1,966.465,64 am 22.6.1981 mit einem Barscheck der Ersten Österreichischen Sparkasse an der ihr vom Exekutionsgericht vorgeschriebenen Zahlstelle, einer Raiffeisenbank, beglichen. Dieses Bankinstitut hat den genannten Betrag am 23.6.1981 einem Sparbuch des Exekutionsgerichtes gutgeschrieben, sodaß das erlegte Meistbot diesem ab dem 23.6.1981 zur Verfügung stand. In der vom Exekutionsgericht am 15.7.1981 durchgeführten Verteilungstagsatzung machte der Erstbeklagte verschiedene Auslagen für die Liegenschaft usw, so auch Zinsen für das Meistbot für die Zeit vom 26.6. - 30.6.1981, geltend und forderte von der Klägerin einen von ihm errechneten Betrag von S 12.000,--, mit dem alle seine bis zur Meistbotsverteilungstagsatzung noch aufgelaufenen Forderungen gegen die Klägerin abgegolten werden sollten. Diese hat den vorgenannten Betrag mit einem Scheck, der vom Erstbeklagten übernommen und eingelöst wurde, bezahlt. Am 26.1.1982 wurde das Meistbot von S 1,966.465,64 samt S 56.688,36 an Zinsen vom Exekutionsgericht an den Erstbeklagten überwiesen und von diesem angenommen. Mit Schreiben vom 10.2.1982 erklärte der Vertreter des Erstbeklagten, der den damaligen Vertreter der Klägerin am 30.12.1981 zur Bezahlung der Kosten des Exekutionsverfahrens von nunmehr insgesamt S 67.549,22 aufgefordert hatte, wegen Nichtzahlung dieses Betrages den Rücktritt und beantragte die Wiederversteigerung der Liegenschaft. Die Klägerin überwies in der Folge den begehrten Gesamtbetrag; die Zahlung wurde angenommen und der Antrag auf Wiederversteigerung wurde vom Erstgericht rechtskräftig abgewiesen. Mit Servitutseinräumungsvertrag vom 15.9.1982 räumte der Erstbeklagte der Zweitbeklagten an der in seinem ausschließlichen Nutzungsrecht stehenden Wohnung das Wohnrecht und zur Sicherung dieses Rechtes das dingliche Belastungs- und Veräußerungsverbot gemäß § 364 c ABGB ein. Das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Zweitbeklagten wurde im Grundbuch ob dem Hälfteanteil des Erstbeklagten einverleibt. Mit Beschluß vom 27.12.1983 bestimmte das Exekutionsgericht die Kosten der Feilbietung der Liegenschaft gemäß § 280 AußStrG mit S 1.340,-- (Kosten der Einschaltung des Ediktes in der Wiener Zeitung). Die Klägerin hat auch diesen Betrag bezahlt. Mit Beschluß vom 18.1.1983 wies das Grundbuchsgericht das auf eine Amtsurkunde i.S. des § 278 Abs 2 AußStrG gestützte Gesuch der Klägerin auf Einverleibung ihres Eigentumsrechtes an der dem Erstbeklagten gehörigen Hälfte der Liegenschaft mit der Begründung ab, daß das zugunsten der Zweitbeklagten eingeräumte Belastungs- und Veräußerungsverbot einer solchen Eintragung entgegenstehe und eine Zustimmungserklärung der bücherlich Berechtigten nicht vorliege, sodaß über eine Unwirksamkeit des nach der Klageanmerkung eingetragenen Belastungs- und Veräußerungsverbotes nur im Prozeßweg entschieden werden könne. Hierauf erhob die Klägerin zu 10 Cg 153/83 des LGfZRS Wien Klage mit dem Begehren, das für die Zweitbeklagte einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot sei rechtsunwirksam und zu löschen und die Beklagten seien schuldig, alles zu unterlassen, was die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes an dem den Erstbeklagten zugeschriebenen Hälfteanteil an der Liegenschaft erschweren oder verhindern könnte. Das Erstgericht gab diesem Begehren des Vorprozesses mit der Begründung statt, die Klägerin habe das Meistbot rechtzeitig und ordnungsgemäß erlegt, ein berechtigter Rücktritt des Erstbeklagten liege nicht vor und dieser habe sich durch die Annahme des Betrages von S 12.000,-- mit der Klägerin über alle noch offenen Fragen verglichen. Das Berufungsgericht des Vorprozesses gab der Berufung des Erstbeklagten teilweise Folge und erkannte unter Abweisung des Mehrbegehrens, daß das zugunsten der Zweitbeklagten einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot gemäß § 364 c ABGB rechtsunwirksam und die Zweitbeklagte daher schuldig sei, gegenüber der Klägerin in die Löschung dieses Verbotes einzuwilligen und daß beide Beklagten schuldig seien, jede der Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin an dem dem Erstbeklagten zugeschriebenen Hälfteanteil entgegenstehende Veränderung des Grundbuchstandes zu unterlassen. Die zu 3 Ob 100/86 an den Obersten Gerichtshof gerichtete Revision hatte keinen Erfolg. Das Revisionsgericht verwies darauf, daß die zwischen den Streitteilen vereinbarten Versteigerungsbedingungen eine klare Regelung der Verzugsfolgen enthielten und kein Grund für eine Wiederversteigerung der Liegenschaft und damit einen Vertragsrücktritt des Erstbeklagten vorgelegen sei. Im übrigen hätte das auf den Liegenschaftsanteil des Erstbeklagten zugunsten der Zweitbeklagten haftende Verfügungsverbot nach § 364 c ABGB die Abweisung des Gesuches der Klägerin um Einverleibung ihres Eigentumsrechtes aus den im einzelnen dargelegten Gründen nicht gerechtfertigt, der Beschluß des Grundbuchsgerichtes vom 18.1.1983 sei aber rechtskräftig geworden, sodaß die Klägerin zur Prozeßführung genötigt gewesen sei, um die Voraussetzungen für die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes zu schaffen, zumal die Beklagten auch noch in der Revision die Richtigkeit und Wirksamkeit der der Klägerin nach § 278 AußStrG ausgestellten Amtsurkunde bestritten hätten. Die Anmerkung der Teilungsklage setze den Erwerber eines Miteigentumsanteiles und in gleicher Weise jenen, dem ein Verfügungsverbot im Sinne des § 364 c ABGB eingeräumt werde, von der Anhängigkeit des Teilungsverfahrens in Kenntnis und schließe auf diese Weise einen guten Glauben aus. Das Verfügungsverbot habe somit einen Eingriff in das Forderungsrecht der Klägerin auf Übertragung des Eigentumsrechtes an der von ihr ersteigerten Liegenschaftshälfte dargestellt; sie habe als Erwerberin der Liegenschaftshälfte Anspruch darauf gehabt, daß der Zuschlag gegen einen durch die Anmerkung der Teilungsklage gewarnten und daher schlechtgläubigen Dritten effektuiert werde und weiters auch darauf, daß die Unwirksamkeit des zwischen den Beklagten abgeschlossenen Vertrages auch gegenüber dem Erstbeklagten festgestellt werde. Da es beide Beklagten gewesen seien, die durch die zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen der Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin auf der dem Erstbeklagten gehörigen Liegenschaftshälfte entgegenwirkten, sei auch das Unterlassungsbegehren hinsichtlich beider Beklagten gerechtfertigt.

Am 28.6.1988 wurde die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin am gegenständlichen Hälfteanteil sowie die Löschung des zugunsten der Zweitbeklagten hierauf eingetragenen Belastungs- und Veräußerungsverbotes bewilligt.

Am 19.5.1988 brachte die Klägerin gegen die beiden nunmehr Beklagten zu 6 Cg 118/88 des LGfZRS Wien eine Räumungsklage ein. Nach Bestätigung des der Klage stattgebenden erstgerichtlichen Urteiles durch das Berufungsgericht wurde der Klägerin am 18.11.1989 die Exekution gegen die beiden nunmehrigen Beklagten bewilligt; die Räumungsexekution wurde am 24.1.1990 vollzogen.

Im nun revisionsgegenständlichen Rechtstreit begehrte die Klägerin in der am 22.3.1989 eingebrachten Klage von den beiden Beklagten wegen verspäteter Räumung zunächst die Zahlung eines Betrages von S 900.000,-- "aus der Bereicherung des Erstbeklagten, der die ihm zugekommene Meistbotshälfte seit 25.1.1982 fruchtbringend habe anlegen können", hinsichtlich der Benützung habe sie einen Verwendungsanspruch, für den die Beklagten, die die unteilbare Sache gemeinsam benützt hätten, solidarisch hafteten. Am 15.12.1989 ergänzte die Klägerin ihr Vorbringen dahin, daß sie die Wohnung mit Stilmöbeln hätte vermieten können, wodurch sich ein höherer Ertragswert ergeben hätte; sie stützte das Klagebegehren nunmehr auf jeglichen erdenklichen Rechtsgrund. Nach zwischenzeitiger Klageausdehnung schränkte sie das Klagebegehren schließlich auf den Betrag von S 914.952,-- ein und berief sich insoweit auf eine fiktive Mietzinsberechnung laut Sachverständigengutachten.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens, weil die Klägerin die Versteigerungsbedingungen verspätet, nämlich erst durch Zahlung der Ediktkosten am 13.4.1984, endgültig erfüllt habe, sodaß die Räumungspflicht erst drei Monate später eingetreten sei. Weiters beriefen sie sich darauf, daß im Verfahren 10 Cg 153/83 des LGfZRS Wien keine rechtskräftige Verpflichtung zur Übergabe ausgesprochen worden sei sowie, daß zugunsten der Zweitbeklagten ein Belastungs- und Veräußerungsverbot vereinbart worden sei und diese auch Mietrechte an der Wohnung erworben habe. Der Verwendungsanspruch sei zudem höchstens mit S 400.000,-- zu bewerten, vor März 1986 entstandene Schadenersatzansprüche seien verjährt. Eine Übergabepflicht bestehe überhaupt erst seit der Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin am 8.6.1988. Ab 29.7.1988 seien die Beklagten von der Klägerin von der Liegenschaft ausgesperrt worden. Den Beklagten stünden die im einzelnen dargestellten Gegenforderungen von S 15.666,90 an Betriebskosten, S 1.856,-- an Versicherungsprämien und S 20.849,-- für Rechtsverfolgungskosten zu. Der von der Klägerin zugrundegelegte Mietzins sei wegen Mängel des Hauses überhöht, ein Zuschlag für Möblierung mit Stilmöbeln sei nicht gerechtfertigt.

Das Erstgericht sprach der Klägerin einen Betrag von S 725.460,-- sA. unter Abweisung des Mehrbegehrens zu. Es stellte die in der Zeit vom Jahre 1981 bis zum Jahre 1989 für die von den Beklagten benutzten Räumlichkeiten usw. jeweils erzielbaren Mietzinsbeträge fest, und zwar zuletzt mit monatlich S 9.000,-- zuzüglich einer weiteren Steigerung von 20 % bei Vermietung in eingerichtetem Zustand mit modernen Möbeln oder Stilmöbeln. Weiters stellte es fest, daß eine Übergabe durch die Beklagten an die Klägerin nicht erfolgt ist und diese erst durch die Räumungsexekution vom 24.1.1990 die Möglichkeit der Benützung der Räumlichkeiten erhielt. Die von den Beklagten eingewendeten Gegenforderungen hielt es mangels entsprechender Beweisergebnisse nicht für feststellbar. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat es die Auffassung, die Klägerin habe die Versteigerungsbedingungen erfüllt, gemäß diesen sei der Erstbeklagte 90 Tage nach rechtskräftigem Zuschlag und somit am 4.9.1981 zur Übergabe der Liegenschaft verpflichtet gewesen. Seit diesem Zeitpunkt hätten die Beklagten die Wohnung ohne Rechtstitel und somit als unredliche Besitzer - die Zweitbeklagte könne sich wegen der bücherlichen Anmerkung der Teilungsklage und des Versteigerungsverfahrens nicht auf guten Glauben berufen - benutzt, sodaß die Klägerin einen Verwendungsanspruch nach den §§ 335, 1041 ABGB sowie grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz einschließlich des entgangenen Gewinnes für die Zeit vom 1.10.1981 bis zum 31.1.1990 habe. Die Schadenersatzansprüche vor dem Februar 1986 seien allerdings verjährt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht und jener der Klägerin teilweise Folge. Es sprach der Klägerin einen Gesamtbetrag von S 780.600,-- sA zu und erklärte die Revision für zulässig, weil zur Frage der Berechnung des Benützungsentgeltes bei Verzögerung der Räumung durch einen Miteigentümer nach Versteigerung der Liegenschaft offenbar keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

In seiner Entscheidungsbegründung verneinte das Berufungsgericht das Vorliegen der von den Beklagten behaupteten erstgerichtlichen Verfahrensmängel, hielt auch deren Rüge der unrichtigen Tatsachenfeststellung und unrichtigen Beweiswürdigung für nicht gerechtfertigt und stellte ergänzend fest, daß die Klägerin die Ediktkosten von S 1.340,-- am 13.4.1984 bezahlt hat. In der rechtlichen Beurteilung erklärte das Berufungsgericht, das Erstgericht habe zutreffend dargelegt, daß das Meistbot von der Klägerin ordnungsgemäß unter Einhaltung auch des Punktes 6. der Versteigerungsbedingungen erlegt worden sei. Während Punkt 6. der Versteigerungsbedingungen eine Frist von 3 Wochen nach Zuschlagstag zum Erlag des Meistbotes vorsehe, erscheine dies bei Punkt 9. in den Versteigerungsbedingungen hinsichtlich der Berichtigung von Gebühren und Kosten nicht der Fall. Die Bezahlung der Kosten für das Edikt könne im Sinne der erstgerichtlichen Ansicht auch nicht als vertragliche Voraussetzung für die Verpflichtung des Erstbeklagten zur Übergabe seines Liegenschaftsanteiles angesehen werden, weil in der Praxis die Bestimmung dieser Ediktkosten auch nach Ablauf der Frist des Punktes 8. der Versteigerungsbedingungen eintreten könne. Dagegen hätten die Beklagten durch ihr Verhalten die Verpflichtung zur Übergabe der Liegenschaft überhaupt bestritten und die Übergabe mit allen Mitteln zu verhindern versucht. Obschon die Teilungsklage bereits im Grundbuch eingetragen gewesen und eine rechtskräftige Zuschlagserteilung vorgelegen sei, hätten sie ein Veräußerungs- und Belastungsverbot vereinbart und bücherlich eingetragen, sodaß auch der Zweitbeklagten der gute Glaube mangle. Das obligatorische Recht der Klägerin als Erwerberin sei durch die Anmerkung der Teilungsklage gegen jeden Dritten durchsetzbar geworden. Der Standpunkt der Beklagten, eine Verpflichtung zur Räumung der Liegenschaft bestehe erst mit Vorliegen eines rechtskräftigen Räumungstitels, widerspreche Treu und Glauben. Zusammenfassend ergebe sich somit, daß der Erstbeklagte aufgrund der Versteigerungsbedingungen zur Übergabe der Liegenschaften an die Klägerin als Ersteherin binnen 90 Tagen ab Zuschlag, das sei der 4.9.1981, und die bei Abschluß des Mietvertrages schlechtgläubige Zweitbeklagte ebenfalls zur Räumung verpflichtet gewesen sei. Der Verwendungsanspruch der Klägerin, der in 30 Jahren verjähre, sei vom Erstgericht zutreffend auf der Grundlage des § 335 ABGB beurteilt worden. Dannach habe der Berechtigte gegen den unredlichen Besitzer einen Bereicherungsanspruch aus nützlicher Verwendung nach Art des § 1041 ABGB. Grundsätzlich sei zwar ein angemessenes Benützungsentgelt zu zahlen, doch hänge die Höhe des zu leistenden Ersatzes von der Redlichkeit oder Unredlichkeit des Bereicherten ab. Der unredliche Benützer habe in Analogie zu § 417 ABGB das höchste Benützungsentgelt zu leisten. Beim Mehrbetrag aus Vermietung in saniertem Zustand handle es sich nicht um einen Schadenersatzanspruch auf entgangenen Gewinn, sondern um das bei ortsüblicher bestmöglicher Verwertung der Sache zu erzielende Benützungsentgelt, zu dessen Zahlung der unredliche Benützer eben verpflichtet sei. Das Benützungsentgelt auch für die Zeit vom 24.1.1990-31.1.1990 sei zuzusprechen, weil eine nachfolgende Vermietung wieder nur am Monatsersten möglich gewesen sei; auch der Beginn der Zahlungspflicht der Beklagten sei demgemäß erst mit dem der 90-Tagefrist folgenden Monatsersten festgesetzt worden. Somit sei der Klägerin für die Zeit von Oktober 1981 bis Februar 1986 ein weiterer Betrag von S 55.140,-- zuzuerkennen gewesen.

Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erheben die Beklagten Revision mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens. Hilfsweise stellen sie Aufhebungsanträge. Als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO machen sie die vom Berufungsgericht genannte Frage der Berechnung des Benützungsentgeltes bei Verzögerung der Räumung durch einen Miteigentümer nach Versteigerung der Liegenschaft geltend. In ihrer Rechtsrüge bringen sie vor, es stellten sich zahlreiche zu ihren Gunsten zu lösende Rechtsfragen, nämlich, ob bis zur Zahlung der Ediktkosten von S 1.340,- durch den Ersteher gemäß Punkt 8 und 9 der Versteigerungsbedingungen keine Übergabepflicht bestanden habe; ob ein Anspruch auf Benützungsentgelt für die Zeit vor der Räumung im Sinne der Entscheidung 3 Ob 504/90 zu verneinen sei; ob der Miteigentümer vor Eigentumseinverleibung des Erstehers überhaupt zur Räumung verpflichtet sei und ob und welches Benützungsentgelt er zu leisten habe; ob wegen Vorliegens eines Vertragsverhältnisses (gemeinsame Versteigerungsbedingungen) überhaupt ein Verwendungsanspruch gegeben sei; ob die Ansprüche der Klägerin verjährt seien; ob der Miteigentümer bis zur Einverleibung des alleinigen Eigentumsrechtes des anderen Miteigentümers wirksam Mietverträge schließen könne; ob § 1041 ABGB nur dem Eigentümer der Sache und nicht einem bloß obligatorisch Berechtigten die Verwendungsklage zugestehe; ob angemessenes Benützungsentgelt oder höchstmögliches Benützungsentgelt zu leisten sei; ob für die Zeit vom 24.1.1990 (Räumungsexekution) bis zum 31.1.1990 Benützungsentgelt begehrt werden könne; ob nach Aussperrung der Beklagten von diesen weiterhin Benützungsentgelt geleistet werden müsse; ob die Beklagten "das Objekt" auf Grund vertretbarer Rechtsansicht benutzten; ob die Gegenforderungen der Erstbeklagten zu berücksichtigen gewesen wären und ob eine Solidarhaftung der Beklagten richtigerweise zu verneinen sei. Im weiteren erheben die Revisionswerber eine Aktenwidrigkeits- und eine Mängelrüge.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist mangels Vorliegens einer im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO qualifizierten Rechtsfrage unzulässig - der gegenteilige berufungsgerichtliche Ausspruch ist für den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs. 1 ZPO nicht bindend - und war daher zurückzuweisen:

Bereits in dem zwischen den Streitteilen geführten Vorprozeß hat der Oberste Gerichtshof zu 3 Ob 100/86 ausgesprochen, daß die Klägerin das Meistbot ordnungsgemäß erlegt hat und daß für den Erstbeklagten kein Grund vorlag, der ihn zum Rücktritt und zur Stellung des Antrages auf Wiederversteigerung der Liegenschaft - dieser Antrag war auch rechtskräftig abgewiesen worden - berechtigt hätte. Weiters, daß das vom Erstbeklagten zugunsten der Zweitbeklagten erwirkte Verfügungsverbot einen Eingriff in das Forderungsrecht der Klägerin auf Übertragung des Eigentumsrechtes an der Liegenschaftshälfte darstellte sowie, daß die Anmerkung der Teilungsklage denjenigen, dem ein Verfügungsverbot gemäß § 364 c ABGB eingeräumt wird, von der Anhängigkeit des Teilungsverfahrens in Kenntnis setzt und seinen guten Glauben ausschließt, sodaß die Klägerin auch gegenüber der schlechtgläubigen Zweitbeklagten einen Anspruch darauf hatte, daß der Zuschlag effektuiert wird.

Offen gelassen wurde in der vorgenannten oberstgerichtlichen Entscheidung die Frage, ob eine verspätete Berichtigung von Gebühren und Kosten im Sinne des Punktes 9. der gemeinsamen Versteigerungsbedingungen der beiden Miteigentümer gemäß Punkt 8. dieser Bedingungen die Übergabe der Liegenschaft an den Ersteher verzögern könne.

Strittig waren insoweit aber ausschließlich die Ediktkosten von S 1.340,-- geblieben. Diese Kosten wurden vom Exekutionsgericht gemäß § 280 AußStrG als "Kosten der Feilbietung der Liegenschaft" erst lange nach dem Zuschlag vom 4.6.1981, nämlich mit Beschluß vom 27.12.1983, bestimmt und sodann von der Klägerin bezahlt.

Bei der vorinstanzlichen Beurteilung, daß eine derartige nachträgliche Kostenbestimmung im Exekutionsverfahren praktisch unvermeidbar und die solcherart spätere Zahlung mit der vertraglichen

Pflicht zur Übergabe der Liegenschaft binnen 90 Tagen nach Rechtskraft des Zuschlages durchaus vereinbar sei, handelt es sich jedenfalls um eine Vertragsauslegung im Einzelfall, die einer Überprüfung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zugänglich ist.

Die Beklagten waren daher auf Grund der Erfüllung der vereinbarten Versteigerungsbedingungen durch die Klägerin im Sinne des Punktes 8 dieser Bedingungen verpflichtet, die Liegenschaft 90 Tage nach Rechtskraft des Zuschlages zu räumen und mußten im Sinne der zutreffenden berufungsgerichtlichen Rechtsansicht alles unterlassen, was dieser vertraglichen Räumungspflicht entgegenstand.

In der von den Revisionswerbern selbst zitierten Entscheidung 3 Ob 504/90 wurde im Rahmen eines nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung geführten Versteigerungsverfahren vom Obersten Gerichtshof bereits ausgesprochen, daß der Ersteher für die zwischen dem Zuschlag und der alsbaldigen Übergabe der Liegenschaft gelegene, in der Regel kurze Zeit von den Verpflichteten zwar kein Benützungsentgelt fordern könne, daß eine darüber hinausgehende Verzögerung der Räumung jedoch selbstverständlich auch die grundsätzliche Pflicht zur Zahlung eines Entgeltes durch die Benützer als Gesamtschuldner begründe.

Hieraus folgt aber, daß umsomehr auch bei einer in den Versteigerungsbedingungen ausdrücklich übernommenen vertraglichen Verpflichtung zur Räumung frei von Bestandrechten und folgender verspäteter Übergabe der Anspruch auf Leistung eines Nutzungsentgelts besteht. Dessen Höhe richtet sich ebenfalls nach den für einen Verwendungsanspruch gemäß § 1041 ABGB geltenden Kriterien . Danach hat der unredliche Benützer nicht nur den ihm verschafften Nutzen, sondern den dem Eigentümer - gleich ihm auch dem obligatorisch Berechtigten; hier wurde die Klägerin im übrigen an der Eintragung ihres Eigentumsrechtes durch das unredliche Verhalten der Beklagten (Einverleibung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes trotz angemerkter Teilungsklage) behindert - entgangenen Nutzen (vgl. Koziol-Welser9 I 419; Rummel ABGB2 Rz 15 zu § 1041; ÖBl 1984, 141) zu ersetzen. Die vorinstanzliche, auf die §§ 326, 335 ABGB gegründete Beurteilung der Unredlichkeit der beiden Beklagten und die demgemäße Festsetzung des von ihnen solidarisch (Rummel aaO Rz 16; 3 Ob 504/90) zu leistenden Benützungsentgeltes entspricht somit den diesbezüglichen Grundsätzen der Rechtsprechung.

Bei der vertragswidrig, weil entgegen Punkt 8. der gemeinsamen Versteigerungsbedingungen der Miteigentümer verzögerten Räumung der Liegenschaft ist demnach die Berechnung des Benützungsentgelts folgerichtig nicht anders vorzunehmen als bei jeder anderen vertragswidrig verzögerten Räumung außerhalb eines Versteigerungsverfahrens. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO stellt sich daher insoweit nicht. Auch den übrigen von den Revisionswerbern angeführten Rechtsfragen kommt, wie sie selbst zugrundelegen, eine solche Bedeutung nicht zu. Ihre Lösung erfolgte im Rahmen bestehender Rechtssprechungsgrundsätze und hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Teilweise weichen die Rechtsausführungen in der Revision auch von den Tatsachenfeststellungen ab und sind daher von vornherein unbeachtlich. Eine erhebliche Verfahrensfrage oder Aktenwidrigkeit liegt ebenfalls nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag der Klägerin, ihr die Kosten der Revisionsbeantwortung zuzusprechen, war abzuweisen, weil sie auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, sodaß ihre Rechtsmittelschrift im Sinne der ständigen Rechtsprechung nicht der zweckgemäßen Rechtsverfolgung diente.

Anmerkung

E30949

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0080OB00640.91.1210.000

Dokumentnummer

JJT_19921210_OGH0002_0080OB00640_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten