TE OGH 1992/12/10 7Ob650/92

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Veröffentlicht am 10.12.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Gabriele ***** C*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Lenneis, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei ***** S***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Stephan Duschel, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 130.000 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgericht vom 13.Dezember 1991, GZ 41 R 503/91-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 27.März 1991, GZ 47 C 54/89x-16, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

"Die bekagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 130.000 samt 4 % Zinsen seit 16.Feber 1989 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Das Zinsenmehrbegehren wird abgewiesen.

Die Beklagte ist ferner schuldig, der klagenden Partei die mit S 75.957,40 bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen (darin enthalten S 17.200 Barauslagen und S 9.792,90 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Mietvertrag vom 24.4.1987 mietete die Klägerin von der beklagten Partei, deren Unternehmensgegenstand die Ausübung des Gas- und Wasserleitungsgewerbes ist, die Wohnung Nr. 15 in einem Hause der beklagten Partei im 7. Wiener Gemeindebezirk. Mit der am 2.2.1989 bei Gericht eingelangten Klage fordert die Klägerin die anläßlich des Abschlusses des Mietvertrages bezahlte Ablöse zurück.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren samt stufenweisen Zinsen statt.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Das Berufungsgericht führte eine Beweiswiederholung durch und legte seiner Entscheidung folgenden wesentlichen Sachverhalt zugrunde:

Leopold R*****, ein Monteur für Gas- und Wasserinstallationen, der seit 1985 bei der beklagten Partei beschäftigt ist, wandte sich Ende 1986 an den damaligen Geschäftsführer der beklagten Partei, weil er infolge familiärer Probleme eine Wohnung benötigte. Der Geschäftsführer der beklagten Partei verwies ihn auf die Wohnung Nr. 15. Die beklagte Partei hatte in dieser Wohnung bereits Adaptierungsarbeiten begonnen, welche aber nicht zu Ende geführt worden waren. Die Wohnung war zu diesem Zeitpunkt bewohnbar, entsprach aber nicht den Vorstellungen Leopold R*****s. Dieser führte aus eigenem Adaptierungsarbeiten durch. Er vereinbarte mit dem Geschäftsführer, daß er für die Zeit der Adaptierungsarbeiten kein Entgelt zu zahlen habe; in weiterer Folge war beabsichtigt, einen Mietvertrag mit einem monatlichen Mietzins in der Größenordnung von ca. S 2.000 bis S 3.000 abzuschließen. Leopold R***** bezog das erforderliche Material, wie die Zentralheizung, eine Therme, Fliesen und Rohre zum Teil von der beklagten Partei, die ihm diese Materialien im Wege des Urlaubsgeldes verrechnete. Auf diese Weise stellte Leopold R***** eine Etagenheizung her und adaptierte das Badezimmer und das WC. In den letztgenannten Räumen waren die Anschlüsse und Rohinstallationen bereits vorhanden, ebenso eine WC-Muschel und ein Handwaschbecken im Bad. Die Adaptierungsarbeiten hinsichtlich der Dusche führte Leopold R***** zur Gänze selbst durch. Als er nach etwa vier Wochen die Arbeiten, die er an den Wochenenden oder nach Feierabend durchführte, beendet hatte, hatte sich seine familiäre Situation derart gebessert, daß er auf die Wohnung nicht mehr angewiesen war. Er teilte dies dem Geschäftsführer der beklagten Partei mit und erklärte, für seine Leistungen eine Abgeltung zu beanspruchen. Der Geschäftsführer der beklagten Partei verwies ihn an Christa O*****, die damals Gesellschafterin der beklagten Partei war, mit der er die Sache abklären solle. Der Geschäftsführer der beklagten Partei erteilte Christa O***** nicht den Auftrag, eine Ablöse einzuheben. Diese wandte sich an Helmut S*****, einen Mitarbeiter des Immobilienbüros M*****. Gegenüber Christa O***** erklärte Leopold R*****, eine Ablöse von S 150.000 zu verlangen. Christa O***** leitete diese Ablösevorstellung und die die Wohnung betreffenden Daten an Helmut Sofka weiter, der eine Zeitungsannonce aufgab, auf die die Klägerin antwortete. Telefonisch nannte Helmut S***** eine Ablösesumme von S 142.000. Die Klägerin übergab diesen Betrag dem Helmut S***** in der Küche der gegenständlichen Wohnung in bar. Auf ihre Frage erklärte Helmut S*****, das Geld würde dem Hauseigentümer zufließen. Bei dieser Gelegenheit unterschrieb die Klägerin auch den von Helmut S***** bereits vorbereiteten Mietvertrag. Den Mietvertrag händigte Helmut S***** der Christa O***** aus, die ihn dem Geschäftsführer der beklagten Partei zur Unterschrift weitergab. Von dem von der Klägerin bezahlten Betrag, der an Christa O***** weitergeleitet wurde, erhielt Leopold R***** S 130.000.

Rechtlich führte das Berufungsgericht aus, bei der Rückforderung einer nach § 27 Abs 1 MRG unzulässigen Ablöse handle es sich nicht um die Geltendmachung einer Forderung aus einem Vertrag, sondern vielmehr um einen Kondiktionsanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung. Es könne daher nur derjenige zur Rückzahlung der Ablöse verpflichtet sein, dem der Ablösebetrag im rechtlichen Sinn nach dem Ablösevertrag zukommen habe sollen oder tatsächlich zugekommen sei. Erfolge die Vereinbarung mit einem Dritten, bei dem die Leistung nur eine Durchlaufpost darstelle, so könne nicht der Dritte, sondern nur derjenige in Anspruch genommen werden, der tatsächlich bereichert worden sei. Dieser besondere Rückforderungsanspruch sei daher gegen den Machtgeber direkt zu richten. Dies gelte auch dann, wenn der Hauseigentümer den Machthaber beauftragt habe, für die Überlassung der Mietrechte eine gesetzlich nicht zulässige Ablöse zu fordern, weil auch die Bevollmächtigung zu einem nichtigen und verbotenen Geschäft möglich sei. Sei der Empfänger der Ablöse zwar nicht Hausverwalter, aber Vertreter des Hauseigentümers in allen das Haus betreffenden rechtlichen Angelegenheiten und habe er dem Mieter seine Vollmacht in unmißverständlicher Weise offengelegt, so sei der Ablösevertrag zwischen Mieter und Vermieter zustande gekommen und die vom Mieter bar entrichtete Ablöse vom Bevollmächtigten namens und für den Vermieter in Empfang genommen worden. In einem solchen Fall sei der gesamte vom Machthaber als Ablöse für den Hauseigentümer in Empfang genommene Betrag daher dem Machtgeber auch dann rechtlich zugekommen, wenn er ihn nicht vereinnahmt habe. Im vorliegenden Fall sei der beklagten Partei kein Vorteil aus der von ihr nicht begehrten Ablöse zugekommen, sodaß nur die Frage zu prüfen bleibe, ob die beklagte Partei gegenüber der Klägerin ein Verhalten gesetzt habe, aus dem diese den Eindruck gewinnen habe können, der Immobilienmakler handle als Vertreter der beklagten Partei. Voraussetzung einer solchen Vollmachtserteilung seien ein bestimmter Sachverhalt, aus dem ein Wille auf Vollmachtserteilung erschlossen werden könne, der Nachweis, daß der Sachverhalt durch Verhalten des Geschäftsherrn zurechenbar veranlaßt worden sei und das Fehlen des Wissens bzw das Fehlen des fahrlässigen Nichtwissens auf Seiten des Dritten, der sich auf die Vollmachtserteilung berufe, um die Tatsache, daß der Geschäftsführer gar nicht bevollmächtigt sei. Im vorliegenden Fall habe sich die beklagte Partei zur Vermittlung der Wohnung nicht eines Immobilienmaklers bedient, sondern der Christa O***** anheim gestellt, die Vermittlung zu veranlassen. Ein ausdrücklicher Auftrag zur Vereinbarung und Empfangnahme einer Ablöse liege nicht vor und ebensowenig habe der Makler den Betrag an die beklagte Partei weitergeleitet, sodaß auch eine Genehmigung im Sinne des § 1016 ABGB nicht in Betracht komme. Die vom Makler der Klägerin erteilte Fehlinformation, der von ihr bezahlte Betrag werde dem Hauseigentümer zufließen, könne für sich allein nicht den Anschein eines besonderen Vertrauensverhältnisses schaffen und somit auch keine Anscheinsvollmacht begründen, die geeignet wäre, die Empfangnahme der vom Immobilienmakler geforderten Ablöse zu decken. Da die Klägerin somit die beklagte Partei zu Unrecht in Anspruch nehme, sei ihr Begehren abzuweisen.

Die gegen die Entscheidung der zweiten instanz erhobene Revision der Klägerin ist zulässig, weil das Berufungsgericht bei Beurteilung der Frage der Vollmachtserteilung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist und zur Frage der Überwälzbarkeit eines vom Vermieter an eine Person bezahlten Ersatzbetrages, mit der der Abschluß eines Mietvertrages bloß in Aussicht genommen war, auf den neuen Mieter, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist in der Hauptsache auch berechtigt.

Die Erteilung einer Vollmacht kann ausdrücklich oder schlüssig erfolgen. Eine schlüssige Vollmachtserteilung liegt vor, wenn der Geschäftsherr ein Verhalten setzt, das den Konkludenzerfordernissen des § 863 Abs 1 ABGB entspricht, das also mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund übrig läßt, daran zu zweifeln, daß er jemandem die Rechtsmacht, in seinem Namen zu handeln, überträgt (Strasser in Rummel2 Rz 44 zu § 1002; Koziol-Welser9 I 169; MietSlg 33.116 ua). Auch die Gestattung der Untervertretung - wenn der Vertreter einer weiteren Person Vertretungsmacht erteilt, sodaß diese den Machtgeber unmittelbar berechtigen und verpflichten kann - kann konkludent erfolgen (vgl Strasser aaO Rz 4 zu § 1010).

Im vorliegenden Fall war (was nicht strittig ist), Christa O***** vom Geschäftsführer der beklagten Partei ständig damit betraut, freigewordene Wohnungen der beklagten Partei zu vermitteln (AS 27 ON 5, AS 79 ON 15). Die generelle Verweisung des Ersatz fordernden Monteurs an Christa O***** zur Klärung der Sache kann ohne Zweifel nicht nur dahin verstanden werden, daß Christa O***** im Namen der beklagten Partei mit dem Monteur eine Ablösevereinbarung treffen kann, sondern auch mit einem allfälligen Mieter der Wohnung und daß sie hiemit auch einen Immobilienmakler betrauen kann. Christa O***** hat dies auch so verstanden, wie sich aus den Feststellungen ergibt. War, wie hier, aber der Empfänger der Ablöse für den Hauseigentümer vertretungsbefugt und hat er dem Mieter seine Vollmacht offengelegt, so ist der Ablösevertrag zwischen dem Mieter und dem Vermieter zustande gekommen und die vom Mieter bar entrichtete Ablöse vom Bevollmächtigten namens und für den Vermieter in Empfang genommen worden (MietSlg 40.410; vgl auch Würth in Rummel2 Rz 9 zu § 27 MRG). Die beklagte Partei ist daher für den Rückforderungsanspruch der Klägerin passiv legitimiert, auch wenn ihr die Ablöse tatsächlich nicht oder nicht in voller Höhe zugekommen ist (MietSlg 40.411).

Unter das Verbot des § 27 Abs 1 Z 1 MRG fällt nicht der Rückersatz des Aufwandes, den der Vermieter dem bisherigen Mieter nach § 10 MRG zu ersetzen hat. Bei Beurteilung der Frage, ob hier ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist von der Rechtslage vor dem 2. WÄG auszugehen. Danach hat der Hauptmieter einer Wohnung, der in den letzten 20 Kalenderjahren vor der Beendigung des Mietverhältnisses in der gemieteten Wohnung Aufwendungen zur wesentlichen Verbesserung gemacht hat, die über seine Mietdauer hinaus wirksam und von Nutzen sind, bei Beendigung des Mietverhältnisses Anspruch auf Ersatz dieser Aufwendungen nach ihrem gegenwärtigen Wert, soweit dieser den wirklich gemachten Aufwand nicht übersteigt (§ 10 Abs 1 MRG aF). Die zum Ersatz in Betracht kommenden Aufwendungen sind in Abs 3 weitgehend abschließend aufgezählt. Daß die von Leopold R***** getätigten Aufwendungen unter diese Aufzählung fallen und daß hiedurch eine Kategorieanhebung erfolgte, kann nicht zweifelhaft sein und ist auch nicht strittig. Aus dem Wortlaut des § 10 Abs 1 MRG (Beendigung des Mietverhältnisses; vgl zur Unterscheidung zwischen Beendigung und Auflösung des Mietverhältnisses JBl 1987, 531) und der Bedachtnahme auf die Amortisation der Aufwendungen durch Verknüpfung der Höhe des Ersatzanspruches mit dem Wert im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses ergibt sich, daß der Ersatzanspruch eine gewisse tatsächliche Dauer des Bestandverhältnisses und die tatsächliche Nutzung der Aufwendungen durch den Mieter voraussetzt. Dafür spricht auch die Absicht des Gesetzgebers, dem scheidenden Mieter Ersatz für Investitionen zu gewähren, die er in den letzten 20 Jahren vorgenommen hat (vgl Rauscher, Bemerkungen zu § 10 MRG in ImmZ 1981, 101). Im vorliegenden Fall wurde die Wohnung von Leopold R***** nie in Gebrauch genommen, es kam nicht einmal zum Abschluß eines Mietvertrages mit der beklagten Partei. Nach den Feststellungen fehlte es sowohl am Abschlußwillen als auch an der erforderlichen Bestimmtheit des Bestandzinses. Zur erforderlichen Bestimmtheit des Bestandzinses muß zwar das Entgelt nicht ziffernmäßig festgelegt sein, wohl aber muß die Vereinbarung alle Elemente enthalten, die die objektive Bestimmbarkeit des Bestandzinses ermöglichen (Würth in Rummel2 Rz 18 zu den §§ 1092 bis 1094). Die bloße Festlegung eines Rahmens des Mietzinses in der Größenordnung von ca S 2.000 bis S 3.000 entspricht diesen Erfordernissen nicht. Da die Tatbestandsmerkmale des § 10 Abs 1 MRG somit nicht vorlagen, stand dem Leopold R***** kein Ersatzanspruch nach § 10 MRG zu. Die beklagte Partei konnte daher den an Leopold R***** bezahlten Ersatzbetrag nicht nach § 27 Abs 1 MRG auf die Klägerin überwälzen. Außerhalb der Sonderregelung des § 10 MRG dürfen die Kosten einer Standardverbesserung, die mit dem Mietzins der höheren Kategorie abzugelten sind (hier wurde ein höherer Mietzins vereinbart), den neuen Mieter auch nicht teilweise ein weiteres Mal belasten. Der Mieter hat eine bei der Mietzinsvereinbarung zu seinen Lasten berücksichtigte kategoriebestimmende Standardanhebung auch nicht über einen Umweg selbst zu finanzieren (MietSlg XXXVIII/48). Der Klägerin steht somit nach § 27 Abs 3 MRG ein Rückforderungsanspruch zu, der jedoch hinsichtlich der Zinsen auf das gesetzliche Zinsmaß beschränkt ist. Der § 27 Abs 3 MRG regelt auch das mit dem Rückforderungsanspruch verbundene Zinsenbegehren abschließend. Es sind nur die gesetzlichen Zinsen zu leisten (JBl 1988, 583).

Demgemäß ist der Revision teilweise Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 43 Abs 2 und 50 ZPO. Da die Klägerin für die Zeit vor der Klagseinschränkung nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil ihres Anspruchs als unterlegen anzusehen ist, dessen Geltendmachung überdies besondere Kosten nicht veranlaßt hat, konnten ihr auch die gesamten Kosten auf der Basis des ersiegten Betrages zuerkannt werden.

Anmerkung

E33245

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0070OB00650.92.1210.000

Dokumentnummer

JJT_19921210_OGH0002_0070OB00650_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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