TE OGH 1992/12/15 5Ob120/92

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Veröffentlicht am 15.12.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Bernhard Z*****, Angestellter, ***** vertreten durch die N*****Genossenschaft mbH, ***** diese vertreten durch Dr.Franz Marschall, Rechtsanwalt in Wien, wegen Begründung von Wohnungseigentum, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 30. April 1992, GZ 46 R 2041/92, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 5.Februar 1992, TZ 188/92, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte über Antrag des Antragstellers die Einverleibung dessen Eigentumsrechtes an 83/1817tel der Liegenschaft EZ ***** sowie die Einverleibung der Löschung zweier Veräußerungsverbote und die Einverleibung eines Veräußerungsverbotes gemäß § 26 Abs. 1 WBFG 1954 zugunsten der Stadt Wien.

Dagegen wies das Erstgericht das Mehrbegehren auf Einverleibung des Wohnungseigentums des Antragstellers an der Wohnung top Nr 8 der Stiege 1 der genannten Liegenschaft ab.

Das Erstgericht begründete die Abweisung - diese allein ist Gegenstand des Revisionsrekurses - wie folgt:

a) Der Wohnungseigentumsvertrag sei von Dr.Franz M***** für sämtliche Eigentümer auf Grund der Vollmacht Beilage C und der Spezialvollmachten Beilagen 1 bis 17 unterfertigt worden. Die Vollmachten Beilagen 1 bis 9 sowie 11 bis 14 und 16 seien älter als drei Jahre. Sie lauteten nicht auf ein bestimmtes Geschäft, weil die Vertragspartner (die neuen Wohnungseigentümer) und die wesentlichen Vertragsbestimmungen (Anteile und Wohnungen) nicht enthalten seien.

b) Die Vollmachten Beilagen 4, 5 und 9 enthielten nicht die Angabe des Ortes und des Datums der Errichtung.

c) Die Vollmachten Beilagen 5 und 9 seien bedenklich, weil sowohl die Unterschriften als auch der Beglaubigungsvermerk auf dem Text der Vollmachten angebracht worden seien.

d) Im vorgelegten Wohnungseigentumsvertrag werde den im Abschnitt C genannten Personen Wohnungseigentum eingeräumt, ohne daß ein solcher Abschnitt C im Vertragstext aufscheine.

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht billigte die vom Erstgericht angeführten Abweisungsgründe.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu der Frage vorliege, ob auf Wohnungseigentumsverträge wie den gegenständlichen die strengen Grundsätze der Judikatur zu den Erfordernissen einer Spezialvollmacht anzuwenden sind oder ob es sich um einen Fall handle, wie er den in NZ 1931, 237 und RpflSlgG 90 veröffentlichten Entscheidungen zugrunde lag, wonach vor allem auf den Zweck der Ausstellung der Vollmacht und die erkennbare Absicht der Parteien Bedacht zu nehmen sei, sodaß eine Vollmacht, die zu einem bestimmten Zweck ausgestellt worden sei, sich auf alle Rechtshandlungen erstrecke, die zur Erreichung dieses Zweckes nötig seien.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß ihm gemäß dem beim Erstgericht gestellten Antrag die Einverleibung des Wohnungseigentums bewilligt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Nur die von den Vorinstanzen herangezogenen, oben unter den Punkten

a) bis c) angeführten Abweisungsgründe treffen zu.

Zu a): Gemäß § 31 Abs. 6 GBG kann auf Grund von Urkunden eines Machthabers eine Einverleibung gegen den Machtgeber nur dann bewilligt werden, wenn die von diesem ausgefertigte Vollmacht entweder auf das bestimmte Geschäft lautet oder doch nicht früher als drei Jahre vor dem Ansuchen um die Einverleibung ausgestellt worden ist.

Durch die früher als drei Jahre vor dem Einverleibungsgesuch ausgestellten Vollmachten Beilagen 1 bis 9, 11 bis 14 und 16, bezeichnet als Spezialvollmacht betreffend die Liegenschaft EZ *****, wurde der Wohnungseigentumsorganisator bevollmächtigt, mit allen derzeitigen und künftigen Miteigentümern und Wohnungseigentumsbewerbern dieser Liegenschaft eine oder mehrere Verträge zur Begründung von Wohnungseigentum abzuschließen und grundbücherlich durchzuführen und auch in Hinkunft die Zustimmung zur Begründung von Wohnungseigentum künftiger Miteigentümer nach Maßgabe des Wohnungseigentumsgesetzes zu erteilen und alle hiefür erforderlichen Erklärungen und Eingaben in grundbuchsfähiger Form zu errichten und durchzuführen. Da jedoch für das Wohnungseigentum wesentlich das dem Miteigentümer einer Liegenschaft eingeräumte dingliche Recht ist, eine selbständige Wohnung oder eine sonstige selbständige Räumlichkeit ausschließlich zu nutzen und hierüber allein zu verfügen (§ 1 Abs. 1 WEG 1975), müßte eine auf das bestimmte Geschäft lautende Vollmacht zumindest das essentiale negotii enthalten, mit welcher selbständigen Wohnung oder sonstigen selbständigen Räumlichkeit das Wohnungseigentum zu Gunsten des Vollmachtgebers verbunden werden soll, wogegen bezüglich der anderen Miteigentümer die Bevollmächtigung zur Einräumung des Wohnungseigentums an diese genügte. In den hier vorliegenden Urkunden wurde hingegen der Wohnungseigentumsorganisator bevollmächtigt, Wohnungseigentum mit beliebigen Räumlichkeiten - auch bezüglich des Vollmachtgebers - zu verbinden. Es kann sich daher bei dieser Vollmacht nur um eine auf eine bestimmte Gattung von Geschäften gerichtete, wenn auch beschränkt auf eine bestimmte Liegenschaft, handeln. Damit wird der Vorschrift des § 31 Abs. 6 GBG nicht Genüge getan.

In einem Teil der genannten Urkunden findet sich unter Punkt 2. die weitere dem Wohnungseigentumsorganisator erteilte Vollmacht, den Kaufvertrag, mit dem der Vollmachtgeber zum Zwecke der Begründung von Wohnungseigentum Anteile an der genannten Liegenschaft erworben habe, grundbücherlich durchzuführen, alle hiefür allenfalls erforderlichen Änderungen dieses Vertrages zu vereinbaren und alle erforderlichen Bewilligungen für die Wirksamkeit und Durchführung dieses Vertrages einzuholen und insbesondere die Berichtigungen (Erhöhung oder Herabsetzung) der Miteigentumsanteile des Vollmachtgebers sowie der Miteigentumsanteile aller anderen Miteigentümer und Wohnungseigentumsanwärter zu vereinbaren und durchzuführen, die dazu erforderlich sind, daß diese Anteile jeweils den durch die Nutzwertfeststellung entsprechenden Mindestanteilen nach dem Wohnungseigentumsgesetz entsprechen, die zur Begründung von Wohnungseigentum an den im Kaufvertrag und im Wohnungseigentumsvertrag für die einzelnen Käufer vorgesehenen Räumlichkeiten samt Zubehör erforderlich sind. Wären die im Punkt 2. dieser Vollmachten genannten Kaufverträge zum Zeitpunkt der Vollmachterteilung bereits abgeschlossen gewesen, so könnte Punkt 2. dieser Vollmachten im Zusammenhang mit seinem Punkt 1. so verstanden werden, daß die Einräumung des Wohnungseigentums an den Vollmachtgeber an der in dem Kaufvertrag genannten Wohnung erfolgen soll, sodaß insgesamt doch von einer auf ein bestimmtes Geschäft lautenden Vollmacht gesprochen werden könnte. Abgesehen davon, daß sich Punkt 2. des eben wiedergegebenen Vollmachtstextes nicht in allen der hier entscheidungswesentlichen Vollmachten befindet, scheitert diese Auslegungsmöglichkeit daran, daß nach dem Grundbuchstand die Kaufverträge zum Zeitpunkt der Vollmachterteilung noch gar nicht abgeschlossen waren (Vollmachtsdatum liegt vor dem Datum der den grundbücherlichen Eigentumseinverleibungen zugrunde liegenden Kaufverträge).

Zu b): Gemäß § 27 Abs. 2 GBG müssen Urkunden, auf Grund deren eine bücherliche Eintragung geschehen soll, die Angabe des Ortes, Tages, Monates und Jahres der Ausfertigung der Urkunden enthalten. Das ist bei den Vollmachten Beilagen 4, 5 und 9 nicht der Fall. Der Umstand, daß es sich um beglaubigte Unterschriften handelt und der Beglaubigungsvermerk ein Datum enthält, vermag in den hier vorliegenden Fällen die Angabe von Ort und Zeit der Ausstellung der Urkunde nicht zu ersetzen, weil aus diesen Beglaubigungsvermerken nur die Echtheit der Unterschrift hervorgeht, die - ohne vor den beurkundenden Organen geleistet worden zu sein - vor diesen auch nur anerkannt worden sein könnte, sodaß Zeit und Ort der tatsächlichen Unterfertigung mit Ort und Zeit der Beglaubigung nicht ident sein könnten. Nach der Rechtsprechung kann daher von der durch § 27 Abs. 2 GBG geforderten Angabe des Ausstellungsortes der Urkunde nur dann abgegangen werden, wenn dieser im Beglaubigungsvermerk ausdrücklich genannt wird oder aus dem Beglaubigungsvermerk hervorgeht, daß der die Unterschrift Leistende vor der Urkundsperson unterschrieben hat (5 Ob 19/91). Dies gilt auch für die Zeit der Ausstellung der Urkunde.

Zu c): In der Vollmacht Beilage 4 befindet sich die Unterschrift, in den Vollmachten Beilagen 5 und 9 sind Unterschriften und Beglaubigungsvermerk über einen Teil des - noch dazu unvollständigen - Urkundentextes. Es ist richtig, daß der so überschriebene Vollmachtstext nicht die gleiche Lesbarkeit aufweist wie der darüber befindliche Text und es ist durchaus möglich, daß dieser Umstand darauf zurückzuführen ist - wie der Revisionsrekurswerber vorbringt -, daß der entsprechende Teil der Matrize nicht vervielfältigt werden sollte und daß die schlechte Lesbarkeit nur auf eine unvollständige Löschung der Matrizen zurückzuführen ist. Diese Möglichkeit nimmt jedoch der Urkunde nicht die Bedenklichkeit im Sinne des § 27 Abs. 1 GBG, weil diese Schlußfolgerung nicht zwingend ist, sondern bloß eine Möglichkeit darstellt. Dem Grundbuchsrichter muß unzweifelhaft der Text der dem Eintragungsbegehren zugrunde liegenden Urkunden vorliegen.

Zu d): In Punkt I. des Wohnungseigentumsvertrages wird ausgeführt, daß mit den Anteilen der in der Tabelle Abschnitt B bezeichneten Vertragschließenden Wohnungseigentum verbunden sei und daß mit der in Abschnitt C der Tabelle bezeichneten Wohnung mit diesem Vertrag Wohnungseigentum begründet werden soll. In Punkt VI. dieses Vertrages ist unter A der Wohnungseigentumsorganisator mit seinen Miteigentumsanteilen (ohne Verbindung mit Wohnungseigentum) angeführt, in der mit "B Mit- und Wohnungseigentümer" angeführten Tabelle sind diejenigen Miteigentümer und ihre Miteigentumsanteile angeführt, die bereits Wohnungseigentümer sind. Auf der nächsten Seite befindet sich sodann folgender, auf eine Tabellenform hindeutende Text, dem der Buchstabe C nicht vorangestellt ist:

"Begründung von Wohnungseigentum für: Anteil in 1817-tel

H*****-Gasse 1-3 top Nr.8 Stiege 1

84,79 m2

Z***** Bernhard, geb. 7.10.1947, 83

***** Wien, H*****-Gasse 1/1/2/8".

Unter diesen Umständen kann das Fehlen des Buchstabens C vor dem oben angeführten Text keinen Zweifel begründen, daß dieses Textstück den im Punkt I. des Wohnungseigentumsvertrages genannten Abschnitt C darstellt. In der Unterlassung der Hinzufügung dieses Buchstabens zu diesem Textteil liegt daher kein Abweisungsgrund.

Wegen Vorliegens der unter a) bis c) angeführten Abweisungsgründe war jedoch dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E34063

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0050OB00120.92.1215.000

Dokumentnummer

JJT_19921215_OGH0002_0050OB00120_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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