TE OGH 1992/12/21 7Ob27/92

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Veröffentlicht am 21.12.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei protokollierte Firma G.Sch*****, vertreten durch Dr.Hans-Peter Benischke und Dr.Edwin Anton Payr, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei W*****aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Erwin Gstirner, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 921.792,72 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 16.September 1992, GZ 2 R 112/92-46, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 26.Februar 1992, GZ 19 Cg 126/89-41, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 20.208,60 (darin enthalten S 3.368,10 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die zutreffende Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß sich die Klägerin durch Art 6 Punkt 4.3.1. AHVB 1986 der Beklagten gegenüber als Obliegenheit ua zur Einhaltung der Richtlinien des österreichischen Wasserwirtschaftsverbandes vertraglich verpflichtet hat, bekämpft die Revision nicht. Aus dem Inhalt dieser Obliegenheit ergibt sich, daß sie während des Vertrages zu erfüllen ist, also der Verminderung der Gefahr oder der Verhütung einer Gefahrenerhöhung im Sinne des § 6 Abs 2 VersVG dient. Die auf § 6 Abs 1 VersVG zielenden Ausführungen in der Revision, daß sich die Beklagte auf die vereinbarte Leistungsfreiheit nicht berufen könne, weil sie den Vertrag nicht innerhalb eines Monats nach Kenntnisnahme der Obliegenheitsverletzung gekündigt habe, gehen ins Leere, weil diese Folge des § 6 Abs 1 VersVG nur bei Verletzung solcher Obliegenheiten eintritt, die vor dem Eintritt des Versicherungsfalles dem Versicherer gegenüber zu erfüllen sind. Die Klägerin hat sich auch nicht darauf berufen, daß der Beklagten beim Abschluß des Vertrages Umstände bekannt waren, wonach das Bahnhofsgelände nicht den genannten Richtlinien für Anlagen entspricht, wo das Betanken von Fahrzeugen erfolgt; auch das Vorbringen in der Revision, die Berufung der Beklagten auf diese Obliegenheitsverletzung verstoße - im Hinblick auf ihre Kenntnisse über das versicherte Risiko beim Vertragsabschluß - gegen Treu und Glauben, ist eine im Revisionsverfahren unzulässige Neuerung. Zweck des durch Art 6 AHVB für Schäden durch die Verunreinigung von Erdreich und Gewässern geschaffenen Versicherungsschutzes ist es nicht, die den gesetzlichen Erfordernissen entsprechenden Entsorgungsanlagen im versicherten Betrieb zu ersetzen; der Versicherungsschutz wird vielmehr nur dann wirksam, wenn die erforderlichen Entsorgungsanlagen vorhanden sind und entsprechend gewartet werden (Achatz, AHVB 1986, 83).

Das Berufungsgericht ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes davon ausgegangen, daß der Versicherungsnehmer den Beweis des fehlenden Verschuldens und den - strikte zu führenden (VersR 1975, 361; ZVR 1985/94; SZ 63/28) - Kausalitätsgegenbeweis zu führen hat (SZ 47/116; SZ 49/129 uva). Schon eine teilweise Beeinflussung der Entstehung des Versicherungsfalles oder des Leistungsumfanges macht den Versicherer nach dem dabei geltenden "alles-oder-nichts-Prinzip" zur Gänze leistungsfrei (Petrasch, Obliegenheitsverletzung und Leistungsfreiheiten in den KFZ-Versicherungen, ZVR 1985, 65 ff [67, 69]). Die von den Umständen des Einzelfalles geprägte Frage, ob dieser Beweis als erbracht anzusehen ist, berührt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO.

Da der Ausspruch des Berufungsgerichtes, daß die ordentliche Revision zulässig sei, den Obersten Gerichtshof nicht bindet (§ 508a Abs 1 ZPO) und die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegen, war die Revision der Klägerin zurückzuweisen; dabei konnte sich der Oberste Gerichtshof auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E33186

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0070OB00027.92.1221.000

Dokumentnummer

JJT_19921221_OGH0002_0070OB00027_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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