TE OGH 1993/1/21 6Ob626/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.01.1993
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Anton S***** sen.; 2) Paula S*****; 3) Rosa S*****; 4) Pauline S*****; und 5) Helene S*****, alle vertreten durch Anton S***** jun, *****, wider die beklagte Partei Edeltraut S*****, vertreten durch Dr.Franz Amler, Rechtsanwalt in St.Pölten, wegen Feststellung (Streitwert: 5.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Berufungsgerichtes vom 9.September 1992, GZ R 677/92-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Hainfeld vom 24.April 1992, GZ C 351/90-19, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Beklagte ist Mieterin der im ersten Stock des Hauses der Kläger in H*****, gelegenen Wohnung. Zwischen den Parteien ist strittig, ob die im ersten Stock dieses Hauses gelegene Terrasse und das links vom Stiegenaufgang gelegene Bodenabteil, über welches man zur Terrasse gelangt, vom Mietvertrag der Beklagten umfaßt sind oder nicht.

Das Erstgericht gab der auf entsprechende negative Feststellung gerichteten Klage statt.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß die Revision jedenfalls unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Das dagegen als "außerordentliche Revision" erhobene Rechtsmittel der Beklagten ist jedenfalls schon mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig:

Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, daß entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes auch dann über das Bestehen oder Nichtbestehen des Bestandvertrages über eine in § 560 ZPO bestimmte Sache (§ 49 Abs 2 Z 5 JN) entschieden wurde, wenn sich der Streit nicht auf den gesamten "Bestandgegenstand", sondern nur auf einzelne Teile (einzelne Räumlichkeiten, Teilflächen einer Wohnung oder eines Hauses) erstreckt, sodaß auch in einem solchen Fall gemäß § 502 Abs 3 Z 2 ZPO eine Ausnahme von der wertmäßigen Revisionsbeschränkung des § 502 Abs 2 ZPO vorliegt. Der - sohin verfehlte - Ausspruch des Berufungsgerichtes gemäß § 500 Abs 2 Z 2 ZPO müßte demnach durch einen solchen nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ersetzt werden. Da aber der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden ist und die Entscheidung im vorliegenden Fall von vornherein nicht mehr von der Lösung einer im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage abhängt, erübrigt sich ein entsprechender Berichtigungsauftrag an das Berufungsgericht, wäre doch damit nur ein überflüssiger Formalismus verbunden: Spräche das Berufungsgericht aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei, wäre die außerordentliche Revision der Beklagten gemäß § 508a Abs 2 ZPO zurückzuweisen; andernfalls wäre die ordentliche Revision der Beklagten gemäß § 510 Abs 3, letzter Satz, ZPO wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) zurückzuweisen.

Daß die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO hier nicht vorliegen, ergibt sich schon daraus, daß der Umfang des unstrittigen Bestandvertrages der Beklagten über die Wohnung nur von Tatfragen abhängt, war vor ihr Hauptmieter der Wohnung doch der nunmehr geschiedene Ehegatte der Beklagten (der Sohn der Erst- und Zweitkläger bzw Neffe der Dritt- bis Fünftklägerinnen), welcher ihr diese Ehewohnung vereinbarungsgemäß bei seinem Auszug im Jahre 1979 überließ, ohne daß die Vermieter mit der Beklagten einen neuen, geschweige denn weitergehenden Mietvertrag geschlossen hätten. Nach den - auch den Obersten Gerichtshof bindenden - Feststellungen der Vorinstanzen gehörten aber weder die erst in den 60iger Jahren von den Hauseigentümern errichtete Terrasse noch das hier in Rede stehende Dachbodenabteil zu der vom Ehegatten der Beklagten gemieteten Wohnung, deren Bestandnehmerin sie nunmehr ist.

Die Beklagte zeigt auch keine erhebliche Rechtsfrage des Verfahrensrechtes auf, wenn sie geltend macht, die negative Feststellungsklage sei unzulässig, weil den Klägern bereits ein Leistungsbegehren auf Unterlassung bzw Räumung möglich gewesen wäre. Dabei übersieht sie nämlich, daß nach ständiger Rechtsprechung (MGA ZPO14 §§ 228/283 und 287) gerade bei aufrechten Dauerschuldverhältnissen die Feststellungsklage auch dann zulässig ist, wenn mit Leistungsklage einzelne daraus resultierende Ansprüche geltend gemacht werden können. Gerade bei Dauerschuldverhältnissen ist ja das Begehren auf Feststellung geeignet, die rechtliche Beziehung zwischen den Parteien ein- für allemal klarzustellen, die objektive Ungewißheit über das Bestehen und den Umfang des Anspruches zu beseitigen und auf diese Weise künftige Leistungsprozesse abzuschneiden. Das gilt insbesondere auch im Verhältnis zu einem Unterlassungsbegehren (MietSlg 40.775 mwN) und zu einer Räumungsklage wegen titelloser Benützung (MietSlg 38.768). Eine Räumungsklage kam hier überdies auch deshalb nicht in Betracht, weil sich nach den Feststellungen in den strittigen Räumlichkeiten keinerlei Fahrnisse der Beklagten mehr befinden.

Die Revision war somit schon deshalb als unzulässig zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegen.

Anmerkung

E32479

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0060OB00626.92.0121.000

Dokumentnummer

JJT_19930121_OGH0002_0060OB00626_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten