TE OGH 1993/2/18 8Ob631/91

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Veröffentlicht am 18.02.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr.Griehsler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.E. Huber, Dr.Jelinek, Dr.Rohrer und Dr.I. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Jost Troppmayr, Rechtsanwalt in Dornbirn, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dietmar ***** C*****, wider die beklagte Partei V*****bank, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Hirsch, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Anfechtung (Streitwert S 608.131,11) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 7.Dezember 1990, GZ 4 R 217/90-15, womit das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 20.April 1990, GZ 6 Cg 8/90-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 19.361,16 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 3.226,86 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Bank hatte Dietmar ***** C***** (im folgenden: Gemeinschuldner) zur Kontonummer 542327111 einen Kontokorrentkredit bis zur Höhe von S 150.000,-- eingeräumt, der auf seiner Liegenschaft EZ ***** bis zum Höchstbetrag von S 195.000,-- sichergestellt war. Im Jahre 1985 begann der Genannte auf einem gemieteten Areal in L***** mit dem Betrieb eines Autohandels und einer Autoreparaturwerkstätte und schloß per 1.1.1986 mit Wilfried L***** einen auf unbestimmte Zeit lautenden, beiderseits vierteljährlich aufkündbaren Subhändlervertrag betreffend Honda - Neuwagen und Honda - Ersatzteile. Da er sich allmählich auf Honda-Fahrzeuge spezialisiert hatte und Reparaturen an anderen Automarken nicht mehr vornahm, geriet er in völlige Abhängigkeit des Großhändlers L*****. Trotz hoher Verkaufszahlen trat ab dem Jahre 1987 eine wirtschaftliche Abwärtsentwicklung ein und es kam in diesem Jahr zu insgesamt 28 Fahrnispfändungen gegen ihn. Die Bilanz für das Jahr 1987 wies einen Verlust von S 354.752,61 aus. Das Negativkapital hatte sich vom 1.1.1987 von S 1,557.000,-- bis zum 31.12.1987 auf S 2,580.000,-- erhöht, die Passiva beliefen sich in dieser Bilanz auf rund S 6,9 Millionen. Es bestand ein Warenvorrat von rund S 2,5 Millionen, aber Anlagevermögen war praktisch nicht vorhanden. Auf dem Kontokorrentkreditkonto bei der beklagten Bank waren bis einschließlich August 1987 nur geringfügige Umsätze abgewickelt und der Kontorahmen eingehalten worden. Der Zahlungsverkehr erfolgte hauptsächlich über eine andere Bank. Da der Kreditbedarf durch das Anlaufen des Neuwagenverkaufes und die an sich nach abwärts zeigende wirtschaftliche Situation größer würde und die räumliche Entfernung dieser anderen Bank nachteilig war, entschied sich der spätere Gemeinschuldner, die Kontobeziehung bei der nunmehr beklagten Bank auszubauen. Überdies kannte er deren Filialleiter Udo N*****, der früher als Autoverkäufer tätig gewesen war. Die Erhöhung des bestehenden Kreditrahmens von S 150.000,-- erforderte weitere Sicherheiten. Am 20.8.1987 ließ der spätere Gemeinschuldner einen aus seinem Betrieb stammenden Betrag von S 150.000,-- bei der beklagten Bank durch seine Lebensgefährtin (Elke G*****) auf ein auf ihren Namen lautendes, neu eröffnetes Sparbuch legen, das zwecks Erreichung eines höheren Kreditrahmens am gleichen Tage der beklagten Bank verpfändet wurde. Nähere Einzelheiten über diesen Vorgang sind nicht feststellbar. Diese Spareinlage wurde in den Betriebsbilanzen des späteren Gemeinschuldners jeweils ausgewiesen. Im schriftlichen Pfandvertrag wurde formularmäßig festgehalten, daß sich die Verpfändung auch auf alle entstandenen und zukünftigen Zinsansprüche des Pfandbestellers aus dem Spareinlagenbetrag beziehe, und es wurde die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditinstitute vereinbart. Der Kreditrahmen betrug nunmehr S 400.000,--. Am 11.12.1987 wurde in gleicher Weise eine weitere Einlage von S 150.000,-- geleistet und der Kreditrahmen auf S 650.000,-- erhöht. Bei dieser Einlage auf das Sparbuch wurde über die Verpfändung nicht eigens gesprochen und kein eigener schriftlicher Pfandvertrag errichtet. Am 2.3.1988 wurde zum selben Zweck eine weitere Einlage von S 300.000,-- geleistet und der Kreditrahmen um S 350.000,-- erhöht, sodaß die Überziehungsmöglichkeit insgesamt S 1,000.000,-- betrug. Am 9.6.1988 kam es dann zu einer letzten Einzahlung von S 200.000,-- aus Betriebsmitteln auf das Sparbuch, mit der allerdings keine Rahmenerhöhung mehr einherging. Auch bei diesen zwei letzten Einzahlungen wurde nicht über die Verpfändung der zusätzlichen Einlagen gesprochen und zunächst kein schriftlicher Pfandvertrag abgeschlossen. Erst nach Rücksprache eines Filialangestellten mit der Zentrale wurde Elke G***** am 24.6.1988 zur Unterschriftsleistung in die Bank bestellt und nun ein schriftlicher Pfandvertrag über S 802.187,50 (damaliger Stand des Sparbuches) zugunsten der Verbindlichkeit auf dem Kontokorrentkreditkonto abgeschlossen.

Auf diesem Konto wurden in der Zeit vom 18.7.1988 bis zum 13.10.1988 laufend die im einzelnen festgestellten insgesamt 47 Gutschriften im Gesamtbetrage von S 1,337.942,18 verbucht; davon zahlte die beklagte Bank der klagenden Partei am 17.8.1989 S 13.166,17 zurück. An Lastschriften wurden auf diesem Kontokorrentkreditkonto in der Zeit vom 18.7.1988 bis zum 31.12.1988 laufend die im einzelnen festgestellten insgesamt 50 Buchungen im Gesamtbetrage von S 388.574,57 durchgeführt. Am 20.9.1988 erfolgte die Realisierung des Sparbuches; einschließlich der Zinsen wurden auf dem Kontokorrentkreditkonto S 814.898,- gutgeschrieben. Auf den am 9.6.1988 in das Sparbuch eingelegten Betrag von S 200.000,- entfielen bis zum 19.9.1988 Zinsen von S 3.908,33. Der Debetsaldo auf dem Kontokorrentkreditkonto betrug per 2.3.1988 S 585.942,82, per 7.3.1988 bereits mehr als 1 Million, am 9.6.1988 S 1,899.424,89 und schließlich über 2 Millionen S. Bis zum 30.6.1988 verschlechterte sich die Lage des Unternehmens weiterhin, die Passiven wiesen schon einen Stand von rund S 8,3 Millionen auf, und das Negativkapital hatte sich auf rund S 3,1 Millionen erhöht. In diesem Halbjahr waren 16 Fahrnisexekutionen anhängig. Anfangs Juni 1988 war es erstmals zu Störungen der Geschäftsbeziehung mit L***** gekommen, weil ihm übermittelte Schecks nicht eingelöst und am 9.6.1988 zwei Schecks im Gesamtbetrag von S 298.082,- rückgebucht worden waren. Im Juli 1988 stellte Udo N***** fest, daß der Kontostand weit über das besicherte Maß hinausging und sich zum 30.6.1988 auf S 2,708.540,- belief. N***** weigerte sich nun, von der Fa.L***** vorgelegte, vom späteren Gemeinschuldner ausgestellte Schecks einzulösen, und verwies diesen auf die zu hohe Kontoüberziehung. Dessen Erklärung, es würden ohnehin Gelder von Kunden hereinkommen, traute N***** nicht mehr, da er "zu dieser Zeit jedenfalls zumindest die Zahlungsunfähigkeit des Dietmar ***** C***** ahnte". N***** verlangte eine Senkung des Kontostandes auf S 1,2 Mio und lehnte das Ersuchen, wenigstens noch die von L***** vorgelegten Schecks einzulösen und sich mit monatlichen Senkungen des Rahmens zu begnügen, ab. Der spätere Gemeinschuldner war hierauf verzweifelt, gestand Wilfried L***** noch am 8.7.1988 seine Lage ein und bot ihm ein Wechselakzept an. Nach ergebnislosen Verhandlungen vom 11./12.7.1988 auch mit Udo N***** und Einstellung der Belieferung kündigte L***** den Subhändlervertrag schließlich am 24.8.1988 auf. Mit Oktober 1988 erfolgte sodann die Betriebseinstellung und am 18.1.1989 die Konkurseröffnung. Der Debetsaldo auf dem Kontokorrentkreditkonto des Gemeinschuldners betrug am 15.7.1988, dem letzten Buchungstag vor dem 18.7.1988, S 1,846.626,64 und am 18.1.1989 S 799.741,-. Die beklagte Bank meldete im Konkurs aus dem Titel der Kreditgewährung laut Kontokorrentkreditkonto einen Betrag von S 715.124,37 an, der Masseverwalter hat diese Forderung bestritten. Der höchste Passivstand auf dem Konto war mit S 2,708.199,48 am 30.6.1988 gegeben.

Nach dem Inhalt der am 16.1.1990 erhobenen und dann modifizierten Anfechtungsklage stellt der Masseverwalter das Begehren,

1.) die von der beklagten Partei in der Zeit vom 18.7.1988 bis 18.1.1989 auf dem Kreditkonto des Gemeinschuldners durchgeführten, im einzelnen angeführten Gutschriften im Gesamtbetrage von S 1,324.776,01 abzüglich einer Zahlung von S 13.166,17 seien gegenüber den übrigen Gläubigern unwirksam;

2.) der Pfandvertrag vom 24.6.1988 hinsichtlich der auf Elke G***** lautenden Spareinlageforderung von S 668.898,-- zur Sicherstellung der mit dem Gemeinschuldner über das Konto 542.327.111 abgewickelten Geschäftsverbindung sei gegenüber den Gläubigern unwirksam;

3.) die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 1,324.776,01 samt 5 % Zinsen seit Klageeinbringung zu bezahlen;

4.) die von der beklagten Partei in der Zeit zwischen 18.7.1988 und 18.1.1989 auf dem Kreditkonto des Gemeinschuldners der beklagten Partei Kontonummer 542.326.111 durchgeführten, im einzelnen angeführten Belastungen im Gesamtbetrag von S 388.574,57 seien gegenüber den übrigen Gläubigern unwirksam.

Hiezu brachte der Masseverwalter vor:

Direktor N***** habe von der wirtschaftlichen Entwicklung laufend und von der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners bereits Monate vor dem 8.7.1988 Kenntnis gehabt. Nachdem er das Kreditkonto des Gemeinschuldners praktisch gesperrt habe, sei der Debetsaldo auf dem Kreditkonto vom 18.7.1988 bis 18.1.1989 auf S 1,337.631,11 vermindert worden. Dies werde gemäß § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO angefochten.

Zwischen dem Gemeinschuldner und der beklagten Partei sei eine Verpfändung des Sparbuches (über den Betrag von S 150.000,-- hinaus) nie vereinbart worden. Hinsichtlich des Betrages von S 668.898,-- werde die Verpfändung der Spareinlage und die Gutschrift dieses Betrages am Kreditkonto gemäß § 30 Abs 1 Z 1 KO und aus allen anderen möglichen Anfechtungsgründen als unwirksam angefochten, da die beklagte Bank damit eine ihr nicht zustehende Sicherstellung erhalten habe.

In der Zeit vom 18.7.1988 bis zur Konkurseröffnung am 18.1.1989 sei ein Gesamtbetrag von S 388.574,57 vom Kreditkonto des Beklagten abgebucht worden. Diese Belastung stelle sich als ein für die übrigen Gläubiger nachteiliges Rechtsgeschäft dar. Beim gegenständlichen Kredit handle es sich nicht um einen sogenannten revolvierenden Kontokorrentkredit.

Die beklagte Bank beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor:

Elke G***** habe den nicht aus Mitteln des nunmehrigen Gemeinschuldners stammenden Betrag von S 150.000,-- zur Sicherstellung aller, auch künftiger Ansprüche der beklagten Bank aus der Geschäftsverbindung mit dem Gemeinschuldner verpfändet. Der Überziehungsrahmen sei nur Zug um Zug mit weiteren Verpfändungen auf schließlich S 850.000,-- erhöht worden, sodaß Kredit bis zu einer Million Schilling habe beansprucht werden können. Erst nach dem Einlangen der Bilanzunterlagen am 1.9.1988 habe die beklagte Bank von der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners Kenntnis erlangt. Die Liegenschaft sei bis September 1988 auch nicht durch Zwangspfandrechte belastet gewesen. Insgesamt sei die beklagte Bank ihrer Erkundigungspflicht nachgekommen. Es liege weder eine Begünstigung noch Befriedigungtauglichkeit der Anfechtung vor, denn bei Wegfall der Verpfändung stehe Elke G***** die Spareinlage zu. Die am 11.12.1987 geleistete Einzahlung des Betrages von S 150.000,-- auf das Sparbuch liege außerhalb der Jahresfrist des § 30 Abs 2 KO. Mit der Einzahlung von S 300.000,-- sei Zug um Zug der Überziehungsrahmen ausgeweitet worden, sodaß eine kongruente Besicherung vorliege. An der Spareinlage bestehe auch gemäß Punkt 23 Abs 2 AGBKr ein Pfandrecht der beklagten Bank, das im Augenblick der Einzahlung entstanden sei. Der Masseverwalter habe nur den Pfandvertrag vom 24.6.1988, nicht jedoch auch die gleichzeitig erfolgte Verpfändung angefochten. Gegenüber den Spareinlagen sei die beklagte Bank auch zur Aufrechnung mit der Kreditforderung berechtigt, sie liege in der Auflösung des Sparbuches und der Gutschrift auf dem Kreditkonto. Die Spareinlagenforderung sei mehr als 6 Monate vor Konkurseröffnung entstanden. Durch die angefochtene Gutschrift sei der Debetsaldo in der Zeit vom 18.7.1988 bis zum 18.1.1989 nur um S 653.519,64 verringert worden. Bei dem hier vorliegenden revolvierenden Kontokorrentkredit sei die Anfechtung gemäß § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO einerseits mit der Höhe des vereinbarten Kreditrahmens und andererseits durch die Differenz zwischen dem Debetsaldo zu Beginn des Anfechtungszeitraumes und jenen bei Konkurseröffnung (hier also mit S 653.519,64) begrenzt. Der Debetsaldo habe sich auch durch die Gutschriften der verpfändeten Spareinlagen reduziert, sodaß diebezüglich keine Begünstigung gegenüber den anderen Gläubigern vorliege.

Das Erstgericht sprach in seinem Urteil aus, daß die von der beklagten Bank in der Zeit vom 18.7.1988 bis zum 18.1.1989 auf dem Kreditkonto des Gemeinschuldners im einzelnen angeführten Gutschriften im Gesamtbetrag von S 826.952,58 den Gläubigern gegenüber unwirksam seien; weiters sei auch die Verpfändung der Einlage von S 200.000,-- am 10.6.1988 auf dem Sparbuch Kontonummer 572.948.315, lautend auf Elke G*****, zur Sicherstellung der mit dem Gemeinschuldner über das Kreditkonto abgewickelten Geschäftsverbindung den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam. Die beklagte Bank wurde für schuldig erkannt, dem Kläger S 813.786,41 sA zu bezahlen, das Mehrbegehren abgewiesen.

In den Entscheidungsgründen traf das Erstgericht zusätzlich zu dem bereits wiedergegebenen Sachverhalt die Feststellung, daß Udo N***** spätestens seit dem 12.7.1988 die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners gekannt hatte (S 29 ff), und legte im einzelnen die zur Klagestattgebung führenden rechtlichen Schlußfolgerungen dar. Den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners nahm es mit spätestens 1.5.1988 an und beurteilte demgemäß grundsätzlich alle debetmindernden Eingänge auf dem Kontokorrentkreditkonto ab 18.7.1988 als den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam. Die Verpfändung der Einlage von S 150.000,-- am 20.8.1987 liege außerhalb der Frist des § 30 Abs 2 KO und sei nicht angefochten worden. Bei den weiteren Einlagen über S 150.000,-- am 11.12.1987, von S 300.000,-- am 2.3.1988 und von S 200.000,-- am 9.6.1988 sei zwar keine eigene mündliche Vereinbarung über die Verpfändung erfolgt, die beiden erstgenannten Einlagen hätten jedoch zu einer Erhöhung des Überziehungsrahmens geführt, woraus zu schließen sei, daß diese Erhöhung der Einlage schlüssig einen diesbezüglichen Pfandvertrag zur Folge gehabt habe, weil sie offenkundig dem Zweck der Kreditbesicherung gedient habe. Somit liege jedenfalls auch die Einlage von S 150.000,-- vom 11.12.1987 außerhalb der Jahresfrist des § 30 Abs 2 KO. Anläßlich der zusätzlichen Kreditbesicherung durch Verpfändung auch der Spareinlage von S 300.000,-- am 2.3.1988 sei das Konto nicht überzogen, sondern es sei erst nachher ein weiterer Überziehungrahmen eingeräumt worden. Somit liege Kongruenz vor, sodaß diese Einlage anfechtungsfest und in bezug auf die Aufrechung mit dem Kontokorrentkredit nicht befriedigungstauglich sei. Anders sei dies bei der Einlage von S 200.000,-- vom 9.6.1988, denn hier sei der Erhöhung der Sicherheit keine Erhöhung des Kreditrahmens gegenübergestanden, sodaß die beklagte Bank eine ihr nicht zustehende Deckung erhalten habe. Diese Sicherstellung einschließlich der Zinsen von zusammen S 203.908,33 sei daher gemäß § 30 Abs 1 Z 1 KO anfechtbar.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und erklärte die Revision für zulässig. Es hielt weder die Verfahrensrüge noch die Beweis- und Rechtsrüge der beklagten Bank für gerechtfertigt und übernahm die erstgerichtliche Feststellung, daß Udo N*****, der Filialleiter der beklagten Bank, spätestens seit dem 12.7.1988 die Zahlungsunfähigkeit des Dietmar ***** C***** gekannt hat. Die weitere erstgerichtliche Feststellung, daß die Zahlungsunfähigkeit des Vorgenannten spätestens am 1.5.1988 eingetreten sei, blieb im Berufungsverfahren unbekämpft.

Zur Rechtsrüge führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus:

Die auf das Sparbuch eingelegten Gelder stammten vom Gemeinschuldner. Der Umstand, daß die Bank eine Sparurkunde auf einen nicht weiter überprüften Namen ausstellte, ändere nichts an der Anonymität dieser Sparurkunde und an ihrem Charakter als Inhaberpapier. Damit eine Namensbezeichnung den Namensträger als Gläubiger ausweise, müßten weitere Umstände hinzutreten, die erkennen ließen, daß der Name ausnahmsweise doch Identifizierungfunktion habe solle. Das könne etwa durch die Beifügung des Geburtsdatums oder der Wohnanschrift, durch Vorbehalt der Unterschrift für Verfügungen über die Spareinlage oder durch den Aufdruck "legitimiert" geschehen. Da derartiges weder behauptet noch hervorgekommen sei, müsse das gegenständliche Sparbuch, auch wenn es auf Elke G***** laute, als Überbringersparbuch beurteilt werden. Da die Einlagen aus Mitteln des Gemeinschuldners stammten, liege die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung vor. Diese Anfechtung bewirke nämlich, daß die Einlage von S 200.000,-- zuzüglich der anteiligen Zinsen von S 3.908,33 der Masse zugutekomme, ohne daß es hiezu einer Abtretung durch Elke G*****, die bei der Anlegung nur für den Gemeinschuldner tätig geworden sei, bedurft habe. Sie erhebe nach ihrer Aussage (ON 8, AS 15) auch keinen Anspruch auf die Einlagen. Zwar treffe es zu, daß weitere Einzahlungen zu einer bestehenden Spareinlage keine rechtlich selbständigen Einlagen begründeten, sondern als Vorgänge im Rahmen eines einheitlichen Vertragsverhältnisses anzusehen seien; damit sei aber noch nicht gesagt, daß anfechtungsrechtlich eine differenzierte Behandlung verschiedener Einlagen ausgeschlossen sei, etwa, wenn diese Einlage, wie hier, teils zu einer kongruenten und teils zu einer inkongruenten Deckung im Sinne des § 30 Abs 1 Z 1 KO führten. Somit sei es entgegen der Auffassung der Berufungswerberin nicht zu beanstanden, daß das Erstgericht die Verpfändung der Einlage von S 200.000,-- den Gläubigern gegenüber als unwirksam erklärt habe. Dem Erstgericht sei auch darin zu folgen, daß es durch die Einzahlung des Betrages von S 200.000,-- vom 9.6.1988 konkludent zu einer Verpfändung dieses Guthabens zugunsten der Forderungen der beklagten Bank gekommen sei. Das Sparbuch habe sich schon auf Grund der ursprünglichen Verpfändung in der Gewahrsame der beklagten Bank befunden und auch bei der Einzahlung des Betrages von S 200.000,-- sei die Absicht verfolgt worden, die Forderung der beklagten Bank zu sichern. In der Folge sei nochmals ein schriftlicher Pfandvertrag vom 24.6.1988 geschlossen worden, der auch die Einlage von S 200.000,-- umfaßte. Weiters habe das Erstgericht richtig erkannt, daß durch die genannte Pfändung, mit der keine Erhöhung des Kreditrahmens verbunden gewesen sei, der beklagten Bank nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners eine zusätzliche Sicherheit für ihre Forderung eingeräumt worden sei, die sie mangels eines klagbaren Anspruches nicht beanspruchen konnte und durch die sie vor anderen Gläubigern begünstigt wurde. Die Anfechtungsvoraussetzungen des § 30 Abs 1 Z 1 KO lägen daher insoweit vor. Aus dem gleichen Grund sei aber auch die entsprechende Befriedigung, die die beklagte Bank hinsichtlich der genannten Einlage samt den Zinsen von S 3.908,33 erlangt habe, anfechtbar. Von einem schlüssig vereinbarten, einer Kompensation mit der Spareinlagenforderung entgegenstehenden Kompensationsverbot könne hier zwar im Hinblick auf die Verpfändung der Spareinlage nicht ausgegangen werden; die dargestellte Anfechtbarkeit des Erwerbes einer gesicherten Position durch die beklagte Bank im Zusammenhang mit der Einzahlung von S 200.000,-- am 9.6.1988 schließe eine Aufrechnung des aus der Einzahlung dieses Betrages resultierenden Sparguthabens mit den Forderungen der beklagten Bank jedenfalls aus, weil es zu keiner anfechtungssicheren Schaffung der Aufrechnungslage habe kommen können, die Voraussetzung für eine anfechtungssichere Befriedigung wäre. Der Umstand, daß die Einzahlung des Betrages von S 200.000,-- außerhalb der Frist des § 31 Abs 4 KO erfolgte, zu diesem Zeitpunkt nicht von einer Kenntnis der beklagten Bank von der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners ausgegangen werden könne und eine Aufrechnung dann grundsätzlich anfechtungsfest sei, wenn sie nach den Bestimmungen der §§ 19, 20 KO auch noch im Konkurs zulässig wäre, könne daher hier nicht mit Erfolg zugunsten des Standpunktes der beklagten Bank ins Treffen geführt werden. Da schon die Schaffung der Aufrechnungslage (gemäß § 30 Abs 1 Z 1 KO) anfechtbar gewesen sei, könne auch die Bestimmung des § 20 Abs 2 KO nicht zur Bejahung einer Aufrechnungszulässigkeit führen. Die Rechtsauffassung des Erstgerichtes über eine Unzulässigkeit der Aufrechnung mit der Sparbuchforderung sei somit im Ergebnis zu billigen. Soweit in Lehre und Rechtsprechung hinsichtlich eines revolvierenden Kontkorrentkredites die Meinung vertreten werde, eine Anfechtung sei nur hinsichtlich jener Tilgungen zulässig, die zur Senkung des tatsächlichen Debetstandes bis zur Konkurseröffnung unter den vereinbarten oder tatsächlich gewährten Kredithöchstrahmen geführt hätten, sei dies nur in jenen Fällen geschehen, in denen eine Kenntnis (oder ein Kennenmüssen) der Zahlungsunfähigkeit des Kontoinhabers in dem Zeitpunkt der Tilgungen entweder kein Anfechtungserfordernis dargestellt habe (§ 30 Abs 1 Z 1 KO) oder nicht als erweisbar erachtet worden sei. Völlig anders gelagert sei der hier gegebene, dadurch gekennzeichnete Sachverhalt, daß im Zeitpunkt der entsprechenden Zahlungseingänge (also des Erwerbes der Gegenforderung) der beklagten Bank die Zahlungsunfähigkeit des Kontoinhabers bekannt gewesen sei. In solchen Fällen sei gemäß § 20 Abs 1 KO die Begründung einer anfechtungssicheren Aufrechnungslage, die die debetmindernde Gutschrift der Zahlungseingänge (im Aufrechnungswege) ermöglicht hätte, ausgeschlossen. Ob die Anfechtung mit dem Kreditrahmen bzw mit dem höchsten Ausmaß der allfälligen Duldung einer Überschreitung zu beschränken sei, müsse hier nicht untersucht werden, weil der vereinbarte Kreditrahmen (S 850.000,--) und die höchste geduldete Überschreitung (2,708.199,48) höher seien als die im Berufungsverfahren noch strittige Summe von S 813.786,41. Somit habe es entgegen der Auffassung der beklagten Bank zu keiner betragsmäßigen Einschränkung zu kommen. Die übrigen Voraussetzungen für die Anfechtung der debetmindernden Gutschriften seien in der Rechtsrüge der beklagten Bank nicht mehr in Frage gestellt worden, sodaß diesbezüglich auf die zutreffende Rechtsauffassung des Erstgerichtes verwiesen werden könne.

Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt die beklagte Bank Revision mit dem Abänderungsantrag, lediglich Gutschriften in der Höhe von S 218.821,47 den Konkursgläubigern gegenüber für unwirksam zu erklären und sie zur Zahlung dieses Betrages sA zu verurteilen, das Mehrbegehren aber abzuweisen. Hiezu verweist sie zunächst darauf, der Kläger habe lediglich die Verpfändung des Sparguthabens von S 668.898,-- und die diesbezüglichen Gutschriften auf dem Kreditkonto, nicht aber die Eröffnung des Sparbuches und die weiteren Einzahlungen angefochten. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes könne zwar auch in der Herstellung der Aufrechnungslage ein anfechtbarer Vorgang liegen, dies sei hier aber nicht der Fall. Ihr sei am 9.6.1988 die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners nicht bekannt gewesen. Da die Aufrechnung an sich keine inkongruente Deckung darstelle, komme nur eine Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 2 und 3 KO in Frage, sodaß geprüft werden müsse, ob bei Herstellung der Aufrechnungslage eine Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners vorgelegen und diese der Revisionswerberin bekannt gewesen sei. Da das Kreditkonto am 9.6.1988 um mehr als S 200.000,-- überzogen gewesen sei, erscheine eine teilweise Kredittilgung durch Zahlung der S 200.000,-- nach § 30 Abs 1 Z 1 KO nicht anfechtbar. Mangels Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit sei auch die Kenntnis einer allfälligen Begünstigungsabsicht zu verneinen. Die gesamte debetmindernde Gutschrift von S 814.898,-- sei mangels Anfechtbarkeit der Schaffung der Aufrechnungslage auch nicht anfechtbar. Bis zur Konkurseröffnung habe sich der Debetsaldo (unter Bedachtnahme auch auf eine spätere Rückzahlung von S 13.166,17) auf S 1,033.719,47 verringert, nach Abzug der anfechtungsfesten Gutschrift von S 814.898,-- verblieben lediglich anfechtbare Gutschriften von S 218.821,47. Nur debetmindernde Zahlungseingänge, die in der kritischen Zeit eine Senkung des Debetstandes unter den vereinbarten Kredithöchstbetrag bewirkt hätten, führten zu einer Befriedigung im Sinne des § 30 Abs 1 Z 1 KO. Die Befriedigung aus Rechtshandlungen im Sinne des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO sei jener des § 30 Abs 1 Z 1 KO gleichzusetzen. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei bei einem revolvierenden Kontokorrentkredit die Anfechtung nur hinsichtlich derartiger debetstandmindernder Gutschriften möglich, im übrigen habe sich der Kredit in Wahrheit nicht zum Nachteil gegenüber den Gläubigern verändert. Dem Anfechtungsgegner müsse bei der Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO in sinngemäßer Anwendung des letzten Halbsatzes des § 30 Abs 1 KO der Beweis offenstehen, daß er durch die Rechtshandlung nicht begünstigt worden sei. Hier seien auch Zahlungsaufträge für den Gemeinschuldner durchgeführt worden, sodaß sich nur eine Saldosenkung von S 218.821,47 ergebe.

Die Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig, sie ist aber nicht gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionswerberin ist zunächst zu entgegnen, daß der klagende Masseverwalter laut S.12 der Klage "die debetmindernden Gutschriften auf dem Kreditkonto des Gemeinschuldners sowie die Pfändung des auf Elke G***** lautenden Sparguthabens KontoNr. 572948315 über den Betrag von S 668.898,- gemäß § 27 ff KO" angefochten hat. Hierin ist jeweils auch die von den Vorinstanzen einzig und allein als nicht anfechtungsfest beurteilte Einlage vom 9.6.1988 über S 200.000,-

enthalten. Warum es insoweit einer weiteren Anfechtungserklärung bedurft hätte, ist nicht erkennbar.

Auch die Einwendung der Revisionswerberin, ihr sei bei der Einzahlung der vorgenannten Einlage die Zahlungsunfähigkeit des Dietmar ***** C***** und eine allfällige Begünstigungsabsicht desselben nicht bekannt gewesen, geht fehl.

Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen ist die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners am 1.5.1988 eingetreten. Durch die nachfolgende Verpfändung der vorgenannten Einlage am 9.6.1988 hat die beklagte Bank somit im Sinne des § 30 Abs 1 Z 1 KO nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit eine Sicherstellung erlangt, die sie nicht zu beanspruchen hatte und wodurch sie vor den anderen Gläubigern begünstigt wurde (SZ 57/87; BankArch 1991, 215 ua). Auf ihre mangelnde Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit kommt es im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle ebensowenig an wie auf den Mangel einer ihr bekannten allfälligen Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners, denn entscheidend ist nur die objektive Tatsache der Begünstigung gegenüber anderen Gläubigern (SZ 56/57; SZ 57/87; SZ 58/213; BankArch 1990, 564; BankArch 1991, 215 ua). Auch die Jahresfrist des § 30 Abs 2 KO steht der gegenständlichen Anfechtung nicht entgegen.

Nicht verständlich ist die Ausführung der Revisionswerberin,  nach

Abzug der anfechtungsfesten Gutschriften vom 20.9.1988 über S

814.898,-,  das ist das Realisat  aus der Sparbucheinlage samt

Zinsen,  verblieben lediglich anfechtbare Gutschriften von S

218.821,47.  Tatsächlich wurde aus der Sparbucheinlage nur  das

Realisat betreffend die vorgenannte Einzahlung vom 9.6.1988 samt

Zinsen im Gesamtbetrage von S 203.908,33 als nicht anfechtungsfest

erkannt.  Diese Beurteilung ist zutreffend:  Im Zeitpunkt der

Gutschrift des vorgenannten Betrages am 20.9.1988   war nach den

Feststellungen der Tatsacheninstanzen der beklagten Bank die

Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners bekannt,   sodaß die

solcherart erlangte Deckung grundsätzlich nach § 31 Abs 1 Z 2 erster

Fall KO der Anfechtung unterliegt.  Die oben dargestellte

Anfechtbarkeit der durch die Verpfändung  vom 9.6.1988  erlangten

Sicherstellung führt im Sinne der zutreffenden Rechtsansicht des

Berufungsgerichtes dazu, daß auch die Befriedigung aus diesem

unwirksamen Pfand für unwirksam zu erklären ist. Diese Anfechtung ist

auch durch die 6-Monate-Frist  des § 31 Abs 4 KO nicht

ausgeschlossen. Innerhalb dieser Frist vor der Konkurseröffnung und

nach erlangter Kenntnis der beklagten Bank von der

Zahlungsunfähigkeit liegen aber auch die weiteren gemäß § 31 Abs 1 Z

2 erster Fall KO anfechtbaren Zahlungseingänge auf dem

Kontokorrentkreditkonto, sodaß die dadurch geschaffene

Aufrechnungslage anfechtbar ist und deshalb auch die Aufrechnung

wieder rückgängig gemacht werden muß (vgl. SZ 40/35; SZ 8/329; Koziol

Österr. BankArch 1988, 1114). Eine Aufrechnung mit  der

Kontokorrentkreditschuld erscheint überdies,  worauf das

Berufungsgericht  unter Zitierung von Lehre und Rechtsprechung

zutreffend verwies, im Sinne des § 20 Abs 1 KO unzulässig (RdW 1985,

153; 3 Ob 573, 1514/90 ua).

Die Revisionsbehauptung, die debetmindernden Gutschriften hätten den revolvierenden Kontokorrentkredit in Wahrheit nicht zum Nachteil der übrigen Gläubiger verändert, ist feststellungswidrig und demgemäß unbeachtlich.

Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E30945

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0080OB00631.91.0218.000

Dokumentnummer

JJT_19930218_OGH0002_0080OB00631_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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