TE OGH 1993/2/23 4Ob118/92

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Veröffentlicht am 23.02.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "S*****" ***** Verlagsanstalt, ***** vertreten durch Dr.Heinrich Kammerlander, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1) K*****-Verlag Gesellschaft mbH & Co, Vermögensverwaltung KG; 2) K***** Gesellschaft mbH, beide in *****, beide vertreten durch Dr.Ewald Weiß, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlasung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert: 500.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 8.Juli 1992, GZ 2 R 83/92-27, womit infolge Berufung der zweitbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Handelsgerichtes vom 8.Jänner 1992, GZ 8 Cg 216/90-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit 19.069,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 3.178,20 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Medieninhaberin und Verlegerin der "Kleinen Zeitung".

Der Ausgabe der "Neuen Kronen Zeitung-Steirerkrone" vom 29.3.1990 war nachstehender Farbprospekt (Auszug) beigelegt:

Hiezu steht außer Streit, daß in der Steiermark bis zum Frühjahr 1990 im Rahmen der Abendkolportage die Stammausgabe der "Neuen Kronen Zeitung" vertrieben wurde; erst ab Frühjahr 1990 wird die gesamte "Steirerkrone" in der Steiermark gedruckt und auch am Abend vertrieben.

Die "Mediaanalyse" ist eine in Abständen von zwei Jahren durchgeführte Untersuchung über die Leserzahl der Printmedien, welche auf den Angaben von 12.000 innerhalb eines Jahres befragten Personen basiert. Die im August 1988 veröffentlichte "Mediaanalyse 1988" wies für den Untersuchungszeitraum Juli 1987 bis Juni 1988 im Bundesland Steiermark 410.000 Leser der "Kleinen Zeitung" und 420.000 Leser der "Neuen Kronen Zeitung" auf. Bei Zeitungen mit Regionalausgaben für einzelne Bundesländer unterscheidet die "Mediaanalyse" nicht zwischen den Lesern der Stammausgabe und jenen der Regionalausgabe; vielmehr erfolgt die Zuweisung der Leserzahl für ein Bundesland nach dem jeweiligen Wohnort der befragten Leser.

Die Zweitbeklagte war und ist persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten, welche am 29.3.1990 Medieninhaberin der "Neuen Kronen Zeitung" war. Die Zweitbeklagte ist darüber hinaus auch persönlich haftende Gesellschafterin der - unter der alten Firma der Erstbeklagten ("KRONE-Verlag Gesellschaft mbH & Co KG") - neugegründeten Kommanditgesellschaft, welche seit 1.8.1990 Medieninhaberin der "Neuen Kronen Zeitung" ist. Die Erstbeklagte ist seit dem 1.8.1990 nicht mehr auf dem Gebiet des Medienwesens tätig.

Gestützt auf die Eigenschaft der Erstbeklagten als Medieninhaberin der "Neuen Kronen Zeitung" und unter ausdrücklicher Inanspruchnahme der Haftung der Zweitbeklagten als Komplementärin der Erstbeklagten gemäß § 128 HGB, begehrt die Klägerin mit der am 27.6.1990 eingebrachten Klage, die beiden Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ab sofort die Werbebehauptung "Neue Steirerkrone - Die Nr.1" unter Bezugnahme auf eine "Media '88" oder "Mediaanalyse 1988" und/oder ohne auffallenden Hinweis, daß sich diese Behauptung nur auf die Leserzahl bezieht, zu unterlassen; damit verbindet die Klägerin ein Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung. Die beanstandete Behauptung sei irreführend im Sinne des § 2 UWG, weil "es sich hiebei um eine unklare Definition der eigenen Ware ('Neue Steirerkrone - Kronen Zeitung') handle"; sie bringe auch nicht ausreichend deutlich zum Ausdruck, daß sich die behauptete Spitzenstellung (nur) auf die Leserzahl bezieht, und sei daher auch in diesem Umfang unrichtig.

Die Beklagten beantragen die Abweisung der Klage. Die beanstandete Behauptung sei in Verbindung mit dem deutlichen Hinweis auf die Mediaanalyse 1988 richtig, zumal es sich hiebei nur um eine Reichweitenuntersuchung handle.

In der Folge machten die Beklagten mit dem Hinweis darauf, daß die Erstbeklagte seit 1.8.1990 nicht mehr Medieninhaberin der "Neuen Kronen Zeitung" sei und die Haftung der Zweitbeklagten nur aus dieser Eigenschaft der Erstbeklagten abgeleitet werde, den Wegfall der Wiederholungsgefahr geltend.

Die Klägerin schränkte daraufhin das Klagebegehren in Ansehung der Erstbeklagten auf Kosten ein, hielt es aber in Ansehung der Zweitbeklagten aufrecht und verwies darauf, daß diese im übrigen auch Komplementärin der nunmehrigen Medieninhaberin der "Neuen Kronen Zeitung" sei und daher gemäß § 128 HGB hafte (ON 12 S 75 f).

Das Erstgericht gab dem Unterlassungs- und dem Urteilsveröffentlichungsbegehren in Ansehung der Zweitbeklagten statt. Zwar könne die beanstandete Werbeangabe schon wegen des erklärenden Hinweises auf die "Media '88" nicht auf die sonst noch behaupteten Eigenschaften der "Steirerkrone" bezogen werden; es liege aber deshalb eine irreführende Alleinstellungswerbung vor, weil ein Vorsprung von nur 10.000 Lesern gemäß Medienanalyse 1988 noch innerhalb der Schwankungsgrenze ("Fehlerspanne") von Umfrageergebnissen liege. Durch die Einschränkung des Klagebegehrens in Ansehung der Erstbeklagten sei die Haftung der Zweitbeklagten für den Wettbewerbsverstoß als Komplementärin nicht weggefallen.

Das Berufungsgericht wies das noch in Rede stehende Klagebegehren in Ansehung der Zweitbeklagten ab. Es verwies - wenn auch nur in den Entscheidungsgründen - darauf, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Die Klägerin habe die Zweitbeklagte nicht aus eigenem wettbewerbswidrigen Verhalten in Anspruch genommen, sondern ausschließlich als Komplementärin der Erstbeklagten. In einem solchen Fall bewirke aber der Wegfall der Wiederholungsgefahr in Ansehung der Erstbeklagten, daß auch von seiten der Komplementärin keine Gefahr einer Wiederholung des Wettbewerbsverstoßes mehr drohe. Schon aus diesem Grund erübrige sich eine nähere Prüfung des behaupteten Wettbewerbsverstoßes.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils.

Die Zweitbeklagte stellt den Antrag, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen der Meinung der Zweitbeklagten schon deshalb zulässig, weil zu der Frage, ob der Wegfall der Wiederholungsgefahr in Ansehung der wegen einer in ihrem Betrieb begangenen wettbewerbswidrigen Handlung in Anspruch genommenen Kommanditgesellschaft auch das Erlöschen des materiellrechtlichen Anspruches auf Unterlassung gegen die ausschließlich wegen dieser Eigenschaft belangten persönlich haftenden Gesellschafterin zur Folge hat, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt. Die Revision ist aber nicht berechtigt.

Die Klägerin hat ihren Unterlassungsanspruch gegen die Zweitbeklagte ausdrücklich auf § 128 HGB gestützt; daran ist das Gericht nach ständiger Rechtsprechung (SZ 47/11 mwN; MietSlg 38.776 uva; zuletzt etwa ÖBl 1992, 104) gebunden. Auf die Frage, ob der Klägerin gegen die Zweitbeklagte allenfalls ein Unterlassungsanspruch aus einem anderen Rechtsgrund zustehen könnte, ist demnach nicht einzugehen; dies umso weniger, als ja selbst die Erstbeklagte von ihr nicht als Täterin des Wettbewerbsverstoßes in Anspruch genommen wurde, sondern als Medieninhaberin der Tageszeitung "Neue Kronen Zeitung - Steirerkrone", deren Ausgabe vom 29.3.1990 der beanstandete Prospekt beigelegt war. Damit hat sich aber die Klägerin der Sache nach ausschließlich auf die Unternehmerhaft der Erstbeklagten für einen im Betrieb ihres Zeitungsunternehmens begangenen Wettbewerbsverstoß gemäß § 18 UWG berufen. Auch aus diesem Grund ist daher nicht mehr zu prüfen, ob die Zweitbeklagte, welche ja ihre Funktion als einzige Komplementärin der Erstbeklagten durch ihre Organe ausübt (HS 14.146 mwH), auch als Mittäterin des Wettbewerbsverstoßes in Betracht kommt.

Nach Lehre (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 511.3; Barfuß, Zur zivilrechtlichen Unternehmerhaftung für Wettbewerbsverstöße Dritter, GRURAusl 1966, 14 ff [15];

Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 1135 Rz 70 zu § 13 dUWG) und ständiger Rechtsprechung (ÖBl 1961, 22; SZ 38/214 = ÖBl 1966, 34; RdW 1989, 192; ÖBl 1990, 158 und 203; MR 1990, 27 und 224; ÖBl 1991, 13;

WBl 1991, 203; ÖBl 1992, 87 ua) haften die persönlich haftenden Gesellschafter einer Personengesellschaft für die sich aus im Unternehmen der Personengesellschaft begangenen Wettbewerbsverstößen ergebenden Unterlassungsansprüche neben der Gesellschaft gemäß § 128 (bei Kommanditgesellschaften: iVm § 161 Abs 2) HGB, erstreckt sich doch die gesetzliche Gesellschafterhaftung auf alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft, gleichgültig ob sie auf Vertrag, Gesetz oder unerlaubter Handlung beruhen und welchen Inhalt sie haben, so daß auch bei Unterlassungspflichten eine Schuld jedes einzelnen Komplementärs besteht (RdW 1989, 192 mwN); mehrere Unterlassungspflichtige haften allerdings nicht zur ungeteilten Hand (ÖBl 1978, 154; ÖBl 1981, 51; RdW 1989, 192). Die gegenteilige Ansicht Koppensteiners (Wettbewerbsrecht2, 287 und in Straube, HGB Rz 13 zu § 128) ist von der Rechtsprechung ausdrücklich abgelehnt worden (RdW 1989, 192; ÖBl 1990, 158 und 203; MR 1990, 27 und 224; ÖBl 1991, 13). Wenn der Oberste Gerichtshof - soweit überblickbar, erstmals in der Entscheidung SZ 38/214 - "im übrigen auch auf die weitgehende Fassung des § 18 UWG" verwiesen hat und seither neben § 128 (§ 161) HGB auch diese Norm als Haftungsgrund für den Komplementär einer Personengesellschaft anführt, beruht das offenbar auf der Überlegung, daß neben der Personengesellschaft auch der persönlich haftende Gesellschafter als Unternehmer anzusehen ist (M.Walter, Entscheidungsanmerkung MR 1990, 226). Dieser Haftungsgrund hat aber hier außer Betracht zu bleiben, weil die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch gegen die Zweitbeklagte ausdrücklich auf die Gesellschafterhaftung gemäß §§ 128, 161 Abs 2 HGB beschränkt hat.

Die Klägerin stellt nicht in Abrede, daß die Wiederholungsgefahr als materiellrechtliche Voraussetzung ihres Unterlassungsanspruches gegen die Erstbeklagte (ÖBl 1979, 80; ÖBl 1984, 135 uva; zuletzt etwa ÖBl 1992, 42) dadurch weggefallen ist, daß diese seit dem 1.8.1990 nicht nur nicht mehr Medieninhaberin der Tageszeitung "Neue Kronen Zeitung - Steirerkrone" ist, sondern auf dem Gebiet des Medienwesens keine Tätigkeiten mehr entfaltet. Ist aber der Unterlassungsanspruch gegen die Personengesellschaft wegen Wegfalls der Wiederholungsgefahr erloschen, dann kann es entgegen der Meinung der Klägerin nicht zweifelhaft sein, daß damit auch die ausschließlich aus der Gesellschafterhaftung gemäß §§ 128, 161 Abs 2 HGB abgeleitete gesetzliche Unterlassungsverpflichtung des persönlich haftenden Gesellschafters erloschen ist. Daran ändert es nichts, daß die Zweitbeklagte seit 1.8.1990 auch Komplementärin der neuen Medieninhaberin der "Neuen Kronen Zeitung - Steirerkrone" ist, wurde doch der beanstandete Wettbewerbsverstoß nicht im Betrieb des neuen Zeitungsunternehmens begangen.

Schon aus diesen Gründen erweist sich die Abweisung des gegen die Zweitbeklagte gerichteten Klagebegehrens als berechtigt, weshalb der von der Klägerin behauptete Wettbewerbsverstoß selbst nicht mehr näher geprüft zu werden braucht.

Der Revision mußte demnach ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E31275

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0040OB00118.92.0223.000

Dokumentnummer

JJT_19930223_OGH0002_0040OB00118_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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