TE OGH 1993/3/11 15Os9/93

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.03.1993
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.März 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Dr.Schindler und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kirschbichler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Radivoje D***** und einen anderen Angeklagten wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten D***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11.November 1992, GZ 5 b Vr 14.790/92-17, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Presslauer, und des Verteidigers Dr.Lösch, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem den Angeklagten Radivoje D***** betreffenden Schuldspruch wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (Punkt A) und demzufolge auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch sowie im Ausspruch, wonach die Privatbeteiligte C*****-Bank***** mit ihren Ansprüchen gegen diesen Angeklagten gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen wird, aufgehoben.

Gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Radivoje D***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 26. September 1991 in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Mitarbeiter der C*****-Bank*****, Zweigstelle Q*****, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung, zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kreditnehmer zu sein sowie unter Benützung einer zumindest inhaltlich unrichtigen Lohnbestätigung der Firma D***** vom 25.September 1991 zum Abschluß eines Kreditvertrages über 200.000 S und zur Auszahlung von 195.907 S Bargeld verleitet, wodurch die C*****-Bank***** mit 200.000 S am Vermögen geschädigt wurde, und habe hiedurch das Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Die Privatbeteiligte C*****-Bank***** wird mit ihren Ansprüchen gegen Radivoje D***** gemäß § 366 Abs 1 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte D***** auf die getroffene Sachentscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft gebliebenen Schuldspruch eines anderen Angeklagten enthält, wurde der Angeklagte Radivoje D***** - abweichend von dem in Richtung des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB lautenden Anklagevorwurf - des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen nahm der Angeklagte D***** am 26.September 1991 in Wien bei der Zweigstelle Q***** der C*****-Bank***** einen Kredit in der Höhe von 200.000 S auf, wobei er zum Nachweis seiner Anstellung als Maurer und eines monatlichen Nettobezuges von 14.800 S eine falsche Urkunde gebrauchte, nämlich eine von dem abgesondert verfolgten Willibald M***** unterfertigte und mit der Stampiglie der (nicht mehr existierenden) Firma D***** versehene Lohnbestätigung, deren Ausstellung von dem Mitangeklagten Zika A***** und dem flüchtigen und gesondert verfolgten Dragan F***** vermittelt worden war.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte D***** bekämpft seinen Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 8 sowie 9 lit a und b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedenfalls aus dem letztbezeichneten Nichtigkeitsgrund Berechtigung zukommt.

Wie der Beschwerdeführer in seiner Rechtsrüge (Z 9 lit b) zutreffend ausführt, liegen nämlich die Voraussetzungen des § 42 StGB vor.

Darnach ist das hier in Rede stehende mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedrohte Offizialdelikt der Urkundenfälschung nicht strafbar, wenn

1. die Schuld des Täters gering ist,

2. die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat oder, sofern sich der Täter zumindest ernstlich bemüht hat, die Folgen der Tat im wesentlichen beseitigt, gutgemacht oder sonst ausgeglichen worden sind und

3. eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Täter von strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Der für seine Ehefrau und drei Kinder sorgepflichtige, bisher unbescholtene Angeklagte verstand sich nur aus einer drückenden, nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführenden (S 237, 239) Notlage heraus (S 239) zur Tat, um eine Wohnungseinrichtung für sich und seine Familie finanzieren zu können (S 233, 235, 241); davon ausgehend, daß er dadurch im wesentlichen bloß eine formale Hürde für die Erlangung eines Kredites auch während der Zeit seiner vorübergehenden Arbeitslosigkeit überwindet (S 237, 241). Angesichts dieser Umstände kann seine Schuld als (noch) gering veranschlagt werden.

Die Tat zog nur unbedeutende Folgen nach sich; nur vorübergehend kam es zu einer Stockung bei der Bezahlung von Raten, ein Umstand, der in der Folge durch höhere Ratenzahlungen ausgeglichen wurde (US 9 f iVm S 277 und 301 f). Die Folgen blieben demnach einerseits unbedeutend und wurden im übrigen im wesentlichen beseitigt.

Eine Bestrafung des - wie gesagt - bisher unbescholtenen, ersichtlich sozial integrierten Angeklagten ist schon deshalb nicht geboten, weil er nach seiner vom Schöffengericht für unwiderlegt erachteten Verantwortung (US 8) für die Lohnbestätigung 70.000 S (S 233, 239, 241) oder 65.000 S (S 103, 121) an den Aussteller und die Vermittler dieser Bestätigung zu bezahlen hatte und auch diesen Betrag einschließlich der darauf entfallenden Zinsen an die C*****-Bank***** zurückzahlen muß, und weil er die Kreditrückzahlungsvereinbarung nach den schon erwähnten kurzfristigen Stockungen bisher "ordnungsgemäß" einhält (US 9 f), sodaß die Verlockung zu neuerlichem strafbaren Verhalten als unwahrscheinlich anzusehen ist. Vielmehr kann angenommen werden, daß die Abschreckungs- und Schockwirkung des durchgeführten Strafverfahrens wohl hinreicht, um den Angeklagten von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten (vgl S 241).

Der hohe Preis, den der Beschwerdeführer nach seiner Verantwortung für die Erlangung des Kredites zu zahlen hatte, läßt nach Lage des Falles und unbeschadet des Umstandes massenhaft auftretender gleichartiger Delinquenz - dies allerdings im Zusammenhang mit Betrugstaten anderer - eine Bestrafung des Täters auch aus generalpräventiven Erwägungen nicht geboten erscheinen, zumal auch insoweit aus dem bisherigen Strafverfahren der erforderliche Abschreckungseffekt auf potentielle Täter bloßer Urkundenfälschungen erwartet werden kann.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher das bekämpfte Urteil, soweit es ihn betrifft, aufzuheben und der Angeklagte D***** freizusprechen, ohne daß es noch erforderlich gewesen wäre, auf die weiteren von ihm geltend gemachten Nichtigkeitsgründe einzugehen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte D***** auf die freisprechende Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E33332

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0150OS00009.9300009.0311.000

Dokumentnummer

JJT_19930311_OGH0002_0150OS00009_9300009_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten