TE Vwgh Erkenntnis 2006/3/23 2004/07/0138

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Veröffentlicht am 23.03.2006
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Index

L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Tirol;
80/06 Bodenreform;

Norm

FlVfGG §4 Abs2;
FlVfGG §4 Abs5;
FlVfLG Tir 1996 §20;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde des A L in G, vertreten durch Dr. Peter R. Föger, Mag. Hanno Pall und Mag. Martin Schallhart, Rechtsanwälte in 6200 Jenbach, Schalserstraße 7, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 5. Juli 2004, Zl. LAS-683/22- 01, betreffend den Zusammenlegungsplan H, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Verordnung vom 16. März 1994 leitete das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz (im Folgenden: AB) das Verfahren zur Zusammenlegung der landwirtschaftlichen Grundstücke von H in der KG G ein. In dieses Verfahren wurden u.a. Grundstücke der EZ 90009 des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers, Johann L., einbezogen.

Mit Bescheid vom 20. März 2003 erließ die AB den Zusammenlegungsplan.

Gegen diesen Bescheid erhob der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers die Berufung vom 30. April 2003, worin er (u.a.) vorbrachte, dass er von drei Bauern die steilsten Wiesen bekommen und dafür ein halbes Hektar ebenes Feld verloren habe. Dadurch sei er um ca. EUR 75.000,-- geschädigt worden. Er verlange eine Begehung vor Ort durch eine unparteiische Kommission, die sich selbst davon überzeugen könne, dass er keine Zufahrt für die "Lwiese" (Gst Nr. 1267) habe und deshalb immer beim Nachbarn über die Wiese fahren müsse. Dieses Grundstück habe beim unteren Ende immer noch keine anständige Zufahrt. Er müsse deswegen immer beim Nachbarn über das Feld fahren, weil es nicht möglich sei, dort unten zu wenden oder mit einer vollen Fuhre (Heu, Mist, etc.) wieder hinaufzufahren. Es wäre also nicht nur in seinem Sinn, wenn der Weg um dieses Stück erweitert würde (Punkte 1. und 4. der Berufung).

Die AB führte im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 9. und 10. Juli 2003 in H auf Grund des diesbezüglichen Antrages des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers eine Begehung und Besichtigung des Grundstückes ("L") durch. In der diesbezüglichen Verhandlungsschrift (vgl. dort auf Seite 8) heißt es hiezu:

"Der Augenschein dauert von 11:30 Uhr bis 12:05 Uhr bez. der L. Eine Fahrprobe wurde nicht durchgeführt, da sie auch nicht beantragt war. Der OP-Leiter hält fest, dass durch die Kultivierungsmaßnahmen im Bereich der L eine wesentliche Verbesserung hinsichtlich der Erschließung und Befahrbarkeit eingetreten ist. Eingeräumt wird, dass jene Fläche, die im Bereich der L nur mit Motormäher bearbeitet werden kann, gegenüber dem alten Stand etwas größer geworden sein dürfte. Dies steckt jedoch in den gesamten Abfindungen drinnen und wird dadurch aufgewogen. Eine Änderung der Bewirtschaftung ist nicht erforderlich.

Der Verhandlungsleiter weist auf die Möglichkeit der ÖPUL-Förderung hin. (Der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers) begehrt, dass am Hangfuß eine Möglichkeit zum Umdrehen geschaffen wird. Diese wird an Ort und Stelle besichtigt. Es betrifft die Grundfläche der Partei Nikolaus (W.) und könnte eine Änderung nur mit seinem Einverständnis vorgenommen werden. Die hiefür erforderliche Fläche wurde an Ort und Stelle abgegangen.

Der Bodenschätzer hat mittels Gefällsmesser festgestellt, dass der zum Zeitpunkt der Begehung gemähte Bereich entlang der Ostgrenze des Abf.-Gst. 1267 eine Steigung von max. 35 % aufweist. An der Westgrenze der Abf. 1267 beträgt die Steigung max. 54 %. Im Bereich des Wegendes des Gst. 1267 beträgt die Steigung max. 52 %. Das eingetauschte Alt-Gst. weist eine Steigung von immerhin max. 50 % auf. Die Unterschiede sind somit geringfügig. (...)"

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2003 brachte der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers, vertreten durch diesen, gegenüber dem Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung (im Folgenden: LAS) in Ergänzung der Berufung vor, dass man bei der Besichtigung der "L-wiese" (Gst. Nr. 1267) im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 10. Juli 2003 einwandfrei habe sehen können, dass die Zufahrt bei dieser Wiese einfach nicht zufriedenstellend angelegt worden sei. Es wäre ja auch im Sinn von Klaus (W.), diesen Weg zu verlängern, damit sie nicht immer auf sein Grundstück fahren müssten.

Der LAS führte mit dem Beschwerdeführer und dessen Rechtsvorgänger am 4. Mai 2004 eine Besprechung und Besichtigung durch. In dem diesbezüglichen Aktenvermerk des LAS vom 4. Mai 2004 heißt es:

"(...)

Im Gemeindeamt wurde die Berufung L Punkt für Punkt besprochen.

Pkt. 1 der Berufung bezieht sich hauptsächlich auf das Gst 1267 'L-wiese'. Der Berufungswerber (dieser ist auf Grund des Eigentumswechsels (der Beschwerdeführer)) wünscht eine bessere Erschließung im Bereich des Hangfußes. Dies könnte dadurch erreicht werden, dass aus dem angrenzenden Gst 1278 des Nikolaus (W.) (EZ 90012) eine dreiecksförmige Fläche von 100 bis 150 m2 mit Gst 1267 vereinigt wird. Der Berufungswerber wird (W.) um Zustimmung fragen. Ein Wegbau (Verlängerung des am Hangfuß verlaufenden Weges) ist seitens des Berufungswerbers nicht beabsichtigt, sondern geht es ihm darum, das Befahren (Umkehren) mit Traktor auf Eigengrund zu erleichtern.

(...)"

In dem in weiterer Folge erstatteten agrartechnischen Gutachten des Dipl. Ing. C. vom 30. Juni 2004 heißt es unter Bezugnahme auf die Punkte 1. und 4. der Berufung:

"Zusammenfassend sind diese beiden Punkte der Berufung so zu verstehen, dass der Berufungswerber das Abfindungsgrundstück 1267 als nicht ausreichend erschlossen bezeichnet und dass er sich durch die Zuweisung von Steilflächen anstelle von ihm eingebrachter ebener Felder beschwert fühlt.

Zur Erschließung der L-wiese (Gp. 1267):

Festgestellt wurde, dass dem Berufungswerber im Bereich der Lwiese entsprechend seinen im alten Stand eingebrachten Grundstücken 104, 105, 107 und 108 ein ähnlich großes, ähnlich quadratisch ausgeformtes und lediglich in der Lage um ca. die halbe Grundstücksbreite nach Westen verschobenes Abfindungsgrundstück (Gp. 1267) zugeteilt wurde. Das eingebrachte Altgrundstück war nur an der Hangoberkante (Südseite) durch einen Gemeindeweg erschlossen, das Abfindungsgrundstück ist zusätzlich zu dieser Erschließung auch noch durch den neu errichteten Weg Gp. 1277 talseitig (Nordseite der Abfindung) erschlossen. Durch diesen von der Zusammenlegungsgemeinschaft errichteten Weg ist für das Abfindungsgrundstück 1267 im Vergleich zu den eingebrachten Altgrundstücken 104, 105, 107 und 108 eine eindeutige Verbesserung der Erschließungssituation eingetreten, da es dem Berufungswerber nunmehr möglich ist, zur Bewirtschaftung der (nur teilweise traktorbefahrenen) Abfindungsfläche von oben und von unten zuzufahren. Die Behauptung des Berufungswerbers, das Abfindungsgrundstück Gp. 1267 (L-wiese) sei nicht ausreichend erschlossen, ist daher nicht nachvollziehbar.

Zur Abfindung mit 'steilsten' Wiesen:

Unabhängig davon, dass es sich bei diesem Vorbringen in der Berufung um eine Frage der Gesetzmäßigkeit der Abfindung handelt, ist folgender Sachverhalt festzuhalten: Steile, d.h. nur teilweise traktorbefahrene Abfindungen, wurden dem Berufungswerber im Bereich der L-wiese (das bereits besprochene Gst. 1267) und im Erain (Teil vom Gst. 1217) zugewiesen. So wie im Fall der bereits erläuterten L-wiese hat der Berufungswerber auch im Bereich E-rain wesentliche Teile der ihm jetzt zugeteilten steilen Wiese (Altgrundstück 226/2) eingebracht. Siehe dazu die beiliegende planliche Gegenüberstellung alter Stand - neuer Stand. Die Behauptung des Berufungswerbers, wonach er 'von drei Bauern die steilsten Wiesen bekommen und ... dafür ein halbes Hektar ebenes Feld verloren ... habe', ist somit ebenfalls nicht nachvollziehbar.

Zur Gesetzmäßigkeit der Abfindung:

(...) Die beiliegende Gegenüberstellung alter Stand - neuer Stand zeigt deutlich, dass im Zuge des Zusammenlegungsverfahrens H dem Berufungswerber anstelle der vielen verstreuten, teilweise sehr schmalen und ungünstig ausgeformten Bewirtschaftungskomplexe im neuen Stand nur mehr 3 im Wesentlichen rechteckig ausgeformte, geradlinig abgegrenzte und voll erschlossene Abfindungskomplexe zugewiesen wurden. Durch das Grundzusammenlegungsverfahren H hat sich also auch in dieser Hinsicht für den Berufungswerber ein wesentlicher Zusammenlegungserfolg eingestellt."

Nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 5. Juli 2004 wies der LAS mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 5. Juli 2004 die vom Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des AB vom 20. März 2003 erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab.

Begründend führte der LAS, soweit hier beschwerdegegenständlich, im Wesentlichen unter Bezugnahme auf das Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 (TFLG 1996) aus, dass die Berufung dem Beschwerdeführer als Rechtsnachfolger des Beschwerdeführers auf Grund des Eigentumswechsels zuzurechnen sei (§ 75 Abs. 3 leg. cit.). Gemäß § 20 Abs. 8 leg. cit. hätten die Grundabfindungen aus Grundflächen zu bestehen, die eine günstige Form und Größe aufwiesen und ausreichend erschlossen seien. Dem Beschwerdeführer sei im Bereich der "L-wiese" (Gst. 1267) entsprechend seinen Altgrundstücken Nr. 104, 105, 107 und 108 ein ähnlich großes, ähnlich quadratisch geformtes und lediglich in der Lage um ungefähr die halbe Grundstücksbreite nach Westen verschobenes Abfindungsgrundstück (Gst. 1267) zugeteilt worden. Während die Altgrundstücke nur an der Hangoberkante (Südseite) durch einen öffentlichen Weg (Gst. 78/3) erschlossen gewesen seien, werde das Abfindungsgrundstück zusätzlich zu dieser Erschließung auch durch den neu errichteten Weg Gst. 1277 talseitig (Nordseite) erschlossen. Durch diesen im Verfahren als gemeinsame Anlage errichteten Weg, der ins öffentliche Gut übernommen wurde, sei für das neu gebildete Gst. 1267 im Vergleich zu den obgenannten Altgrundstücken eine eindeutige Verbesserung der Erschließungssituation eingetreten, da es dem Beschwerdeführer nunmehr möglich sei, zur Bewirtschaftung des (nur teilweise traktorbefahrbaren) Abfindungsgrundstückes von oben und von unten zuzufahren.

Zum ebenfalls die Frage der Gesetzmäßigkeit der Abfindung berührenden Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe von drei Bauern die steilsten Wiesen bekommen, sei erhoben worden, dass steile, d.h. nur teilweise traktorbefahrbare, Abfindungsflächen dem Beschwerdeführer im Bereich der bereits erwähnten "L-wiese" (Gst. 1267) und im "E-rain" (Teil des neu gebildeten Gst. 1217) zugewiesen worden seien. Wie im Fall der "L-wiese" habe er auch im "E-rain" wesentliche Teile der ihm zugewiesenen steilen Wiese eingebracht, er sei also bereits im alten Stand Eigentümer einer Steilfläche (Gst. 226/2) gewesen. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe von drei Bauern die steilsten Wiesen bekommen und dafür ein halbes Hektar ebenes Feld verloren, sei nicht nachvollziehbar.

Laut rechtskräftigem Besitzstandsausweis und Bewertungsplan habe der Beschwerdeführer im Bauland 1718 m2, bewertet mit 120,2600 Punkten ins Zusammenlegungsverfahren eingebracht. Die Grundabfindung laut Zusammenlegungsplan im Bauland entspreche exakt diesem Ausmaß bzw. Wert. Im Freiland habe der Beschwerdeführer 73.518 m2, bewertet mit 349,8955 Punkten, eingebracht. Im Zusammenlegungsplan sei für ihn eine Gesamtabfindung im Ausmaß von 74.021 m2 mit 353,4110 Wertpunkten ausgewiesen, was einer Mehrzuteilung von 1.928 m2 mit 9,5158 Wertpunkten entspreche.

Die Mehrabfindung (§ 20 Abs. 1 und 9 leg. cit.) von 9,5158 Wertpunkten liege um 2,21 % über dem Abfindungsanspruch. Darüber hinaus entspreche sie dem vom Beschwerdeführer bei der Anhörung zum Besitzstand geäußerten Wunsch, eine Mehrabfindung von ca. 10 Wertpunkten zu erwerben. Die Abweichung im Fläche-Wert-Verhältnis zwischen altem und neuem Stand (§ 20 Abs. 8 leg. cit.) betrage 0,32 % und sei daher in Anbetracht einer zulässigen Abweichung bis zu 20 % (nach dieser Gesetzesbestimmung) zu vernachlässigen.

Die Gegenüberstellung alter Stand - neuer Stand zeige deutlich, dass dem Beschwerdeführer anstelle der verschieden verstreuten, teilweise sehr schmalen und ungünstig geformten Bewirtschaftungskomplexe nur mehr drei, im Wesentlichen rechteckig geformte, geradlinig abgegrenzte und voll erschlossene Abfindungskomplexe zugewiesen worden seien. Damit sei für ihn ein wesentlicher Zusammenlegungserfolg eingetreten. Alle in § 20 leg. cit. genannten Kriterien der Gesetzmäßigkeit der Abfindung seien erfüllt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Beschwerde bringt vor, dass der LAS - ungeachtet des Umstands, dass der am 10. Juli 2003 durchgeführte Lokalaugenschein ergeben habe, dass die Zufahrtsmöglichkeiten zum Grundstück Nr. 1267 tatsächlich unbefriedigend seien - die im TFLG 1996 festgeschriebenen Erschließungskriterien nicht gehörig berücksichtigt habe. Es komme nicht darauf an, dass für das neu zugewiesene Grundstück Nr. 1267 nunmehr zwei Zufahrtsmöglichkeiten bestünden, sondern darauf, ob zumindest eine Zufahrtsmöglichkeit mit zeitgemäßen, modernen Gerätschaften zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung vorhanden sei und sich dadurch eine Verbesserung zum Altbestand ergebe. Dies sei beim Grundstück Nr. 1267 nicht der Fall, und es sei nicht im Sinn des Landesgesetzgebers gelegen, lediglich eine Verschiebung (allenfalls Vereinigung bzw. Konzentration) des Besitzstandes herbeizuführen. Es möge zwar so sein, dass "ein bestimmtes Grundstück" mit schwerem Gerät (z.B. Traktor) nicht oder nur teilweise befahrbar sei. Wenn aber das Grundstück selbst bei Zuweisung neuer Teilflächen weiterhin einer zeitgemäßen Bewirtschaftung verschlossen bleibe, so habe die Neuzuweisung von Grundstücken zu unterbleiben. Auch bleibe es unerklärlich, warum die Behörde nicht etwa eine Umlegung oder Neuerrichtung von Wegstücken in Erwägung gezogen habe, um dem in § 17 Abs. 1 TFLG 1996 genannten Erfordernis der zweckmäßigen Erschließung und Bewirtschaftung von Abfindungsgrundstücken Genüge zu tun. Der Beschwerdeführer habe in seiner Stellungnahme vom 29. Oktober 2003 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er ein halbes Hektar ebenes Feld verloren und statt dessen die steilsten Wiesen zugeteilt erhalten habe, sodass er in seinen Bewirtschaftungsmöglichkeiten und betriebswirtschaftlichen Erfolgsaussichten verkürzt und im Vergleich zu anderen Liegenschaftseigentümern benachteiligt sei. In diesem Zusammenhang möge dahingestellt bleiben, ob unter Hinweis auf den Bewertungsplan eine Gesamtabfindung des Beschwerdeführers stattgefunden habe, welche eine annähernde Identität der Wertpunkte des Altbestandes und der Wertpunkte der Abfindungsgrundstücke mit sich bringe. Entgegen der Rechtsansicht des LAS sei es gemäß § 20 Abs. 8 leg. cit. nicht wesentlich, ob eine annähernd gleiche Zuweisung von Wertpunkten erfolge, sondern es habe die gesamte Grundabfindung dem Betroffenen einen größeren oder zumindest gleichen Betriebserfolg bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und ohne erhebliche Änderung der Art und Einrichtung des Betriebes zu ermöglichen, wie dies die in das Verfahren einbezogenen Grundstücke mit sich gebracht hätten. Der LAS hätte sich daher mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die Neuzuteilung die tatsächliche Bewirtschaftungssituation für den Beschwerdeführer nicht verschlechtere. Die vom LAS angeführten faktischen Veränderungen stellten lediglich Fakten dar, die einem jeden Zusammenlegungsverfahren grundsätzlich innewohnten, und es sei zum Einwand, die steilsten Wiesen zugeteilt erhalten zu haben, überhaupt kein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt worden. So fehlten Ermittlungen darüber, wie steil die zugewiesenen Wiesen im Vergleich zu jenen des Altbestandes tatsächlich seien und ob eine relative Benachteiligung des Beschwerdeführers im Vergleich zu den anderen Parteien stattgefunden habe. Der LAS habe zwar erheben lassen, dass dem Beschwerdeführer mehrere steile Grundstücksflächen zugewiesen worden seien, aber nicht geklärt, ob dadurch für ihn eine Verschlechterung eingetreten sei, wobei der bloße Hinweis, dass dieser bereits im Altbestand Eigentümer einer Steilfläche gewesen sei, nicht ausreichend sei. Ferner hätte sich der LAS im Sinn des § 20 leg. cit. mit dem Einwand des Beschwerdeführers auseinandersetzen müssen, dass er durch die fehlerhafte Ermittlung des Abfindungsanspruches um ca. EUR 75.000,-- geschädigt worden sei.

Der LAS legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Abs. 1 und 2 sowie § 20 Abs. 1, 8 und 9 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1996 (TFLG 1996), LGBl. Nr. 74, lauten:

"§ 1. (1) Im Interesse der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen und umweltverträglichen Landwirtschaft können die Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse im ländlichen Lebens- und Wirtschaftsraum durch Neueinteilung und Erschließung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe nach zeitgemäßen betriebs- und volkswirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten im Wege eines Zusammenlegungsverfahrens verbessert oder neu gestaltet werden.

(2) Zur Erreichung dieser Ziele sind in erster Linie die Nachteile abzuwenden, zu mildern oder zu beheben, die verursacht werden durch:

a) Mängel der Agrarstruktur (wie z.B. zersplitterter Grundbesitz, ideell oder materiell geteiltes Eigentum, ganz oder teilweise eingeschlossene Grundstücke, ungünstige Grundstücksformen, unwirtschaftliche Betriebsgrößen, beengte Orts- und Hoflage, unzulängliche Verkehrserschließung, ungünstige Geländeformen, ungünstige Wasserverhältnisse, unzureichende naturräumliche Ausstattung) oder

b) Maßnahmen im allgemeinen öffentlichen Interesse (wie z. B. Errichtung, Änderung oder Auflassung von Eisenbahnen, Straßen und Wegen, Wasserläufen, Wasserversorgungs-, Energieversorgungs- oder Abwasseranlagen, Hochwasser-, Wildbach- oder Lawinenschutzbauten)."

"§ 20. (1) Jede Partei hat Anspruch, unter Anrechnung der Grundaufbringung gemäß § 17 Abs. 2 entsprechend dem Wert ihrer in das Verfahren einbezogenen Grundstücke mit Grundstücken von tunlichst gleicher Beschaffenheit abgefunden zu werden. Miteigentümern steht ein gemeinsamer Abfindungsanspruch zu.

(...)

(8) Die gesamten Grundabfindungen einer Partei haben in Art und Bewirtschaftungsmöglichkeit den in das Verfahren einbezogenen Grundstücken der Partei weitgehend zu entsprechen und bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung ohne erhebliche Änderung der Art und Einrichtung des Betriebes einen größeren oder zumindest gleichen Betriebserfolg wie die in das Verfahren einbezogenen Grundstücke zu ermöglichen. Die Grundabfindungen haben aus Grundflächen zu bestehen, die eine günstige Form und Größe aufweisen und ausreichend erschlossen sind. Unter Berücksichtigung der Grundaufbringung gemäß § 17 Abs. 2 hat das Verhältnis zwischen Flächenausmaß und Wert der gesamten Grundabfindungen einer Partei dem Verhältnis zwischen Flächenausmaß und Wert der gesamten in das Verfahren einbezogenen Grundstücke der Partei möglichst zu entsprechen. Unvermeidliche Abweichungen sind bis einschließlich 20 v.H. dieses Verhältnisses zulässig.

(9) Der Abfindungsberechnung ist der Abfindungsanspruch (Abs. 1) zugrunde zu legen. Der Unterschied zwischen dem Abfindungsanspruch und dem Wert der Grundabfindung darf nicht mehr als 5 v.H. des Wertes des Abfindungsanspruches betragen und ist in Geld auszugleichen."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Gesetzmäßigkeit der Abfindung ein Gesamtvergleich des Altbesitzes mit der gesamten Abfindung entscheidend und zieht selbst das Vorhandensein einzelner Mängel bei einem Abfindungsgrundstück für sich allein noch nicht die Gesetzwidrigkeit der Abfindung nach sich (vgl. etwa das zum OÖ FLG ergangene, wegen der insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem TFLG 1996 auch im vorliegenden Zusammenhang maßgebliche hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2006, Zlen. 2004/07/0147 u.a., mwN).

Die Beschwerde bestreitet nicht, dass - wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt wurde - dem Beschwerdeführer anstelle der vielen verstreuten, teilweise sehr schmalen und ungünstig geformten Bewirtschaftungskomplexe nur mehr drei, im Wesentlichen rechteckig geformte, geradlinig abgegrenzte Abfindungskomplexe zugewiesen wurden. Sie stellt auch nicht in Abrede, dass das dem Beschwerdeführer zugeteilte Abfindungsgrundstück Nr. 1267 ("Lwiese"), das - wie die eingebrachten Altgrundstücke Nr. 104, 105, 107 und 108 - ähnlich groß, ähnlich quadratisch geformt und lediglich in der Lage um ungefähr die halbe Grundstücksbreite nach Westen verschoben ist, gegenüber dem Altbestand über den bereits früher bestandenen öffentlichen Weg (Grundstück Nr. 78/3) an der Hangoberkante (Südseite) nunmehr zusätzlich durch den neu errichteten Weg (Grundstück Nr. 1277) talseitig (an der Nordseite) erschlossen ist.

Die Beschwerde bringt indes vor, dass das Abfindungsgrundstück Nr. 1267 nach der Zuteilung der neuen Flächen weiterhin "nicht oder nur teilweise" mit schwerem Gerät (einem Traktor) befahrbar sei, sodass das Grundstück weiterhin einer zeitgemäßen Bewirtschaftung verschlossen bleibe, und, weil sich daher keine Verbesserung gegenüber dem Altbestand ergeben habe, die Zuweisung von neuen Flächen bzw. Zusammenlegung hätte unterbleiben müssen.

Diesem Vorbringen ist zunächst zu erwidern, dass - wie bereits ausgeführt wurde - das Vorhandensein oder Weiterbestehen einzelner Mängel bei einem Abfindungsgrundstück für sich allein noch nicht die Gesetzwidrigkeit der Abfindung nach sich zieht. Weiters ist sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in der Beschwerde unbestritten geblieben, dass der Beschwerdeführer, der wesentliche Teile der ihm zugewiesenen steilen Wiese in das Zusammenlegungsverfahren eingebracht hat, wobei das Abfindungsgrundstück (Nr. 1267) lediglich in der Lage um ungefähr eine halbe Grundstücksbreite nach Westen verschoben wurde, auch den Altbestand nur zum Teil mit dem Traktor (somit schwerem Gerät) befahren und diesen Teil im Übrigen nur händisch (mit dem Motormäher) bearbeiten konnte. Ferner ist das Abfindungsgrundstück im Hinblick darauf, dass ein weiterer (talseitiger) Weg errichtet wurde, nunmehr von zwei Seiten erreichbar. Mit dem obzitierten Vorbringen legt die Beschwerde nicht nachvollziehbar dar, inwieweit die Annahme des LAS, wonach durch diesen Weg eine eindeutige Verbesserung der Erschließungssituation eingetreten sei, unzutreffend sei. Von daher ist es der Beschwerde nicht gelungen, eine Gesetzwidrigkeit der Grundabfindung auf Grund einer unzureichenden Erschließung (§ 20 Abs. 8 zweiter Satz TFLG 1996) aufzuzeigen.

Wenn die Beschwerde vorbringt, es seien keine Ermittlungen hinsichtlich der Steilheit der Flächen durchgeführt worden, so übersieht sie, dass, wie oben (vgl. I.) dargestellt wurde, in der am 9. und 10. Juli 2003 durchgeführten Verhandlung im Bereich des genannten Abfindungsgrundstückes eine Gefällsmessung durchgeführt wurde und lediglich geringfügige Unterschiede zum Altbestand festgestellt wurden.

Das Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer gegenüber anderen Parteien des Zusammenlegungsverfahrens relativ benachteiligt worden sei, geht bereits deshalb fehl, weil - abgesehen davon, dass die Beschwerde diesen Vorwurf nicht durch konkrete Behauptungen hinsichtlich der anderen Parteien zugewiesenen Abfindungen untermauert hat - bei der Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der Abfindung neben den in § 20 TFLG 1996 normierten Kriterien kein Günstigkeitsvergleich mit anderen Parteien des Zusammenlegungsverfahrens anzustellen ist.

Was schließlich den - zahlenmäßig ebenso nicht näher untermauerten - Beschwerdevorwurf anlangt, dass der Beschwerdeführer nicht mehr zumindest den gleichen Betriebserfolg erziele, so ist dieses allgemeine Vorbringen nicht geeignet, darzulegen, dass er tatsächlich mit seiner Gesamtabfindung einen geringeren Betriebserfolg als vor der Zusammenlegung habe.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der Durchführung der in der Beschwerde beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden. Der angefochtene Bescheid wurde von einem Tribunal im Sinn des Art. 6 EMRK, das eine mündliche Verhandlung (am 5. April 2004) durchgeführt hat, erlassen, sodass die Durchführung der nunmehr beantragten mündlichen Verhandlung entbehrlich war (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2005, Zl. 2004/07/0019, mwN).

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. März 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004070138.X00

Im RIS seit

27.04.2006

Zuletzt aktualisiert am

14.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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