TE Vfgh Beschluss 2002/2/25 G326/01

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Veröffentlicht am 25.02.2002
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Index

L5 Kulturrecht
L5500 Baumschutz, Landschaftsschutz, Naturschutz

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
Nö NaturschutzG 2000 §6 Z4
Nö NaturschutzG 2000 §38 Abs5
VfGG §18
VfGG §62

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung des Verbotes der Beleuchtung von Werbeanlagen nach dem Nö NaturschutzG 2000 mangels Darlegung der unmittelbaren Betroffenheit im Hinblick auf die Ausnahme von den Verboten für bereits bewilligte Vorhaben gemäß einer Übergangsvorschrift

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Mit seinem auf Art140 B-VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller, §6 Z4 NÖ Naturschutzgesetz 2000, LGBl. Nr. 5500-2, als verfassungswidrig aufzuheben.

1.2. Der Antragsteller begründet seine Antragslegitimation wie folgt:

"Ich betreibe vor allem entlang der A2 Südautobahn, hier vor allem im Bereich der niederösterreichischen Gemeinden Vösendorf und Biedermannsdorf im Nahbereich der SCS die von mir initiierte 'Strohwerbung' auf Ansammlungen von Strohballen, die Landwirte im freien Feld in grundsätzlich althergebrachter Weise lagern. Diese Strohansammlungen wurden von den Bauern seit jeher durch teilweise Abdeckung der Oberfläche (vor allem auf der Wetterseite) gegen die Unbillen des Wetters geschützt. Neu an meiner Idee war nur, diese Abdeckfolien mit Werbeaufdruck zu versehen und auch zu beleuchten, damit sie auch im Dunkeln wahrnehmbar sind. Bei dieser Art des Schutzes der Feldfrüchte bäuerlicher Arbeit vor dem Verderb (Stroh verfault leicht wenn es nass wird) handelt es sich also um wohlerworbene Rechte des österreichischen Bauernstandes im Rahmen der Landwirtschaft, vergleichbar mit dem Werbeaufdruck auf der Markise oder dem Sonnenschirm eines Almgasthofes außerhalb des Ortsgebietes, der nach den Bestimmungen des NÖ Naturschutzgesetz 2000, LGBl. 5500 jetzt auch grundsätzlich verboten ist. Die Landwirte bekommen diese Abdeckungen nunmehr ohne eigene finanzielle Aufwendungen durch den Werbekunden unentgeltlich zur Verfügung gestellt, was den Bauernstand von derartigen Anschaffungen und von der laufenden Erhaltung der Abdeckungen wirtschaftlich freihält, was angesichts der Schmälerung des Einkommens der Bauernschaft innerhalb der letzten Jahre einen positiven Beitrag zur Stärkung des Bauernstandes darstellt.

Bei dieser Werbeform werden also entlang von viel befahrenen Straßenzügen Werbeflächen auf sogenannten 'Strohtristen' großflächig affichiert und seit einigen Jahren auch ab Einbruch der Dunkelheit beleuchtet, um eine Sichtbarkeit der Werbung auch bei Dunkelheit zu erreichen. Derartige Werbeflächen betreibe ich auch im Gebiet Gemeinde Schwechat und zwar an der A4 Flughafenautobahn gelegen.

Mit der angefochtenen Gesetzesstele wurde beschlossen, aus Gründen des Naturschutzes, die Beleuchtung von Werbeflächen außerhalb des Ortsgebietes generell und ohne Rücksicht auf die örtlichen Gegebenheiten und ohne Nachweis einer tatsächlichen Störung der Natur zu verbieten. Ausgenommen von diesem Verbot wurde nur die politische Werbung. Diese scheint offenbar der Natur nicht zu schaden.

Durch die angefochtene Gesetzesstelle wird mir somit die Rechtspflicht auferlegt, die bei meinen bestehenden Werbeanlagen vor Inkrafttreten der inkriminierten Gesetzesstellen mit erheblichem finanziellen Aufwand errichteten Beleuchtungsanlagen außer Betrieb zu setzen. Negativ formuliert, wird mir der Betrieb der bestehenden Beleuchtungsanlagen für meine Werbeflächen, die außerhalb des Ortsgebietes gelegen sind, ab dem Inkrafttreten des bekämpften Gesetzes verboten.

Hierdurch wird in meine Rechtssphäre unmittelbar und aktuell eingegriffen, ohne dass es hiefür eine(n)r behördlichen Entscheidung bedürfte. Ich bin somit unmittelbar betroffen.

Für den Fall des Zuwiderhandelns gegen das bestehende Verbot muss ich mit der Verhängung einer Verwaltungsstrafe gemäß §36 (1) Z. 2 des NÖ Naturschutzgesetzes 2000 und mit der Einleitung eines entsprechenden Strafverfahrens rechnen, was mir nicht zumutbar ist.

Es steht mir auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um mich gegen die verfassungswidrige Gesetzesstelle zur Wehr setzen zu können, sodass meine Antragslegitimation hiermit gegeben ist."

2. Die Niederösterreichische Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie begehrt, den Antrag als unzulässig zurückzuweisen bzw. abzuweisen. Der Antragsteller begründe seinen Antrag damit, dass er auf "Strohtristen" Werbeflächen affichiere und seit einigen Jahren ab Einbruch der Dunkelheit auch beleuchte. Daraus sei zu schließen, dass der Antragsteller - schon vor Inkrafttreten des NÖ NSchG 2000 - Werbeanlagen betrieben und beleuchtet habe, jedoch keine Ankündigungen und Hinweise im Sinne des §6 Z4 NÖ NSchG 2000. Daher sei ein auf Aufhebung des gesamten §6 Z4 NSchG 2000 gerichteter Antrag überschießend. Auch sei davon auszugehen, dass für die betriebenen Werbeanlagen nach bisheriger Rechtslage entweder keine naturschutzbehördliche Bewilligung erforderlich gewesen sei bzw. für die Werbeanlagen eine naturschutzrechtliche Bewilligung bestehe. Es seien daher die Übergangsbestimmungen des §38 Abs4 und 5 NÖ NSchG 2000 maßgeblich, nach denen entweder eine nachträgliche Bewilligung nicht erforderlich sei bzw. die Vorhaben vom Verbot des §6 leg. cit. unberührt blieben.

3. Der Antragsteller erstattete eine Replik.

4.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des NÖ Naturschutzgesetzes 2000, LGBl. Nr. 5500-0 bzw. LGBl. Nr. 5500-2, lauten:

"§6

Verbote

Außerhalb vom Ortsbereich, das ist ein baulich oder funktional zusammenhängender Teil eines Siedlungsgebietes (z.B. Wohnsiedlungen, Industrie- oder Gewerbeparks), ist verboten:

(...)

4. die Beleuchtung von Werbeanlagen, Ankündigungen und Hinweisen im Sinne des §7 Abs1 Z. 3.

§7

Bewilligungspflicht

(1) Außerhalb vom Ortsbereich, das ist ein baulich oder funktional zusammenhängender Teil eines Siedlungsgebietes (z.B. Wohnsiedlungen, Industrie- oder Gewerbeparks), bedürfen der Bewilligung durch die Behörde:

(...)

3. die Errichtung, Anbringung, Aufstellung, Veränderung und der Betrieb von Werbeanlagen, Hinweisen und Ankündigungen ausgenommen der für politische Werbung und ortsübliche, eine Fläche von einem Quadratmeter nicht übersteigende Hinweisschilder;

(...)

§38

Schluss- und Übergangsbestimmungen

(...)

(4) Sofern Vorhaben, die nach diesem Gesetz einer Bewilligung bedürfen, nach den bisher geltenden Bestimmungen nicht bewilligungsbedürftig waren und vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgeführt wurden, ist eine nachträgliche Bewilligung nicht erforderlich.

(5) Vorhaben, die nach den bisher geltenden Vorschriften naturschutzbehördlich bewilligt wurden, bleiben von den in diesem Gesetz enthaltenen Verboten (§6) unberührt."

4.2. Nach der bisher geltenden Rechtslage, dem Gesetz über die Erhaltung und die Pflege der Natur (NÖ Naturschutzgesetz), LGBl. Nr. 5500-7, bedarf im Grünland der Bewilligungspflicht gemäß §4 Abs1:

"(...)

2. die Errichtung, Anbringung, Aufstellung, Veränderung und der Betrieb von Werbeanlagen."

II. Der Antrag ist unzulässig:

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist sohin, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der betreffenden Person eingreift und diese - im Fall einer Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass der Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar durch das Gesetz selbst tatsächlich erfolgt. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die - rechtlich geschützten - Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (vgl. etwa VfSlg. 9084/1981, 10.511/1985).

2. Das Verbot des §6 Z4 NÖ NSchG 2000 - von dem der Antragsteller unmittelbar betroffen zu sein behauptet - erfasst die Beleuchtung von Werbeanlagen, Ankündigungen und Hinweisen, die im Sinne des §7 Abs1 Z3. leg. cit. bewilligungspflichtig sind, außerhalb vom Ortsbereich. Nach der Schluss- und Übergangsbestimmung des §38 Abs5 NÖ NSchG 2000 bleiben jedoch Vorhaben, die nach den bisher geltenden Vorschriften naturschutzbehördlich bewilligt wurden, von den Verboten des §6 leg. cit. unberührt.

Der Antragsteller behauptet nicht einmal, dass die von ihm betriebenen Anlagen nicht nach den bisher geltenden Vorschriften naturschutzbehördlich bewilligt worden seien bzw. er die Bewilligung neuer Anlagen beabsichtige. Er behauptet, dass ihm die Rechtspflicht auferlegt werde, "die bei seinen (meinen) bestehenden Werbeanlagen vor Inkrafttreten der inkriminierten Gesetzesstellen mit erheblichem finanziellen Aufwand errichteten Beleuchtungsanlagen außer Betrieb zu setzen". Der Antragsteller führt auch nicht näher aus, dass Werbeflächen auf so genannten "Strohtristen" überhaupt bewilligungspflichtige Anlagen im Sinne des §7 Abs1 Z3 NSchG 2000 seien. Für den Verfassungsgerichtshof ist daher nicht erkennbar, ob der Antragsteller aufgrund der Schluss- und Übergangsbestimmung des §38 Abs5 NÖ NSchG 2000 von dem Verbot des §6 Z4 NÖ NSchG 2000 überhaupt unmittelbar betroffen ist.

Es kann somit auch dahingestellt bleiben, ob die Übergangsbestimmung des §38 Abs5 NÖ NSchG 2000 auch auf jene Fälle anzuwenden ist, in denen für ein vor dem Inkrafttreten des NÖ NSchG 2000 ausgeführtes, nach den früheren Bestimmungen nicht bewilligungspflichtiges Vorhaben gemäß §38 Abs4 NÖ NSchG 2000 keine nachträgliche Bewilligung erforderlich ist.

Der Antrag ist somit schon deshalb zurückzuweisen, weil die Betroffenheit des Antragstellers durch die bekämpften Regelungen in sich widersprüchlich bzw. nicht näher dargetan wurde. Damit leidet der Antrag aber an einem inhaltlichen, nicht verbesserungsfähigen Mangel (vgl. VfSlg. 13.717/1994, VfGH vom 25. Februar 1997, G303/96).

3. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

Übergangsbestimmung, Naturschutz, Landschaftsschutz, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Individualantrag, VfGH / Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:G326.2001

Dokumentnummer

JFT_09979775_01G00326_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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