TE Vwgh Erkenntnis 2006/4/20 2002/15/0106

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Veröffentlicht am 20.04.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §167 Abs2;
BAO §21 Abs1;
BAO §22;
BAO §23;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde der DI V in G, vertreten durch Mag. Vera Ziegelwanger, LL.M., Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rathausstraße 5/5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat I), vom 17. April 2002, GZ. RV 469/1-8/00, betreffend Einkommensteuer 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war im Streitjahr als Handelsvertreterin für eine grafische Handelsgesellschaft tätig.

In ihrer Beilage zur Einkommensteuererklärung 1998 gab sie an, Aufwendungen für "Auslandsvertretung" in Höhe von etwa 100.000 S bei der Ermittlung ihrer Einkünfte aus Gewerbebetrieb zum Abzug gebracht zu haben.

In einem Vorhalt forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin auf, zu erklären, wie sich der Betrag "Auslandsvertretung" zusammensetze, und eine Aufstellung und Belege dafür beizubringen. Schließlich setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 1998 fest und berücksichtigte dabei die Aufwendungen für Auslandsvertretung nicht.

Gegen diesen Bescheid berief die Beschwerdeführerin. Sie habe im Rahmen ihrer Auslandsvertretung Dienstleistungen ihres Ehegatten in Anspruch genommen. Diese hätten "Leistungsstunden und Reisekostenersätze" umfasst. Der Vorhalt des Finanzamts habe nicht termingerecht beantwortet werden können, weil die Post nicht an die Adresse des Zustellbevollmächtigten, sondern an die Adresse der Beschwerdeführerin abgefertigt worden sei und sie die Post nicht rechtzeitig habe beheben können. Beiliegend übermittelte die Beschwerdeführerin eine Honorarnote mit einer Aufstellung von Leistungen, die ihr Ehegatte ihr in der Höhe von rund 100.000 S für Reisen nach Kroatien, Bosnien und Jugoslawien verrechnet habe.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab, weil für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen erforderlich sei, dass die Vereinbarungen nach außen hinreichend zum Ausdruck kämen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt hätten und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen würden. Das Finanzamt stehe darüberhinaus auf dem Standpunkt, dass eine Vereinbarung dann nicht nach außen hinreichend zum Ausdruck komme, wenn sie dem Finanzamt erst im Berufungsverfahren offengelegt werde.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Die Vereinbarung zwischen den Ehegatten sei sehr wohl nach außen hinreichend zum Ausdruck gekommen, weil die Reisetätigkeit des Ehegatten der Beschwerdeführerin dokumentiert sei und auch die Honorierung seiner Leistung jederzeit einem Fremdvergleich standhalte. Es sei nicht üblich, Eingangs- und Ausgangsrechnungen der Steuererklärung anzuschließen. Deshalb sei vom Veranlagungsreferat ein Ergänzungsersuchen an die Beschwerdeführerin gerichtet worden, welches wegen eines Zustellmangels (Missachtung einer Zustellvollmacht) nicht habe beantwortet werden können. Wenn der Vorhalt richtig zugestellt worden wäre, hätten die erforderlichen Belege schon im Veranlagungsverfahren vorgelegt werden können.

Die belangte Behörde ersuchte die Beschwerdeführerin um Ergänzung der Berufung und um Beantwortung der Frage, auf Grund welcher Vereinbarung (Dienst- oder Werkvertrag) der Ehegatte die Dienstleistungen im Ausland erbringe und welche konkreten Leistungen er im Rahmen der Auslandsreisen nach Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Jugoslawien erbracht habe. Weiters forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf, eine Kopie der Verträge mit dem Ehegatten vorzulegen.

Die Beschwerdeführerin erwiderte in Beantwortung dieses Vorhalts, sie habe mit einer grafischen Handelsgesellschaft einen Handelsvertretervertrag abgeschlossen. Sie sei unter anderem für die Betreuung der Kunden in Ex-Jugoslawien zuständig. Mit ihrem Ehegatten sei ein solcher Handelsvertretervertrag nicht abgeschlossen worden, er sei jedoch operativ mit dem Verkauf der Produkte der Handelsgesellschaft und der Betreuung der Kunden im Gebiet Ex-Jugoslawiens tätig gewesen. Sein Aufgabenbereich sei in diesem Gebiet einerseits der Verkauf, andererseits sei die Beschwerdeführerin mit der technischen Umsetzung der jeweiligen Bestellungen im Inland beschäftigt gewesen. Schließlich sei die Region in dieser Zeit von schweren Unruhen erschüttert worden, die eine Reisetätigkeit für eine Frau - besonders allein - unmöglich gemacht hätten. Die Verrechnung aller Provisionen sei von der Handelsgesellschaft über die Beschwerdeführerin durchgeführt worden. Erst später sei eine Provisionierung direkt an ihren Ehegatten erfolgt. Für seine Reisetätigkeit habe ihr Ehegatte ihr Honorarnoten gelegt. Nach außen komme dieses Verhältnis "durch die Kündigung der Ehegatten durch die Handelsgesellschaft" zum Ausdruck. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin habe bei Gericht eine Klage gegen die Handelsgesellschaft eingebracht, in der er eine "Abfertigung" für seine Handelsvertretertätigkeit verlange. Als Beilagen schloss die Beschwerdeführerin eine Kopie des Handelsvertretervertrages mit der Handelsgesellschaft und eine Kopie des Fahrtenbuches des Ehegatten an, sowie die Kopie einer gerichtlichen Klage, die der Ehegatte der Beschwerdeführerin gegen die Handelsgesellschaft eingebracht habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Die Beschwerdeführerin sei als Handelsvertreterin für eine Firma, die Maschinen und Verbrauchsmaterial für das grafische Gewerbe vertreibe, tätig gewesen. Laut Handelsvertretervertrag vom 17. Februar 1997 habe ihr Aufgabengebiet die Betreuung von Kunden in der Steiermark und Kärnten bzw. Abholer und Barzahler in der Filiale B. aus dem ehemaligen Jugoslawien umfasst. Ihr sei ein nicht mit ihr verwandter Außendienstmitarbeiter von dieser Firma zur Seite gestellt worden. Mit dem Ehegatten der Beschwerdeführerin sei kein Handelsvertretervertrag abgeschlossen worden, jedoch sei er laut Schreiben des Steuerberaters vom 22. Februar 2002 operativ mit dem Verkauf der Produkte und der Betreuung der Kunden in Ex-Jugoslawien für dieselbe Firma tätig gewesen. Es sei eine undatierte Honorarnote des Ehegatten der Beschwerdeführerin vorgelegt worden, in der dieser der Beschwerdeführerin für seine Leistungen in Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Jugoslawien "vereinbarungsgemäß" folgende Aufwendungen in Rechnung gestellt habe: einen Kilometersatz in Höhe von 4,90 S pro Kilometer für 9.432 gefahrene Kilometer, einen Tagsatz in Höhe von 426 S je Tag für 30 Tage, einen Stundensatz von 250 S für 141 Stunden sowie Nachtsätze in Höhe von insgesamt 6.420 S. In Summe habe dies 100.821,80 S ergeben.

Verträge zwischen nahen Angehörigen könnten nur unter "Fremdvergleichsgesichtspunkten" anerkannt werden. Die betriebliche Veranlassung der Mitreise eines Angehörigen auf einer betrieblich veranlassten Reise sei somit nur dann zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige unter den gleichen Bedingungen und mit demselben Aufwand auch einen familienfremden Arbeitnehmer auf seine Reise mitgenommen hätte. Im vorliegenden Fall habe die Beschwerdeführerin einen Handelsvertretervertrag abgeschlossen, durch den sie für die Betreuung der Kunden in Kärnten, in der Steiermark bzw. Abholer und Barzahler in der Filiale B. aus dem ehemaligen Jugoslawien verantwortlich gewesen sei. Aus dem vorgelegten Entwurf einer Klageschrift des Ehegatten der Beschwerdeführerin gegen die Handelsgesellschaft, mit der die Beschwerdeführerin den schriftlichen Handelsvertretervertrag abgeschlossen habe, ergebe sich weiters, dass der Ehegatte auch als Handelsvertreter für diese Handelsgesellschaft tätig gewesen sei. Während seiner Tätigkeit habe der Kläger der beklagten Partei zahlreiche neue Kunden zugeführt und den Markt Ex-Jugoslawien mehr oder weniger im Alleingang für diese aufgebaut. Seit September 1997 habe die beklagte Partei Honorarnoten ausgestellt. Nach der Unterzeichnung habe der Ehegatte der Beschwerdeführerin den darin angeführten Betrag ausbezahlt erhalten. Anlässlich eines Gesprächs am 27. März 2001 habe die beklagte Handelsgesellschaft den Handelsvertretervertrag gekündigt.

Vereinbarungen zwischen den beiden Ehegatten, wonach der Mann im Ausland ausschließlich für das Unternehmen der Ehegattin tätig gewesen sei, seien seitens des Steuerberaters nicht vorgelegt worden. Aus dem Entwurf zur Klageschrift ergebe sich vielmehr, dass der Ehegatte selbst für die Handelsgesellschaft tätig gewesen sei und den Markt in Ex-Jugoslawien erschlossen habe. Dafür habe die Handelsgesellschaft ihm Honorarnoten geschrieben. Wieso er dann für diese Reisen einem anderen Handelsvertreter der Handelsgesellschaft seine Reisespesen und einen entsprechenden Stundensatz zusätzlich in Rechnung gestellt habe, sei dem Antwortschreiben nicht entnehmbar. Weiters fehle es an jeglichen nachvollziehbaren Vereinbarungen betreffend eine Risikoabgeltung. Ein fremder Dienstnehmer würde für einen Stundenlohn von 250 S und Abgeltung der Reisespesen keine Fahrt nach Bosnien und Ex-Jugoslawien in einem Jahr unternehmen, in dem dort noch schwere Unruhen herrschten. Da im vorliegenden Fall weder die Höhe der Entlohnung dem Fremdvergleich standhalte, noch der genaue Inhalt der Vereinbarungen zwischen den Ehegatten sich aus den vorgelegten Unterlagen erkennen lasse und es nicht einmal erkennbar sei, ob der Ehegatte für sich selbst bzw. für die Ehegattin in Ex-Jugoslawien gewesen sei, fehle es an den wesentlichen Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung der Vereinbarung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen für den Bereich des Steuerrechts nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie

1.

nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen,

2.

einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und

              3.              auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären.

Auch die Erfüllung der vertraglichen Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen muss diesen Anforderungen genügen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. Juni 1995, 93/15/0115, vom 1. Juli 2003, 98/13/0184, vom 16. September 2003, 97/14/0054, vom 18. März 2004, 2003/15/0049, vom 11. Mai 2005, 2001/13/0209, und vom 22. Dezember 2005, 2002/15/0169).

Diese in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen aufgestellten Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der - vom Verwaltungsgerichtshof nur auf ihre Schlüssigkeit zu prüfenden - Beweiswürdigung und kommen daher in jenen Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 11. Mai 2005).

Die belangte Behörde hat die Feststellung getroffen, dass die Beschwerdeführerin eine zwischen den Ehegatten geschlossene Vereinbarung über die vom Ehemann der Beschwerdeführerin abgerechneten Leistungen nicht vorgelegt hat.

Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie habe eine Honorarnote ihres Ehemannes vorgelegt, welche dessen Tätigkeit ausreichend dokumentiere. Die oben näher beschriebene Honorarnote entspricht jedoch nicht den von der wiedergegebenen Rechtsprechung gestellten Anforderungen an eine vertragliche Vereinbarung zwischen nahen Angehörigen. Welche konkreten Leistungen (Tätigkeiten) abgerechnet wurden, lässt die Honorarnote, welche nur Zahlen über "Datum, Reiseziel, Tage, Tagsatz, Stunden, km, Tagsatz, Nachtsatz" sowie "Stundensatz, km-Satz, Parkscheine" aufweist, im Übrigen offen. Dass die Beschwerdeführerin andere Unterlagen vorgelegt hätte, welche als schriftliche Vereinbarung mit ihrem Ehemann zu werten gewesen wären, oder dass sie auf sonstige Weise das Vorliegen konkreter Vereinbarungen nachgewiesen hätte, behauptet sie nicht.

Wegen des Fehlens einer den in der wiedergegebenen Rechtsprechung gestellten Anforderungen entsprechenden Vereinbarung durfte die belangte Behörde schon deshalb den behaupteten Zahlungen an den Ehemann der Beschwerdeführerin die Anerkennung als Betriebsausgaben verweigern.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. April 2006

Schlagworte

Sachverhalt Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2002150106.X00

Im RIS seit

04.07.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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