TE Vwgh Erkenntnis 2005/5/11 2001/13/0209

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Veröffentlicht am 11.05.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §167 Abs2;
BAO §21 Abs1;
BAO §22;
BAO §23;
EStG 1988 §4 Abs4;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Keidel LL.M., über die Beschwerde der Mag. RS in W, vertreten durch Neumayer & Walter Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1030 Wien, Baumannstraße 9/11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat V, vom 11. Juni 2001, Zlen. RV/298- 16/07/98, RV 369-16/07/98, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1995 und 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Lehrerin, erklärte im Rahmen der Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1995 Einkünfte aus "freiberuflicher Tätigkeit" als Werbevertreterin im Umfang eines Betrages von S 57.608,30. Zu diesem Einkünftebetrag gelangte sie dadurch, dass sie von der mit S 267.963,98 bekannt gegebenen Summe ihrer Einnahmen aus dieser Tätigkeit im Jahre 1995 "pauschalierte Werbungskosten" im Ausmaß von 12 % mit einem Betrag von S 32.155,68 und "Personalausgaben für Subvertreter" im Umfang von Zahlungen an ihren Sohn Philipp in Höhe von S 77.400,--, an ihre Tochter Verena in Höhe von S 74.500,--, an ihre Nichte Constanze in Höhe von S 16.300,-- und an ihre Schwester Gerda in Höhe von S 10.000,-- abzog.

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995 rechnete das Finanzamt die "Personalausgaben für Subvertreter" den bekannt gegebenen Einnahmen bei der Ermittlung der Einkünfte mit der Begründung wieder hinzu, dass die Beschwerdeführerin einen diesbezüglich ergangenen Vorhalt nicht beantwortet habe, was dem Finanzamt die Beurteilung einer betrieblichen Veranlassung der "weitergegebenen Provisionen" verwehre.

Eine am 9. Mai 1997 beim Finanzamt eingelangte Berufung gegen diesen Bescheid, in welcher die Beschwerdeführerin geltend machte, den in der Bescheidbegründung erwähnten Vorhalt nicht erhalten zu haben, ergänzte sie mit einem beim Finanzamt am 26. Mai 1997 überreichten Schriftstück, in welchem sie den Versuch einer Erläuterung der strittigen Betriebsausgaben unternahm. Sie sei Magister der Wirtschaftswissenschaften und habe über Vermittlung ihrer Schwester Gerda einen Werbevertrag mit dem Verlag B. abgeschlossen. Die dafür aufzuwendende Tätigkeit sei für sie allein zu umfangreich und zu anstrengend und sie habe von Beginn an die Absicht gehabt, ihre Kinder Philipp und Verena und ihre Nichte Constanze "in ihren Arbeitsbereich miteinzubeziehen". Diese seien Studenten und deshalb in der Lage, unregelmäßige, punktuell anfallende Leistungen zu erbringen. Es bestünde zudem die Erwartung, die Betreuung des Kundenstocks ganz in deren Kompetenz zu geben, wenn sie das nötige Wissen und Kundenvertrauen erworben hätten. Die Bezahlung stelle ein leistungsabhängiges Erfolgshonorar dar und die Tätigkeiten bestünden vorwiegend aus dem Verfassen und Versenden von Rundschreiben, dem Akquirieren von Kunden am Telefon, dem Besuch von Messen und Kunden, dem Aufsuchen von Tagungen und Pressekonferenzen und allen Tätigkeiten des Schriftverkehrs. Es habe sich nicht um eine Pauschalierung der Ausgaben der Beschwerdeführerin, sondern um "eine Auftragsweitergabe" mangels eigener Zeit gehandelt. Die Zahlung an die Schwester Gerda in Höhe von S 10.000,-- stelle eine "Abschlagszahlung für Vorleistung" dar. Angeschlossen war dem Schriftstück eine Reihe von Kopien von Zahlungsbestätigungen von Philipp, Verena, Constanze und Gerda, wobei die von den Kindern und der Nichte unterschriebenen Zahlungsbestätigungen als Leistungsinhalt "Tätigkeit als Werbebetreuer (Kundenkontakte, Verfassung von Rundschreiben und Inseratunterlagen, Telefondienst usw.)" anführen, während die Zahlungsbestätigung der Schwester dahin lautet, dass diese "für die Überlassung ihres Kundenstocks eine Abschlagszahlung von S 10.000,--" erhalten habe.

In einer beim Finanzamt am 12. Juni 1997 eingelangten Eingabe ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995 durch eine in drei Beilagen dargestellte Aufgliederung der "Entlohnung ihrer Mitarbeiter" und bemerkte hiezu, dass "die Zahlungen während der Ferienmonate bewusst höher erfolgten, um die Familienbeihilfe nicht zu gefährden". Die angeschlossenen Aufgliederungen der geleisteten Zahlungen haben folgenden Inhalt:

"Verena S.

Aufstellung für Juli 1995:

Subprovision für die Ausgabe ISR3, 4/95

ATS

7.200,-

Seilbahnbefragung der Südtiroler Seilbahnunternehmen:

 

 

 

Obereggen

 

 

 

 

St. Vigil

 

 

 

 

Predazzo

 

 

 

 

Meransen

 

 

 

 

 

8 Tage a 1.200,-

ATS

9.600,-

Honorar für recherchiertes Textmaterial

ATS

2.700,-

Übersetzung von PR-Texten von Englisch ins Deutsche

ATS

2.100,-

 

 

 

ATS

21.600,-

Aufstellung für August 1995:

Erfassen und Eingabe von Adressen: Stundenhonorar

ATS

100,-

28 Stunden a 100,-

ATS

2.800,-

Fotohonorar

ATS

1.800,-

Schreiben von Artikel

ATS

3.400,-

Akonto Subprovision für die Ausgaben ISR 6, 7, 8/95

ATS

7.600,-

Firmenbesuch Von Roll in Bern/Schweiz 5 Tage

ATS

6.500,-

 

ATS

22.100,-

Philipp S.

Aufstellung für Juli 1995:

Subprovision für die Ausgabe ISR3, 4/95

ATS 6.200,-

Seilbahnbefragung der Südtiroler Seilbahnunternehmen:

zusammen mit Verena S.

 

Obereggen

 

 

 

 

St. Vigil

 

 

 

 

Predazzo

 

 

 

 

Meransen

 

 

 

 

 

8 Tage a 1.200,-

ATS

9.600,-

Fotohonorar

ATS

2.700,-

Kontaktieren und Erfassen von Kunden
(Telefonieren, Adresselisten anlegen)
35 Stunden a 100,-



ATS



3.500,-

Schreiben von PR-Texten

ATS

1.700,-

 

 

 

ATS

23.700,-

Aufstellung für August 1995:

Erfassen und Eingabe von Adressen: Stundenhonorar

ATS

100,-

28 Stunden a 100,-

ATS

2.800,-

Schreiben von Artikel

ATS

3.400,-

Akonto Subprovision für die Ausgaben ISR 6, 7, 8/95

ATS

6.600,-

Firmenbesuch Von Roll in Bern/Schweiz 5 Tage

ATS

6.500,-

Gestaltung von PR-Texten

ATS

4.100,-

 

ATS

23.400,-

Constanze S.

Aufstellung vom 12. Juli bis 26. August 1995:

Subprovision für Inserate

ATS

2.500,-

Übersetzungen von englischem Textmaterial
14 Stunden a 150,-


ATS


2.100,-

Übersetzungen von französischen Texten
28 Stunden a 150,-


ATS


4.200,-

Korrekturlesen

ATS

1.900,-

Kontaktieren von Kunden
(Telefonieren, Rundschreiben faxen)


ATS


5.600,-

 

ATS

16.300,- "

Im Zuge der Erledigung eines Erhebungsauftrages des Finanzamtes wurden die Kinder und die Nichte der Beschwerdeführerin über ihre Tätigkeit für sie befragt und schilderten diese in folgender Weise:

Philipp:

1.) Telefonmarketing. 2-3 Stunden täglich Telefonate mit den Fachfirmen. Für diese Tätigkeit habe er S 100,-- pro Stunde jeweils bar erhalten.

2.) In einem Schizentrum in Südtirol hätten er und seine Schwester Interviews mit den Leitern bezüglich der Rentabilität eines Zusammenschlusses dreier Schigebiete gemacht.

3.) In Bern habe er an der Erstellung eines Firmenportraits gearbeitet. Welchen Betrag er dafür erhalten habe, könne er nicht mehr mit Bestimmtheit sagen (ca. S 20.000,-- im Juli 1995).

Verena:

1.) Telefonmarketing betreffend Inserate. Dafür habe sie

S 100,-- pro Stunde erhalten. Für ein abgeschlossenes Inserat habe es einen Extrapreis gegeben. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit habe 10 Stunden betragen. Das Honorar sei in bar ausbezahlt worden.

2.) Im Wesentlichen habe sie gemeinsam mit ihrem Bruder das Text- und Bildmaterial für die Zeitschrift ISR (Internationale Seilbahn Rundschau) geliefert. Die Termine seien von Gerda S. vereinbart worden. Vereinbart sei gewesen, dass sie täglich

S 1.200,-- pro Person bekommen sollten. Damit seien Benzin, Aufenthalt, Verpflegung und Arbeitszeit abgegolten worden.

Constanze:

Sie habe in den Sommermonaten 1995 Telefondienste und Übersetzungen erledigt. Die Entlohnung sei mit S 100,-- pro Stunde erfolgt. Sie habe je nach Arbeitsanfall - mehrere Stunden wöchentlich - geholfen. Das Honorar sei bar ausbezahlt worden. Insgesamt in etwa S 16.000,--.

Einen weiteren Vorhalt des Finanzamtes, mit dem sie aufgefordert wurde, bekannt zu geben, ob schriftliche Verträge abgeschlossen worden seien und ob von den Honorarempfängern Stundenaufzeichnungen geführt worden seien, beantwortete die Beschwerdeführerin mit einem Schreiben vom 3. Juni 1998. Darin führte sie an, dass sie die gegenständliche Beschäftigung gemeinsam mit ihren beiden Kindern und ihrer Nichte ähnlich einem Familienbetrieb führe, wobei sie selbst die Hauptarbeit und die Koordination mit der Hoffnung übernehmen würde, diese so ausbauen zu können, dass sie für eines ihrer Kinder als Erwerbsgrundlage dienen könnte. Dies würde sich darin widerspiegeln, dass sie einen Teil der Tätigkeiten den Kindern und der Nichte zuteilen würde. Mit ihren Kindern und ihrer Nichte habe sie keinen schriftlichen Vertrag abgeschlossen, sie hätte dies auch nicht mit einem Fremden gemacht. Mündliche Absprachen bezüglich Arbeitsaufteilung und Entlohnung habe es gegeben, wie aus den Niederschriften der Zeugeneinvernahmen zu entnehmen sei. Stundenaufzeichnungen seien keine getätigt worden, sie hätte dies auch von Fremden nicht verlangt. Die Anzahl der Stunden sei geschätzt und "wie eine Pauschale" abgerechnet worden. Es sei der Erfolg im Vordergrund gestanden und es sei ihnen wichtig gewesen, die "interne Bürokratie klein zu halten". Diese Rechtsbeziehungen wären von der Beschwerdeführerin auch mit Fremden gleichartig abgeschlossen worden. Dass diese Rechtsbeziehungen nach außen ausreichend zum Ausdruck gekommen seien, sei durch den direkten Kontakt mit Kunden (Telefongespräche und Besuche) eindeutig belegt.

Auch für das Jahr 1996 erklärte die Beschwerdeführerin Einkünfte als Werbevermittlerin. Diese betrugen S 144.069,-- und auch dieser Betrag ergab sich nach Abzug vergleichbarer "Subhonorare" von der Summe der Einnahmen:

Entgelt für Verena S.

S

43.200,-

Entgelt für Philipp S.

S

43.200,-

Entgelt für Constanze S.

S

7.200,-

sowie einer "Abschlagszahlung" iHv

S

10.000,-

Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid 1996 vorläufig und ließ diese Abzugsposten außer Ansatz.

Auch gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung "mit dem gleichen Inhalt wie die Berufung betreffend Einkommensteuerbescheid 1995".

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995 als unbegründet ab und änderte den Einkommensteuerbescheid 1996 dahin ab, dass sie ihn für endgültig erklärte. In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges aus, dass unbestritten sei, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Einkünfte als Werbevertreterin Aufwendungen für Fremdleistungen an ihre beiden Kinder, ihre Nichte und ihre Schwester geltend gemacht habe. Diese vier Personen seien auf Grund der verwandtschaftlichen Bindungen an die Beschwerdeführerin als "nahe Angehörige" im Sinne des Steuerrechts anzusehen. Ertragsteuerlich ergebe sich bei Rechtsbeziehungen zu nahen Angehörigen die Schwierigkeit, dass persönliche Naheverhältnisse zu Zweifeln am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung berechtigten, weil durch solche Naheverhältnisse die Möglichkeit der Vortäuschung von Rechtsbeziehungen erleichtert sei. Während bei einander fremden Vertragspartnern davon ausgegangen werden könne, dass jede Vereinbarung im Ergebnis des freien Spiels des Marktes "nur auf betrieblichen Gründen" beruhe, könne der Mangel eines Interessenausgleichs, wie er bei Nahebeziehungen zu besorgen sei, dazu führen, dass Gewinnanteile aus außerbetrieblichen Gründen einer Person zugerechnet werden sollten, welche dieser nicht zustünden. Die betriebliche Veranlassung von Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen setze nach ständiger Rechtsprechung deshalb voraus, dass diese nach außen hinreichend zum Ausdruck kämen, weil sonst steuerliche Folgen willkürlich herbeigeführt werden könnten (Publizität), ferner einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt hätten und schließlich auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich). Das Erfordernis der Publizität solle die Möglichkeit der willkürlichen Herbeiführung steuerlicher Folgen vermeiden, es bedeute die rechtzeitige und vollständige Bekanntgabe von Leistungsbeziehungen, wobei die exakte Umschreibung der Leistungen, des Leistungszeitpunktes und des vereinbarten Entgelts zu fordern sei. Für die im Beschwerdefall behaupteten Werkverträge wäre zu fordern gewesen, dass ihr Abschluss mit inhaltlich klarer Darlegung der erbrachten Leistungen nachgewiesen und ein fremdüblicher Zahlungsverkehr (regelmäßige Rechnungslegung und Zahlung) vorgelegen wäre. Im Falle ausreichend deutlicher Fixierung der wesentlichen Vertragsbestandteile und des Beweises von Abschluss und tatsächlicher Durchführung des Vertrages könne der mit einem nahen Angehörigen abgeschlossene Vertrag auch ohne Schriftform steuerlich anerkannt werden, sofern dem Publizitätserfordernis in ausreichender Weise entsprochen sei. Im Beschwerdefall seien keine schriftlichen Verträge abgeschlossen worden, sondern habe es lediglich mündliche Absprachen über Arbeitsaufteilung und Entlohnung (Stundenhonorar) gegeben, wobei auch keine Stundenaufzeichnungen geführt worden seien. Die Anzahl der Stunden sei geschätzt und pauschal abgerechnet worden, wobei die Honorare bar ausbezahlt worden seien. Diese Gestaltung der Rechtsbeziehungen entspreche dem Erfordernis ausreichender Publizität nicht. Weder die vorgelegten Zahlungsbestätigungen noch der direkte Kontakt mit den Kunden könnten ausreichende Publizität schaffen, weil der Inhalt des Rechtsverhältnisses der Beschwerdeführerin zu ihren nahen Angehörigen damit nicht offen gelegt sei. Für die erfolgte "Abschlagszahlung" an die Schwester der Beschwerdeführerin müsse Gleiches gelten, weil über "Art, Umfang und Rechtsgrund der Zahlung" von der Beschwerdeführerin nicht mehr als der Ausdruck "Abschlagszahlung für Vorleistungen" vorgetragen worden sei. Die Fremdüblichkeit der von der Beschwerdeführerin behaupteten Leistungsbeziehungen könne im vorliegenden Fall nur auf Grund der Honorarberechnungen und der Abwicklung der Zahlungen beurteilt werden, weil über Art und Umfang der erbrachten Leistungen keine "ausreichenden Darlegungen vorhanden" seien. Die Honorargrundlage bilde ein - bei Werkverträgen durchaus nicht unübliches - Stundenhonorar. Als absolut unüblich müsse es jedoch bezeichnet werden, dass dieses Stundenhonorar ohne jede Stundenaufzeichnung jeweils "wie ein Pauschale abgerechnet" worden sei; unter Fremden würde üblicherweise die Führung von Stundenaufzeichnungen gefordert, wenn die Entlohnung nach geleisteten Arbeitsstunden zu erfolgen habe. Die Art der Auszahlung in bar entspreche auch nicht der üblichen Zahlungsabwicklung, würde für sich allein die Rechtsbeziehungen zwar noch nicht als nicht fremdüblich darstellen, erweise im Zusammenhang mit der bloßen Schätzung der geleisteten Stunden die behauptete Rechtsbeziehung ihrem Inhalt nach insgesamt aber als nicht fremdüblich. Hiefür spreche schließlich auch der von der Beschwerdeführerin vorgetragene Umstand, dass die Zahlungen "während der Ferienmonate bewusst höher erfolgten, um die Familienbeihilfe für Studenten nicht zu gefährden". Über die Fremdüblichkeit der Rechtsbeziehung zur Schwester der Beschwerdeführerin könne nichts ausgesagt werden, weil der Inhalt dieser Rechtsbeziehung nicht dargelegt worden sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie einer Replik der Beschwerdeführerin auf die Gegenschrift erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen für den Bereich des Steuerrechts nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie

1.

nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen,

2.

einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und

              3.       auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären.

Auch die Erfüllung vertraglicher Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen muss diesen Anforderungen genügen (siehe neben den schon im angefochtenen Bescheid zitierten hg. Erkenntnissen vom 29. Juni 1995, 93/15/0115, und vom 24. Oktober 1995, 92/14/0020, des Weiteren auch die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 2001, 98/14/0137, vom 31. März 2003, 98/14/0164 und 99/14/0071, vom 4. Juni 2003, 97/13/0208 und 2001/13/0300, vom 1. Juli 2003, 98/13/0184, vom 16. September 2003, 97/14/0054, und vom 18. März 2004, 2003/15/0049).

Diese in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen aufgestellten Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der - vom Verwaltungsgerichtshof nur auf ihre Schlüssigkeit zu prüfenden - Beweiswürdigung und kommen daher in jenen Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen.

Der Grund für diese Anforderungen liegt zum einen darin, dass das zwischen Familienangehörigen typischerweise unterstellte Fehlen eines solchen Interessengegensatzes, wie er zwischen Fremden besteht, die Gefahr einer auf diesem Wege bewirkten willkürlichen Herbeiführung steuerlicher Folgen mit sich bringt, der im Interesse der durch § 114 BAO gebotenen gleichmäßigen Behandlung aller Steuerpflichtigen begegnet werden muss; zum anderen steht hinter den beschriebenen Kriterien für die Anerkennung vertraglicher Beziehungen zwischen nahen Angehörigen auch die Erforderlichkeit einer sauberen Trennung der Sphären von Einkommenserzielung einerseits und Einkommensverwendung andererseits. Helfen wie im Beschwerdefall Familienmitglieder im Betrieb des Angehörigen mit, dann tun sie dies im Regelfall in ihrer Freizeit und nicht aus rechtlicher Verpflichtung, sondern aus familiärer Solidarität. Entschließt sich der von seiner Familie unterstützte Betriebsinhaber dazu, seinen Angehörigen als Ausgleich für ihre Leistung etwas zukommen zu lassen, dann entspringt eine solche Zuwendung im Regelfall auch nicht einer rechtlichen Verpflichtung, sondern Beweggründen wie Dankbarkeit, Anstand u.dgl. Die den unterstützenden Familienangehörigen solcher Art zugewendete "Gegenleistung" stellt beim Leistenden damit aber einen Akt der Einkommensverwendung dar, der bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens unberücksichtigt bleiben muss.

Dass im Beschwerdefall vom beschriebenen Regelfall typischer familienhafter Mitarbeit abweichende, schuldrechtlich exakt nachvollziehbare Leistungsbeziehungen im Sinne der zuvor genannten Anforderungen vorgelegen wären, konnte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ohne Rechtsirrtum verneinen.

Die Beschwerdeführerin sieht es als "unbestritten" an, dass ihr Aufwendungen entstanden sind, welche "nur wegen der Mündlichkeit" der abgeschlossenen Verträge nicht anerkannt worden seien, ohne dass die belangte Behörde zu den von den Angehörigen der Beschwerdeführerin gepflogenen Kundenkontakten Feststellungen getroffen hätte. Die Rechtsfolge "überhöhter Honorare" wäre nicht die gänzliche Aberkennung jeglicher Betriebsausgaben in diesem Zusammenhang, sondern die Anerkennung nur im fremdüblichen Ausmaß. Die Behörde habe nicht "eine Scheintätigkeit" der Angehörigen festgestellt, sondern nur den Umfang der Leistungen und die Fremdüblichkeit des dafür vereinbarten Entgelts bezweifelt.

Dieses Vorbringen zeigt ein Fehlverständnis der Beschwerdeführerin vom Inhalt der die Abweisung der Berufungen tragenden Ausführungen des angefochtenen Bescheides. Bei den von der belangten Behörde skizzierten Anforderungen an die Eignung von Abmachungen zwischen nahen Angehörigen zur Herbeiführung steuerlich wirksamer Rechtsfolgen geht es, wie der Gerichtshof im zitierten hg. Erkenntnis etwa vom 1. Juli 2003, 98/13/0184, ausgeführt hat, eben nicht nur um die Vermeidung einer willkürlichen Herbeiführung steuerlicher Folgen zufolge Fehlens des zwischen Fremden bestehenden Interessengegensatzes, sondern auch um die Erforderlichkeit einer sauberen Trennung der Sphären der Einkommenserzielung einerseits und der Einkommensverwendung andererseits. Ob die Beschwerdeführerin die von ihr als Betriebsausgaben geltend gemachten Beträge im Umfang der behaupteten Zahlungen an ihre Angehörigen tatsächlich aufgewendet hat, blieb von der belangten Behörde, wie sie dies in der Gegenschrift zutreffend aufgezeigt hat, entgegen den Beschwerdebehauptungen nicht unbestritten, war aber - was die Beschwerdeführerin nicht erkannt zu haben scheint - auch nicht streitentscheidend für die Rechtmäßigkeit ihres Verlangens, die angesprochenen Beträge von der Abgabenbemessungsgrundlage als Betriebsausgaben abzuziehen. Einem solchen Abzug als Betriebsausgaben wären nämlich auch solche Zahlungen nicht zugänglich gewesen, die sich steuerrechtlich als Akte der Einkommensverwendung in Form finanzieller Zuwendungen im Familienkreis darstellten, denen Beweggründe der Anerkennung, Dankbarkeit, Gefälligkeit und Unterstützung zu Grunde lagen, denen es aber an einem solchen nachvollziehbar zwingenden Rechtsgrund mangelte, der die geleisteten Zahlungen der Sphäre der Einkommenserzielung zugewiesen hätte.

Dass die belangte Behörde bei der Prüfung der von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren aufgestellten Behauptungen im Lichte der zutreffend wiedergegebenen Maßstäbe an Verträge zwischen nahen Angehörigen den angefochtenen Bescheid mit einer zu seiner Aufhebung führenden Rechtswidrigkeit belastet hätte, ist nicht zu erkennen. Die belangte Behörde hat sich entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin mit ihrem im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen ausreichend auseinander gesetzt und den Schlussfolgerungen des angefochtenen Bescheides, dass es den Rechtsbeziehungen der Beschwerdeführerin zu ihren Angehörigen sowohl an ausreichender Publizität ihres Inhaltes als auch an der Fremdüblichkeit mangle, haftet ein Verstoß gegen die Denkgesetze oder das allgemein menschliche Erfahrungsgut nicht an. Dass die pauschale Abgeltung nachträglich eingeschätzten Zeitaufwandes auf der Basis eines Stundenhonorars eine Form der Leistungsentlohnung darstellt, wie sie unter Fremden tatsächlich nicht üblich ist, kann nicht zweifelhaft sein. Die Honorierung von Aufenthalten ihrer Kinder in Südtirol und der Schweiz während der Sommerferien mit einer detailliert dargestellten Leistung der Kinder in einen Zusammenhang zu bringen, der die mütterlichen Zahlungen als Betriebsausgaben fremdüblich hätte machen können, wäre Sache der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren gewesen. Dass die von der Abgabenbehörde ohnehin unternommene Vernehmung der Kinder und der Nichte der Beschwerdeführerin wenig zu Tage gefördert hat, was den Betriebsausgabencharakter der geleisteten Zahlungen ausreichend plausibel gemacht hätte, darf die Beschwerdeführerin nicht der belangten Behörde vorwerfen. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin über die Verlagerung von Zahlungen in die Ferienmonate zum Schutze des Familienbeihilfenanspruches war auch nicht dazu angetan, die in Rede stehenden Leistungsbeziehungen als fremdüblich erscheinen zu lassen.

Dass die an die Schwester geleisteten Zahlungen die ratenweise Abstattung der Kosten des Erwerbes eines Kundenstocks darstellten, hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht, in welchem sie für diese Zahlungen überhaupt keine plausible Erklärung angeboten hatte. Dass auf dem von der Schwester der Beschwerdeführerin unterschriebenen Zahlungsbeleg der Erwerb eines Kundenstocks als Rechtsgrund der Zahlung erwähnt wird (was die Beschwerdeführerin in ihrem eigenen Parteienvorbringen gegenüber der Abgabenbehörde unerwähnt gelassen hatte), konnte das Erklärungsdefizit bezüglich dieser Zahlungen nicht beheben, solange die Beschwerdeführerin das diesen Zahlungen angeblich zu Grunde liegende Rechtsgeschäft - nach den konkreten Inhalten wechselseitiger Leistungen - der Abgabenbehörde nicht dargestellt hatte, was sie der Aktenlage nach im Verwaltungsverfahren unterlassen hat und nicht einmal in ihrer Beschwerdeschrift tut.

Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 11. Mai 2005

Schlagworte

Sachverhalt Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001130209.X00

Im RIS seit

09.06.2005

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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