TE Vwgh Erkenntnis 2006/4/25 2006/21/0060

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Veröffentlicht am 25.04.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §10 Abs4;
MRK Art8;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §72 Abs1;
NAG 2005 §72;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des I, vertreten durch Dr. Hans Kaska und Dr. Christian Hirtzberger, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Kremser Gasse 35, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 31. Jänner 2006, Zl. 143.276/2- III/4/05, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "unselbständige Erwerbstätigkeit" gemäß den §§ 21 Abs. 1, 72 und 74 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Zur Begründung verwies sie darauf, dass der vom Beschwerdeführer am 13. September 2002 gestellte Antrag nach den Bestimmungen des NAG zu beurteilen sei. Gemäß § 21 Abs. 1 NAG seien Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung sei im Ausland abzuwarten. Der Beschwerdeführer bestreite nicht, dass er sich zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten habe. Er sei am 18. Februar 1997 illegal eingereist und habe einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt, der rechtskräftig am 3. September 2002 (wie aus dem Beschwerdeverfahren Zlen. 2003/21/0156 und 0206 ersichtlich: mit Bescheid vom 30. August 2002) abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer sei nach seinen Angaben seit 2. Mai 2001 durchgehend in Österreich beschäftigt und habe bereits bei der Antragstellung St. Pölten als seinen Wohnsitz angegeben. Für die belangte Behörde stehe zweifelsfrei fest, dass sich der Beschwerdeführer vor, während und nach der Antragstellung in Österreich aufgehalten habe. Sein Antrag sei somit gemäß § 21 Abs. 1 NAG abzuweisen.

Gemäß § 74 NAG könne die Behörde von Amts wegen eine Inlandsantragstellung zulassen, wenn die Voraussetzungen des § 72 leg. cit. erfüllt seien. Nach dieser Bestimmung könne die Behörde ausgenommen bei Vorliegen eines Aufenthaltsverbotes in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen von Amts wegen eine Aufenthaltsbewilligung erteilen. Der Beschwerdeführer habe als besonders berücksichtigungswürdige Gründe für eine ausnahmsweise zulässige Inlandsantragstellung seine bisherige Integration in Österreich, seine Erwerbstätigkeit sowie den (inländischen) Aufenthalt seiner Ehefrau und seiner beiden Kinder geltend gemacht. Da die Integration des Beschwerdeführers in Österreich aus einem zum Teil unrechtmäßigen Aufenthalt resultiere und seine Ehefrau und seine Kinder nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt seien, könnten keine humanitären Gründe im Sinn des § 72 NAG gesehen werden. Da der Gesetzgeber bereits bei Erlassung dieser Bestimmung auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller Rücksicht genommen und die Regelung eines geordneten Zuwanderungswesens über die persönlichen Verhältnisse gestellt habe, sei ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK, entbehrlich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass es sich beim gegenständlichen Antrag um einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels handelt.

Gemäß § 21 Abs. 1 NAG sind Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Eine der in Abs. 2 genannten Ausnahmen liegt gegenständlich nicht vor.

Gemäß § 72 Abs. 1 NAG kann die Behörde im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses, ausgenommen bei Vorliegen eines Aufenthaltsverbotes, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen von Amts wegen eine Aufenthaltsbewilligung erteilen. Besonders berücksichtigungswürdige Gründe liegen insbesondere vor, wenn der Drittstaatsangehörige einer Gefahr gemäß § 50 FPG ausgesetzt ist.

Nach der Regierungsvorlage (952 BlgNR XXII GP) entspricht § 72 der Rechtslage des § 10 Abs. 4 FrG und regelt die Möglichkeit der amtswegigen Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen trotz Vorliegens bestimmter Erteilungshindernisse.

Gemäß § 74 NAG kann die Behörde von Amts wegen die Inlandsantragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels oder die Heilung von sonstigen Verfahrensmängeln zulassen, wenn die Voraussetzungen des § 72 NAG erfüllt werden.

Nach Ansicht der Beschwerde liege ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund deswegen vor, weil der Beschwerdeführer und seine Familie begründete Angst davor haben müssten, wieder nach Albanien zurückzukehren. Weiters lebe er seit nunmehr fast zehn Jahren mit seiner Ehefrau und zwei in Österreich geborenen Kindern im Inland und verfüge über einen bis 2010 gültigen Befreiungsschein.

§ 72 NAG stellt insbesondere - ebenso wie § 10 Abs. 4 FrG - auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen; weiters liegt ein "besonders berücksichtigungswürdiger Fall" auch dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK abzuleitender Anspruch auf Familiennachzug besteht (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 3. Mai 2005, Zl. 2005/18/0144, und vom 21. Dezember 2004, Zlen. 2004/21/0195 bis 0197).

Soweit der Beschwerdeführer eine ihm drohende Verfolgung in Albanien behauptet, ist er auf die - zugestandene - rechtskräftige Abweisung seines Asylantrages und die rechtskräftige Feststellung der Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Albanien gemäß § 75 Abs. 1 FrG zu verweisen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag zu den Zlen. 2003/21/0156 und 0206). Ein "Familiennachzugsfall" ist schon deswegen zu verneinen, weil die Familienangehörigen des Beschwerdeführers in Österreich nicht aufenthaltsberechtigt und somit keine "Ankerpersonen" sind. Demnach durfte die belangte Behörde einen "besonders berücksichtigungswürdigen Fall" iSd § 72 Abs. 1 NAG verneinen. Die belangte Behörde ist daher zu Recht vom Erfordernis der Auslandsantragstellung ausgegangen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 25. April 2006

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006210060.X00

Im RIS seit

25.05.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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