TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/1 2003/15/0017

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Veröffentlicht am 01.06.2006
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §116 Abs5 idF 1996/201;
EStG 1988 §116 Abs5 idF 1999/I/028;
EStG 1988 §28 Abs5 idF 1989/660;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VIIa) vom 5. Dezember 2002, GZ. RV/108-17/17/2002, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1999, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Der Beschwerdeführer erzielte u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Vermietung eines Geschäftslokales. In den Jahren 1993 und 1995 bildete er gemäß § 28 Abs. 5 EStG 1988 steuerfreie Beträge.

In der am 1. Februar 2000 übermittelten Einkommensteuererklärung für das Jahr 1998 wurden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dieses Jahres angegeben, diese jedoch nicht um die steuerfreien Beträge der Jahre 1993 und 1995 erhöht. Der Einkommensteuererklärung wurde kein Verzeichnis gemäß § 28 Abs. 5 Z. 2 EStG 1988 beigelegt. Das Finanzamt forderte den Beschwerdeführer zur Vorlage des Verzeichnisses über die steuerfreien Beträge (unter Setzung einer Nachfrist) nicht auf.

Der Beschwerdeführer wurde erklärungsgemäß zur Einkommensteuer 1998 veranlagt.

In der am 1. Juni 2001 eingelangten Einkommensteuererklärung für 1999 wurden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dieses Jahres ausgewiesen, die steuerfreien Beträge aus den Jahren 1993 und 1995 wurden nicht ausgewiesen; der Erklärung war kein Verzeichnis gemäß § 28 Abs. 5 Z. 2 EStG 1988 beigelegt.

Das Finanzamt unterzog - einem Bericht der Buch- und Betriebsprüfung folgend - im Jahr 1999 die steuerfreien Beträge aus den Jahren 1993 und 1995 der Besteuerung.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen diese Veranlagung zur Einkommensteuer 1999 als unbegründet abgewiesen. Sie führte aus, strittig sei, ob die in den Jahren 1993 und 1995 gebildeten Rücklagen gemäß § 28 Abs. 5 EStG 1988 im Jahr 1998 vom Finanzamt hätten aufgelöst werden müssen, weil kein Verzeichnis der steuerfreien Beträge vorgelegt worden sei und damit eine spätere Auflösung der Rücklagen steuerwirksam nicht mehr möglich gewesen sei, oder ob die Auflösung dieser steuerfreien Beträge dennoch im Jahr 1999 vorgenommen werden konnte. Eine Aufforderung zur Vorlage des Verzeichnisses durch das Finanzamt sei nur bei erstmaliger Bildung eines steuerfreien Betrages gesetzlich vorgesehen. Wenn daher in einem Jahr - wie auch im Beschwerdefall - kein steuerfreier Betrag gebildet worden sei, dann treffe auch das Finanzamt keine Verpflichtung, den Steuerpflichtigen zur Vorlage eines Verzeichnisses aufzufordern. Der Auffassung des Beschwerdeführers, das Finanzamt sei verpflichtet gewesen, die Nachversteuerung der steuerfreien Rücklage im Jahr 1998 wegen Nichtvorlage des Verzeichnisses im Jahr 1998 durchzuführen, könne daher nicht gefolgt werden. § 116 Abs. 5 Z. 3 EStG 1988 sei die Rechtsgrundlage für die Besteuerung im Jahr 1999 der in den Jahren 1993 und 1995 gebildeten steuerfreien Beträge. Nach dieser Bestimmung seien steuerfreie Beträge (Teilbeträge), die nicht bis zum Ende der Frist des § 116 Abs. 5 Z. 2 leg. cit. zu verrechnen gewesen seien, zu diesem Zeitpunkt einnahmenerhöhend aufzulösen.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, die von ihm in den Jahren 1993 und 1995 gebildeten steuerfreien Beträge hätten bis längstens 31. Dezember 1998 zur Verrechnung gelangen müssen. Da bis zu diesem Zeitpunkt eine Verrechnung nicht vorgenommen worden sei, hätten die Beträge zum 31. Dezember 1998 einnahmen- erhöhend aufgelöst werden müssen. Eine solche Auflösung dieser steuerfreien Beträge zu einem späteren Zeitpunkt komme nicht in Frage. Die mit 31. Dezember 1998 eingetretene Rechtsfolge könne auch nicht durch das am 13. Jänner 1999 in Kraft getretene Abgabenänderungsgesetz 1998 ungeschehen gemacht werden. Es fehle nämlich eine Übergangsregelung für den Zeitraum vom 1. bis 12. Jänner 1999.

Es hätte im Jahr 1998 jedenfalls zu einer Auflösung dieser steuerfreien Beträge kommen müssen, weil der Beschwerdeführer das vom Gesetz geforderte Verzeichnis nicht vorgelegt habe. Er habe nämlich die Bedingung (Vorlage eines entsprechenden Verzeichnisses) im Jahr 1998 nicht erfüllt, sodass steuerfreie Beträge nicht gebildet hätten werden können.

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen lauten auszugsweise wie folgt:

a) § 28 Abs. 5 EStG 1988 in der Fassung BGBl. Nr. 660/1989:

"(5) Bei der Vermietung eines Grundstücks (Gebäudes) können auf Antrag steuerfreie Beträge gebildet werden. Dabei gelten folgende Bedingungen:

1.

...

2.

Die steuerfreien Beträge sind in einem mit der Steuererklärung dem Finanzamt vorgelegten besonderen Verzeichnis auszuweisen. Aus diesem Verzeichnis muss die Höhe sämtlicher Beträge, ihre Berechnung und ihre Verwendung klar ersichtlich sein. Wurde ein steuerfreier Betrag gebildet und dieses Verzeichnis nicht mit der Steuererklärung vorgelegt, so hat das Finanzamt eine Nachfrist von zwei Wochen zu setzen.

              3.              Falls in einem der folgenden neun Jahre Instandsetzungsaufwendungen (Abs. 2) getätigt werden oder ein Verlust entsteht (höhere Werbungskosten als Einnahmen im Sinne der Z. 1), so sind die Instandsetzungsaufwendungen und der Verlust mit den für die Vorjahre gebildeten steuerfreien Beträgen, beginnend mit dem ältesten, zu verrechnen.

              4.              Steuerfreie Beträge (Teile von steuerfreien Beträgen), die nicht bis zum Ende der Neun-Jahres-Frist der Z. 3 zu verrechnen waren, sind zu diesem Zeitpunkt einkünfteerhöhend aufzulösen.

..."

              b)              § 116 Abs. 5 EStG 1988 in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996:

"(5) Für die bis 1995 nach § 28 Abs. 5 in der bis 1995 geltenden Fassung gebildeten steuerfreien Beträge gilt Folgendes:

1.

...

2.

Mit den am 31. Dezember 1995 ausgewiesenen steuerfreien Beträgen sind innerhalb von neun Jahren nach ihrer Bildung, längstens aber bis zum 31. Dezember 1998 in folgender Weise zu verrechnen:

3.

...

4.

Steuerfreie Beträge (Teilbeträge), die nicht bis zum Ende der Frist der Z. 2 zu verrechnen sind, sind zu diesem Zeitpunkt Einnahmen erhöhend aufzulösen.

..."

              c)              Gemäß Art. 1 Z. 8 des Abgabenänderungsgesetzes 1998 trat u. a. in § 116 Abs. 5 Z. 2 EStG 1988 an Stelle der Datumsbezeichnung "31. Dezember 1998" die Datumsbezeichnung "31. Dezember 1999".

Diese Rechtslage ermöglichte es, Überschüsse an verrechnungspflichtigen Mietzinsen einem steuerfreien Betrag zuzuführen. Die angesammelten steuerfreien Beträge waren mit Instandsetzungsaufwendungen und Verlusten zu verrechnen. Andernfalls waren sie im neunten Jahr nach ihrer Bildung einkünfteerhöhend aufzulösen. Daraus ergab sich eine Steuerstundung. Diese Begünstigung wurde durch Aufhebung des § 28 Abs. 5 EStG 1988 durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, (zur Verfassungsmäßigkeit vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2000, B 889/00), mit 31. Dezember 1998 begrenzt. Mit diesem Zeitpunkt waren die noch keiner Verrechnung zugeführten Beträge zu versteuern. Mit dem am 13. Jänner 1999 in Kraft getretenen Abgabenänderungsgesetz 1988 hat der Gesetzgeber die mit 31. Dezember 1998 vorzunehmende Versteuerung dieser steuerfreien Beträge zurückgenommen und die bis dahin währende Vergünstigung um ein Jahr verlängert. Diese Verlängerung der Begünstigung trifft auf alle noch keiner Verrechnung zugeführten aber auch noch keiner Versteuerung unterzogenen Beträge zu.

Die vom Beschwerdeführer im Jahr 1993 und 1995 gebildeten steuerfreien Beträge hat er zum 31. Dezember 1998 weder einer Verrechnung zugeführt noch wurden sie einer Besteuerung unterzogen. Da auch im Jahr 1999 keine Verrechnung erfolgte, war die Besteuerung dieser Beträge in diesem Jahr nicht rechtswidrig.

Nach der Judikatur war innerhalb der Neun-Jahres-Frist zwar eine im Gesetz vorgesehene Verrechnung zulässig, jedoch keine freiwillige Auflösung (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 31. Jänner 2001, 95/13/0065, und vom 31. März 2004, 99/13/0211). Auch durch die Nichtvorlage des Verzeichnisses kommt es zu keiner Auflösung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 2002, 2002/13/0128). Der Beschwerdefall bietet keinen Anlass, von dieser Judikatur abzugehen, sodass dem Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe eine Auflösung der steuerfreien Beträge zum Zeitpunkt 31. Dezember 1998 angestrebt, keine Bedeutung zukommt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Beschwerdesache nicht erwarten lässt. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung war auch unter dem Aspekt des Art. 6 EMRK nicht geboten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. März 2005, 2003/17/0011).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 1. Juni 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2003150017.X00

Im RIS seit

04.07.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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