TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/27 2005/05/0293

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Veröffentlicht am 27.06.2006
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Index

L10011 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Burgenland;
L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Burgenland;
L70701 Theater Veranstaltung Burgenland;
L81701 Baulärm Burgenland;
L82000 Bauordnung;
L82001 Bauordnung Burgenland;
L82201 Aufzug Burgenland;
L82251 Garagen Burgenland;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §1500;
ABGB §481;
ABGB §524;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;
AVG §67;
BauG Bgld 1997 §3 Z6;
BauG Bgld 1997 §3;
BauO Bgld 1969 §3 Abs1 Z2;
BauO Bgld 1969 §3 Abs2 Z1 idF 1994/011;
BauO Bgld 1969 §3 impl;
BauRallg;
BauV Bgld 1998 §14 Abs1;
B-VG Art119a Abs5;
GdO Bgld 2003 §42;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Michaela Landl in Eisenstadt, vertreten durch Dax, Klepeisz & Partner Rechtsanwaltspartnerschaft GmbH, Europastraße 1, 7540 Güssing, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 12. August 2005, Zl. MA-02- 04-46-3, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei:

Marktgemeinde Rohrbach bei Mattersburg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Eingabe vom 16. Juni 2003 die Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 3409/8 KG Rohrbach. Dieses Grundstück entstand nach Parzellierung der Grundstücke 3409 und 3408; ein Streifen des Grundstückes 3408 wurde als Verbindungsstraße (Grundstück 3409/1) der neu geschaffenen Parzellen ausgewiesen. Diese Verbindungsstraße trifft an einem Ende auf die Wegparzelle 3407/1, die ihrerseits eine Verbindung zum Grundstück Nr. 3406 (Straße) schafft.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 2. September 2004 wurde dass Ansuchen der Beschwerdeführerin gemäß §§ 18 und 3 in Verbindung mit § 30 des Burgenländischen Baugesetzes 1997, LGBl. Nr. 10/1998 (Bgld BauG), wegen des Fehlens einer verkehrsmäßigen Erschließung des Baugrundstückes abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in welcher sie auf bestehende Bauplatzerklärungen aus den Jahren 1990 bzw. 1992 für Grundstück 3409 und das benachbarte Grundstück 3410 verwies und hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung auf das Bestehen eines die Erschließung gewährleistenden Servitutsweges verwies.

Die Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. Dezember 2004 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Aus der Begründung geht hervor, dass es sich beim Baugrundstück 3409/8 um eine Teilfläche der vormaligen Liegenschaft Parzelle Nr. 3409 handle. Für das Grundstück 3409 liege eine Bauplatzerklärung vom 14. Mai 1992 vor, in deren Punkt 6 dem damaligen Bewilligungswerber, dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin, als Auflage vorgeschrieben worden sei, für die Zufahrt zum Grundstück, welche über eigenen Grund zu erfolgen habe, Sorge zu tragen. Ein dem damals ins Auge gefassten Verwendungszweck (Keller zur Lagerung von Obst) entsprechender Zugang über Eigengrund zum Grundstück 3409 sei im Jahre 1992 auf Grund der damaligen Grundstücksbesitzverhältnisse möglich gewesen.

Nach Parzellierung der Grundstücke Nr. 3409 und 3408 seien nunmehr 9 neue Baugrundstücke mit den Grundstücksnummern 3409/2 bis 3409/10 entstanden. Eine direkte Zufahrt über öffentliche Verkehrswege zum Baugrundstück 3409/8 sei auf Grund der Grundstückskonstellation und Besitzverhältnisse derzeit nicht gegeben.

Seitens der Baubehörde sei der Beschwerdeführerin aufgetragen worden, ein Wegerecht ins Grundbuch eintragen zu lassen und dieses grundbücherlich gesicherte Wegerecht der Baubehörde gegenüber nachzuweisen. Ein gerichtlicher außerbücherlicher Vergleich über die Einräumung eines Servitutsrechtes, welcher im gegenständlichen Fall vorliege, sei nach der Ansicht der Baubehörden nicht ausreichend. Ein solcher stelle keine Rechtssicherheit her, zumal die Zustimmung mehrerer Grundeigentümer erforderlich sei. Weil Bauvorhaben gemäß § 3 Z 3 Bgld BauG nur auf für die Bebauung geeigneten Grundstücken zulässig seien und diese Eignung nur bei verkehrsmäßiger Erschließung gegeben sei, sei das Bauansuchen abzuweisen und die Erteilung der Baubewilligung zu verweigern.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung an die belangte Behörde, in der sie neuerlich auf die für die Grundstücke 3409 und 3410 mit Bescheiden des Bürgermeisters vom 5. Juli 1990 und vom 14. Mai 1992 erteilten Bauplatzerklärungen Bezug nahm. Eine verkehrsmäßige Erschließung durch die Flächenwidmung als Bauland und durch den Bauplatzerklärungsbescheid sei gegeben. Die nach § 3 Bgld BauG und § 14 Abs. 1 der Burgenländischen Bauverordnung, LGBl Nr. 11/1998 (Bgld BauVO), geforderte verkehrsmäßige Erschließung liege im vorliegenden Fall auf Grund eines beim Bezirksgericht Mattersburg abgeschlossenen gerichtlichen Vergleiches über die Einräumung eines Servitutsweges über das Grundstück 3407/1 vor. Ein solcher Vergleich stelle eine von der Behörde ausgefertigte öffentliche Urkunde dar, die das Zufahrtsrecht rechtlich absichere. Damit sei die verkehrsmäßige Erschließung rechtlich gesichert und die Anlage eines Weges in der Breite von 3,8 m technisch möglich.

Weder das Bgld. BauG noch die Bgld. BauVO verlange eine grundbücherliche Sicherstellung des Wegerechtes; eine solche sei nach Ansicht der Beschwerdeführerin auch nicht in der Rechtsprechung der Höchstgerichte gefordert. Demnach sei ein Servitutsweg zur Verbindung eines Baugrundstückes und einer öffentlichen Verkehrsfläche ausreichend.

Weiters wurde in der Vorstellung ausgeführt, dass auf dem benachbarten Baugrundstück EZ 2543 "in der Zwischenzeit" die Baubewilligung für die Errichtung einer Reihenhausanlage erteilt und hiebei Grund in das öffentliche Gut zur Errichtung einer Straße abgetreten worden sei. Damit reiche die vorgesehene öffentliche Verkehrsfläche, die zur Aufschließung einer Reihenhausanlage notwendig sei, auch bis zum Grundstück 3410/1. Dieses Grundstück befinde sich im Eigentum der Beschwerdeführerin und ihres Bruders und es sei somit eine direkte Zufahrt zu einer öffentlichen Verkehrsfläche möglich.

Schließlich machte die Beschwerdeführerin in der Vorstellung weiters geltend, aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides ergebe sich nicht, welches Gemeindeorgan über die Berufung entschieden habe. Es sei daher zu prüfen, ob die Berufung im Gemeinderat behandelt und auch die Begründung im Gemeinderat beschlossen worden sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. August 2005 wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin ab.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der bezughabenden Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde zur aufgeworfenen Frage, welches Gemeindeorgan über die Berufung entschieden habe, aus, es sei richtig, dass im Spruch des bekämpften Bescheides der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde nicht als erkennende Behörde genannt sei. Dies sei jedoch auf Seite 3 dieses Bescheides geschehen und der Bescheid sei vom

1. Vizebürgermeister "für den Gemeinderat" gefertigt. Die bescheiderlassende Behörde müsse nicht im Spruch des Bescheides enthalten sein; aus dem Beglaubigungsvermerk auf der letzten Seite des Bescheides ergebe sich aber zweifelsfrei der Gemeinderat als bescheiderlassende Behörde. Die diesbezügliche Gemeinderatssitzung sei am 22. Dezember 2004 durchgeführt, die Berufung der Beschwerdeführerin inhaltlich behandelt und der Beschluss gefasst worden, der Berufung der Beschwerdeführerin nicht stattzugeben. Dieser Beschluss sei mit der Begründung erfolgt, dass keine direkte Zufahrt über öffentliche Verkehrswege zum Baugrundstück 3409/8 auf Grund der derzeitigen Grundstückskonstellation und Besitzverhältnisse gegeben sei. Weiters sei begründet worden, dass ein gerichtlicher außerbücherlicher Vergleich über die Einräumung eines Servitutsweges nicht ausreichend sei und keine Rechtssicherheit biete, weil im gegenständlichen Fall die Zustimmung von mehreren Grundstückseigentümern erforderlich sei. Die Entscheidung des Gemeinderates sei nicht mit dem vorliegenden Wortlaut der Begründung des Bescheides vom 23. Dezember beschlossen worden. Nach dem Kommentar zur "alten" burgenländischen Gemeindeordnung zu § 44 müssten die in der Verhandlung gefassten Beschlüsse ihrem wesentlichen Inhalt nach in der Verhandlungsschrift Aufnahme finden. Hiebei müsse auch eine ausreichende Begründung für den Beschluss angeführt werden. Nach Ansicht der belangten Behörde liege laut gesondertem Sitzungsprotokoll eine solche ausreichende Begründung des Gemeinderatsbeschlusses vor. Eine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten der Beschwerdeführerin sei unter diesem Aspekt nicht zu erblicken.

Nach Wiedergabe des § 3 Z 6 Bgld BauG und des § 14 Abs. 1 Bgld BauVO zitierte die belangte Behörde die Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur erstgenannten Bestimmung, wonach gemäß Z 6 das Bauvorhaben auch verkehrsmäßig erschlossen sein müsse. Sei dies tatsächlich noch nicht der Fall, genüge es, wenn diese Erschließung rechtlich gesichert und technisch möglich sei. Wenn die direkte Zufahrt über öffentliche Verkehrswege nicht möglich sei, reiche auch ein grundbücherlich eingetragenes Wegerecht aus. Auch nach den Erläuternden Bemerkungen zu § 14 Bgld BauVO reiche im Sinne des Abs. 1 ein grundbücherlich sichergestellter Servitutsweg aus.

Gegenstand der baurechtlichen Beurteilung sei nach dem klaren Wortlaut des § 3 Z 6 Bgld BauG das Grundstück, das bebaut werden solle. Es sei zu prüfen, ob eine ausreichende verkehrsmäßige Erschließung des Baugrundstückes sichergestellt sei. Im vorliegenden Fall sei zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung keine unmittelbare Anbindung des Baugrundstückes Nr. 3409/8 in der KG Rohrbach an einen öffentlichen Weg gegeben. Es sei auch unstrittig, dass kein grundbücherlich gesichertes Wegerecht des Baugrundstückes bestehe. Aus der Aktenlage sei die Ausfertigung eines vor dem Bezirksgericht Mattersburg abgeschlossenen Vergleiches mit Augustine R. ersichtlich, aus dem ein Wegerecht hervorgehe. In diesem Vergleich werde den Eigentümern u.a. des Grundstückes Nr. 3409 KG Rohrbach und deren Rechtsnachfolgern ein Wegerecht eingeräumt, welches jedoch nicht im Grundbuch eingetragen worden sei. Der Bestand einer Dienstbarkeit (Servitut) bedürfe eines Titels (Rechtsgeschäft oder Richterspruch im außerstreitigen Verfahren) sowie einer Eintragung ins Grundbuch (Modus). Im vorliegenden Fall liege ein gerichtlicher Vergleich über die Einräumung eines Wegerechtes vor, nicht jedoch eine Eintragung dieses Wegerechtes in das Grundbuch. Für das Baugrundstück liege somit eine Servitut der Beschwerdeführerin - entgegen der Behauptung in der Vorstellung - nicht vor. Der vorliegende Titel stelle einen geeigneten Titel zur Begründung einer Servitut dar; es fehle jedoch die Eintragung des Wegerechtes in das Grundbuch. Warum diese nicht erfolgt sei, sei bisher nicht vorgebracht worden.

Es sei von der belangten Behörde zu prüfen gewesen, ob auch ein nicht grundbücherlich eingetragenes Wegerecht als ausreichende verkehrsmäßige Erschließung eines Baugrundstückes zu beurteilen sei. Der Wortlaut des vorgelegten gerichtlichen Vergleiches berechtige die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin und deren Rechtsnachfolger, verpflichte jedoch nicht die Rechtsnachfolger der damals beklagten Partei Augustine R. Zudem seien nach den Ausführungen der Gemeindebehörden auch andere Grundeigentümer betroffen, die ein Wegerecht einräumen müssten. Für diese sei jedoch keine schriftliche Vereinbarung von der Beschwerdeführerin vorgelegt worden.

Die belangte Behörde vertrete daher ebenfalls die von der mitbeteiligten Gemeinde vertretene Rechtsansicht, wonach keine ausreichende Rechtssicherheit hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung des Baugrundstückes 3409/8 gegeben sei. Auch die bereits zitierten Erläuternden Bemerkungen verlangten ausdrücklich entweder eine direkte Zufahrt zum Baugrundstück über öffentliche Verkehrswege oder, wenn eine solche nicht gegeben sei, ein grundbücherlich eingetragenes Wegerecht. Demnach reiche ein außerbücherliches Wegerecht oder eine zivilrechtliche Vereinbarung nicht aus. Es gebe diesbezüglich auch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weder zum Bgld. BauG noch zu anderen Bauordnungen, die eine weiter gehende Interpretation des Gesetzesbegriffes der verkehrsmäßigen Erschließung ermöglichten. Die Baubehörden erster und zweiter Instanz hätten daher zu Recht die Erteilung einer Baubewilligung mangels verkehrsmäßiger Erschließung des Bauplatzes versagt. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach eine ausreichende verkehrsmäßige Erschließung auf Grund früherer Bauplatzerklärungen anzunehmen sei, könne daher nicht gefolgt werden.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Rechtswirkungen früherer Bauplatzerklärungsbescheide meinte die belangte Behörde, das Bgld. BauG sehe keine Bauplatzerklärungen mehr vor, und es würden für frühere Bauplatzerklärungsbescheide auch keine Übergangsbestimmungen gelten. Zudem sei auch keine Bauplatzerklärung für ein Wohnhaus vorgelegen. Mit Bescheid vom 14. Mai 1992 sei lediglich die Bauplatzerklärung und Baubewilligung für einen Lagerkeller erteilt und es sei auch zum damaligen Zeitpunkt auf Grund der damaligen Grundverhältnisse von einer Zufahrt auf eigenem Grund ausgegangen worden.

Von der Beschwerdeführerin sei weiters vorgebracht worden, dass zwischenzeitig eine öffentliche Verkehrsfläche errichtet worden sei, die bis zum Grundstück Nr. 3410/1 reiche, weshalb eine direkte Zufahrt vom Baugrundstück 3409/8 zu einer öffentlichen Verkehrsfläche möglich sei. Dieser Umstand sei jedoch nicht mehr zu berücksichtigen. Der Beurteilungsmaßstab für die Aufsichtsbehörde sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides. Für die Sachentscheidung der Aufsichtsbehörde sei daher die Sachlage zum Zeitpunkt des letztinstanzlichen gemeindebehördlichen Bescheides (Bescheid des Gemeinderates vom 23. Dezember 2004) maßgeblich gewesen. Allfällige spätere Änderungen der Sachlage seien von der belangten Behörde als Aufsichtsbehörde nicht zu berücksichtigen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Beschwerdeführerin wiederholt in der Beschwerde ihre bereits in der Vorstellung erstatteten Ausführungen zur Rechtswirksamkeit der Bauplatzerklärung(en) bzw. zu der - auf Grundlage des Vergleiches mit Augustine R. bestehenden - verkehrsmäßigen Erschließung des Baugrundstückes über das Grundstück 3407/1. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid hinsichtlich des Servitutsrechtes und die damit verbundenen Auslegung zivilrechtlicher Fragen seien nicht nachvollziehbar bzw. entsprächen nicht den Bestimmungen des ABGB, da von einem Servitutsrecht auch dann zu sprechen sei, wenn keine Eintragung ins Grundbuch erfolge.

Weiters verweist die Beschwerdeführerin darauf, dass im Oktober 2004 die Baubewilligung zur Errichtung einer Reihenhausanlage auf dem benachbarten Grundstück EZ 2543 KG Rohrbach erteilt und hiebei Grund in das öffentliche Gut zur Errichtung einer Straße abgetreten worden sei. Die für die Aufschließung der Reihenhausanlage notwendige öffentliche Verkehrsfläche reiche bis zum Grundstück Nr. 3410/1, welches in ihrem und ihres Bruders Eigentum stehe und über den bereits ausgeschiedenen Weg mit ihrem Baugrundstück verbunden sei, sodass nunmehr auch über dieses Grundstück und den vorangeführten Weg die direkte Zufahrt zu einer öffentlichen Verkehrsfläche möglich sei. Mit der Inhaberin der Baubewilligung sei auch eine diesbezügliche Vereinbarung über die Zufahrtsmöglichkeit bereits am 7. Oktober 2004 getroffen worden. Im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung sei der Baubehörde dieser Umstand bekannt gewesen. Trotzdem sei dies bei der Berufungsentscheidung nicht berücksichtigt worden und sei auch die belangte Behörde darauf nicht eingegangen. Diese wäre jedoch verpflichtet gewesen, selbst den maßgebenden Sachverhalt zu klären.

Schließlich rügt die Beschwerdeführerin, dass der Gemeinderat nur den Spruch, nicht aber auch die Begründung seines Berufungsbescheides in vollem Umfang beschlossen habe; auch dies stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete ebenfalls eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin rügt, dass die belangte Behörde den Umstand nicht aufgegriffen habe, dass die Baubehörde zweiter Instanz nicht auf Grund der im Zeitpunkt ihrer Berufungsentscheidung relevanten Sachlage entschieden habe. So habe die Berufungsbehörde insbesondere den Umstand nicht berücksichtigt, dass im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung bereits eine Verbindung des Baugrundstückes zu einer öffentlichen Verkehrsfläche bestanden habe.

Es trifft zu, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Vorstellung darauf hinwies, dass "in der Zwischenzeit" auf dem benachbarten Baugrundstück EZ 2543 im Zuge der Erteilung einer Baubewilligung Grund in das öffentliche Gut zur Errichtung einer Straße abgetreten worden sei und die "vorgesehene" öffentliche Verkehrsfläche bis zum Grundstück Nr. 3410/1 (im Miteigentum der Beschwerdeführerin) reiche. Ein Sachverhalt in diese Richtung, dass nämlich eine Anbindung an eine öffentliche Verkehrsfläche über eine andere Wegverbindung vorliege, wurde von der Beschwerdeführerin aber während des Verfahrens vor den Baubehörden nicht vorgebracht. Hinweise darauf sind auch nicht aktenkundig. Insbesondere ist den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen, dass der Berufungsbehörde - wie die Beschwerdeführerin ohne nähere Belege vorbringt - das Bestehen einer Vereinbarung über die Nutzung der geplanten Zufahrtsmöglichkeit bekannt war. Die Berufungsbehörde war auf Grund der ihr vorliegenden Aktenlage bzw. des bis zu ihrer Entscheidung erstatteten Vorbringens der Beschwerdeführerin nicht verpflichtet, Erhebungen darüber anzustellen, ob die Bauparzelle der Beschwerdeführerin auf eine andere Weise verkehrsmäßig erschlossen wurde.

Eine von der belangten Behörde aufzugreifende Unvollständigkeit des von der Berufungsbehörde festgestellten Sachverhaltes liegt daher nicht vor.

Die belangte Behörde hatte die Frage, ob durch den angefochtenen Bescheid subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin verletzt wurden, daher auf Grundlage des von der Berufungsbehörde festgestellten Sachverhaltes zu beurteilen.

Die Beschwerdeführerin bringt auch vor dem Verwaltungsgerichtshof vor, der Beschluss des Gemeinderates vom 22. Dezember 2004 decke sich insofern nicht mit dem Inhalt des Berufungsbescheides vom 23. Dezember 2004, als die Begründung des Bescheides hinsichtlich des Wortlautes nicht mit dem Text des gefassten Beschlusses übereinstimme. Auch dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Ziel.

Für die Abstimmung im Gemeinderat ist erforderlich, dass auch über die Begründung eines Bescheides in den wesentlichen Zügen abzustimmen ist (vgl. in diese Richtung gehend die hg. Erkenntnisse vom 15. Juli 2003, Zl. 2002/05/0460, und vom 20. März 1984, Zl. 83/05/0137). Das Sitzungsprotokoll des Gemeinderates vom 22. Dezember 2004 enthält alle tragenden Gründe für die Abweisung der Berufung. Der Gemeinderat hat daher in den wesentlichen Zügen auch über die Begründung des Bescheides vom 23. Dezember 2003 abgestimmt. Vom Vorliegen des von der Beschwerdeführerin erblickten wesentlichen Verfahrensmangels ist daher nicht auszugehen.

Entscheidend ist im vorliegenden Fall, ob - ausgehend von der durch die Berufungsbehörde festgestellten Sachlage - das Baugrundstück der Beschwerdeführerin verkehrsmäßig erschlossen ist.

Die Beschwerdeführerin berief sich hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung auf ein auf Grundlage eines Vergleiches vor dem Bezirksgericht Mattersburg vom 29. April 2002 mit Frau Augustine R. bestehendes, nicht verbüchertes Wegerecht.

Dieser zwischen den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführerin und Augustine R. abgeschlossene Vergleich "wegen Bestandes einer Dienstbarkeit" hat folgenden Wortlaut:

"Die beklagte Partei (Augustine R.) räumt den klagenden Parteien und deren Rechtsnachfolgern als Eigentümer der herrschenden Grundstücke Nr. 3409, 3410/1, 3410/2, EZ 1235 KG Rohrbach die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über den in der Natur ersichtlichen 3,75 m breiten Weg auf dem Grundstück Nr. 3407, EZ 337 GB Rohrbach, ein, und zwar gemäß dem Teilungsplan vom DI J. vom 29. Jänner 2002 zu GZ 10645a/00 auf dem Trennstück 52, aus dem das Grundstück 3407/1 gebildet wird. Festgehalten wird, dass diese Dienstbarkeit nicht das benachbarte Grundstück 3407/2 betrifft.

2. Die beklagte Partei räumt den klagenden Parteien ob der im Punkt 1 dieses Vergleiches bezeichneten Dienstbarkeit ein, jederzeit mit Fahrzeugen aller Art den im Punkt 1 des Vergleiches bezeichneten Weg zu befahren.

3. ..."

Mit diesem Vergleich wurde ein Titel für den Bestand einer Dienstbarkeit (zugunsten u.a. des Grundstückes 3409) geschaffen; es liegt eine nicht verbücherte Servitut vor, die die Zufahrt mit Fahrzeugen aller Art zum Baugrundstück über das Grundstück 3407/1 ermöglicht. Das dingliche Recht der Dienstbarkeit wird grundsätzlich durch Eintragung im Grundbuch erworben (§ 481 ABGB); nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes können aber auch vertragliche, nicht verbücherte Servituten begründet werden. Eine solche nicht verbücherte und nicht offenkundige Dienstbarkeit erlischt aber durch den gutgläubigen Erwerb des belasteten Grundstückes (vgl. dazu unter anderem das Urteil des OGH vom 19. Jänner 1999, Zl. 1Ob 128/98z, und dessen Beschluss vom 28. Juni 2005, Zl. 10 Ob 54/05x).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem von der Beschwerdeführerin zur Begründung ihrer Ansicht mehrfach zitierten Erkenntnis vom 22. Dezember 1987, Zl. 85/05/0080, wo ebenfalls die Zufahrt zum Baugrundstück auf einem außerbücherlichen Servitutsweg bestand, ausgesprochen, dass durch einen solchen außerbücherlichen Servitutsweg der Forderung des damaligen § 3 Abs. 1 Z 2 der Burgenländischen Bauordnung 1969 (damals in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 62/1986) entsprochen sei. Diese Bestimmung sah vor, dass "Bauplätze eine der Art, Lage und Verwendung des Gebäudes entsprechende Zufahrtsmöglichkeit zu einer vorhandenen oder vorgesehenen öffentlichen Verkehrsfläche haben."

Mit der Novelle zur Burgenländischen Bauordnung, LGBl. Nr. 11/1994, wurde § 3 insofern inhaltlich verändert, als nach dessen Abs. 2 die Erfordernisse der Lage an einer öffentlichen Verkehrsfläche und der Zufahrtsmöglichkeit auch als erfüllt gelten sollten, wenn "eine Zufahrtsmöglichkeit über einen grundbücherlich sichergestellten Servitutsweg besteht" (Z. 1). Die Erläuterungen zu dieser Novelle führten dazu aus, dass die Lage zur öffentlichen Verkehrsfläche dahingehend präzisiert werden sollte, dass auch eine Zufahrtsmöglichkeit über einen grundbücherlich sichergestellten Servitutsweg zugelassen sei.

Das Bgld BauG stellt nun nicht mehr auf die Lage zur öffentlichen Verkehrsfläche bzw. auf die Zufahrtsmöglichkeit zu einer solchen ab, sondern spricht allgemein von der Notwendigkeit der verkehrsmäßigen Erschließung eines Baugrundstückes.

Die im vorliegenden Fall anzuwendende Bestimmung des § 3 Z. 6 Bgld BauG lautet:

"§ 3. Bauvorhaben sind nur auf für die Bebauung geeigneten Grundstücken zulässig, wenn sie

1.

...

6.

verkehrsmäßig erschlossen sind und ihre Ver- und Entsorgung gewährleistet ist."

§ 14 Abs. 1 Bgld BauVO ("Erschließung, Ver- und Entsorgung") lautet:

"§ 14. (1) Für jeden Bau muss eine seinem Verwendungszweck entsprechende rechtlich gesicherte und technisch mögliche verkehrsmäßige Erschließung gewährleistet sein."

Aus den Erläuterungen zu beiden Bestimmungen (siehe die Wiedergabe bei Pallitsch/Pallitsch, Burgenländisches Baurecht2, S. 100 und S. 757), geht hervor, dass für den Fall, dass die direkte Zufahrt über öffentliche Verkehrswege nicht möglich sei, "auch ein grundbücherlich sichergestelltes Wegerecht ausreiche."

§ 14 Bgld BauVO definiert den in § 3 Z 6 Bgld BauG genannten Begriff der verkehrsmäßigen Erschließung näher, indem er auf die technische Möglichkeit und auf die rechtliche Sicherung der Zufahrt abstellt. Insofern unterscheidet sich die Rechtslage des § 3 Z 6 Bgld BauG entscheidend von der Rechtslage nach § 3 Abs. 1 Z 2 der Burgenländischen Bauordnung (vor der Novelle 1993), weil damals lediglich auf eine "der Art, Lage und Verwendung des Gebäudes entsprechende Zufahrtsmöglichkeit", nicht aber auf eine "rechtliche Sicherung" der Zufahrt abgestellt wurde. Die Aussage des zitierten hg. Erkenntnisses vom 22. Dezember 1987 kann daher auf die nun anzuwendende Rechtslage nicht übertragen werden.

Dem Gesetzeswortlaut (§ 3 Bgld BauG bzw. § 14 Bgld BauVO) lässt sich nun nicht entnehmen, was unter "rechtlicher Sicherung" der verkehrsmäßigen Erschließung eines Baues zu verstehen ist. Im Vergleich zur unmittelbar zuvor geltenden Rechtslage, wo als Zufahrtsmöglichkeit ausdrücklich das Vorliegen einer grundbücherlich sichergestellten Servitut genannt wurde, findet sich eine solche Einschränkung nicht mehr in der geltenden Rechtslage. Durch das Abstellen auf die "rechtliche Sicherung" der Zufahrt und vor dem Hintergrund der Erläuterungen, die als Beispiel wiederum die grundbücherlich sichergestellte Servitut nennen, erscheint aber klargestellt, dass der Gesetzgeber im Vergleich zur davor geltenden Rechtslage keine Minderung der Rechtssicherheit bei der verkehrsmäßigen Erschließung vornehmen wollte. Dann, wenn die Zufahrt über einen Servitutsweg erfolgt, kann daher die erforderliche rechtliche Sicherheit weiterhin nur durch eine verbücherte Servitut erzielt werden.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass für die Beschwerdeführerin auch aus ihrem Hinweis auf die aus der Bauplatzerklärung aus dem Jahr 1992 erwachsenen Rechte nichts zu gewinnen ist, weil ein solcher Bescheid wegen der geänderten Rechtslage keine Rechtswirkungen mehr entfaltet. Die Zulässigkeit von Bauvorhaben ist an der neuen Rechtslage nach § 3 Bgld BauG zu messen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 31. August 1999, Zl. 99/05/0158, und vom 30. November 1999, Zl. 99/05/0235).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. Juni 2006

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Spruch und Begründung Inhalt der Berufungsentscheidung Baubewilligung BauRallg6 Auslegung Diverses VwRallg3/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005050293.X00

Im RIS seit

28.07.2006

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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