TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/28 2005/08/0038

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Veröffentlicht am 28.06.2006
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3 litb;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §38;
ASVG §4 Abs2;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Leitner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 14, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 14. Dezember 2004, Zl. LGSW/Abt.3-AlV/1218/56/2004-5192, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat am 2. Jänner 2003 einen Antrag auf Zuerkennung von Notstandshilfe gestellt und in dem dafür vorgesehenen Formular die Fragen nach einer Beschäftigung, einer selbständigen Erwerbstätigkeit und nach einem eigenen Einkommen verneint. Auf Grund dieses Antrages wurde ihm ab 1. Jänner 2003 Notstandshilfe gewährt.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2003 hat das Arbeitsmarktservice Wien Prandaugasse den Notstandshilfebezug des Beschwerdeführers für den Zeitraum vom 1. Jänner bis zum 15. April 2003 widerrufen und den Beschwerdeführer zur Rückzahlung der für diesen Zeitraum bezogenen Notstandshilfe in der Höhe von EUR 2.751,-- verpflichtet. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei während der genannten Zeit in einem Dienstverhältnis zur Firma A. (die sich unter anderem mit Schneeräumung beschäftigt) gestanden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, er habe auf Grund seiner Tätigkeit als freier Dienstnehmer bei A. von Oktober bis Dezember 2002 Einkünfte in der Höhe von EUR 459,14 und von Jänner bis April 2003 Einkünfte in der Höhe von EUR 778,86 erzielt. Der Berufung war folgende Aufstellung angeschlossen (Fettdruck im Original):

"Bezug ges.

EUR 3.008,00

10/02-04/03

 

 

 

Bezug 2002

EUR 1.289,14

10/2-12/02

 

 

 

Ausgaben:

 

10/02- 12/02

Werkzeug (Schaufel, Besen, Kübel)

EUR 70

 

Winterschuhe

EUR 60

 

Telefon

EUR 55

 

Monatskarte a EUR 45

EUR 135

 

2 Helfer a EUR 40 p. Monat

EUR 240

 

Monatskarte für Helfer a EUR 45

EUR 270

 

 

 

 

Einkünfte abzüglich aller Ausgaben

EUR 459,14

 

 

 

 

Bezug 2003

EUR 1.718,86

01/03-04/03

 

 

 

Ausgaben:

 

01/03- 04/03

Telefon

EUR 80

 

Monatskarte a EUR 45

EUR 180

 

2 Helfer a EUR 40 p. Monat

EUR 320

 

Monatskarte für Helfer a EUR 45

EUR 360

 

 

 

 

Einkünfte abzüglich aller Ausgaben

EUR 778,86"

 

Zudem schloss der Beschwerdeführer der Berufung Erklärungen seiner Ehefrau und seines Sohnes bei, in denen diese bestätigten, für ihre Mitarbeit bei der Schneeräumung während der genannten Zeiträume vom Beschwerdeführer je 280,-- EUR und jeweils Monatskarten (für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) erhalten zu haben.

Die belangte Behörde setzte das Verfahren dann zur Klärung der Frage, ob die Beschäftigung des Beschwerdeführers bei A. ein freies Dienstverhältnis mit einer Entlohnung über der Geringfügigkeitsgrenze gewesen ist, aus.

In der Folge übersandte die Wiener Gebietskrankenkasse der belangten Behörde einen Erhebungsbericht, in dem es unter anderem heißt, die Wiener Gebietskrankenkasse habe die Beschäftigung des Beschwerdeführers als freies Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 4 ASVG "festgestellt", die Firma A. habe dies "akzeptiert".

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben.

In der Begründung stellte sie die wesentlichen Teile des Verwaltungsverfahrens dar und ging von folgendem Sachverhalt aus:

"Sie haben am 2.1.2003 einen Antrag auf Notstandshilfe gestellt und ab 1.1.2003 Notstandshilfe im Ausmaß von EUR 26,20 täglich bezogen.

Zuvor hatten Sie vom 8.6 bis 31.12.2002 Krankengeld bezogen.

Anlässlich Ihres Antrages auf Notstandshilfe vom 2.1.2003 haben Sie die Fragen 5), 7) und 12 nach dem Vorliegen einer Beschäftigung, bzw. selbständigen Tätigkeit bzw. eigenen Einkommen jeweils mit 'nein' beantwortet.

Sie standen vom 15.10.2002 bis 15.4.2003 in einem freien Dienstverhältnis bei der Firma Hausbetreuung (A.)

Ihre Einkünfte betrugen insgesamt EUR 3.008,--, davon entfielen auf das Jahr 2002 EUR 1.289,14 und auf 2003 EUR 1.718,86.

Von Seiten der Firma (A.) wurde mit den einzelnen Auftragnehmern (u.a. mit Ihnen) ein Werkvertrag abgeschlossen. Dieser beinhaltet, dass die Auftragnehmer ein Gesamthonorar erhalten sollten und die ihnen erwachsenden Spesen selbst zu tragen hätten. Den Auftragnehmern wurde ein Honorar zugesagt. Es erfolgte allerdings keine Zusage, dass durch die Beschäftigung die monatliche Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten würde. Anlässlich der Vertragsunterfertigung waren beide Vertragsteile der Auffassung, dass der Gewinn aus der Werkvertragstätigkeit bei der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft beitragspflichtig wäre. Den Werkvertragsnehmern war die Beschäftigung von Subauftragnehmern bzw. Helfern ausdrücklich gestattet. Die Werkvertragnehmer waren verpflichtet, bestimmte Leistungen zu erbringen. Ihre Kosten hatten die Werkvertragsnehmer selbst zu begleichen.

Die Werkvertragsnehmer erhielten Dienstmobiltelefone, welche nur der Kommunikation zwischen der Firma (A.) und dem Auftragnehmer dienten. Alle anderen Nummern waren gesperrt.

Bei den Honoraren handelte es sich im Jahr 2002/2003 um Pauschalhonorare.

In der Folge wurde von Seiten der Wiener Gebietskrankenkasse im Rahmen einer Beitragsprüfung festgestellt, dass es sich bei den Vereinbarungen zwischen der Firma (A.) und den oben genannten Auftragnehmern nicht um Werkverträge sondern um freie Dienstverhältnis handelte.

Von Seiten der Wiener Gebietskrankenkasse wurde daher in Ihrem Fall ein freies über der Geringfügigkeitsgrenze entlohntes Dienstverhältnis für die Zeit vom 15.10.2002 bis 15.4.2004 gespeichert.

Sie sind nicht zur Einkommensteuer veranlagt."

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, die Feststellungen ergäben sich aus den eingeholten Auskünften sowie den Bestätigungen der Ehefrau und des Sohnes des Beschwerdeführers über erhaltene Helferhonorare sowie aus den Angaben des Beschwerdeführers.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass Personen, die in einem freien Dienstverhältnis stünden, hinsichtlich der Feststellung der Höhe ihres Einkommens wie selbständige Erwerbstätige zu behandeln seien. Deshalb seien deren betrieblich bedingte Aufwendungen zu berücksichtigen und einkommensmindernd zu werten. Da der Beschwerdeführer wegen der geringen Höhe seines Einkommens nicht zur Einkommensteuer veranlagt worden sei, daher auch kein Einkommensteuerbescheid vorliege, sei das Einkommen anhand der vorliegenden Unterlagen zu ermitteln. Die vom Beschwerdeführer behaupteten Kosten für Werkzeug, Winterschuhe und Helfer würden als einkommensmindernd anerkannt werden. Dagegen würden die Kosten für Monatskarten für den Beschwerdeführer und seine Helfer sowie der Aufwand für das Handy nicht anerkannt werden. Für keine der beiden Ausgaben hätte der Beschwerdeführer Belege vorgelegt. Der Sohn des Beschwerdeführers sei während des in Rede stehenden Zeitraumes Lehrling gewesen, seine Ehefrau Hausfrau. Die Bezahlung einer Monatskarte sei daher nicht betrieblich bedingt gewesen. Handykosten im Ausmaß von EUR 80,-- für Gespräche mit Personen, die mit dem Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt lebten, seien nicht erforderlich und nicht angemessen. Die Kosten für die Arbeitskleidung und das Werkzeug seien im Jahr 2002 anzurechnen, die Kosten für die Helfer im Jahr 2003. Daraus ergebe sich für das Jahr 2003 ein monatliches Einkommen von EUR 349,72, was über der Geringfügigkeitsgrenze von damals EUR 309,38 gelegen sei. Der Beschwerdeführer sei daher vom 1. Jänner bis zum 15. April 2003 nicht arbeitslos gewesen, weshalb der Bezug von Notstandshilfe zu widerrufen gewesen sei.

Die Rückforderung ergebe sich auf Grund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer das Arbeitsmarktservice nicht über die Tätigkeit bei der Firma A. in Kenntnis gesetzt habe. Damit habe er gegen eine Meldeverpflichtung verstoßen. Durch unwahre Angaben im Antragsformular habe er zudem billigend in Kauf genommen, dass er Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen könne, auf die er keinen Anspruch habe. Dadurch hat der Beschwerdeführer einen Rückforderungstatbestand gesetzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Abs. 1 des § 12 AlVG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 103/2001 ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat. Unter einer Beschäftigung im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG ist jede mit einem Erwerbseinkommen verbundene Tätigkeit zu verstehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1993, 92/08/0036). Als arbeitslos im Sinne des Abs. 1 gilt gemäß § 12 Abs. 3 AlVG insbesondere unter anderem nicht, wer in einem Dienstverhältnis steht (lit. a ) und wer selbständig erwerbstätig ist (lit. b).

Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass der Beschwerdeführer ein dem § 4 Abs. 4 ASVG unterliegendes freies Dienstverhältnis ausübte und daraus die festgestellten Einkünfte bezogen hat. Der Beschwerdeführer stand sohin nicht in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. a AlVG. Liegt aber der Beschäftigung im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG kein Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG zu Grunde, so sind unter dem Erwerbseinkommen die aus dieser Beschäftigung erzielten Einkünfte in Geld- oder Güterform zu verstehen (vgl. das Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 98/08/0378).

Für den Bereich des Leistungsrechtes der Arbeitslosenversicherung stellt eine Beschäftigung auf Grund eines freien Dienstvertrages eine selbständige Erwerbstätigkeit im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. b und Abs. 6 lit. c AlVG ("auf andere Art selbständig erwerbstätig") dar (vgl. das Erkenntnis vom 4. August 2004, Zl. 2002/08/0118).

Die belangte Behörde hat im Sinne dieser Rechtsprechung zutreffend ausgeführt, dass die Einkommensermittlung bei freien Dienstnehmern wie jene bei selbständig Erwerbstätigen erfolgt.

Als inhaltlich rechtswidrig erachtet der Beschwerdeführer - zunächst den Widerruf betreffend - den angefochtenen Bescheid, weil die belangte Behörde die Einnahmen und Ausgaben dem jeweiligen Kalenderjahr zugeordnet und nicht über die gesamte "Wintersaison" verteilt hat. Dieses Argument erweist sich aus folgenden Gründen als unzutreffend:

Gemäß § 36a Abs. 2 AlVG ist Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), zuzüglich bestimmter Hinzurechnungen. Der im § 12 Abs. 6 lit. c AlVG verwiesene § 36a Abs. 5 Z. 4 bestimmt, dass der Nachweis des Einkommens bei steuerfreien Bezügen durch eine Bestätigung der bezugsliquidierenden Stelle erfolgt.

Die Verfahrensparteien gingen - offenbar auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers (eine Lohnbestätigung findet sich im Akt nicht) - davon aus, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2003 Einkünfte von EUR 1.718,86 erzielte und auf Grund der geringen Höhe seiner Einkünfte (unter EUR 10.000,--) nicht steuerpflichtig war und steuerlich nicht veranlagt wurde (vgl. § 33 Abs. 1 EStG). Mangels Vorliegens eines Einkommensteuerbescheides legte die belangte Behörde ihrer Beurteilung den genannten Betrag zu Grunde.

Nach § 36a Abs. 7 AlVG gilt als monatliches Einkommen bei durchgehender selbständiger Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des sich ergebenden Jahreseinkommens, bei nur vorübergehender selbständiger Erwerbstätigkeit das anteilsmäßige Einkommen in den Monaten, in denen selbständige Erwerbstätigkeit vorlag.

Einkommen ist nach § 2 Abs. 2 EStG der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie der Freibeträge nach den §§ 104 und 105.

Gemäß § 39 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat.

Sowohl das AlVG (§ 36a) als auch das EStG (§ 39) stellen beim Einkommen auf das "Jahr" bzw. das Kalenderjahr und nicht auf das Wirtschaftsjahr ab. Das bedeutet für den Beschwerdefall, dass die belangte Behörde das Einkommen des Beschwerdeführers - auch wenn es nicht veranlagt worden ist - zutreffend nach Kalenderjahren (2002 und 2003) getrennt berechnet hat. Eine Verteilung des vom Beschwerdeführer selbst dem Jahr 2002 zugeordneten Aufwandes auf die gesamte "Wintersaison" konnte daher nicht erfolgen.

Strittig ist im vorliegenden Fall ferner, ob das im Jahr 2003 vom Beschwerdeführer bezogene Erwerbseinkommen über der Geringfügigkeitsgrenze lag und somit Arbeitslosigkeit ausschloss. Die belangte Behörde hat die Kosten für Monatskarten (zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) für den Beschwerdeführer und seine Helfer sowie Entgelte für Gespräche mit dem Mobiltelefon des Beschwerdeführers nicht von seinen Einkünften abgezogen und kam so zu einem die Geringfügigkeitsgrenze übersteigenden Einkommen.

In der Beschwerde rügt der Beschwerdeführer als Verfahrensmangel, er habe zu den von der belangten Behörde angestellten Überlegungen zu den "Handyrechnungen " und den "Monatskarten" nicht Stellung nehmen können und sei von den rechtlichen Erwägungen der belangten Behörde überrascht worden.

Dem ist zunächst entgegen zu halten, dass sich das zum "Überraschungsverbot" in Beziehung gesetzte Parteiengehör nur auf die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes, nicht aber auf die von der belangten Behörde vorzunehmende rechtliche Beurteilung erstreckt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 4. April 2002, Zl. 99/18/0039).

Auf der Sachverhaltsebene hat der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren kein weiteres Vorbringen zu den behaupteten Telefon- und Fahrtkosten erstattet; er konkretisiert auch in der Beschwerde nicht, inwiefern der behauptete Aufwand durch die Mithilfe seiner Frau und seines Sohnes entstanden und in welcher Weise dieser Aufwand seiner Tätigkeit zuzuordnen ist. Fehlen Feststellungen in diese Richtung - und nur darauf kann sich die Rüge des Beschwerdeführers beziehen -, konnte die belangte Behörde solche mangels entsprechenden Vorbringens nicht treffen. Damit lässt der Beschwerdeführer aber auch offen, ob sich der behauptete Verfahrensmangel auf das Ergebnis des Verfahrens ausgewirkt hätte und es sich somit um einen wesentlichen Verfahrensmangel handelt.

Überhaupt liegt bei Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen, weil in der Regel der zwischen Fremden bestehende Interessensgegensatz fehlt, der aus dem Bestreben der Vorteilsmaximierung jedes Vertragspartners resultiert, die Annahme nahe, dass für eine nach außen hin vorgegebene Leistungsbeziehung unbeschadet ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit in Wahrheit eine familienhafte Veranlassung gegeben ist. Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen können nach der ständigen Rechtsprechung der Abgabensenate des Verwaltungsgerichtshofes nur dann im Rahmen der Beweiswürdigung als erwiesen angenommen und damit anerkannt werden, wenn sie

1)

nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen,

2)

einen klaren, eindeutigen und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt aufweisen und

              3)              unter Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22. Dezember 2005, Zl. 2002/15/0169, mwN).

Das Bestehen einer Vereinbarung, die diesen Anforderungen entspricht, hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht.

Zur Rückforderung bringt der Beschwerdeführer vor, diese sei unberechtigt, weil im Ermittlungsverfahren ohnehin die mit seiner Tätigkeit verbundenen Einnahmen und Ausgaben offengelegt worden seien. Dieser Einwand steht dem von der belangten Behörde herangezogene Rückforderungstatbestand allerdings nicht im Wege:

Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG (iVm § 38 AlVG) in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 103/2000 ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger der Notstandshilfe zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Notstandshilfe besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 AlVG das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird.

Die sich aus der in § 25 Abs. 1 AlVG (iVm § 38 AlVG) vorgesehenen Sanktionierung ergebende Verpflichtung von Antragstellern auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, hinsichtlich maßgebender Tatsachen vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen, soll sicherstellen, dass der Behörde, die zahlreiche gleichartige Verfahren relativ rasch abzuwickeln hat, grundsätzlich die für den Leistungsanspruch maßgebenden Umstände vollständig und wahrheitsgemäß zur Kenntnis gelangen. Der Rückforderungstatbestand "unwahre Angaben" liegt daher jedenfalls dann vor, wenn die Behörde in einem Antragsformular eine rechtserhebliche Frage stellt und diese Frage unrichtig oder unvollständig beantwortet wird (vgl. das Erkenntnis vom 22. September 2004, 2003/08/0154). Die Unterlassung der Angabe eines (selbständigen) Einkommens anlässlich der Stellung eines Antrages auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld erfüllt den genannten Rückforderungstatbestand (vgl. das Erkenntnis vom 15. Jänner 1987, Zl. 86/08/0006).

Hat der Beschwerdeführer daher während seiner Tätigkeit für A. (Oktober 2002 bis April 2003) am 2. Jänner 2003 einen Antrag auf Zuerkennung von Notstandshilfe gestellt und in dem dafür vorgesehenen Formular die Fragen nach einer Beschäftigung, einer selbständigen Erwerbstätigkeit und nach einem eigenen Einkommen verneint, hat er seinen Notstandshilfebezug durch unwahre Angaben herbeigeführt. Die belangte Behörde hat daher zu Recht das Vorliegen des Rückforderungstatbestandes nach § 25 Abs. 1 erster Fall AlVG bejaht.

Insgesamt erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003 BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. Juni 2006

Schlagworte

Parteiengehör Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtliche Beurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005080038.X00

Im RIS seit

10.08.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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