TE Vwgh Beschluss 2006/8/30 2005/09/0059

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Veröffentlicht am 30.08.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §112 Abs3;
BDG 1979 §112 Abs4;
B-VG Art131;
VwGG §33 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des A in B, vertreten durch Dr. Josef-Michael Danler, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Colingasse 3, gegen den Bescheid des Landesschulrates für Tirol vom 1. März 2005, Zl. 5828.240664/21, betreffend die vorläufige Suspendierung nach § 112 BDG 1979, den Beschluss gefasst:

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Den Kostenanträgen der belangten Behörde und des Beschwerdeführers wird nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. März 2005 wurde der Beschwerdeführer, der als Bundeslehrer und Versuchsanstaltsleiter an der Höheren technischen Bundes- Lehr- und Versuchsanstalt X tätig war, mit sofortiger Wirkung bis auf weiteres von seinem Dienst als Lehrer an der genannten Schule inklusive seiner Mitverwendung an der berufspädagogischen Akademie sowie als Versuchsanstaltsleiter vorläufig suspendiert, weil er im Verdacht stehe, im Zeitraum zwischen Juli 2004 und Jänner 2005 als Leiter der Versuchsanstalt in Vertretung des Direktors von diversen Auftraggebern in Rechnung gestellte Beträge in bar einkassiert zu haben, die aber von den der Versuchsanstalt offiziell weitergeleiteten erheblich abgewichen seien; er habe dadurch anvertrautes Gut sich selbst mit dem Vorsatz zueignen wollen, sich damit unrechtmäßig zu bereichern, was seine Dienstpflichten nach § 43 BDG 1979 gravierend verletzt habe.

In dem vom Verwaltungsgerichtshof daraufhin eingeleiteten Vorverfahren legte die belangte Behörde die Akten des Verfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. In ihrer Gegenschrift wies die belangte Behörde u.a. darauf hin, dass die ausgesprochene vorläufige Suspendierung gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 unverzüglich der Disziplinarkommission beim Landesschulrat für Tirol mitgeteilt worden sei, welcher in seiner Sitzung am 8. April 2005 die Suspendierung des Beschwerdeführers verfügt habe. Die Entscheidung der Disziplinarkommission vom 8. April 2005 sei mit Bescheid vom 14. April 2005 ausgefertigt und dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung am 19. April 2005 zugestellt worden.

Gemäß § 112 Abs. 3 des Beamtendienstrechtsgesetzes 1979 endet die vorläufige Suspendierung mit dem Tag der Entscheidung der Disziplinarkommission über die Suspendierung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 30. März 2006, Zl. 2005/09/0016 mit weiteren Nachweisen) führt nicht nur die formelle (ausdrückliche) Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern auch der Wegfall des Rechtsschutzinteresses im Zuge eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu dessen Einstellung, weil der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer nach Art. 131 B-VG erhobenen Bescheidbeschwerde zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist. Ergibt sich daher im Verfahren über eine derartige Beschwerde, dass eine fortwirkende Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nicht (mehr) gegeben ist und auch eine der Beschwerde stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in Ansehung des verletzten subjektivöffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers keine Veränderung bewirken würde, führt dies zur Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Mit dem Tag der Zustellung der Entscheidung der Disziplinarkommission über die Verhängung der Suspendierung vom 14. April 2005, dem 19. April 2005, hat gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 die vorläufige Suspendierung des Beschwerdeführers geendet. Damit ist von Gesetzes wegen eben jene Maßnahme weggefallen, die Gegenstand der Beschwerde ist. Mehr könnte im Beschwerdefall auch eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nicht bewirken; sie hätte bloß theoretische Bedeutung.

Der Beschwerdeführer erklärte sich in seiner Äußerung vom 6. Juni 2006 mit der Einstellung des Verfahrens nicht einverstanden, weil er nach wie vor ein rechtliches Interesse an der meritorischen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes habe. Zwar könne durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides eine sofortige Wiederbeschäftigung nicht erreicht werden, im Falle der Einstellung wegen Klaglosstellung werde ihm aber die Möglichkeit beschnitten, die Rechtswidrigkeit der angefochtenen vorläufigen Suspendierung und allenfalls aus der Rechtswidrigkeit der vorläufigen Suspendierung erwachsende Ansprüche (insbesondere Verdienstentgang als Leiter der Versuchsanstalt) geltend zu machen.

Damit wäre der Beschwerdeführer nur dann im Recht, wenn durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides noch über die vorläufige Suspendierung hinaus wirkende Beeinträchtigungen subjektiv-öffentlicher Rechte des Beschwerdeführers behoben werden könnten. Dies trifft aber im vorliegenden Fall nicht zu. Soweit der Beschwerdeführer nämlich in seiner Äußerung vom 6. Juni 2006 auf leistungsabhängige Einnahmen (als Versuchsanstaltsleiter) Bezug nimmt, könnte ihm auch die Aufhebung des Bescheides keinen Anspruch auf deren Nachzahlung vermitteln, weil sie nichts an dem Umstand ändern könnte, dass der Beschwerdeführer während der Dauer der vorläufigen Suspendierung mangels tatsächlicher Verrichtung der angeführten Tätigkeit keinen Anspruch auf diese - leistungsabhängigen - Einnahmen erwerben konnte (vgl. den schon zitierten hg. Beschluss vom 30. März 2006, Zl. 2005/09/0016). Im Übrigen ist mit der vorläufigen Suspendierung - anders als mit der von der Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) verfügten Suspendierung (vgl. § 112 Abs. 4 BDG 1979) - keine Bezugskürzung von Gesetzes wegen verbunden.

Daher war das Verfahren wegen Gegenstandslosigkeit nach Anhörung des Beschwerdeführers gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 58 Abs. 2 leg. cit. Nach dieser Gesetzesstelle in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 88/1997, ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Unter Zugrundlegung dieser Bestimmung ist im Beschwerdefall davon auszugehen, dass es im Rahmen der Entscheidung über die Zuerkennung von Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, zu beurteilen, ob die Beschwerde zum Erfolg geführt haben würde, weshalb im Sinne des ersten Absatzes der genannten Bestimmung vorzugehen war.

Wien, am 30. August 2006

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005090059.X00

Im RIS seit

06.11.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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