Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der ***** 1986 geborenen Jeannine M***** infolge Revisionsrekurses der Minderjährigen, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 11, Amt für Jugend und Familie, 11.Bezirk, Enkplatz 2, 1110 Wien, als Unterhaltssachwalter, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17.September 1997, GZ 45 R 607/97s-107, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 9.Juni 1997, GZ 5 P 3263/95f-96, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der zweitinstanzliche Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes ersatzlos aufgehoben wird.
Text
Begründung:
Der Vater der Minderjährigen, ein am 4.11.1968 geborener jugoslawischer Staatsbürger, wurde zuletzt mit erstinstanzlichem Beschluß vom 11.6.1993 (ON 75) ab 1.10.1992 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 3.600,-- verpflichtet. Diesem Beschluß lagen die Antragsbehauptungen, der Vater gehe keiner versicherungspflichtigen Tätigkeit nach, arbeite jedoch vermutlich - wie schon früher - als Musiker und Discjockey, wobei er monatlich durchschnittlich S 20.000,-- netto verdiene, zugrunde, zu denen der gemäß § 185 Abs 3 AußStrG zur Äußerung aufgeforderte Vater zufolge seiner Nichtäußerung als zustimmend galt. Mit erstinstanzlichem Beschluß vom 6.12.1993 wurden die der Minderjährigen bereits vorher gewährten Unterhaltsvorschüsse ab 1.10.1992 auf monatlich S 3.600,-- erhöht (ON 80). Diese Unterhaltsvorschüsse wurden mit dem Beschluß vom 24.2.1995 bis 31.12.1997 weitergewährt (ON 86).Der Vater der Minderjährigen, ein am 4.11.1968 geborener jugoslawischer Staatsbürger, wurde zuletzt mit erstinstanzlichem Beschluß vom 11.6.1993 (ON 75) ab 1.10.1992 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 3.600,-- verpflichtet. Diesem Beschluß lagen die Antragsbehauptungen, der Vater gehe keiner versicherungspflichtigen Tätigkeit nach, arbeite jedoch vermutlich - wie schon früher - als Musiker und Discjockey, wobei er monatlich durchschnittlich S 20.000,-- netto verdiene, zugrunde, zu denen der gemäß Paragraph 185, Absatz 3, AußStrG zur Äußerung aufgeforderte Vater zufolge seiner Nichtäußerung als zustimmend galt. Mit erstinstanzlichem Beschluß vom 6.12.1993 wurden die der Minderjährigen bereits vorher gewährten Unterhaltsvorschüsse ab 1.10.1992 auf monatlich S 3.600,-- erhöht (ON 80). Diese Unterhaltsvorschüsse wurden mit dem Beschluß vom 24.2.1995 bis 31.12.1997 weitergewährt (ON 86).
Am 8.4.1997 teilte der Vater dem Unterhaltssachwalter der Minderjährigen (AJF 11) telefonisch mit, gegen ihn bestehe in Österreich ein Aufenthaltsverbot, er lebe seit einem Jahr in Ungarn und werde von seinem (allerdings in Wien lebenden) Vater erhalten (ON 89a). Die Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, teilte dem Erstgericht am 22.5.1997 (Einlangen 2.6.1997) mit, daß gegen den Vater am 17.5.1996 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen worden und dieser "zuletzt am 6.8.1996" in seine Heimat abgeschoben worden sei (ON 95). Über den Aufenthalt oder die Einkommensverhältnisse des Vaters konnte das Erstgericht nichts in Erfahrung bringen.
Mit Beschluß vom 9.6.1997 setzte das Erstgericht die der Minderjährigen gewährten Unterhaltsvorschüsse rückwirkend ab 1.9.1996 auf monatlich S 500,-- herab, weil feststehe, daß der Vater am 6.8.1996 infolge eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes für die Republik Österreich abgeschoben worden sei.
Das Gericht zweiter Instanz gab mit dem angefochtenen Beschluß dem Rekurs der durch ihren Unterhaltssachwalter vertretenen Minderjährigen, in welchem unter anderem darauf hingewiesen wurde, daß für die Monate April (S 3.200,--) und Mai (S 5.200,--) 1997 beim AFJ 11 durch den Vater Unterhaltszahlungen für die Minderjährigen eingegangen seien, nicht Folge und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig. Die in § 7 Abs 1 Z 1 UVG für die Versagung oder Herabsetzung der Unterhaltsvorschüsse vorausgesetzten begründeten Bedenken, daß die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht (noch) bestehe oder der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht entsprechend zu hoch festgesetzt sei, seien durch den nunmehrigen Aufenthalt des Vaters in Ungarn begründet. Die Leistungsfähigkeit des Vaters in Bezug auf seine festgesetzte Unterhaltsverpflichtung sei gemindert, weil - wie gerichtsbekannt (sei) - die Einkommenssituation in Ungarn bezogen auf das Preisniveau in Österreich, auf welches der bestehende Unterhaltstitel abstelle, keine Alimentierung des Kindes im Titelausmaß gestatte. Dem Rekurseinwand, daß die Einkommensverhältnisse oder -möglichkeiten des Vaters nicht erhoben worden seien, sei zu entgegnen, daß nach ständiger Rechtsprechung weitwendige Ermittlungen im Sinne des § 7 Abs 1 Z 1 UVG nicht erforderlich seien. Auch die vom Vater durchgeführten Überweisungen (für die Monate April und Mai 1997) bedeuteten nicht zwingend, daß er kaufkraftmäßig "nur mehr" wohl gemeint (nunmehr) ein Einkommen erziele, das jenem zuletzt in Österreich bezogenen entspreche. Der (in EFSlg 75.706 publizierten) Ansicht des rekursgerichtlichen Senates 43, wonach die Tatsache, daß ein Unterhaltsschuldner (dort: 1994 nach Jugoslawien) abgeschoben worden und sein genauer Aufenthaltsort nicht bekannt sei, allein noch keine "begründeten Bedenken" im Sinne des § 7 Abs 1 Z 1 UVG hervorrufen könnte, werde nicht gefolgt.Das Gericht zweiter Instanz gab mit dem angefochtenen Beschluß dem Rekurs der durch ihren Unterhaltssachwalter vertretenen Minderjährigen, in welchem unter anderem darauf hingewiesen wurde, daß für die Monate April (S 3.200,--) und Mai (S 5.200,--) 1997 beim AFJ 11 durch den Vater Unterhaltszahlungen für die Minderjährigen eingegangen seien, nicht Folge und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig. Die in Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, UVG für die Versagung oder Herabsetzung der Unterhaltsvorschüsse vorausgesetzten begründeten Bedenken, daß die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht (noch) bestehe oder der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht entsprechend zu hoch festgesetzt sei, seien durch den nunmehrigen Aufenthalt des Vaters in Ungarn begründet. Die Leistungsfähigkeit des Vaters in Bezug auf seine festgesetzte Unterhaltsverpflichtung sei gemindert, weil - wie gerichtsbekannt (sei) - die Einkommenssituation in Ungarn bezogen auf das Preisniveau in Österreich, auf welches der bestehende Unterhaltstitel abstelle, keine Alimentierung des Kindes im Titelausmaß gestatte. Dem Rekurseinwand, daß die Einkommensverhältnisse oder -möglichkeiten des Vaters nicht erhoben worden seien, sei zu entgegnen, daß nach ständiger Rechtsprechung weitwendige Ermittlungen im Sinne des Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, UVG nicht erforderlich seien. Auch die vom Vater durchgeführten Überweisungen (für die Monate April und Mai 1997) bedeuteten nicht zwingend, daß er kaufkraftmäßig "nur mehr" wohl gemeint (nunmehr) ein Einkommen erziele, das jenem zuletzt in Österreich bezogenen entspreche. Der (in EFSlg 75.706 publizierten) Ansicht des rekursgerichtlichen Senates 43, wonach die Tatsache, daß ein Unterhaltsschuldner (dort: 1994 nach Jugoslawien) abgeschoben worden und sein genauer Aufenthaltsort nicht bekannt sei, allein noch keine "begründeten Bedenken" im Sinne des Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, UVG hervorrufen könnte, werde nicht gefolgt.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die zweitinstanzliche Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Minderjährigen ist berechtigt.
Bei der Prüfung der Versagungs- oder Herabsetzungsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Z 1 UVG ist nach ständiger Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzulegen: Die "begründeten Bedenken" müssen eine spezielle Qualität in dem Sinne aufweisen, daß eine hohe Wahrscheinlichkeit für die materielle Unrichtigkeit der titelmäßigen Unterhaltsfestsetzung besteht. Bloß allenfalls objektiv gerechtfertigte Zweifel gegen die - weiterhin bestehende - materielle Richtigkeit der Titelverpflichtung sind nicht ausreichend (2 Ob 286/97s = RIS-Justiz RS0108443; 3 Ob 2163/96a; [zustimmend Neumayr in Schwimann**2 Rz 9 zu § 9 UVG] ÖA 1993, 29 = EvBl 1993/34; EvBl 1994/43 ua = RIS-Justiz RS0076391). Der einzige von den Vorinstanzen für die drastische Herabsetzung der Unterhaltsvorschüsse (von monatlich S 3.600,-- auf S 500,--) genannte Grund, es sei gerichtsbekannt, daß die Einkommenssituation in Ungarn keine Alimentierung im Titelausmaß gestatte, zeigt nur objektiv gerechtfertigte Zweifel aber noch keine begründeten Bedenken auf. Selbst wenn man von den vom Unterhaltssachwalter im Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung angeführten, nicht unerheblichen Unterhaltszahlungen des Vaters für die Monate April und Mai 1997 absehen wollte, weil diese Zahlungen dem Vater allenfalls aufgrund finanzieller Unterstützung von dritter Seite möglich gewesen sein könnten, so kann entgegen der Auffassung der Vorinstanz keineswegs als mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß etwa ein Musiker oder Discjockey (das sind die vom Vater in Österreich vorher ausgeübten Tätigkeiten) oder andere vergleichbare Tätigkeiten Ausübender in Ungarn im Jahr 1996 nicht oder nicht annähernd ein dem letzten Unterhaltstitel als Unterhaltsbemessungsgrundlage unterstelltes Einkommen (im Gegenwert) von S 20.000,-- verdienen könnte. Eine "non liquet"-Situation in Bezug auf die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Z 1 UVG geht aber nicht zu Lasten des vorschußbeziehenden Kindes, sondern zu Lasten des vorschußgewährenden Bundes (so schon 2 Ob 286/97s).Bei der Prüfung der Versagungs- oder Herabsetzungsvoraussetzungen des Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, UVG ist nach ständiger Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzulegen: Die "begründeten Bedenken" müssen eine spezielle Qualität in dem Sinne aufweisen, daß eine hohe Wahrscheinlichkeit für die materielle Unrichtigkeit der titelmäßigen Unterhaltsfestsetzung besteht. Bloß allenfalls objektiv gerechtfertigte Zweifel gegen die - weiterhin bestehende - materielle Richtigkeit der Titelverpflichtung sind nicht ausreichend (2 Ob 286/97s = RIS-Justiz RS0108443; 3 Ob 2163/96a; [zustimmend Neumayr in Schwimann**2 Rz 9 zu Paragraph 9, UVG] ÖA 1993, 29 = EvBl 1993/34; EvBl 1994/43 ua = RIS-Justiz RS0076391). Der einzige von den Vorinstanzen für die drastische Herabsetzung der Unterhaltsvorschüsse (von monatlich S 3.600,-- auf S 500,--) genannte Grund, es sei gerichtsbekannt, daß die Einkommenssituation in Ungarn keine Alimentierung im Titelausmaß gestatte, zeigt nur objektiv gerechtfertigte Zweifel aber noch keine begründeten Bedenken auf. Selbst wenn man von den vom Unterhaltssachwalter im Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung angeführten, nicht unerheblichen Unterhaltszahlungen des Vaters für die Monate April und Mai 1997 absehen wollte, weil diese Zahlungen dem Vater allenfalls aufgrund finanzieller Unterstützung von dritter Seite möglich gewesen sein könnten, so kann entgegen der Auffassung der Vorinstanz keineswegs als mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß etwa ein Musiker oder Discjockey (das sind die vom Vater in Österreich vorher ausgeübten Tätigkeiten) oder andere vergleichbare Tätigkeiten Ausübender in Ungarn im Jahr 1996 nicht oder nicht annähernd ein dem letzten Unterhaltstitel als Unterhaltsbemessungsgrundlage unterstelltes Einkommen (im Gegenwert) von S 20.000,-- verdienen könnte. Eine "non liquet"-Situation in Bezug auf die Voraussetzungen des Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, UVG geht aber nicht zu Lasten des vorschußbeziehenden Kindes, sondern zu Lasten des vorschußgewährenden Bundes (so schon 2 Ob 286/97s).
Diese Erwägungen führen zum Wegfall der die Unterhaltsvorschüsse herabsetzenden Entscheidung.
Anmerkung
E48808 03A00058European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:0030OB00005.98A.0128.000Dokumentnummer
JJT_19980128_OGH0002_0030OB00005_98A0000_000