TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/21 2006/19/0212

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Veröffentlicht am 21.09.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß sowie den Hofrat Dr. Nowakowski und die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil, über die Beschwerde des J, geboren 1983, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 1a, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 27. Juli 2005, Zl. 236.559/6-IV/44/04, betreffend §§ 7 und 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Indiens, reiste am 8. März 2003 in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Bei seiner Einvernahme am 2. April 2003 gab er zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst an, seine Heimat "wegen der Armut" verlassen zu haben. Seit sein Vater gestorben sei, habe er für die Familie zu sorgen. Aus diesem Grund und weil er seine Schulden zurückzahlen müsse, wolle er in Österreich arbeiten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 9. Juni 2004, mit dem der Asylantrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien festgestellt (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" ausgewiesen (Spruchpunkt III.) worden war, gemäß "§§ 7, 8(1) und 8(2) AsylG" ab.

Begründend führte sie aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei nicht geeignet, eine ihm konkret drohende Verfolgungsgefahr im Sinn der FlKonv darzutun. Überdies sei die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers nach den über die Lage in Indien getroffenen Feststellungen - welchen der bei der mündlichen Berufungsverhandlung unentschuldigt abwesende Beschwerdeführer nichts entgegnet habe - nicht derart prekär, dass ihm eine Gefährdung der Existenz drohe oder er in eine ausweglose Lebenssituation geraten würde, weshalb auch kein Refoulementschutz zu gewähren sei. Zur Ausweisung des Beschwerdeführers verwies die belangte Behörde auf die Ausführungen des Bundesasylamtes, das keinen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers zu erkennen vermochte.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerde knüpft zunächst an das Vorbringen in der Berufung an, das Überleben und die wirtschaftliche Existenz des Beschwerdeführers seien massiv gefährdet. Da sie sich dabei aber nicht mit den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zu diesem Thema auseinander setzt, kann dieses Vorbringen nicht erfolgreich sein. Soweit die Beschwerde darüber hinaus eine Verletzung der Ermittlungspflicht und der Manuduktionspflicht behauptet, übersieht sie, dass die belangte Behörde eine mündliche Verhandlung durchführte, zu der der Beschwerdeführer unentschuldigt nicht erschienen ist. Das in der Beschwerde erstmals erstattete Vorbringen, der Beschwerdeführer sei als Sikh Verfolgung durch die indische Polizei ausgesetzt gewesen und es drohe ihm eine menschenrechtswidrige Behandlung, ist mit seinen Angaben vor den Asylbehörden, die sich ausdrücklich auf wirtschaftliche Ausreisegründe beschränkten, nicht vereinbar und stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar.

Die Bestätigung des erstinstanzlichen Ausspruchs über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" erweist sich jedoch als rechtswidrig, da die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.

Es war daher die Bestätigung von Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, während die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 21. September 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006190212.X00

Im RIS seit

20.10.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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