TE Vwgh Erkenntnis 2006/10/17 2003/11/0057

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Veröffentlicht am 17.10.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
43/02 Leistungsrecht;
44 Zivildienst;

Norm

HGG 2001 §31 Abs1 Z3 idF 2002/I/114;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ZDG 1986 §34 Abs1 idF 2002/I/114;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. Ronald Rast, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Lugeck 1/1/4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. Oktober 2002, Zl. MA 62 - III/59/02, betreffend Wohnkostenbeihilfe nach dem Heeresgebührengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. Oktober 2002 wurde - soweit dieser Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof angefochten ist - der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der Wohnkostenbeihilfe für die Wohnung in 1100 Wien, F.-Gasse 109, gemäß § 34 Abs. 1 Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) iVm § 32 Abs. 1 Heeresgebührengesetz 2001 (HGG 2001) abgewiesen.

Begründend stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Februar 2002 einer näher genannten Einrichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesen worden. Nach seinen Angaben habe der Beschwerdeführer bis Ende Februar 2002 in Deutschland gewohnt, sei aber bei seinen Eltern in 1100 Wien, G.- Straße 124, gemeldet gewesen. Im April 2002 habe der Beschwerdeführer einen mit 1. Mai 2002 beginnenden Mietvertrag für die antragsgegenständliche Wohnung in 1100 Wien, F.-Gasse 109, abgeschlossen. An dieser Adresse sei er seit 2. Mai 2002 behördlich gemeldet. Da der Beschwerdeführer die letztgenannte Wohnung aber erst nach der Genehmigung des Zuweisungsbescheides erworben habe, komme ihm nach Ansicht der belangten Behörde aufgrund der genannten Gesetzesbestimmungen kein Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe zu.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage des Verwaltungsaktes und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer bekämpft die Rechtsansicht, es stehe ihm kein Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe zu; er verweist dazu auf § 31 Abs. 1 Z. 3 HGG 2001. Nach der letztgenannten Bestimmung hätte die belangte Behörde bei Berechnung der Wohnkostenbeihilfe die Kosten der ehemaligen Wohnung in Deutschland zu Grunde legen müssen. Die diesbezüglichen Mietkosten seien aus dem im Akt befindlichen Mietvertrag ersichtlich. Im Übrigen sei er in Deutschland gemeldet gewesen, die Erstbehörde habe aber eine vom Beschwerdeführer dafür vorgelegte Bestätigung zurückgewiesen.

Das Zivildienstgesetz 1986 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung, BGBl. I Nr. 114/2002, lautet (auszugsweise):

"§ 34. (1) Der Zivildienstpflichtige, der

1.

einen ordentlichen Zivildienst oder

2.

einen außerordentlichen Zivildienst gemäß § 8a Abs. 6 im Anschluss an einen in Z 1 genannten Zivildienst

leistet, hat Anspruch auf Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe, wie er einem Wehrpflichtigen nach § 26 HGG 1992 zusteht.

(2) Auf den Familienunterhalt und die Wohnkostenbeihilfe sind die Bestimmungen des V. Hauptstückes des HGG 1992 sowie dessen §§ 48, 49 Abs. 1 bis 3 und § 50 nach Maßgabe des Abs. 3 anzuwenden. Hiebei treten an die Stelle

1. des Heeresgebührenamtes die Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Sprengel der Hauptwohnsitz des Zivildienstpflichtigen liegt und

2. der militärischen Dienststelle die Einrichtung, die im Zuweisungsbescheid angegeben ist (§ 11 Abs. 1) und

3. des Bundesministers für Landesverteidigung in § 36 Abs. 3 HGG 1992 der Landeshauptmann, in § 50 Abs. 3 HGG 1992 der Bundesminister für Inneres und

4. der Zustellung des Einberufungsbefehls in den §§ 30 Abs. 1 und 2, 31 Abs. 1 und 3 sowie 33 Abs. 1 Z 1 HGG 1992 die Genehmigung des Zuweisungsbescheides.

...

§ 75a. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

(2) Soweit in diesem Bundesgesetz auf das HGG 1992 verwiesen wird, gilt dies nach dessen Aufhebung als Verweis auf die entsprechenden Bestimmungen der Regelung der Bezüge und sonstigen Ansprüche im Präsenz- und Ausbildungsdienst."

§ 31 Heeresgebührengesetz 2001 lautet in der hier maßgebenden

Fassung, BGBl. I Nr. 114/2002, wie folgt:

"Wohnkostenbeihilfe

Anspruch

§ 31. (1) Mit der Wohnkostenbeihilfe sind Anspruchsberechtigten jene Kosten abzugelten, die ihnen nachweislich während des Wehrdienstes für die erforderliche Beibehaltung jener eigenen Wohnung entstehen, in der sie nach den Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, gemeldet sind. Dabei gilt Folgendes:

1. Ein Anspruch besteht nur für jene Wohnung, in der der Anspruchsberechtigte bereits zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Einberufung gegen Entgelt gewohnt hat.

2. Wurde der Erwerb einer Wohnung nachweislich bereits vor dem Zeitpunkt nach Z 1 eingeleitet, so besteht ein Anspruch auch dann, wenn die Wohnung erst nach diesem Zeitpunkt bezogen wird.

3. Hat der Anspruchsberechtigte nach dem Zeitpunkt nach Z 1 eine andere eigene Wohnung bezogen und sich in dieser Wohnung gemeldet, so gebühren, sofern nicht Z 2 anzuwenden ist, an Stelle der Kosten für diese Wohnung die ehemaligen Kosten jener eigenen Wohnung, in der der Anspruchsberechtigte zu diesem Zeitpunkt gewohnt hat.

4. Ein Anspruch besteht auch dann, wenn das Nutzungsrecht des Anspruchsberechtigten an der Wohnung erst nach dem Zeitpunkt nach Z 1 durch Eintritt in den Mietvertrag nach § 14 Abs. 2 des Mietrechtsgesetzes (MRG), BGBl. Nr. 520/1981, oder sonstigen Übergang von Todes wegen oder auf Grund einer Ehescheidung entstanden ist.

(2) Als eigene Wohnung gelten Räumlichkeiten, die eine abgeschlossene Einheit bilden und in denen der Anspruchsberechtigte einen selbständigen Haushalt führt. Gehören die Räumlichkeiten zu einem Wohnungsverband, so müssen sie eine selbständige Benützbarkeit ohne Beeinträchtigung der anderen im Wohnungsverband liegenden Wohnungen gewährleisten.

(3) Als Kosten für die Beibehaltung der eigenen Wohnung gelten

1. alle Arten eines Entgeltes für die Benützung der Wohnung samt dem nach § 15 Abs. 1 MRG auf die Wohnung entfallenden Anteil an den Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben,

2. allfällige zusätzliche Leistungen (Pauschale) für die als Bestandteil des jeweiligen Rechtsverhältnisses mit dem Recht zur Wohnungsbenützung verbundene Berechtigung zur Inanspruchnahme von Gemeinschaftseinrichtungen,

3. Rückzahlungen von Verbindlichkeiten, die zur Schaffung des jeweiligen Wohnraumes eingegangen wurden und

4. ein Grundgebührenpauschbetrag in der Höhe von 0,7 vH des Bezugsansatzes."

Von der Beschwerde unbestritten und mit der Aktenlage im Einklang steht einerseits, dass der Bescheid des Bundesministers für Inneres, mit dem der Beschwerdeführer einer Zivildiensteinrichtung zugewiesen wurde, am 7. Februar 2002 genehmigt wurde und andererseits, dass der Beschwerdeführer den Mietvertrag über die Wohnung in 1100 Wien, F.-Gasse 109, für die er die Wohnkostenbeihilfe beantragt hat, erst nach der Genehmigung dieses Zuweisungsbescheides abgeschlossen hat.

Das bedeutet zunächst, dass sich die Zuerkennung der beantragten Wohnkostenbeihilfe im vorliegenden Fall nicht auf den (gemäß § 34 Abs. 2 iVm § 75a ZDG auch für Zivildienstpflichtige maßgebenden) § 31 Abs. 1 Z. 1 HGG 2001 stützen lässt. Des Weiteren hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines Falles des § 31 Abs. 1 Z. 2 HGG 2001 nicht behauptet.

Der Beschwerdeführer meint allerdings, die belangte Behörde hätte ihm die Wohnkostenbeihilfe im Grunde des § 31 Abs. 1 Z. 3 HGG 2001 gewähren müssen und dabei die Kosten seiner früheren Mietwohnung in Deutschland, in der er im Zeitpunkt der Genehmigung des Zuweisungsbescheides gewohnt habe, zu Grunde legen müssen.

Die Gesetzesmaterialien (357 Blg.NR XXI.GP) zum HGG 2001 führen zu § 31 Abs. 1 Z. 3 aus, dass nach dem Willen des Gesetzgebers zur Vermeidung von Härtefällen im Fall des Wohnungswechsels nach Antritt des Wehrdienstes ein Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe nicht wegfallen soll. Zur Vermeidung allfälliger Manipulationen durch das Beziehen einer Wohnung nach Antritt des Wehrdienstes sei aber bei der Höhe des Anspruches auf die Kosten jener Wohnung abzustellen, in der der Anspruchsberechtigte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Einberufung gewohnt habe.

Sollte der Beschwerdeführer daher im Zeitpunkt der Genehmigung des Zuweisungsbescheides in einer eigenen Wohnung gewohnt und diese danach gewechselt haben, so hätte er einen Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe gemäß § 31 Abs. 1 Z. 3 HGG 2001.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde, indem sie den Antrag des Beschwerdeführers auf Wohnkostenbeihilfe allein wegen des Umstandes, dass er seine Wohnung in 1100 Wien, F.-Gasse 109, erst nach Genehmigung des Zuweisungsbescheides gemietet hat, abwies, den Fall ausschließlich nach § 31 Abs. 1 Z. 1 HGG  2001 beurteilt und hat daher die Z. 3 dieser Bestimmung, die geradezu für Fälle wie den vorliegenden geschaffen wurde, außer Acht gelassen. In Verkennung der Rechtslage hat die belangte Behörde daher auch keine Feststellungen über die Wohnung des Beschwerdeführers in Deutschland getroffen, obwohl schon dem Antrag des Beschwerdeführers ein diesbezüglicher Mietvertrag angeschlossen war. Damit hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Im Übrigen setzt § 31 Abs. 1 Z. 3 HGG  2001 entgegen der Rechtsansicht, die die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vertritt, nach seinem klaren Wortlaut und dem genannten Zweck nicht voraus, dass der Wechsel zwischen zwei eigenen Wohnungen in unmittelbarem Zusammenhang (ohne zwischenzeitiges Wohnen in einer fremden Wohnung) erfolgt.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 17. Oktober 2006

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2003110057.X00

Im RIS seit

23.11.2006

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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