TE Vwgh Erkenntnis 2006/10/24 2004/17/0074

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Veröffentlicht am 24.10.2006
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Index

L10102 Stadtrecht Kärnten;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

B-VG Art119a Abs5;
Statut Klagenfurt 1998 §92 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der ES in Klagenfurt, vertreten durch DDr. Georg M. Krainer, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Feldmarschall-Conrad-Platz 11, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 17. März 2004, Zl. 3-MK 146-111/4- 2003, betreffend Kanalgebühr (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Klagenfurt, Neuer Platz 1, 9010 Klagenfurt), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 7. Jänner 2002 schrieb der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt der Beschwerdeführerin gemäß §§ 1 bis 3 der Klagenfurter Kanalgebührenverordnung 1994 in der Fassung der Verordnung vom 5. Dezember 2000 für eine näher bezeichnete Liegenschaft für die Monate Jänner bis Dezember 2002 eine Kanalgebühr in der Höhe von EUR 648,-- sowie für den Zeitraum ab dem Jahr 2003 bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage eine Kanalgebühr in der Höhe von jährlich EUR 648,-- vor.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

1.2. Mit Bescheid vom 2. Jänner 2003 wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt Klagenfurt die Berufung der Beschwerdeführerin ab.

Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung.

1.3. Mit Vorstellungsentscheidung vom 26. Juni 2003 gab die belangte Behörde der Vorstellung der Beschwerdeführerin statt, hob den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 2. Jänner 2003 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Landeshauptstadt Klagenfurt zurück. Die belangte Behörde führte unter anderem begründend aus, dass im Beschwerdefall Rechts- beziehungsweise Entscheidungsgrundlage das Gemeindekanalisationsgesetz 1999 in der wiederverlautbarten Fassung, LGBl. Nr. 62/1999 idgF, in Verbindung mit der Klagenfurter Kanalgebührenverordnung in der Fassung der Verordnung vom 5. Dezember 2000 betreffend die Ausschreibung einer jährlichen Kanalisationsgebühr für die Benützung der Kanalisationsanlagen der Landeshauptstadt Klagenfurt sei. Der Beschwerdefall gleiche im entscheidungswesentlichen Sachverhalt, im Vorstellungsvorbringen und in der anzuwendenden Rechtslage demjenigen, der der Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom 11. Juli 2001 betreffend die Vorstellung der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Kanalgebührenvorschreibung für das Jahr 2000 zu Grunde gelegen habe. Der Beschwerdeführerin sei mit einem als "Pro-futuro-Bescheid" ausgestatteten Kanalgebührenbescheid vom 14. Dezember 1992 für die gegenständliche Liegenschaft rechtskräftig eine Kanalgebühr vorgeschrieben worden. Dieser Bescheid verliere auf Grund der bloßen Formulierung "gilt bis auf weiteres auch für die Folgejahre" auch bei einer eventuellen Änderung der Sach- beziehungsweise Rechtslage nichts an seiner Wirkung. Abgabenfestsetzungen, die hinsichtlich noch nicht verwirklichter Sachverhalte erfolgten, dürften nur auf Grund einer dazu ermächtigenden Rechtsgrundlage vorgenommen werden. Zum Zeitpunkt der Abgabenvorschreibung im Jahre 1992 hätten jedoch die geltenden, einschlägigen Rechtsvorschriften die Möglichkeit einer "Pro-futuro-Abgabenfestsetzung" nicht vorgesehen. Soweit der erstinstanzliche Bescheid vom 14. Dezember 1992 über zu diesem Zeitpunkt noch nicht verwirklichte Steuertatbestände abgesprochen habe, sei er zwar rechtswidrig, entfalte aber dennoch normative Wirkung. Im Beschwerdefall sei strittig, ob der Bescheid vom 14. Dezember 1992 in seiner "Pro-futuro-Abgabenfestsetzung" durch einen Bescheid des Stadtsenates vom 10. April 2001 (der die Abgabe für die Jahre 1999 bis 2001 betraf) abgelöst worden sei. Es sei hiezu jedoch der Beschwerdeführerin beizupflichten, dass der Bescheid vom 10. April 2001 nur hinsichtlich des von dessen Spruch betroffenen Abgabenzeitraumes (Juli 1999 bis Dezember 2001) Wirkung entfalten könne und insoferne den ursprünglichen mit "Profuturo-Geltung" ausgestatteten Bescheid vom 14. Dezember 1992 nur für diesen Zeitraum und nicht über diesen hinaus ersetzen habe können. Die Argumentation der Beschwerdeführerin, dass ein Bescheid in seiner Wirkung hinsichtlich des nicht berührten Umfanges aufrecht bliebe, wenn sein Spruch durch den eines nachfolgenden Bescheides nur teilweise berührt würde, sei richtig. Im konkreten Fall sei mit dem Bescheid der Abgabenbehörde zweiter Instanz vom 10. April 2001 die Kanalgebühr für das gegenständliche Objekt für den Zeitraum Juli 1999 bis Dezember 2001 neu festgesetzt worden. Damit sei eine partielle Abänderung des "Profuturo-Bescheides" vom 14. Dezember 1992 erfolgt. Für das Jahr 2002 und darüber hinaus entfalte der erwähnte Bescheid aus 1992 jedoch nach wie vor Rechtskraftwirkung. Entgegen den Ausführungen in der Begründung des mit Vorstellung bekämpften Bescheides des Stadtsenates der Landeshauptstadt Klagenfurt handle es sich damit nicht um eine erstmalige Abgabenfestsetzung, sondern sei vielmehr über eine "res iudicata" abgesprochen worden. Anders gesagt sei in einer Sache, in der bereits mit Bescheid rechtskräftig - wenn auch rechtswidrig - entschieden worden sei, eine nochmalige Abgabenfestsetzung erfolgt. Einer neuerlichen Festsetzung der Kanalgebühr stehe aber die Rechtskraft des Bescheides vom 14. Dezember 1992 gegenüber. Im Hinblick auf die oben wiedergegebenen Widersprüche zu den gesetzlichen Bestimmungen habe die Vorstellungsbehörde den mit Vorstellung bekämpften Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Klagenfurt aufzuheben.

Dieser Bescheid wurde (auch von der mitbeteiligten Stadtgemeinde) nicht mit Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft.

1.4. In der Folge wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt Klagenfurt mit Bescheid vom 10. September 2003 die Berufung der Beschwerdeführerin neuerlich ab. Dem Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 26. Juni 2003 sei zu entnehmen, dass für die Beschwerdeführerin eine geänderte Abgabenfestsetzung für das Jahr 2002 in Anbetracht des im Rechtsbestand befindlichen Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt als Abgabenbehörde erster Instanz vom 14. Dezember 1992 transparent sein müsse. Im Beschwerdefall sei die Abgabenbehörde erster Instanz in der Befolgung der gesetzlichen Verpflichtung, für die Benützung der städtischen Kanalisationsanlagen jährlich eine Kanalgebühr einzuheben, verpflichtet, von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse für den Abgabenzeitraum 2002 zu erforschen und sodann diesen Ergebnissen - unter dem Gesichtspunkt der gleichmäßigen Behandlung aller Abgabenpflichtigen - durch die Erlassung eines Kanalgebührenbescheides für das Jahr 2002 und bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage auch für die Folgejahre Rechnung zu tragen. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei festgestellt worden, dass die Abgabenbehörde erster Instanz in Befolgung dieser Verpflichtung die Kanalgebühr ab 2002 mit Abgabenbescheid vom 7. Jänner 2002 festgesetzt habe. Dies sei eine Festsetzung, die zur Folge habe, dass der zu beurteilende - die neue Rechtslage berücksichtigende - Bescheid mit seiner Rechtskraftwirkung für den Abgabenzeitraum ab 2002 in gesetzeskonformer Weise an die Stelle des Kanalbenützungsgebührenbescheides vom 14. Dezember 1992 trete.

Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung.

1.5. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Sie führte unter anderem aus, dass sie in der in derselben Abgabenangelegenheit ergangenen Vorstellungsentscheidung vom 26. Juni 2003 festgestellt habe, dass der als "Pro-futuro-Bescheid" ausgestattete Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 14. Dezember 1992, mit dem für die gegenständliche Liegenschaft rechtskräftig eine Kanalgebühr vorgeschrieben worden sei, an sich auch im nunmehr ausgewiesenen Abgabenzeitraum (ab dem Jahr 2002) - trotz seiner Rechtswidrigkeit - Rechtskraftwirkung entfalte, dass eine Abgabenfestsetzung für den Zeitraum 2002 und Folgejahre deshalb keine erstmalige Abgabenfestsetzung sei und dass einer - auf Grund der geänderten Sach- und Rechtslage an sich notwendigen - Neufestsetzung der Kanalgebühr für diesen Zeitraum die Rechtskraft des Kanalgebührenbescheides vom 14. Dezember 1992 zwar nicht entgegen, aber doch "gegenüber" stehe. Diese Würdigungen habe der Stadtsenat der Landeshauptstadt Klagenfurt bei seiner Entscheidung über die zu Folge der aufsichtsbehördlichen Aufhebung der (ersten) Berufungsentscheidung vom 2. Jänner 2003 nunmehr wieder zu behandelnden Berufung der Beschwerdeführerin vom 7. Februar 2002 zu berücksichtigen. Die für die Abgabenbehörden der Landeshauptstadt Klagenfurt im Falle der Vorschreibung einer Kanalgebühr maßgebenden Rechtsvorschriften sähen vor, dass die Rechtskraftwirkung eines Bescheides (hier des Kanalgebührenbescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 14. Dezember 1992) nichts an der Verpflichtung der Abgabenbehörde ändere, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse von Amts wegen zu erforschen und zu beachten, alle Abgabenpflichtigen zu erfassen und auch gleich zu behandeln, die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen und speziell für die Benützung der kommunalen Kanalisationsanlage jährlich eine Kanalgebühr einzuheben. Aus diesen Bestimmungen ergebe sich unzweifelhaft, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch in einer bereits entschiedenen Sache (res iudicata) eine an die geänderte Sach- und Rechtslage angepasste neuerliche Abgabenfestsetzung notwendig und zwingend werde. Nur wenn eine Neufestsetzung grundlos, d.h. ohne Änderung der Sach- und Rechtslage erfolge, würde dies einen - von der Beschwerdeführerin im Beschwerdefall deshalb zu Unrecht vorgehaltenen - Verstoß gegen den Grundsatz der Unwiederholbarkeit bedeuten. In diesem Sinne sei auch die Formulierung in der Vorstellungsentscheidung vom 26. Juni 2003 zu verstehen, wonach unter der Vorbedingung einer geänderten Sach- und Rechtslage der dann unerlässlichen Neufestsetzung der Kanalgebühr ab dem Jahr 2002 die Rechtskraft des Kanalgebührenbescheides vom 14. Dezember 1992 zwar "gegenüber", jedoch ausdrücklich nicht entgegenstehe. In der Vorstellungsentscheidung vom 26. Juni 2003 sei dem Parteienvorbringen, wonach für den mit der Neufestsetzung der Gebühr verbundenen Eingriff in die Rechtskraft des bestehenden Kanalgebührenbescheides vom 14. Dezember 1992 im mittlerweile aufgehobenen Berufungsbescheid vom 2. Jänner 2003 keine Gründe angeführt wären, beizupflichten gewesen. Da ein Eingriff in die Rechtskraft eines Bescheides jedoch nicht ohne weiteres, sondern nur in gesetzeskonformer und in einer nach außen, d.h. vor allem für den Abgabepflichtigen, nachvollziehbaren Weise geschehen dürfe, sei die damals bekämpfte Berufungsentscheidung vom 2. Jänner 2003 aufzuheben gewesen. Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Klagenfurt habe in der nunmehr bekämpften Entscheidung vom 10. September 2003 absolut zutreffend ausgeführt, dass die neuen faktischen und rechtlichen Gegebenheiten von der Abgabenbehörde beachtet werden müssten und dass ein diese neue Situation berücksichtigender Bescheid entsprechend transparent zu Stande kommen müsse, um für einen Abgabenzeitraum, für den bereits rechtswirksam mit Abgabenbescheid abgesprochen worden sei, an die Stelle des erstmaligen Bescheides treten zu können. Diese schlüssigen Ausführungen der Berufungsbehörde würden ausdrücklich zum Bestandteil der Begründung des angefochtenen Bescheides übernommen werden. Der Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 10. September 2003 entspreche den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und trage außerdem der Rechtsansicht der Landesregierung Rechnung.

1.6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Die mitbeteiligte Stadtgemeinde erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Kärntner Gemeindekanalisationsgesetzes, K-GKG, LGBl. Nr. 62/1999, lauten auszugsweise:

"4. Abschnitt

Kanalgebühren

§ 24

Ermächtigung

(1) Die Ermächtigung zur Ausschreibung von Kanalgebühren ergibt sich auf Grund der gemäß § 7 Abs. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 erteilten bundesgesetzlichen Ermächtigung.

(2) Erfolgt die Sammlung, Ableitung, Reinigung, Behandlung oder Beseitigung der im Gemeindegebiet oder in Teilen davon anfallenden Abwässer nicht durch Einrichtungen der Gemeinde, wird die Gemeinde ermächtigt, für die Bereitstellung und tatsächliche Inanspruchnahme dieser Einrichtungen Kanalgebühren auszuschreiben. Abgabenschuldner sind in diesem Fall die Eigentümer der Gebäude oder der befestigten Flächen, deren Abwässer entsorgt werden.

§ 25

Höhe

(1) Erfolgt die Entsorgung der Abwässer nicht durch Gemeindeeinrichtungen, sind der Berechnung der Kanalgebühren die der Gemeinde tatsächlich erwachsenen Kosten zugrunde zu legen.

(2) Kanalgebühren dürfen geteilt für die Bereitstellung der Kanalisationsanlage und für die Möglichkeit ihrer Benützung (Bereitstellungsgebühr) einerseits und für die tatsächliche Inanspruchnahme der Kanalisationsanlage (Benützungsgebühr) andererseits ausgeschrieben werden. Werden die Kanalgebühren nach der Bereitstellungsgebühr und der Benützungsgebühr geteilt ausgeschrieben, hat das Gebührenaufkommen aus der Benützungsgebühr zumindest 50 v. H. des gesamten Aufkommens an Kanalgebühren zu betragen.

..."

§ 92 des Klagenfurter Stadtrechts 1998 - K-KStR 1998, LGBl. Nr. 70/1998, lautet auszugsweise:

"§ 92

Vorstellung

(1) Wer durch einen Bescheid eines Gemeindeorganes in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides dagegen Vorstellung an die Landesregierung erheben.

(2) Die Vorstellung ist schriftlich oder telegrafisch beim Magistrat einzubringen. Sie hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Antrag zu enthalten. Der Bürgermeister ist verpflichtet, die Vorstellung unter Anschluß des Aktes mit einer allfälligen Gegenäußerung ohne unnötigen Aufschub der Landesregierung vorzulegen.

(3) Die Vorstellung hat keine aufschiebende Wirkung. Auf Antrag des Einschreiters ist diese von der Landesregierung zuzuerkennen, wenn durch die Vollstreckung ein nicht wieder gutzumachender Schaden eintreten würde und nicht öffentliche Rücksichten die sofortige Vollstreckung gebieten.

(4) Die Landesregierung hat den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt wurden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadt zurückzuweisen. Die Landesregierung hat in diesen Bescheiden ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Stadt bei ihrer neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Landesregierung gebunden ist (Abs 5). Die Landesregierung hat ihre Entscheidung über eine Vorstellung neben den Parteien des Vorstellungsverfahrens auch allen Parteien des gemeindebehördlichen Verfahrens zuzustellen.

(5) Die Stadt ist verpflichtet, bei der neuerlichen Entscheidung (Abs 4 erster Satz) der Rechtsansicht der Landesregierung Rechnung zu tragen. Die Stadt hat in dieser neuerlichen Entscheidung auch ausdrücklich anzuführen, daß ihre Entscheidung in Bindung an die Rechtsansicht der Landesregierung ergeht. Trägt die Stadt entgegen der Verpflichtung des ersten Satzes bei einer neuerlichen Entscheidung der Rechtsansicht der Landesregierung nicht Rechnung, so ist dieser Bescheid mit Nichtigkeit bedroht.

..."

Die Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 15. Dezember 1994, Zl. 34/613/94, in der Fassung vom 5. Dezember 2000, Zl. 34/546/2000, betreffend die Ausschreibung einer Kanalgebühr (Klagenfurter Kanalgebührenverordnung 1994), lautet auszugsweise:

"Gemäß § 14 des Klagenfurter Stadtrechtes 1998, LGBl. Nr. 70/1998, § 15 Abs. 3 Z. 5 des Finanzausgleichsgesetzes 1997 - FAG 1997, BGBl. Nr. 201/1996 in der geltenden Fassung, und § 24 des Gemeindekanalisationsgesetzes 1999, LGBl. Nr. 62/1999, wird verordnet:

§ 1

(1) Für die Kanalisationsanlagen der Landeshauptstadt Klagenfurt wird jährlich eine Kanalgebühr eingehoben. Die Kanalgebühr setzt sich aus einer Gebühr für die Bereitstellung der Einrichtungen der Gemeinde für die Sammlung, Ableitung, Behandlung und Beseitigung der im Gemeindegebiet anfallenden Abwässer (Bereitstellungsgebühr) und einer Gebühr für die tatsächliche Inanspruchnahme dieser Einrichtungen (Benützungsgebühr) zusammen.

(2) Für öffentliche Straßen im Sinne des Kärntner Straßengesetzes 1991 und des Bundesstraßengesetzes 1971, die über Grundflächen verlaufen, die im Eigentum einer Gebietskörperschaft stehen, ist keine Gebühr zu entrichten.

§ 2

(1) Die Höhe der Kanalgebühr ergibt sich aus der Vervielfachung der Gebührenmesszahl der an den städtischen Kanal angeschlossenen Gebäude und befestigten Flächen (einschließlich Überdachungen) mit dem Gebührensatz.

(2) Die Gebührenmesszahl wird in der Weise ermittelt, dass die Zahl der Quadratmeter der geschoßweise ermittelten verbauten Flächen der Gebäude um die Zahl der Quadratmeter der befestigten Flächen des Grundstückes vermehrt wird. Kellergeschoße und Dachflächen zählen mit, wenn sie in den städtischen Kanal entwässert werden. Bei der Ermittlung der Dachflächen ist deren Grundrissfläche für die Berechnung der Quadratmeter heranzuziehen. Werden ausschließlich Niederschlagswässer abgeleitet, wird zur Berechnung der Gebührenmesszahl nur die Zahl der Quadratmeter jener Flächen herangezogen, von denen eine Ableitung erfolgt.

(3) Wenn ein Gebäude für Lager-, Ausstellungs- oder ähnliche Zwecke genützt wird und der Abwasseranfall deshalb wesentlich unter dem Durchschnitt von Gebäuden gleicher Größe liegt, kann die Abgabenbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten die Gebührenmesszahl für die Dauer einer solchen Nutzung entsprechend kürzen. Hiebei ist auf das Verhältnis der in der Anlage zum Gemeindekanalisationsgesetz LGBl. Nr. 18/1978 festgelegten Bewertungseinheiten zur Bewertungseinheit für Wohnungen Bedacht zu nehmen.

§ 3

Der Gebührensatz für die Bereitstellungsgebühr beträgt Euro 0,94, für die Benützungsgebühr zusätzlich Euro 1,06. Für die Zeit, die nach dem 31.12.2000 und vor dem 1.1.2002 liegt, beträgt die Bereitstellungsgebühr ATS 13,-- und die Benützungsgebühr zusätzlich ATS 14,60."

2.2. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die gegenständliche Abgabenvorschreibung im Wesentlichen mit dem Argument, dass die belangte Behörde die Bindungswirkung ihrer eigenen Vorstellungsentscheidung vom 26. Juni 2003 missachtet habe.

2.3. Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt (nur) den tragenden Aufhebungsgründen eines aufsichtsbehördlichen Bescheides für das fortgesetzte Verfahren bindende Wirkung zu. Die tragenden Aufhebungsgründe eines aufhebenden Bescheides der Gemeindeaufsichtsbehörde sind für das fortgesetzte Verfahren vor der Gemeindebehörde, vor der Aufsichtsbehörde und vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes bindend. Diese bindende Wirkung besteht selbst bei einem Widerspruch mit der objektiven Rechtslage. Die tragenden Aufhebungsgründe wirken absolut und sind auch vom Verwaltungsgerichtshof zu beachten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Jänner 2004, Zl. 2003/16/0379, und vom 20. April 2001, Zl. 99/05/0129).

Die belangte Behörde hat in ihrem rechtskräftigen Vorstellungsbescheid vom 26. Juni 2003 ausgesprochen, dass der Abgabenbescheid vom 14. Dezember 1992 für das Jahr 2002 und darüber hinaus nach wie vor Rechtskraftwirkung entfalte. Durch eine neuerliche Abgabenfestsetzung, wie sie vom Stadtsenat der Landeshauptstadt Klagenfurt mit Bescheid vom 2. Jänner 2003 vorgenommen worden sei, sei über eine "res iudicata" abgesprochen werden. Die neuerliche Festsetzung der Kanalgebühr greife in die Rechtskraft des Bescheides vom 14. Dezember 1992 ein. Mit dieser Begründung behob die belangte Behörde den mit Vorstellung bekämpften Bescheid vom 2. Jänner 2003. Entgegen der in der Begründung des angefochtenen Bescheides vertretenen Auffassung erfolgte die Aufhebung des letztinstanzlichen Gemeindebescheids im ersten Rechtsgang nicht deswegen, weil keine "Transparenz" gegeben gewesen sei (und im Übrigen eine neuerliche Bescheiderlassung bei gegebener "Transparenz" sehr wohl in Frage komme), sondern es wurde die Zulässigkeit der neuerlichen Bescheiderlassung für den konkreten Fall des Bescheides vom 14. Dezember 1992 schlechthin verneint. Von der im angefochtenen Bescheid in unklarer Weise angesprochenen "Transparenz" ist im Bescheid vom 26. Juni 2003 keine Rede. Im Hinblick auf den gesamten übrigen Inhalt der Begründung der Vorstellungsentscheidung geht der Hinweis der belangten Behörde ins Leere, die Wendung "steht gegenüber" lasse auch eine Deutung dahingehend zu, dass die belangte Behörde die Zulässigkeit einer neuerlichen Entscheidung nicht verneinen hätte wollen. Wenn die belangte Behörde der Meinung gewesen wäre, dass die neue Rechtslage auch eine neuerliche Abgabenfestsetzung zulasse, hätte sie mit der Vorstellungsentscheidung vom 26. Juni 2003 keine Aufhebung des bekämpften Gemeindebescheides vornehmen dürfen.

In Folge dieser bindenden Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde kam - ungeachtet des Umstandes, dass die belangte Behörde in der hier angefochtenen Entscheidung die Rechtslage nunmehr zutreffend erkannt hat und die erste Vorstellungsentscheidung nicht mit der dargestellten Begründung ergehen hätte dürfen - eine neuerliche Abgabenfestsetzung im Beschwerdefall unter den gegebenen, insofern unveränderten Voraussetzungen nicht in Betracht. Auf Grund der von der belangten Behörde in den tragenden Aufhebungsgründen der Vorstellungsentscheidung vom 26. Juni 2003 bindend geäußerten Rechtsansicht steht im Beschwerdefall einer Abgabenvorschreibung bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage die Bindungswirkung der tragenden Aufhebungsgründe eben dieser Vorstellungsentscheidung entgegen.

Dass im Beschwerdefall hinsichtlich des zu beurteilenden Abgabenzeitraumes eine von der belangten Behörde zu berücksichtigende Änderung in Bezug auf die bereits zum Zeitpunkt des Ergehens der Vorstellungsentscheidung vom 26. Juni 2003 bestehende Sach- oder Rechtslage eingetreten wäre, ist nicht ersichtlich. Soweit aber in zeitlicher Hinsicht die Bindungswirkung der Vorstellungsentscheidung vom 26. Juni 2003 reicht, kann eine neuerliche Abgabenfestsetzung für die gegenständliche Liegenschaft nur bei wesentlicher Änderung der Sach- oder Rechtslage erfolgen.

Die belangte Behörde war somit ebenso wie der Stadtsenat an die von ihr ausgesprochene Rechtsansicht im beschwerdegegenständlichen Verfahren gebunden. Sie hätte vielmehr auf Grund ihrer bindend geäußerten Rechtsansicht den Bescheid des Stadtsenates aufzuheben gehabt.

Da die belangte Behörde dies verkannte, erweist sich der angefochtene Bescheid bereits aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

2.4. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 24. Oktober 2006

Schlagworte

Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde Ersatzbescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004170074.X00

Im RIS seit

16.01.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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