TE Vwgh Erkenntnis 2006/11/15 2004/12/0040

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Veröffentlicht am 15.11.2006
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Index

L22004 Landesbedienstete Oberösterreich;
L24004 Gemeindebedienstete Oberösterreich;
L24006 Gemeindebedienstete Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
B-VG Art130 Abs2;
DGO Graz Richtlinien 1977;
Dienststellen-Biennium Linz 1977 Abschn2 Z4;
Dienststellen-Biennium Linz 1977;
LBPG OÖ 1966 §5 Abs1 impl;
PG/Statutargemeindebeamten OÖ 1956 §5 Abs1;
StGdBG OÖ 1956 §19 Abs3;
StGdBG OÖ 1956 §2 Abs1 idF 1969/028;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch die Dr. Winfried Sattlegger, Dr. Klaus Dorninger & Partner Rechtsanwaltssozietät in 4020 Linz, Harrachstraße 6, gegen den Bescheid des zuständigen Mitglieds des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz, Vizebürgermeister Nöstlinger, vom 11. November 2002, Zlen. PrA-II-Pers-020064 und PrA-II-Pers-020065, betreffend Bemessung des Ruhegenusses, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt 2 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Linz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1942 geborene Beschwerdeführer steht als Oberamtsrat in Ruhe seit Ablauf des 30. April 1999 (Bescheid des zuständigen Mitglieds des Stadtsenates vom 23. März 1999, Zl. 020-5-H) in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zur Landeshauptstadt Linz (im Folgenden kurz Stadt).

Er wurde erstmals mit Wirkung vom 1. September 1987 (jeweils) auf die Dauer von vier Jahren zum Direktor der Seniorenheime der Stadt bestellt (zuletzt mit Verfügung des Bürgermeisters vom 8. August 1994 ab 1. September 1995 bis 31. August 1999).

In seiner Funktion als Direktor bezog er zuletzt - soweit dies aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles noch von Bedeutung ist - unbestritten

a) eine Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 3 des für Beamte der Städte mit eigenem Statut nach § 2 StGBG geltenden O.ö. LGG (in der Folge Leiterzulage genannt) in der Höhe von zuletzt 30,25 % des Gehalts der Gehaltsstufe (GSt) 2 der Dienstklasse (DKl) V der Beamten der allgemeinen Verwaltung (Schreiben des zuständigen Mitglieds des Stadtsenates vom 7. August 1992, Zl. 02-4-1/1, betreffend Erhöhung der dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25. August 1987, Zl. 02-4-1/1, "zuerkannten" Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 3 O.ö. LGG) sowie

b) zwei ao. Vorrückungsbeträge auf Grund des Beschlusses des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 9. Dezember 1976 (Schreiben des Magistratsdirektors vom 10. September 1987, Zl. 020- 5-H: Zuerkennung eines ao. Vorrückungsbetrages ab 1. September 1987; Schreiben des Magistratsdirektors vom 10. August 1992, Zl. 020-5-H: ab 1. September 1992 Zuerkennung eines weiteren außerordentlichen Vorrückungsbetrages).

Die beiden Schreiben haben folgenden Wortlaut:

"Linz, 10. September 1987

Herrn

...

Oberamtsrat

Seniorenheime der Stadt Linz

Auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 9. Dezember 1976, betreffend die Gewährung von außerordentlichen Vorrückungsbeträgen an die Dienststellenleiter, wird Ihnen mit Wirksamkeit vom 1. September 1987 ein a.o. Vorrückungsbetrag zuerkannt.

Der Magistratsdirektor: ..."

"10. August 1992

Herrn

...

Oberamtsrat

Seniorenheime der Stadt Linz

betreff: 2. Dienststellenleiter Biennium

Aufgrund der mit Gemeinderatsbeschluss vom 9. Dezember 1976 genehmigten Richtlinien für die Gewährung von außerordentlichen Vorrückungsbeträgen an Dienststellenleiter wird Ihnen mit Wirksamkeit vom 1. September 1992 ein weiterer außerordentlicher Vorrückungsbetrag zuerkannt.

Der Magistratsdirektor: ..."

(Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof)

Mit Schreiben vom 5. Februar 1998 ersuchte der Beschwerdeführer, ihn aus gesundheitlichen Gründen von dieser Funktion zu entbinden und auf den mit 14. März 1998 durch die Ruhestandsversetzung des bisherigen Amtsinhabers vakant werdenden Heimleiterposten im Franz-Hillinger-Seniorenwohn- und Pflegeheim in Urfahr (im Folgenden kurz F.H. Seniorenwohnheim) zu versetzen.

Das vom Bürgermeister gefertigte, an den Beschwerdeführer gerichtete Schreiben vom 16. Februar 1998 (das am 20. Februar 1998 expediert wurde) hat folgenden Inhalt (Namen wurden anonymisiert):

"Betreff: Entbindung von den Geschäften des Dir/Sh Bezug: Ihr Ansuchen vom 5.2.1998

Sehr geehrter Herr OAR ...!

Infolge Ihres o.a. Anbringens werden Sie mit sofortiger Wirksamkeit von der Leitung der Geschäfte der städtischen Seniorenheime entbunden.

Gleichzeitig werden Sie Ihrem Ersuchen entsprechend als Heimleiter des F.-H.-Seniorenwohn- und Pflegeheimes eingesetzt."

Nach dem von ihm unterfertigten Urlaubsschein (vom 15. Jänner 1998) befand sich der Beschwerdeführer in der Zeit von 20. Februar bis 2. März 1998 auf Urlaub. Ab 3. März 1998 war der Beschwerdeführer im "Krankenstand" (der nach seinen Angaben bis zu seiner Ruhestandsversetzung andauerte).

Mit Schreiben vom 5. März 1998 meldete ein Mitarbeiter des F.H. Seniorenwohnheims dem Amt für Personal und Organisation (= jene Organisationseinheit des Magistrats, die die dienstbehördlichen Aufgaben wahrnimmt - im Folgenden Dienstbehörde erster Instanz genannt) den Dienstantritt des Beschwerdeführers. Im Betreff wurde dabei darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer ab 3. März 1998 als Heimleiter beschäftigt sei.

Mit Schreiben vom 14. April 1998 teilte die Dienstbehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf seine Verwendungsänderung und die Dienstantrittsmeldung u.a. (soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung ist) mit, dass hinsichtlich der Leiterzulage und der Aufwandsentschädigung von Amts wegen ein Neubemessungsverfahren eingeleitet worden sei. Von der Beweisaufnahme werde er gesondert verständigt werden.

Außerdem wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass die Auszahlung der ihm nach dem Beschluss des Gemeinderates vom 9. Dezember 1976 gewährten zwei ao. Vorrückungsbeträge mit Ablauf des 31. März 1998 zu "stornieren" gewesen sei, weil nach Pkt. II Z. 5 des genannten Gemeinderatsbeschlusses derartige "Vorrückungsbeträge" einzustellen seien, sobald der Bezieher aus disziplinären Gründen oder mangels entsprechender Leistungen nicht mehr als Dienststellenleiter verwendet werde. Dies wurde vom Beschwerdeführer nicht gesondert bekämpft, aber im Zusammenhang mit seiner Ruhegenussbemessung geltend gemacht.

In seiner im Ruhegenussbemessungsverfahren abgegebenen Stellungnahme vom 2. April 1999 brachte der Beschwerdeführer u.a. vor, dass der Ruhegenussbemessung die (frühere) Leiterzulage in der Höhe von 30,25 % des Gehaltes der GSt 2 der DKl V und außerdem die ihm für seine Funktion als Dienststellenleiter der Seniorenheime gewährten (zwei) Vorrückungsbeträge (die überhaupt nicht berücksichtigt worden seien) zu Grunde zu legen seien. Außerdem sei zu prüfen, ob nicht bei seinem Gehalt die nächsthöhere Gehaltsstufe nach § 5 Abs. 2 des O.ö. Landesbeamten-Pensionsgesetzes (O.ö. LPG) in Betracht komme.

In der Angelegenheit seiner Ruhegenussbemessung befindet sich der Beschwerdeführer mittlerweile im zweiten Rechtsgang vor dem Verwaltungsgerichtshof. Mit dem im ersten Rechtsgang ergangenen hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2002, Zlen. 98/12/0523 und 99/12/0329, dem die weiteren Einzelheiten betreffend das Disziplinarverfahren und die Verwendungsänderung des Beschwerdeführers sowie die Gebührlichkeit der Leiterzulage, "Biennalzulage", Aufwandsentschädigung und Ruhegenussbemessung entnommen werden können, wurde der im Instanzenzug ergangene Ruhegenussbemessungsbescheid der belangten Behörde vom 3. November 1999 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Die Ruhegenussbemessung habe vom Rechtsanspruch auf den letzten ruhegenussfähigen Monatsbezug des Beschwerdeführers im Dienststand auszugehen. Dazu gehöre auch die Leiterzulage nach § 30a Abs. 1 Z. 3 O.ö. LGG. Weiters führte der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus:

"Im fortgesetzten Verfahren wird aber auch zu prüfen sein, ob die 'Dienststellenleiter-Biennalzulage', die dem Beschwerdeführer in seiner Funktion als Direktor der Seniorenheime zuletzt im Ausmaß von zwei Vorrückungsbeträgen zuerkannt und nach der Aktenlage mit Ablauf des 31. März 1998 eingestellt worden war, für die Ruhegenussbemessung zu berücksichtigen ist oder nicht. Dabei könnte (unbeschadet allenfalls weiterer Fragestellungen) insbesondere die Frage eine Rolle spielen, welche Bedeutung dem Beschluss (Richtlinien) des Gemeinderates vom 9. Dezember 1976 in Verbindung mit den beiden, dem Beschwerdeführer gegenüber ergangenen 'Schreiben' betreffend die Gewährung von a. o. Vorrückungsbeträgen auf Grund dieser Richtlinien (vor allem für die Dauer ihrer Gebührlichkeit) zukommt und ob diese a. o. Vorrückungen unter die 'Wahrungsklausel' nach § 19 Abs. 3 StGBG fallen."

Im fortgesetzten Verfahren erging mit Erledigung vom 27. September 2002 die Mitteilung an den Beschwerdeführer, dass im weiteren Verfahren beabsichtigt sei, den Ruhegenuss mit (monatlich) brutto S 46.834,65 festzusetzen. Die Änderung ergebe sich daraus, dass die Verwendungszulage als Dienststellenleiter in Höhe von 30,25 % des Gehalts der GSt 2 der DKl V der Beamten der allgemeinen Verwaltung in Höhe von S 7.381,-- berücksichtigt werde. Hingegen könnten die mit Schreiben vom 10. September 1987 und 10. August 1992 "zuerkannten" ao. Vorrückungsbeträge bei der Ruhegenussbemessung keine Berücksichtigung finden, weil bezugsrechtliche Ansprüche nur nach besoldungsrechtlichen Vorschriften geltend gemacht werden könnten. Die angesprochenen Vorrückungsbeträge stützten sich ausschließlich auf einen Gemeinderatsbeschluss vom "11. November" 1976, der nicht kundgemacht worden sei und daher keine anspruchsbegründende Rechtsnorm darstelle.

Dies bestritt der Beschwerdeführer in seiner Äußerung vom 15. Oktober 2002. Er machte geltend, die ao. Vorrückungsbeträge seien ihm mit Bescheiden vom 10. September 1987 und 10. August 1992 zuerkannt worden und müssten daher bei der Ruhegenussbemessung Berücksichtigung finden. Die in den Bescheiden angeführten Gemeinderatsbeschlüsse vom 9. Dezember 1976 und 9. Dezember "1979" seien ergangen und müssten daher gemäß § 22 des Statuts für die Landeshauptstadt Linz vom Bürgermeister vollzogen werden. Im Hinblick darauf komme Kundmachungsvorschriften sekundäre Bedeutung zu. Im Übrigen sei auch eine entsprechende Verlautbarung im Amtsblatt erfolgt, zumal das gesamte Geschehen im Gemeinderat veröffentlicht worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde - soweit im Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung - im Spruchpunkt 2 den monatlichen Ruhegenuss (in teilweiser Stattgebung der vom Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bemessungsbescheid erhobenen Berufung) gemäß § 19 Abs. 3 StGBG, § 3 Abs. 1 und 2 sowie § 30a Abs. 1 Z. 3 O.ö. LGG, § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 O.ö. LPG, § 1 DVG, § 66 Abs. 4 AVG und § 66 Abs. 1 sowie § 34 Abs. 2 des Statuts für die Landeshauptstadt Linz mit monatlich brutto EUR 3.403,61 fest.

Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage führte sie in ihrer Begründung aus, bei der Ruhegenussbemessung sei auch die Leiterzulage nach § 30 Abs. 1 Z. 3 O.ö. LGG (30,25 % des Gehaltes der GSt 2 der DKl V) zu berücksichtigen.

Anderes gelte jedoch für die "Dienststellenleiter-Biennalzulage". Der Wesenskern des öffentlich-rechtlichen Dienstes liege darin, dass Personen in einem grundsätzlich lebenslangen Dienstverhältnis in Bindung an das Gesetz tätig würden und bezugsrechtliche Ansprüche nur nach besoldungsrechtlichen Vorschriften (Gesetz bzw. Verordnung) geltend gemacht werden könnten. Der Beschluss des Gemeinderates vom 9. Dezember 1976 sei nicht im Amtsblatt der Stadt Linz kundgemacht worden und stelle daher keine gehörig kundgemachte Rechtsverordnung der Stadt Linz dar. Ein Erlass einer Verwaltungsbehörde, der nicht in einem gesetzlich vorgesehenen Veröffentlichungsorgan kundgemacht worden sei, sei keine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren maßgebende Rechtsquelle, aus der ein Beamter ein vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbares Recht ableiten könne.

Die Frage der Ruhegenussfähigkeit der genannten Vorrückungsbeträge sei daher allein an Hand der Bestimmungen des O.ö. LPG und des O.ö. LGG zu beurteilen. Die Anknüpfung an der "besoldungsrechtlichen Stellung" im § 5 Abs. 1 O.ö. LPG bewirke, dass der im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung gebührende Gehalt und die gebührenden als ruhegenussfähig erklärten Zulagen maßgebend seien und nicht etwa jener Betrag, der einem Beamten tatsächlich ausgezahlt werde.

Die Schreiben vom 10. September 1987 und vom 10. August 1992, mit denen die "Dienststellenleiter-Biennien" gewährt worden seien, enthielten keinen ausdrücklichen Ausspruch über deren Ruhegenussfähigkeit. Selbst wenn man sie als für die Pensionsbemessung rechtlich verbindliche (Vorfragen-) Bescheide qualifizieren wollte, wäre damit für die Beurteilung der Ruhegenussfähigkeit nichts gewonnen. Nach der maßgeblichen Bestimmung des § 5 Abs. 1 O.ö. LPG wären die "Dienststellenleiter-Biennien" nur dann ruhegenussfähig, wenn sie Teil des Gehaltes wären oder als Zulage ausdrücklich für ruhegenussfähig erklärt worden wären.

Im Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung sei der Beschwerdeführer in der Verwendungsgruppe B, DKl VII, GSt 8 eingereiht gewesen, was ein Gehalt von S 49.709,-- ergebe. Die zusätzlich ausbezahlten zwei "Dienststellenleiter-Biennien" in der Höhe von zuletzt S 4.858,-- fänden in dem auch für die Ruhegenussbemessung maßgeblichen Gehaltsbegriff des § 28 O.ö. LGG keine gesetzliche Deckung und seien somit nicht als Bestandteile des Gehaltes zu qualifizieren. Sie wären somit nur dann bei der Ruhegenussbemessung zu berücksichtigen, wenn sie als durch Rechtsvorschriften für ruhegenussfähig erklärte Zulagen anzusehen wären.

Das O.ö. LGG kenne im § 3 Abs. 2 folgende taxativ aufgezählte Zulagen: Kinderzulage, Dienstalterszulage, Dienstzulage, Verwaltungsdienstzulage, Verwendungszulage, Pflegedienstzulage, Ergänzungszulage, Erzieherzulage und Teuerungszulage. Manche dieser Zulagen seien von Gesetzes wegen ruhegenussfähig, bei anderen werde die Dienstbehörde ermächtigt, sie im Einzelfall für ruhegenussfähig zu erklären (vgl. § 30e Abs. 3 leg. cit.). Daneben bezeichne das O.ö. LGG auch andere Geldleistungen als "Zulagen", die jedoch nicht ein Teil des Monatsbezuges, sondern Nebengebühren (§ 15 O.ö. LGG) seien (etwa Erschwerniszulage oder Gefahrenzulage).

Unter Heranziehung der in § 3 Abs. 2 O.ö. LGG aufgezählten Zulagen wäre allenfalls zu erwägen, ob die "Dienststellenleiter-Biennien" als Gehaltszulage nach § 30e O.ö. LGG aufzufassen seien. Schon die Tatsache, dass diese in § 30e O.ö. LGG geregelte Zulage erstmals im Jahr 1993 durch die 29. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz, LGBl. Nr. 63/1993, Eingang in das landesrechtliche Besoldungsrecht gefunden habe, lasse denkunmöglich erscheinen, die dem Beschwerdeführer bereits zuvor, nämlich in den Jahren 1987 und 1992 gewährten "Dienststellenleiter-Biennien" auf § 30e O.ö. LGG zurückzuführen. Darüber hinaus sei eine Gehaltszulage nach dieser Bestimmung nur dann ruhegenussfähig, wenn sie ausdrücklich als solche erklärt werde (§ 30e Abs. 3, letzter Satz leg. cit.). Eine solche Erklärung sei den Schreiben vom 10. September 1987 und 10. August 1992 nicht zu entnehmen.

Zusammenfassend handle es sich bei den "Dienststellenleiter-Biennien" nicht um gesetzlich für ruhegenussfähig erklärte Zulagen, sodass sie nach den für die Pensionsbemessung allein maßgeblichen Rechtsvorschriften (Gesetze und Verordnungen) für die Ruhegenussbemessung nicht zu berücksichtigen seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung jedoch mit Beschluss vom 24. Februar 2004, B 1826/02-3, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Der Verfassungsgerichtshof führte aus, soweit die Beschwerde die Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Gemeinderates der Stadt Linz vom 9. Dezember 1976 ("Richtlinien für die Gewährung von außerordentlichen Vorrückungsbeträgen an Dienststellenleiter") behaupte, habe sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. u.a. VfSlg. 9.602/1983).

In seiner ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Rechtslage:

Zur Darstellung der Rechtslage wird zunächst auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2002, Zlen. 98/12/0523 und 99/12/0329, verwiesen.

Nach § 5 Abs. 1 O.ö. LPG idF des Art. V Z. 2 des O.ö. Dienstrechtsänderungsgesetzes 1995, LGBl. Nr. 65, besteht der ruhegenussfähige Monatsbezug aus

1.

dem Gehalt und

2.

den als ruhegenussfähig erklärten Zulagen, die der besoldungsrechtlichen Stellung entsprechen, die der Beamte im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Dienststand erreicht hat.

Mit Beschluss vom 9. Dezember 1976 hat der Gemeinderat der Landeshauptstadt Linz "Richtlinien für die Gewährung von außerordentlichen Vorrückungsbeträgen an Dienststellenleiter" beschlossen, die (soweit dies im Beschwerdefall von Interesse ist) am 1. Jänner 1977 in Kraft getreten sind. Sie ersetzten frühere Richtlinien des Bürgermeisters, darunter die vom 1. Juni 1971 über die Gewährung von ao. Vorrückungsbeträgen an Dienststellenleiter der Verwendungsgruppe B.

Nähere Regelungen für Dienststellenleiter der Verwendungsgruppe B trifft Abschnitt II. der obzitierten Richtlinien vom 9. Dezember 1976.

Die Bestimmung lautet:

"II.

Regelung für Dienststellenleiter der Verwendungsgruppe B Dienststellenleitern, deren Dienstposten in Verwendungsgruppe B, Dienstklasse VII, systemisiert sind, können nach folgenden Gesichtspunkten außerordentliche Vorrückungsbeträge gewährt werden:

              1.              Ein außerordentlicher Vorrückungsbetrag ab dem Zeitpunkt der Bestellung zum Dienststellenleiter.

              2.              Ein weiterer außerordentlicher Vorrückungsbetrag nach fünfjähriger zufriedenstellender Verwendung als Dienststellenleiter ab dem Zeitpunkt der Zuerkennung eines außerordentlichen Vorrückungsbetrages gemäß Punkt 1.

              3.              Hiebei sind für Dienststellenleiter, die in B II, B III,

B IV oder B V eingestuft sind, Vorrückungsbeträge der jeweils nächsthöheren Dienstklasse, sonst Vorrückungsbeträge der Dienstklasse VII heranzuziehen.

              4.              Vorrückungsbeträge gemäß Punkt 1. und 2. gelten als Bestandteile des Gehalts und sind daher ruhegenussfähig. Sie können auch über den Rahmen des Gehaltsschemas hinaus gewährt werden.

              5.              Vorrückungsbeträge gemäß Punkt 1. und 2. werden eingestellt, sobald der Bezieher aus disziplinären Gründen oder mangels entsprechender Leistungen nicht mehr als Dienststellenleiter verwendet wird."

Diese Richtlinien wurden nicht im Amtsblatt (Abl.) kundgemacht, sondern lediglich in der Beilage Nr. 11/1976, S. 307 des ABl. dargestellt, in welcher das Protokoll über die 37. Sitzung des Gemeinderates der Stadt Linz vom 9. Dezember 1976 abgedruckt ist und als einer von mehreren Tagesordnungspunkten auch die Richtlinien wiedergegeben werden.

II. Beschwerdeausführungen und Erwägungen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die Nichtberücksichtigung der "Dienststellenleiter-Biennien" in seinem Recht auf gesetzmäßige Bemessung des Ruhegenusses verletzt. Er bringt dazu vor, aus dem maßgeblichen Beschluss des Gemeinderates vom 9. Dezember 1976 sei zu entnehmen, dass es sich bei den genannten Biennien um Bestandteile des Gehaltes handle. Sie müssten daher die rechtliche Eigenschaft des Gehaltes teilen, der gemäß § 5 Abs. 1 O.ö. LPG ruhegenussfähig sei. Ein Grund, den in diesem Umfang bereits entstandenen Anspruch auf Bezüge zu verlieren, sei nicht ersichtlich (wird näher ausgeführt).

Dem ist zunächst zu entgegnen, dass den dargestellten Richtlinien - unabhängig von der Frage ihrer gehörigen Kundmachung - nicht die Eigenschaft einer Rechtsverordnung zukommt. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Richtlinien nach ihrer sprachlichen Fassung lediglich als eine bloß intern wirkende Regelung im Interesse einer einheitlichen Ermessensübung gedeutet werden können, die die Möglichkeit der Gewährung ao. "Vorrückungsbeträge" vorsehen. Dafür spricht auch, dass sie als "Richtlinien" - im Gegensatz zu den im Amtsblatt verlautbarten Verordnungen - bezeichnet werden. Diese Betrachtung gebietet auch eine gesetzeskonforme Interpretation, weil bei einer Wertung der Richtlinien (insbesondere ihres Punktes II Z. 4) als Rechtsverordnung ein unüberbrückbares Spannungsverhältnis zur gehaltsrechtlichen Begrenzung der Monatsbezüge entstünde. In diesem Sinn judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass die - der vorliegenden Richtlinie ähnlichen - "Stufenrichtlinien" der Landeshauptstadt Graz keine Rechtsverordnungen darstellen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/12/0121, und vom 22. November 2000, Zl. 99/12/0113).

Im Übrigen hat auch der Verfassungsgerichtshof im Ablehnungsbeschluss - wie sein Hinweis auf sein Erkenntnis vom 24. Februar 1983, B 569/78 = VfSlg. 9.602, mwN, zeigt - die Richtlinien nicht als Rechtsverordnungen gewertet.

Zur Rechtsnatur der beiden Schreiben betreffend die Zuerkennung der "Dienststellenleiterzulage":

Die beiden - eingangs wörtlich wiedergegebenen - Schreiben des Magistratsdirektors vom 10. Dezember 1987 und vom 10. August 1992 sind - unbeschadet der fehlenden Bezeichnung - als Bescheide des Magistrates zu deuten: Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und (soweit noch vorgesehen) die Unterschrift oder Beglaubigung, dann ist das Fehlen der im § 58 Abs. 1 AVG iVm § 1 DVG vorgesehenen ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung regelmäßig unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung kann (nur dann) verzichtet werden, wenn sich aus dem "Spruch" der Erledigung eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus ihrer Form, ergeben. Nur dann, wenn dieser Inhalt, also der Wortlaut und die sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für das Vorliegen eines solchen nicht wesentlich (vgl. etwa den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Zlen. 934 und 1223/73 = Slg. Nr. 9.458/A, und das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2005, Zl. 2002/12/0183, jeweils mwN).

Die beiden Erledigungen vom 10. September 1987 und 10. August 1992 sind auf Grund ihres Inhaltes (jeweils "Zuerkennung" eines außerordentlichen Vorrückungsbetrages) als normative rechtsgestaltende Anordnungen und damit als Bescheide des Magistrates zu deuten. Dafür spricht - ungeachtet ihres Rechtscharakters - auch die Bezugnahme auf die eingangs dargestellten Richtlinien, die als interne Vorschriften zur gleichmäßigen Handhabung des behördlichen Ermessens aufzufassen sind.

Auf Grund dieser ausdrücklichen Bezugnahme auf die genannten Richtlinien des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 9. Dezember 1976 ist weiters davon auszugehen, dass die gewährte Leistung als Bestandteil des Gehaltes ruhegenussfähig ist (Abschnitt II Punkt 4 der Richtlinien). Es ist nämlich - unbeschadet des Umstandes, dass diese Richtlinien keinen Rechtsanspruch begründen - der Bescheidwille im Wege der Auslegung dahin zu deuten, dass die zuerkannte Leistung als ein ruhegenussfähiger Bestandteil des Gehaltes anzusehen sein sollte (vgl. zur Auslegung von Bescheiden nach dem Inhalt von Erlässen, auf die hierin ausdrücklich Bezug genommen wird, etwa das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2006/12/0001, mwN).

Neben Gesetz und Verordnung bildet auch ein Bescheid, mag die darin zuerkannte Leistung rechtmäßig sein oder nicht, einen Titel für einen besoldungsrechtlichen Anspruch. Unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der späteren Verwendungsänderung des Beschwerdeführers ergibt sich daraus, dass die gewährte Leistung unter die Wahrungsklausel nach § 19 Abs. 3 des Statutargemeinden-Beamtengesetzes fällt, weil der Gehalt zweifellos ein Bestandteil des Bezugs ist (vgl. das bereits genannte hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2002, Zlen. 98/12/0523 und 99/12/0329).

Der angefochtene Bescheid war daher in seinem Spruchabschnitt 2 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 11. Oktober 2006

Schlagworte

Ermessen besondere Rechtsgebiete Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bejahung des Bescheidcharakters Ermessen VwRallg8 Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004120040.X00

Im RIS seit

14.12.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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