TE Vwgh Erkenntnis 2006/12/18 2004/16/0115

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Veröffentlicht am 18.12.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des K in S, vertreten durch die Hoffmann-Ostenhof Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Seilergasse 16/V/21, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. April 2004, GZ. Gem- 523351/5-2004-Keh/Pü, betreffend Rückzahlung von Getränkesteuer der Jahre 1995 bis 1998 (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde S), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 30. Juni 1997 beantragte der Beschwerdeführer, die Getränkesteuer für die Jahre 1992 bis 1995 mit Null festzusetzen und das dadurch entstehende Guthaben auf ein näher bezeichnetes Bankkonto zu überweisen.

Der Beschwerdeführer reichte bei der mitbeteiligten Marktgemeinde am 1. Juli 1997 eine Jahressteuererklärung betreffend Getränkesteuer 1996, am 1. April 1998 eine Jahressteuererklärung betreffend Getränkesteuer 1997 und am 25. März 1999 eine Jahressteuererklärung betreffend Getränkesteuer 1998 ein. In diesen wurde jeweils unter Bekanntgabe der rechnerischen Grundlagen für die Ermittlung der Getränkesteuer die bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer mit Null und die Rückzahlung der entrichteten Getränkesteuer beantragt.

Mit Telefax vom 3. November 1999 beantragte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers die Rückzahlung der seit 1995 "zu Unrecht" eingehobenen Getränkesteuer, "sollte die Getränkesteuer vom Europäischen Gerichtshof als EU-widrig erklärt werden".

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 29. Februar 2000 wurde die Getränkesteuer für die Jahre 1995 bis 1998 in Höhe von insgesamt S 187.970,-- festgesetzt und der "Antrag vom 3. November 1999" auf Rückzahlung der Getränkesteuer für die Jahre 1995 bis 1998 in derselben Höhe abgewiesen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 9. März 2000 wurde die Getränkesteuer für das Jahr 1999 in Höhe von insgesamt S 64.672,-- festgesetzt und der "Antrag vom 6. März 2000" auf Rückzahlung der Getränkesteuer für das Jahr 1999 in Höhe von S 38.979,-- abgewiesen.

Der Beschwerdeführer erhob mit Schreiben vom 21. März 2000 gegen die genannten Bescheide Berufung.

Mit zwei Schreiben vom 28. September 2000 wurde der Beschwerdeführer von der mitbeteiligten Marktgemeinde aufgefordert, binnen vier Wochen Angaben hinsichtlich der Überwälzung der Getränkesteuer betreffend die Jahre 1995 bis 1998 bzw. 1999 zu machen und diese durch geeignete Beweismittel zu belegen.

Der Beschwerdeführer brachte im Schreiben vom 30. Oktober 2000 vor, dass nicht ihn, sondern die Behörde die Nachweispflicht treffe.

Mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 8. März 2001, der in seinem Betreff die Getränkesteuer der Jahre 1995 bis 1998 anführt, wurde der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 29. Februar 2000 dahingehend abgeändert, dass die Getränkesteuer der Jahre 1995 bis 1998 für Speiseeis mit insgesamt S 4.267,87, für nichtalkoholische Getränke mit insgesamt S 35.676,35 und für alkoholische Getränke mit Null festgesetzt wurde. Im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen und "obgenannter Bescheid des Bürgermeisters bestätigt". Begründend wurde ausgeführt, der Antrag vom 3. November 1999 sei zwar als Rechtsbehelf zu werten, es sei aber davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die Getränkesteuer für alkoholische Getränke im gegebenen Zeitraum nicht selbst getragen habe, weswegen die Erstattung des Guthabens zu verweigern gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde ausschließlich unter Bezugnahme auf den Antrag vom 3. November 1999 aus, dieser Antrag sei eine bedingte Prozesshandlung und wäre daher vom Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde als unzulässig zurückzuweisen gewesen. In der negativen Sachentscheidung des Bürgermeisters und der Berufungsentscheidung des Gemeinderates könne keine Rechtsverletzung erblickt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seiner Beschwerdeergänzung u.a. in seinem "Recht, auf Rückzahlung von gemeinschaftsrechtswidriger Getränkesteuer für alkoholische Getränke für den Zeitraum 1. 1. 1995 bis 31. 12. 1999 verletzt".

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie vorbringt, ihr seien aus Versehen der mitbeteiligten Marktgemeinde einzig der Antrag vom 3. November 1999, nicht hingegen die anderen Anträge des Beschwerdeführers vorgelegt worden. Sie beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge auf Grund der Aktenlage entscheiden.

Die mitbeteiligte Marktgemeinde erstattete keine Äußerung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde ihre Entscheidung ausschließlich darauf gestützt, dass der Antrag des Beschwerdeführers vom 3. November 1999 auf Rückzahlung von Getränkesteuer als bedingte Prozesshandlung unzulässig gewesen sei, sodass der Beschwerdeführer durch die (teilweise) Abweisung dieses Antrages nicht in seinen Rechten verletzt worden sei.

Der belangten Behörde ist zwar zuzustimmen, dass bedingte Prozesshandlungen im Allgemeinen unzulässig sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 2003/16/0030, mwN); bei Erlassung des angefochtenen Bescheides wurde aber übersehen, dass in der Getränkesteuerangelegenheit, über die mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 29. Februar 2000 entschieden wurde und welche Sache der Vorstellungsentscheidung war, auch Anträge des Beschwerdeführers vorlagen, welche keine bedingten Prozesshandlungen darstellen. Damit wurde aber der Sachverhalt von der belangten Behörde - wie sie in ihrer Gegenschrift selbst einräumt - in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a VwGG aufzuheben.

Zur behaupteten Rechtsverletzung hinsichtlich der Getränkesteuer des Jahres 1999 ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass der angefochtene Bescheid darüber keinen Abspruch trifft. Sache des Vorstellungsverfahrens war nämlich nur die Getränkesteuer der Jahre 1995 bis 1998. Dies ergibt sich aus der dem Vorstellungsverfahren zugrunde liegenden Berufungsentscheidung vom 8. März 2001, welche nur über den Bescheid des Bürgermeisters vom 29. Februar 2000 und ausschließlich über die Getränkesteuerfestsetzung der Jahre 1995 bis 1998 abspricht. Auch in der "Verhandlungsschrift" des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 8. März 2001 ergibt sich, dass hinsichtlich des Beschwerdeführers ein Beschluss ausschließlich über die Getränkesteuer der Jahre 1995 bis 1998 gefasst wurde. Im Übrigen spricht auch der Beschwerdeführer selbst in seiner Vorstellung nur die Getränkesteuer der Jahre 1995 bis 1998 an.

Der angefochtene Bescheid konnte daher den Beschwerdeführer hinsichtlich der Getränkesteuer für das Jahr 1999 nicht in seinen Rechten verletzen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Dezember 2006

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004160115.X00

Im RIS seit

19.02.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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