TE Vfgh Erkenntnis 2002/6/29 G275/01

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Veröffentlicht am 29.06.2002
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Index

44 Zivildienst
44/01 Zivildienst

Norm

B-VG Art18 Abs1
B-VG Art9a Abs3
B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
StGG Art5
EMRK Art7
ZivildienstG-Nov 2001 BGBl I 133/2000
ZivildienstG §2 Abs1
ZivildienstG §25 Abs1a idF BGBl I 133/2000
ZivildienstG §28 Abs1 idF BGBl I 133/2000
ZivildienstG §67 idF BGBl I 133/2000
ZivildienstG §76c Abs15 idF BGBl I 133/2000

Leitsatz

Teilweise Zulässigkeit des Eventualantrags eines Drittels von Abgeordneten des Nationalrates auf Aufhebung der Regelung des Verpflegsanspruchs der Zivildiener im Zivildienstgesetz idF der Novelle 2001; keine Zulässigkeit des Drittelantrags auf Aufhebung von Bestimmungen der Novelle 2001 und eines Teils des Eventualantrags mangels maßgeblicher Änderung bzw Entstehung einer verfassungswidrigen Rechtslage im Falle der Aufhebung; keine Verfassungswidrigkeit der Überbindung der staatlichen Verpflichtung zur Verpflegung der Zivildienstleistenden auf private Rechtsträger; Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren durch Anspruch auf Erlassung eines Feststellungsbescheides sowie Sicherstellung der Einhaltung der Verpflichtungen im Wege des Verwaltungsstrafrechtes gegeben; keine Beschreitung des Zivilrechtsweges erforderlich; hinreichende Determinierung des unbestimmten Rechtsbegriffs "angemessen" hinsichtlich der Verpflegung; keine Verletzung des Klarheitsgebotes der Menschenrechtskonvention und des Eigentumsrechtes

Spruch

I. Der Antrag, näher bezeichnete Teile der Zivildienstgesetz-Novelle 2001, BGBl. I Nr. 133/2000, als verfassungswidrig aufzuheben, wird zurückgewiesen.

II. Der Eventualantrag,

1.

den Klammerausdruck "(§28 Abs1)" in §25 Abs1a des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG), BGBl. Nr. 679/1986, in der Fassung der Zivildienstgesetz-Novelle 2001, BGBl. I Nr. 133/2000,

2.

die Wortfolge "angemessen verpflegt werden, sie" in §28 Abs1 ZDG in der Fassung der Zivildienstgesetz-Novelle 2001,

3.

den Ausdruck ", 28 Abs1" in §67 und den Ausdruck ", 67" in §76c Abs15 ZDG in der Fassung der Zivildienstgesetz-Novelle 2001

als verfassungswidrig aufzuheben, wird abgewiesen.

Im übrigen wird der Eventualantrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Mit ihrem am 26. Juli 2001 beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten, auf Art140 B-VG gestützten Antrag begehren 64 Mitglieder des Nationalrates

"der Verfassungsgerichtshof möge folgende Bestimmungen der Zivildienstgesetz-Novelle 2001, BGBl. I Nr. 133/2000 als verfassungswidrig aufheben:

1.

den Klammerausdruck '(§28 Abs1)' in Z12 der Zivildienstgesetz-Novelle 2001, BGBl. I Nr. 133/2000;

2.

die Wortfolge 'angemessen verpflegt werden, sie' in §28 Abs1 der Z16 der Zivildienstgesetz-Novelle 2001, BGBl. I Nr. 133/2000;

3.

die Z36 und den Ausdruck ', 67' in §76c Abs15 der Z38 der Zivildienstgesetz-Novelle 2001, BGBl. I Nr. 133/2000;

4.

in eventu die ganze Z12 und den Ausdruck ', Abs1a' nach dem Ausdruck '25 Abs1' in §76c Abs15 der Z38 der Zivildienstgesetz-Novelle 2001, BGBl. I Nr. 133/2000."

Sie führen dazu aus:

"Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Beschluß vom 28. Juni 2001, B1920/00-8, mit dem er ein amtswegiges Gesetzesprüfungsverfahren über Bestimmungen des Bundesgesetzes, mit dem das Zivildienstgesetz geändert wird, BGBl. I Nr. 28/2000 (im folgenden: ZDÄG 2000), eingeleitet hat, die Ziffern und Ausdrücke des ZDÄG 2000 und nicht das Zivildienstgesetz in der Fassung des ZDÄG 2000 in Prüfung gezogen.

Da der Verfassungsgerichtshof im amtswegig eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren den Umfang der zu prüfenden Gesetzesbestimmungen selbst abgrenzt, gehen die einschreitenden Abgeordneten davon aus, dass die Bestimmungen der Zivildienstgesetz-Novelle 2001 und nicht das Zivildienstgesetz in der Fassung der Zivildienstgesetz-Novelle 2001 anzufechten sind (in diesem Sinne zum Erkenntnis des VfGH vom 27. 9. 2000, G59/00 u.a. auch Faber, Vertrauensschutz und Streichung der Sonderzahlungen für Rechtspraktikanten, ecolex 2001, 90)."

1.2. Für den Fall, daß der Verfassungsgerichtshof diesem Antrag auf Aufhebung der Bestimmungen der Zivildienstgesetz-Novelle 2001 jedoch nicht Folge geben sollte, stellen die einschreitenden Abgeordneten den Antrag,

"der Verfassungsgerichtshof möge folgende Bestimmungen im Zivildienstgesetz 1986, BGBl. Nr. 679/1986 (ZDG), in der Fassung BGBl. I Nr. 133/2000, als verfassungswidrig aufheben:

1.

den Klammerausdruck '(§28 Abs1)' in §25 Abs1a ZDG idF BGBl. I Nr. 133/2000;

2.

die Wortfolge 'angemessen verpflegt werden, sie' in §28 Abs1 ZDG idF BGBl. I Nr. 133/2000;

3.

den Ausdruck ', 28 Abs1' in §67 und den Ausdruck ', 67' in §76c Abs15 ZDG;

4.

in eventu den ganzen §25 Absla ZDG idF BGBl. I Nr. 133/2000 sowie den Ausdruck ', Absla' nach dem Ausdruck ', 25 Absl' in §76c Abs15 ZDG."

              2.              Zu ihrer Antragslegitimation führen die Antragsteller folgendes aus:

"Die einschreitenden Abgeordneten zum Nationalrat stellen mehr als ein Drittel der 183 Mitglieder des Nationalrates dar. Sie sind daher gemäß Art140 Abs1 zweiter Satz B-VG und §62 Abs2 VfGG legitimiert, den Antrag auf Aufhebung von Bundesgesetzen zu stellen."

Die Antragsteller präzisieren ihre Bedenken - nach Darstellung der Entwicklung der Rechtslage - wie folgt:

"III. Darlegung der Bedenken:

A. Verletzung des Art9a Abs3 B-VG und des §2 Abs1 ZDG

Die angefochtenen Bestimmungen verstoßen gegen Art9a Abs3 B-VG und §2 Abs1 ZDG und verletzten das durch diese Bestimungen gewährleistete Recht auf Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung.

[...]

1. Gemäß §2 Abs1 ZDG können Wehrpflichtige bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen erklären, daß sie Zivildienst leisten wollen. Der Zivildienst ist von Verfassung wegen als Ersatzdienst zum Wehrdienst eingerichtet. Sowohl beim Wehrdienst als auch beim Zivildienst handelt es sich um staatliche Pflichtdienste im Sinne des Art4 Abs3 litb EMRK.

Der Verfassungsgerichtshof geht in seinem Beschluß vom 28. Juni 2001, B1920/00, davon aus, 'daß der Verpflichtung des Einzelnen zur Leistung des Wehrdienstes oder Wehrersatzdienstes in Gestalt des Zivildienstes die Verpflichtung des Staates gegenübersteht, für die Dauer dieses Dienstes die Deckung der notwendigen Lebensbedürfnisse zu gewährleisten'.

Der Verfassungsgerichtshof geht in obgenanntem Beschluß in Bestätigung seiner im Ablehnungsbeschluß vom 9. März 2000, B1883/99, formulierten Auffassung weiters davon aus, daß aus Art9a B-VG eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Gleichstellung von Zivildienstleistenden und Wehrdienstleistenden in jeder Hinsicht nicht gefolgert werden kann.

Daraus leitet der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluß vom 28. Juni 2001, B1920/00, ab, dass der Zivildienstgesetzgeber 'grundsätzlich einen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum bei der Regelung der Versorgung' der ZDL hat. Dieser Spielraum ist aber insoweit begrenzt, als das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Ausnahme von der Wehrpflicht zwecks Leistung von Zivildienst durch einfaches Gesetz 'faktisch weder vereitelt noch erschwert' werden darf (so schon VfGH 9.3. 2000, B1883/99). Dem Zivildienstgesetzgeber ist es daher verwehrt, das durch Art9a B-VG in Verbindung mit Art2 Abs1 ZDG gewährleistete Recht - 'sei es auch nur faktisch' - auszuhöhlen, indem er etwa die Verpflichtung des Staates beseitigt, für die ausreichende Deckung der notwendigen Lebensbedürfnisse der ZDL Vorsorge zu treffen.

2. a) Zivildienstpflichtige stehen in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis zum Bund. Sie werden mit Bescheid zur Dienstleistung zugewiesen. Bis zur Zivildienstgesetz-Novelle 2001 richteten sich ihre Ansprüche gegen den Bund und waren öffentlich-rechtlicher Natur; dazu zählte bis zum ZDÄG 2000 auch der Anspruch auf unentgeltliche Verpflegung (vgl §32 Abs4 ZDG; Eisenberger/Faber, Die Neuordnung des Zivildienstes durch die ZDG-Novellen 2000 und 2001, JRP 2001, 135 [141 mwN in FN 61]). Das entspricht auch der geltenden Rechtslage im Wehrrecht nach dem Heeresgebührengesetz 2001, BGBl.I Nr. 31/2001.

b) Mit der Zivildienstgesetz-Novelle 2001 wurden die wichtigsten Leistungsverpflichtungen vom Bund auf die Rechtsträger der Einrichtungen verschoben. Die Ansprüche der Zivildienstleistenden sind daher privatrechtlicher Natur und richten sich gegen den Rechtsträger der Einrichtung, bei der der Zivildienstpflichtige zur Dienstleistung zugewiesen ist:

aa) §28 Abs1 ZDG verpflichtet die Rechtsträger dafür zu sorgen, dass die Zivildienstleistenden angemessen verpflegt werden, sowie die Pauschalvergütung, die erforderliche Bekleidung und die erforderliche Ausbildung erhalten. Weiters hat der Rechtsträger die Kranken- und Unfallversicherungsbeiträge zu entrichten. §28 Abs1 ZDG spricht zwar nur von Verpflichtungen der Rechtsträger und begründet seinem Wortlaut nach nicht ausdrücklich entsprechende Rechte der Zivildienstleistenden. Aus §25 ZDG ergibt sich aber eindeutig, dass der Zivildienstleistende ein subjektives Recht auch auf die von den Rechtsträgern nach §28 Abs1 ZDG zu erbringenden Leistungen hat.

bb) Dabei handelt es sich um privatrechtliche Ansprüche: Die Zivildienstgesetz-Novelle 2001 zielt ihrer Konzeption nach auf eine 'neue Verteilung der Aufgaben zwischen dem Bund und den Rechtsträgern der Einrichtungen' ab (RV 338 BlgNR, XXI. GP, 6). Der Zivildienstgesetzgeber wollte sichtlich den Zivildienstleistenden im Umfang der in §28 Abs1 ZDG umschriebenen Leistungen mit seinen Ansprüchen auf den Rechtsträger der Einrichtung verweisen. Diese Ansprüche sind daher privatrechtlicher Natur.

Das beweist auch die Novellierung des §32 Abs4 ZDG durch die Zivildienstgesetz-Novelle 2001. Gemäß §25 Abs1 Z2 ZDG hat der Zivildienstleistende Anspruch auf Reisekostenvergütung. Diese ist weiterhin vom Bund, und nicht vom Rechtsträger der Einrichtung zu entrichten. Auf Antrag des Zivildienstleistenden hat der Bundesminister für Inneres mit Feststellungsbescheid über die als Reisekostenvergütung gebührenden Geldbeträge zu entscheiden. Der Anspruch auf Reisekostenvergütung ist daher öffentlichrechtlicher Natur. Bis zur Zivildienstgesetz-Novelle 2001 war auch über die Pauschalvergütung und über die Fahrtkostenvergütung vom Wohnsitz zur Dienstunterkunft des Zivildienstleistenden mittels Feststellungsbescheid zu erkennen. Diese Leistungen sind nunmehr vom Rechtsträger der Einrichtungen zu erbringen. Die Kompetenz des Bundesministers für Inneres, mit Feststellungsbescheid über diese Geldbeträge zu erkennen, wurde folglich mit Z20 der Zivildienstgesetz-Novelle 2001 aus §32 Abs4 ZDG gestrichen. Die Durchsetzung dieser Ansprüche wie auch des Anspruches auf angemessene Verpflegung durch Bescheid ist daher ausgeschlossen.

cc) Zivildienstleistende haben demnach einen Rechtsanspruch auf angemessene Verpflegung, der sich gegen den Rechtsträger der Einrichtung richtet und privatrechtlicher Natur ist. Über diesen Anspruch haben gemäß §1 JN die ordentlichen Gerichte zu entscheiden (Eisenberger/Faber, aaO 142).

c) Der Verfassungsgerichtshof hat zwar in seinem Beschluß vom 28. Juni 2001, B1920/00, vorläufig angenommen, dass der Zivildienstgesetzgeber einen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum bei der Regelung der Versorgung der Zivildienstleistenden hat. Es steht ihm daher grundsätzlich frei, seiner Verpflichtung 'zur Gewährleistung der Versorgung der Zivildienstleistenden dadurch zu

entsprechen, daß er entweder ... die Abdeckung der Grundbedürfnisse

in finanzieller Weise vorsieht, oder aber ... die Verpflegung in

anderer Weise (etwa durch die Verpflichtung der Rechtsträger zur Verköstigung oder durch die Bereitstellung von Lebensmitteln) sicherstellt'.

Der Verfassungsgerichtshof kann dabei aber nicht dahin verstanden werden, dass der Staat seiner Verpflichtung, für die ausreichende Versorgung der Zivildienstleistenden zu sorgen, in jedem Fall und schon alleine dadurch nachkommt, dass er die Rechtsträger zur Verköstigung der Zivildienstleistenden (gesetzlich) verpflichtet. Entscheidend ist, ob dem Zivildienstleistenden eine ausreichende und effektive Verpflegung während der Zeit der verpflichtenden Dienstleistung gewährleistet ist. Das verlangt schon das dem Gleichheitssatz innewohnende Gebot der Sachlichkeit aller gesetzlichen Regelungen.

aa) Bis zum ZDÄG 2000 erfolgte die Verpflegung der Zivildienstleistenden zwar auch durch die Rechtsträger der Einrichtungen. Der Zivildienstgesetzgeber hatte seine Pflicht zur Gewährleistung einer ausreichenden und effektiven Versorgung der Zivildienstleistenden aber dadurch gewahrt, dass er in §28 ZDG und in der Verpflegungsverordnung, BGBl. Nr. 288/1994, zuletzt in der Fassung BGBl. II Nr. 25/2000, den Rechtsträgern umfassende Vorgaben über Art und Ausmaß der täglichen Verpflegung machte. Darin war insbesondere der Wert der täglichen Verpflegung ziffernmäßig festgelegt.

bb) Dem Erfordernis einer ausreichenden und effektiven Verpflegung während der Zeit der verpflichtenden Dienstleistung wird das Verpflegungsmodell der Zivildienstgesetz-Novelle 2001 hingegen nicht gerecht. §28 Abs1 ZDG besagt lediglich, dass der Zivildienstleistende Anspruch auf 'angemessene Verpflegung' hat. Das Gesetz liefert keine Anhaltspunkte dafür, was unter 'angemessen verpflegt' zu verstehen ist. Das verstößt nicht nur gegen das Determinierungsgebot des Art18 B-VG (dazu unten C.1). Die völlige Unterdeterminierung des Verpflegungsanspruches führt im Ergebnis dazu, dass in der Praxis zahlreiche Streitfragen zwischen den Rechtsträgern der Einrichtungen und den Zivildienstleistenden über Art und Ausmaß der Verpflegung auftreten (siehe zu den ungeklärten Fragen des Verpflegungsanspruches unten C.1.b)). Die Gefahr, dass die Rechtsträger der Einrichtungen bei der Verpflegung ihrer Zivildiener tendenziell 'sparen' und es dadurch zu einer Unterversorgung kommt, ist umso größer, als die Rechtsträger durch die Neuverteilung der Aufgaben und damit der Kostentragung durch die Zivildienstgesetz-Novelle 2001 ohnehin erhebliche Mehrkosten für die Zivildienstleistenden tragen (vgl §28 Abs2 bis 4 ZDG).

cc) Die Zivildienstgesetz-Novelle 2001 sieht keine Möglichkeit vor, solche Streitfragen außergerichtlich, aber dennoch rechtlich verbindlich - etwa durch eine Feststellung des Bundesministers für Inneres - zu klären. Der Zivildienstleistende kann seinen Anspruch nur im ordentlichen Rechtsweg verfolgen. Er muß sich dabei auf ein in der Regel langwieriges Zivilverfahren einlassen, bei dem er das Prozeßkostenrisiko trägt. Auch wenn er letztlich obsiegen sollte, käme die Entscheidung in der Regel zu spät; der Zivildienstleistende hätte seinen Zivildienst längst beendet. Außerdem trägt er das Risiko, dass der Rechtsträger inzwischen insolvent geworden ist oder seine Rechtspersönlichkeit verloren hat.

dd) Die Verpflegung ist die praktisch wichtigste Versorgungsleistung für die Zivildienstleistenden. [...]

3. Daran ändert auch nichts, dass die Zivildienstgesetz-Novelle 2001 Vorkehrungen für den Fall der Nichtleistung der Verpflegung durch den Rechtsträger trifft. [...]

a) [...]

Die Begrenzung der finanziellen Leistung des Bundes mit der Höhe der Pauschalvergütung legt die Auslegung nahe, dass der Bund nur bei mangelnder Leistung der Pauschalvergütung, nicht aber bei mangelhafter Verpflegung aushelfen kann. In diesem Fall bietet §28a Abs2 ZDG überhaupt keine Handhabe für die Sicherung des Verpflegungsanspruches des Zivildienstleistenden.

[...]

b) Die RV nennt als weitere Instrumente der Sicherung des Versorgungsanspruches Sanktionen gegen den Rechtsträger der Einrichtung (siehe oben). So wäre es denkbar, die Verletzung der im §28 Abs1 ZDG vorgesehenen Verpflichtungen zum Anlaß zu nehmen, der Einrichtung keine Zivildiener mehr zuzuweisen oder die Anerkennung der Einrichtung gemäß §4 Abs4 ZDG zu widerrufen. Diese Sanktionsmechanismen können aber nichts zur Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung des betroffenen Zivildienstleistenden während der Dauer seines Dienstes beitragen.

[...]

Darüber hinaus wird die Aufnahme der Verpflichtung zur 'angemessenen' Verpflegung in den Katalog der Verwaltungsübertretungen durch den Rechtsträger der Einrichtung mit diesem Antrag als verfassungswidrig angefochten, weil sie nicht dem erhöhten Determinierungsgebot für Straftatbestände entspricht (siehe unten C.2). Sollte der Verfassungsgerichtshof diesem Antrag Folge geben und diesen Verwaltungsstraftatbestand als verfassungswidrig aufheben, fällt die verwaltungsstrafrechtliche Sicherung der Versorgungsverpflichtung des Rechtsträgers gänzlich weg.

3. Insgesamt gewährleistet das Verpflegungsmodell der Zivildienstgesetz-Novelle 2001 keine effektive, ausreichende und gleiche Versorgung der Zivildienstleistenden während der Zeit ihrer Dienstleistung. Der einfache Gesetzgeber kann diese Verpflichtung nicht dadurch erfüllen, dass er die Zivildienstleistenden mit ihren Ansprüchen auf Dritte (die Einrichtungen) verweist, wenn diese Ansprüche undeterminiert sind und ihre vollständige und rechtzeitige Erfüllung - sei es im Wege der Leistung durch die Rechtsträger, sei es im Wege einer finanziellen Aushilfe des Bundes - nicht hinreichend sichergestellt ist, ihre Durchsetzung im nicht unwahrscheinlichen Streitfall aber erst gerichtlich erstritten werden muß und die Zivildienstleistenden bis dahin eine rechtswidrige mangelhafte Verpflegung praktisch hinnehmen müssen. Die staatlichen Maßnahmen zur Sicherstellung des Verpflegungsanspruches sind entweder nicht anwendbar bzw. unzureichend (finanzielle Eintrittsermächtigung des Bundes) oder kommen zu spät (Versetzung; Verwaltungsstrafbestimmung, die überdies als verfassungswidrig angefochten ist). Die Zivildienstgesetz-Novelle 2001 überschreitet den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum, der dem einfachen Gesetzgeber bei der Regelung der Versorgung zusteht, und höhlt damit faktisch das Recht auf Leistung von Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung aus. Die angefochtenen Bestimmungen verstoßen daher gegen §2 Abs1 ZDG in Verbindung mit Art9a Abs3 B-VG.

B. Verletzung des Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz

Die angefochtene Verpflegungsregelung der Zivildienstgesetz-Novelle 2001 verletzt den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz (Art7 B-VG, Art2 StGG).

l. Die unter Pkt A. zur Begründung des Verstoßes gegen §2 Abs1 ZDG in Verbindung mit Art9a Abs3 B-VG vorgebrachten Bedenken sind auch unter dem Gesichtspunkt des aus dem Gleichheitssatz erfließenden Sachlichkeitsgebotes beachtlich.

Zusammenfassend ist es unsachlich, wenn Zivildiener, die einen staatlichen Pflichtdienst versehen, mit ihren von Verfassung wegen zu gewährenden Ansprüchen auf Dritte verwiesen werden, diese Ansprüche im nicht unwahrscheinlichen Streitfall im Wege der ordentlichen Gerichtsbarkeit erstreiten müssen und mangels Effektivität der staatlichen Sicherungsmittel ihre Versorgungsansprüche damit womöglich erst im Nachhinein erfüllt bekommen; es ist unsachlich, wenn die Verpflegung der Zivildienstleistenden nicht während der Dauer ihres Dienstes gewährleistet ist.

2. Die Unbestimmtheit der Verpflichtung zur 'angemessenen' Verpflegung verletzt die Zivildienstleistenden in ihrem Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz.

Wie unten (Pkt. C.1.) noch näher ausgeführt, ist die Verpflichtung der Rechtsträger, ihre Zivildienstleistenden 'angemessen' zu verpflegen, völlig undeterminiert. Das ist unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes insoferne relevant, als die Verpflegung der Zivildienstleistenden dezentral durch die etwa 800 anerkannten Einrichtungen erfolgt und die Bestimmung der Angemessenheit der Verpflegung durch den jeweiligen Rechtsträger individuell erfolgt. Damit ist aber nicht gewährleistet, dass die Zivildienstleistenden zumindest im Regelfall eine auch nur einigermaßen als gleich zu bezeichnende Verpflegung erhalten. Das beweist auch die Praxis der Geldleistungen, die nach Angaben der Plattform für Zivildiener zwischen ÖS 40,-- (St. Lazarus Hilfswerk in Wien) und ÖS 155,-- (zB amnesty international) täglich schwanken.

Die Zivildienstleistenden werden untereinander infolge der Unbestimmtheit der gesetzlichen Verpflichtung zur 'angemessenen' Verpflegung unterschiedlich behandelt, ohne dass dafür eine sachliche Rechtfertigung zu erkennen wäre. Die angefochtenen Bestimmungen verstoßen auch aus diesem Grund gegen den Gleichheitssatz.

C. Verletzung des Bestimmtheitsgebotes des Art18 Abs1 B-VG und des Art7 Abs1 EMRK

1. Die Verpflichtung der Rechtsträger, ihre Zivildienstleistenden 'angemessen' zu verpflegen, und das entsprechende Recht der Zivildienstleistenden auf eine ebensolche Verpflegung verstößt gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 Abs1

B-VG.

a) §25 Abs1a ZDG, der mit Z12 der Zivildienstgesetz-Novelle 2001 eingefügt wurde, lautet:

'Der Zivildienstleistende hat Anspruch auf Verpflegung (§28 Abs1).'

§28 Abs1 lautet:

[...]

b) Das Gesetz enthält keine Vorgaben

* ob eine Naturalverpflegung zu erfolgen hat oder eine Verpflegungsablöse in Geld erlaubt ist

* hinsichtlich der Qualität und des Wertes der Verpflegung bzw. über die Höhe einer geldmäßigen Verpflegungsabfindung

* für wie viele Mahlzeiten pro Tag zu sorgen ist

* ob Verpflegung auch am Wochenende, an dienstfreien Tagen oder während der Dienstfreistellung nach §23a ZDG (zweiwöchiger 'Urlaub') zu gewähren ist

* ob und wie die Verpflegung im Falle der Dienstverhinderung oder Krankheit des ZDL zu erfolgen hat.

Die ZDG-Novelle 2001 stellt alle diese Fragen des Verpflegungsanspruches bewußt in die freie Entscheidung des Rechtsträgers der Einrichtung. Das wiegt deshalb besonders schwer, weil österreichweit rund 800 verschiedene Einrichtungen anerkannt sind, die Bestimmung der Angemessenheit daher in die Hände einer Unzahl verschiedener, zumeist privater und von einander unabhängiger Rechtsträger gelegt wird.

c) Die Erläuterungen der Regierungsvorlage behaupten, dass der Rechtsträger der Einrichtung verhalten sei, über die Verpflegung das Einvernehmen mit dem Zivildienstleistenden zu suchen (siehe oben). Das ist in dieser Allgemeinheit unzutreffend:

[...]

d) Die Determinierung der Verpflegungsleistung als 'angemessen' ist inhaltlich betrachtet eine bloße Leerformel. [...]

e) Für den praktisch wichtigsten Fall der Verpflegung durch Geldleistung liefert das Gesetz keine schlüssigen Hinweise darauf, welcher Betrag 'angemessen' ist. [...]

f) In der Praxis schwankt die Höhe der Geldleistungen nach Angaben der Plattform für Zivildiener zwischen ÖS 40,-- (St. Lazarus Hilfswerk in Wien) und ÖS 155,-- (zB amnesty international) täglich. Auch Menge und Qualität der Naturalverpflegung ist höchst unterschiedlich. Der für die Vollziehung des ZDG zuständige Bundesminister für Inneres gibt keinen Hinweis, welchen Betrag er für 'angemessen' hält, zahlt seinen eigenen Zivildienstleistenden aber ÖS 80,-- pro Tag. Damit liegt er aber um fast 50% unter jenem Betrag, den er selbst bis zur Erlassung des ZDÄG 2000 'offenkundig als Untergrenze' - so der VfGH in seinem Beschluß vom 28. Juni 2001, B1920/00 - für eine angemessene Verpflegung erachtet hat.

2. Die Schaffung einer Verwaltungsübertretung, wenn der Rechtsträger seiner Verpflichtung zur 'angemessenen Verpflegung' seiner Zivildienstleistenden nicht nachkommt, verletzt das durch Art18 B-VG und Art7 Absl EMRK normierte Bestimmtheitsgebot von Verwaltungsstraftatbeständen. Dieser Verwaltungsstraftatbestand wurde durch Z36 der Zivildienstgesetz-Novelle 2001 in §67 ZDG eingefügt.

a) Der Verfassungsgerichtshof stellt in ständiger Rechtsprechung in Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip besonders strenge Anforderungen an die Determinierung von (Verwaltungs)-Strafnormen. [...]

b) Wie zuvor unter Pkt. l. ausgeführt, ist weder aus dem Gesetz, noch aus der Entstehungsgeschichte oder den Materialien zur Zivildienstgesetz-Novelle 2001 nachvollziehbar, wann eine 'angemessene' Verpflegung der Zivildienstleistenden vorliegt. Gerade die Entwicklung der Verpflegungsregelung von der Rechtslage vor dem ZDÄG 2000 bis hin zur Zivildienstgesetz-Novelle 2001 zeigt, dass der Zivildienstgesetzgeber selbst seine Auffassung über die 'Angemessenheit' der Verpflegung mehrfach geändert hat. Sogar bei den vom Bundesminister für Inneres an seine eigenen Zivildienstleistenden ausbezahlten ÖS 80,-- pro Tag scheint nach dem Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Juni 2001,

B1920/00, fraglich, ob dieser Betrag den verfassungsgesetzlichen Anforderungen an eine ausreichende Verpflegung der Zivildienstleistenden entspricht und damit 'angemessen' im Sinne des §28 Abs1 in Verbindung mit der Strafbestimmung des §67 ZDG ist.

Es ist daher für den der Strafbestimmung des §67 unterworfenen Rechtsträger einer Einrichtung nicht erkennbar, welchen Leistungsumfang er an seine Zivildienstleistenden zu erbringen hat, damit er sie 'angemessen' verpflegt. Ebensowenig kann die Anwendung des Ausdruckes 'angemessen verpflegt' durch die Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsstrafbehörde auf seine Übereinstimmung mit dem Gesetz überprüft werden.

c) Die Einfügung des Verweises auf '§28 Abs1' in die Verwaltungsstrafbestimmung des §67 ZDG durch die Z36 der Zivildienstgesetz-Novelle 2001 verletzt daher das durch Art18 B-VG und Art7 Abs1 EMRK gewährleistete Recht auf die Bestimmtheit von Strafbestimmungen.

D. Verletzung des Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums gem. Art5 StGG und des Art1 des 1. ZPEMRK

Hinsichtlich derjenigen Zivildienstleistenden, die schon zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Zivildienstgesetz-Novelle 2001 am 1. Jänner 2001 ihren Dienst leisteten, verletzt das neue Versorgungsmodell das Eigentumsgrundrecht.

1. Die Ansprüche jener Zivildienstleistenden, die ihren Dienst zum Feber-, Juni- und Oktober-Termin 2000 angetreten haben, richteten sich bis zum Inkrafttreten der Zivildienstgesetz-Novelle 2001 gegen den Bund. Seit der Zivildienstgesetz-Novelle 2001 steht ihnen für die Verpflegung und die Grundvergütung nicht mehr der Bund als Leistungsverpflichteter gegenüber, sondern in aller Regel ein privater Rechtsträger.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch in VfSlg. 14.075/1995 (ÖBB-Erkenntnis) den gesetzlich bewirkten Austausch des praktisch unbegrenzten Deckungsfonds des Bundes als unzulässigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht gewertet.

Auch im Falle des oben umschriebenen Kreises von Zivildienstleistenden, von denen nach wie vor die zum Oktobertermin 2000 zugewiesenen ihren Dienst versehen, kommt es zum gesetzlichen Austausch ihres Leistungsverpflichteten: an die Stelle des Bundes tritt in aller Regel ein privater Rechtsträger. Selbst wenn dieser Eingriff als im öffentlichen Interesse geboten erscheint, widerspricht er doch dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Der einfache Gesetzgeber hätte durch Übergangsbestimmungen Vorsorge treffen müssen, dass von der neuen Versorgungsregelung keine Zivildienstleistenden betroffen werden, die zu ihrem Dienst noch während der Geltung jenes Versorgungsmodells zugewiesen wurden, in dem sich ihre Ansprüche noch gegen den Bund richteten.

3. Die angefochtenen Bestimmungen verletzen daher auch das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.

[...]

IV. Antrag und Anregungen

[...]

V.

Der Umstand, daß die - unverzichtbare - Darstellung des maßgebenden geltenden Gesetzes und seiner Vorgänger (...) nur mühsam verständlich ist und daß die Antragstellungen und Anregungen (...) schwierig gestaltet sind, ist durch die komplizierte Rechtslage und deren überhastete Entwicklung in Verbindung mit einer mangelhaften Legistik bedingt.

Selbst für rechtskundige Experten ist das Zivildienstrecht kaum mehr durchschaubar, für junge Menschen, die ihrem Gewissen im Sinne des §2 ZDG folgen wollen, aber schlechthin unverständlich. Diese müssen den Eindruck gewinnen, daß die formalen Mängel des Gesetzes dazu beitragen sollen, sie von einer Zivildiensterklärung abzuhalten.

Die antragstellenden Abgeordneten haben den beiden letzten Novellen zum ZDG nicht zugestimmt und zeichnen daher für diese nicht verantwortlich. Sie ersuchen den Verfassungsgerichtshof, ihren Anträgen und Anregungen Folge zu geben, um so wenigstens für den Bereich der Verpflegung eine verfassungskonforme und für die am Zivildienst interessierten jungen Menschen eine inhaltlich erträgliche und einigermaßen verständliche Regelung zu bewirken.

[...]"

3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie beantragt, den Antrag abzuweisen.

Zu den vorgebrachten Bedenken nimmt die Bundesregierung wie folgt Stellung:

"I.1. Zur behaupteten Verletzung des Art9a Abs3 und des §2

ZDG:

Die antragstellenden Abgeordneten vermeinen insoweit eine Verfassungswidrigkeit des Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986) geändert wird (ZDG-Novelle 2001), BGBl. I Nr. 133/2000, zu erkennen, als dieses das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Ausnahme von der Wehrpflicht zwecks Leistung von Zivildienst aushöhle, indem die Verpflichtung des Staates beseitigt wird, für die ausreichende Deckung der notwendigen Lebensbedürfnisse der Zivildienstleistenden Vorsorge zu treffen.

Insoweit decken sich die Bedenken der Antragsteller mit den Bedenken, die auch dem Verfahren G212/01 zu Grunde liegen. Der Verfassungsgerichtshof stützt seine Bedenken im Wesentlichen auf die Annahme, dass die zitierten Verfassungsnormen verletzt werden, wenn der Staat seiner Verpflichtung zur Gewährleistung der Versorgung der Zivildienstleistenden nicht entspricht. Dieser Annahme lag die vorläufige Einschätzung zu Grunde, dass der Verpflichtung des Einzelnen zur Leistung des Wehrdienstes oder Wehrersatzdienstes in Gestalt des Zivildienstes die Verpflichtung des Staates gegenübersteht, für die Dauer dieses Dienstes die Deckung der notwendigen Lebensbedürfnisse zu gewährleisten.

[...]

Nach Ansicht der Bundesregierung lässt sich aus Art9a Abs3 B-VG nicht ableiten, dass ein Anspruch der Zivildienstleistenden auf Deckung der notwendigen Lebensbedürfnisse vom Staat unmittelbar einzulösen sei; vielmehr erscheint es schon auf Grund des Gesetzesvorbehaltes des Art9a Abs3 B-VG verfassungsrechtlich zulässig, für die Versorgung der Zivildiener auch dadurch zu sorgen, dass (gesetzlich oder vertraglich) die Trägerorganisationen den notwendigen Unterhalt zu leisten haben. Die gesamte Bestimmung enthält nämlich einerseits einen Ausgestaltungsvorbehalt durch den Gesetzgeber, sodass die Ausgestaltung des Zivildienstverhältnisses dem einfachen Gesetzgeber obliegt, andererseits bietet der Wortlaut keinen Anhaltspunkt für die Annahme einer solchen Verpflichtung.

[...]

Wenn nun - mit dem Verfassungsgerichtshof - zulässiger Weise davon ausgegangen wird, dass der Staat seiner Verpflichtung dadurch nachkommen darf, dass er etwa die Rechtsträger zur Verköstigung verpflichtet, dann ist nicht einzusehen, warum die hierfür maßgeblichen Regelungen der ZDG-Novelle 2001 nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechen sollten. Abgesehen davon, dass die Trägerorganisationen - bei entsprechender Organisation der Verpflegung (z.B. in der betriebseigenen Werksküche) - schon bisher 'einsparen' konnten und dies zu keiner Unterversorgung geführt hat, scheint diese Mutmaßung nicht dazu angetan, die gewählte Art der Versorgung Zivildienstpflichtiger in Frage zu stellen, zumal der Gesetzgeber - wie noch zu zeigen sein wird - in ausreichendem Maße Vorkehrungen getroffen hat, dass die Trägerorganisationen ihrer Verpflichtung tatsächlich nachkommen.

Den Ausführungen der Antragsteller, dass durch die Neuordnung des Zivildienstes die Gefahr tendenziellen Sparens besteht, ist folgendes entgegen zu halten: Die neue Regelung bringt durch die Abschaffung der früheren vertraglich festgelegten 55 Vergütungsstufen nicht nur eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung, sondern sie kann auch als ausgewogen und aufkommensneutral angesehen werden. Der erzielte Effekt der langfristigen finanziellen Absicherung des Zivildienstes wurde nämlich in erster Linie durch den Verzicht auf einen Großteil der Bundeseinnahmen erreicht.

Weiters kann der Argumentation der Antragsteller in keiner Weise gefolgt werden, dass das im ZDG vorgesehene Regelungsregime nicht dazu angetan ist, Trägerorganisationen mit Nachdruck zur Erfüllung ihrer Pflichten anzuhalten und so die Verpflegung der Zivildienstleistenden zu gewährleisten. Es entspricht nämlich durchaus der Systematik der österreichischen Rechtsordnung, eine gesetzliche Verpflichtung durch die Androhung einer Sanktion im Falle der Nichtbefolgung abzusichern. Es wird kein Grund gesehen, dieses in vielen Bereichen und Materien bewährte System in Frage zu stellen, zumal auch im Antrag - von der bloßen Behauptung abgesehen - keine darauf hindeutenden Anhaltspunkte zu finden sind. Ungeachtet dessen, dass im Falle tatsächlicher Unterversorgung eines Zivildieners wohl von Gefahr im Verzug auszugehen ist und der Bundesminister für Inneres mit einer Zuweisung zu einer anderen Einrichtung gemäß §57 AVG vorzugehen hätte und daher jedenfalls im Hinblick auf §18 Z5 ZDG die sofortige Beseitigung dieses Zustandes gewährleistet wäre, wird die präventive Wirkung der Sanktionen gegen den Rechtsträger der Einrichtung gänzlich außer Acht gelassen. Überdies scheinen die Antragsteller davon auszugehen, dass der Anspruch auf angemessene Verpflegung auf Grund früherer Fassungen des ZDG einer bescheidmäßigen Feststellung zugänglich gewesen wäre. Tatsächlich ließ §32 Abs4 ZDG idF BGBl. Nr. 187/1994, ein solches Vorgehen über Antrag des Zivildienstleistenden nur hinsichtlich der nach den §§25a, 27 und 31 leg. cit. gebührenden Geldbeträge, nicht jedoch über die Naturalleistung 'Verpflegung' zu.

An dieser Stelle sei bemerkt, dass der vorliegende Antrag insgesamt von einer nicht zutreffenden Sicht der früheren Rechtslage gekennzeichnet scheint. [...]

Darüber hinaus gewährleistet der geltende §28a Abs2 ZDG durchaus in ausreichendem Maße die Sicherstellung der Verpflegung. Es ist den Antragstellern zwar zuzustimmen, dass diese Regelung als Ermächtigung konzipiert ist, doch wird von den Antragstellern übersehen, dass Ermessen stets im Sinne des Gesetzes zu üben ist. Da das Gesetz dem Zivildienstleistenden einen Anspruch auf Verpflegung einräumt, wird die Behörde jedenfalls gehalten sein, im Sinne des §28a Abs2 ZDG eine Aushilfe zu gewähren. Ermessensspielraum wird nur hinsichtlich der Höhe eingeräumt, die sich an den konkreten Bedürfnissen zu orientieren hat. Für die Interpretation, dass diese Regelung nur bei mangelhafter Leistung der Pauschalvergütung gilt, bietet der Wortlaut des Gesetzes keine Anhaltspunkte, da er eindeutig auf alle Verpflichtungen des §28 Abs1 ZDG verweist.

Außerdem ist diese Regelung nicht isoliert zu betrachten, sondern in Zusammenschau mit den Sanktionsmöglichkeiten gegenüber den Rechtsträgern der Einrichtungen. Kommt ein Rechtsträger seiner Verpflichtung zur angemessenen Verpflegung des Zivildienstleistenden nicht bloß im Einzelfall, etwa durch unvorhergesehene Ereignisse, nicht nach, wird der Bundesminister für Inneres im Hinblick auf §18 Z5 ZDG die Zuweisung zu einer anderen Einrichtung vorzunehmen haben (arg. 'hat zuzuweisen').

Vor diesem Hintergrund ist auch die betragsmäßige Begrenzung des §28a Abs2 ZDG zu sehen. Wird ein Zivildienstleistender nicht angemessen verpflegt, besteht eben die Verpflichtung des §18 Z5 ZDG, der erforderlichenfalls auch ohne Ermittlungsverfahren nachzukommen ist. Es sind demnach kaum Fälle denkbar, in denen mit dem genannten Betrag nicht das Auslangen gefunden werden kann, weil davon ausgegangen werden kann, dass dieser Zustand relativ kurze Zeit andauert und die Aushilfe nur die Zeit bis zur Wiederherstellung des gesetzeskonformen Zustandes überbrücken helfen soll. Praktische Erfahrungen haben überdies gezeigt, dass die finanzielle Eintrittsermächtigung nach §28a Abs2 ZDG für den Bundesminister für Inneres, trotz der höhenmäßigen Begrenzung auf derzeit 2 406 S ein adäquates Mittel darstellt, auftretenden Missständen bei der Verpflegung von Zivildienstleistenden sowohl rasch als auch wirksam zu begegnen; die effektive Beseitigung von 'Anlaufschwierigkeiten' im Zuge der Umstellung auf Grund der ZDG-Novelle 2001 hat dies eindrucksvoll bewiesen. Die Bedenken der Antragsteller im Hinblick auf Art9a B-VG und §2 Abs1 ZDG treffen demnach für die ZDG-Novelle 2001 nicht zu.

I.2. Zur behaupteten Verletzung des Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz:

[...]

Zur Übertragung der Verpflegungspflicht auf Rechtsträger und die Effektivität des Sanktionsregimes wird auf die Ausführungen unter

1. verwiesen. Darüber hinaus übersehen die Antragsteller, dass die Rechtsträger gleichfalls verhalten sind, (Rückforderungs-) Ansprüche gegenüber den ihnen zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesenen bzw. zugewiesen gewesenen Zivildienstpflichtigen bei den ordentlichen Gerichten geltend zu machen. Die Notwendigkeit der Beschreitung des Zivilrechtsweges war zudem dem Zivildienstgesetz 1986 schon vor dem Inkrafttreten der ZDG-Novelle 2001 keineswegs fremd. In bestimmten Fällen der Geltendmachung von Schadenersatzforderungen und in Streitigkeiten, die sich aus Rechtsverhältnissen ergeben haben, die nach §41 ZDG zwischen dem Bund und Rechtsträgern von Zivildiensteinrichtungen Bestand hatten, war bereits nach alter Rechtslage der Zivilrechtsweg zu beschreiten. Im letzteren Fall fand sich im seinerzeitigen §42 ZDG sogar eine explizite Zuständigkeitsregelung für die Klagseinbringung.

Überdies sehen die Antragsteller in der vermeintlichen mangelnden Determinierung einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot, weil die Verpflegung der Zivildienstleistenden dezentral durch die etwa 800 anerkannten Einrichtungen erfolgt und die Bestimmung der Angemessenheit der Verpflegung durch den jeweiligen Rechtsträger individuell erfolgt. Dadurch wäre aber nicht gewährleistet, dass die Zivildienstleistenden zumindest im Regelfall eine auch nur einigermaßen als gleich zu bezeichnende Verpflegung erhalten.

Dem ist folgendes entgegen zu halten: Wie bereits oben ausgeführt, ist die Verpflegung der Zivildienstleistenden von verschiedensten Situationen geprägt, die zu Unterschieden im Tatsächlichen führen. Diese objektiven Unterscheidungsmerkmale verhindern nicht nur einen Widerspruch mit dem Gleichheitssatz, sondern gebieten sogar unterschiedliche, auf den Einzelfall abstellende, Lösungen. In diesem Zusammenhang sei nur beispielsweise darauf verwiesen, dass der Aufwand für die Verpflegung von Umständen abhängig ist, wie etwa den örtlichen Gegebenheiten, unter denen eine Tätigkeit ausgeübt wird oder ob eine Werksküche zur Verfügung steht. Auf diese Fragen wird unter Pkt. I.3 noch näher eingegangen werden.

I.3. Zur behaupteten Verletzung des Bestimmtheitsgebotes des Art18 Abs1 B-VG:

1. [...]

Mit der ZDG-Novelle 2001 hat sich der Gesetzgeber neuerlich dazu entschlossen, ausdrücklich einen Verpflegungsanspruch der Zivildienstleistenden vorzusehen. [...]

Es handelt sich hiebei um einen unbestimmten Gesetzesbegriff. Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ist verfassungsrechtlich unbedenklich, soweit ein ausreichend bestimmbarer Inhalt gegeben ist (siehe VfSlg. 4139, 5107, 5365, 6477, 7907, u.a.; VwSlg. 2932/A u.a.). Darüber hinaus ist nach ständiger Rechtsprechung die Grenze zwischen einer noch ausreichenden Determinierung im Sinne des Art18 Abs1 B-VG und einer verfassungsrechtlich unzureichenden Determinierung nicht immer eindeutig zu ziehen (siehe VfSlg. 4139, 5636, 12.932 u.a.). Wie der Verfassungsgerichtshof weiters in seiner Rechtsprechung stets die Auffassung vertreten hat, hängt es u.a. vom Gegenstand

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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