TE Vwgh Beschluss 2006/12/21 2006/20/0428

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Veröffentlicht am 21.12.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 2005 §10;
AsylG 2005 §5;
AVG §71 Abs1;
VwGG §26 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über den Antrag des A, geboren 1970, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 16. März 2006, Zl. 268.625/0-XIII/65/06, betreffend §§ 5 und 10 AsylG 2005, sowie über die damit verbundene Beschwerde gegen diesen Bescheid (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), den Beschluss gefasst:

Spruch

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung wird gemäß § 46 Abs. 1 VwGG nicht stattgegeben.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. Februar 2006, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zurückgewiesen, die Zuständigkeit der Slowakei für die Prüfung des Antrages ausgesprochen, der Beschwerdeführer in die Slowakei ausgewiesen und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Slowakei für zulässig erklärt worden war, gemäß §§ 5 und 10 AsylG 2005 ab.

Mit Faxeingabe vom 27. März 2006 beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung von Verfahrenshilfe für die Bekämpfung dieses Bescheides. Nach Bewilligung der Verfahrenshilfe mit dem hg. Beschluss vom 12. April 2006, Zl. VH 2006/19/0145, wurde mit Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 20. April 2006, zugestellt am 5. Mai 2006, Mag. Ulrike W. zur Verfahrenshelferin bestellt. Eine Beschwerdeerhebung unterblieb.

Mit Schriftsatz vom 11. September 2006 beantragte der nunmehrige Vertreter des Beschwerdeführers unter gleichzeitiger Nachholung der Beschwerde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist. Er begründete dies - zusammengefasst - damit, der Beschwerdeführer sei am 2. Mai 2006 in die Slowakei überstellt worden, weshalb es der Verfahrenshelferin nicht gelungen sei, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Eine Erörterung des Bescheidinhaltes mit einem in Asylrechtsangelegenheiten erfahrenen Rechtsanwaltskollegen der Verfahrenshelferin habe keinen Anhaltspunkt für eine (ohne zusätzliche Information seitens der Partei) geltend zu machende Rechtswidrigkeit ergeben, woraufhin die Verfahrenshelferin von einer Beschwerdeeinbringung abgesehen habe. Dem Beschwerdeführer selbst sei nicht bewusst gewesen, dass in Österreich noch ein Verfahren offen sei, um das er sich vom Ausland aus zu kümmern hätte. Er sei "im August 2006 wiederum nach Österreich" eingereist und habe erst im Zuge eines Beratungsgespräches am 28. August 2006 erfahren, dass die Frist für eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nach seiner Überstellung in die Slowakei ungenützt abgelaufen sei.

Ein der Bewilligung der Wiedereinsetzung entgegenstehendes Verschulden liege nicht vor, weil die Verfahrenhelferin ohne Kontakt mit dem Beschwerdeführer nicht zu einer erfolgversprechenden Beschwerdeführung in der Lage gewesen sei (was in der Begründung des Wiedereinsetzungsantrages an einer Stelle als "Sachverhaltsirrtum" bezeichnet wird) und dem Beschwerdeführer sein mangelndes Verständnis der verfahrensrechtlichen Zusammenhänge nicht vorwerfbar sei. Die Kontaktaufnahme zwischen ihm und der Verfahrenshelferin sei durch die Überstellung in die Slowakei verhindert worden, wobei das "eigentliche" Hindernis für die Beschwerdeeinbringung der Umstand gewesen sei, dass er nicht gewusst habe, dass in Österreich noch ein Verfahren offen sei. Andernfalls hätte er "fraglos auch noch von der Slowakei aus alle Hebel in Bewegung gesetzt ..., um sich um dieses Verfahren zu kümmern."

Aus den zur Prüfung dieses Vorbringens vom Verwaltungsgerichtshof beigeschafften Verwaltungsakten ergab sich, dass der Beschwerdeführer nach seiner Überstellung in die Slowakei schon am 19. Mai 2006 - vier Wochen vor Ablauf der gemäß § 26 Abs. 3 VwGG berechneten Beschwerdefrist am 16. Juni 2006 - wieder in Österreich war und hier einen neuen Asylantrag stellte. Dessen erstinstanzliche - inhaltlich der mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten entsprechende - Erledigung mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12. Juni 2006 ließ er unbekämpft, woraufhin er am 25. Juli 2006 neuerlich in die Slowakei überstellt wurde.

Zu diesem ihm vom Verwaltungsgerichtshof vorgehaltenen Akteninhalt nahm der Vertreter des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 30. November 2006 dahingehend Stellung, dass dies den Tatsachen entspreche und ihm bei der Begründung des Wiedereinsetzungsantrages auch bekannt gewesen sei.

Ausgehend davon, dass der Beschwerdeführer den Bescheid vom 12. Juni 2006 unbekämpft ließ, was die Antragsbehauptungen betreffend sein hypothetisches Verhalten im Fall der Kenntnis von einem offenen Verfahren in Österreich ad absurdum führt, gibt der vorliegende Fall nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes aber keinen Anlass zur Auseinandersetzung mit der Grundsatzfrage, unter welchen Umständen die erzwungene Beendigung des Aufenthaltes in Österreich - und somit die physische Entfernung der Partei aus ihren hier geführten Verfahren - zur Bewilligung einer Wiedereinsetzung führen kann. Dem Wiedereinsetzungsantrag war vielmehr schon deshalb, weil sich der Beschwerdeführer - in der Antragsbegründung unerwähnt - ab 19. Mai 2006 (bis über den Ablauf der Beschwerdefrist hinaus) wieder in Österreich aufhielt und ein Vorbringen darüber, dass und wodurch er hier an der Wahrung der Beschwerdefrist gehindert gewesen sei, innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist nicht erstattet wurde, gemäß § 46 Abs. 1 VwGG nicht stattzugeben.

Die verspätete Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 21. Dezember 2006

Schlagworte

Versäumung der Einbringungsfrist siehe VwGG §26 Abs1 Z1 (vor der WV BGBl. Nr. 10/1985: lita) sowie Mangel der Rechtsfähigkeit Handlungsfähigkeit Ermächtigung des Einschreiters

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006200428.X00

Im RIS seit

08.03.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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