TE Vwgh Erkenntnis 2007/1/16 2006/18/0452

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Veröffentlicht am 16.01.2007
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Index

41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 2005 §12;
AsylG 2005 §13;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z14;
FrPolG 2005 §62 Abs5;
FrPolG 2005 §62;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des HA in W, geboren 1984, vertreten durch Dr. Helge Doczekal, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Oktober 2006, Zl. SD 1071/06, betreffend Erlassung eines befristeten Rückkehrverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 13. Oktober 2006 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen libanesischen Staatsangehörigen, gemäß § 62 Abs. 1 und 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 und § 63 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 1. August 2005 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe am 13. August 2005 einen Asylantrag gestellt. Er sei ledig und ohne Sorgepflichten. Im Bundesgebiet bestünden weder familiäre noch berufliche Bindungen.

Am 4. Juli 2006 sei er vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 zweiter und dritter Fall SMG und § 15 StGB als Beteiligter gemäß § 12 zweiter und dritter Fall StGB zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monten (davon vier Monate unbedingt) rechtskräftig verurteilt worden. Er habe in Wien dazu beigetragen bzw. eine namentlich bekannte Person zu bestimmen versucht, Suchtgifte in einer die Grenzmenge (§ 28 Abs. 6 SMG) übersteigenden Menge (48 Gramm Kokain in Reinsubstanz) einzuführen, indem er und ein weiterer Mittäter die Einfuhr des Kokain aus den Niederlanden nach Österreich vereinbart und dem Haupttäter Geldbeträge zum Ankauf des Suchtgiftes übergeben hätten. Der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG sei erfüllt. Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers lasse die Annahme gerechtfertigt erscheinen, dass sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde und überdies anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen, nämlich dem Schutz der Volksgesundheit, der Verteidigung der Ordnung und der Verhinderung von strafbaren Handlungen, zuwiderlaufe. Selbst wenn man auf Grund des noch anhängigen Asylverfahrens und des bereits über einjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet von einem mit dem Rückkehrverbot verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers ausgehe, sei die Zulässigkeit der Maßnahme im Grund des § 66 FPG zu bejahen. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität sei die Erlassung des Rückkehrverbotes - auch bei bloßer Beitrags- oder Bestimmungstäterschaft - zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMKR genannten Ziele (hier: zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit) dringend geboten. Für die Interessenabwägung nach § 66 Abs. 2 FPG sei zu berücksichtigen, dass einer allfälligen aus dem bisherigen ohnehin nur kurzen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ableitbaren Integration insofern kein entscheidendes Gewicht zukomme, als die für jegliche Integration erforderliche soziale Komponente durch sein strafbares Verhalten erheblich beeinträchtigt und darüber hinaus dadurch geschmälert werde, dass der Tatvorsatz schon kurze Zeit nach der Einreise in das Gastland gefasst worden sei. Von daher hätten die privaten Interessen des Beschwerdeführers gegenüber den hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen in den Hintergrund zu treten.

Angesichts des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers, der Art und der besonderen Schwere der ihm zur Last liegenden Straftaten sowie des Fehlens von besonders berücksichtigungswürdigen Umständen habe von der Erlassung des Rückkehrverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können.

Im Hinblick auf das Fehlen weiterer Vorstrafen erscheine eine zehnjährige Befristung des Rückkehrverbotes ausreichend. Vor Ablauf dieser Frist könne ein Wegfall des für die Erlassung des Rückkehrverbotes maßgeblichen Grundes nicht erwartet werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Angesichts der unstrittig feststehenden Verurteilung des Beschwerdeführers ist die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt sei, unbedenklich.

2. Der Beschwerdeführer hat in Wien versucht, Suchtgifte in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich 48 Gramm Kokain in Reinsubstanz, aus den Niederlanden nach Österreich einführen zu lassen, indem er und ein weiterer Mittäter diese Einfuhr vereinbarten und dem Haupttäter Geldbeträge zum Ankauf des Suchtgiftes übergeben haben. Von dem weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers geht in Anbetracht dieses Verhaltens eine erhebliche Gefährdung des großen öffentlichen Interessens an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität aus. Daran vermag sein Vorbringen, er sei bisher unbescholten und es sei zu erwarten, "dass die über ihn verhängte erstmalige Freiheitsstrafe in seinem Leben eine entsprechende spezialpräventive Wirkung erreicht", nichts zu ändern. Die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 62 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, begegnet keinen Bedenken.

Seinem weiteren Vorbringen, dass er den Status eines Asylwerbers habe und dass die großen "politischen und religiösen Probleme" es ihm unmöglich machen würden, in sein Heimatland zurückzukehren, ist entgegenzuhalten, dass der Status des Fremden als Asylwerber - dem gemäß § 13 Asylgesetz 2005 jedenfalls faktischer Abschiebeschutz zukommt - Voraussetzung für die Erlassung eines Rückkehrverbotes gemäß § 62 FPG ist und daher der Erlassung dieser Maßnahme nicht entgegensteht.

3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 62 Abs. 3 iVm § 66 Abs. 1 und 2 FPG hat die belangte Behörde den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit 1. August 2005 berücksichtigt. Die aus dieser ohnehin nur kurzen Aufenthaltsdauer von knapp über einem Jahr (allenfalls) resultierende Integration wird - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - in ihrer sozialen Komponente durch seine gravierenden Straftaten entscheidend relativiert. Familiäre Bindungen im Bundesgebiet bestehen nicht. Den privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet kommt sohin nur ein sehr geringes Gewicht zu. Diesen Interessen steht die - wie oben 2. dargestellt - gewichtige Störung öffentlicher Interessen durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers gegenüber. Von daher kann die Ansicht der belangten Behörde, dass das Rückkehrverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Gesundheit) dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 66 Abs. 2 leg. cit.), nicht als rechtswidrig erkannt werden.

4.1. Die Beschwerde bringt schließlich vor, gemäß § 62 Abs. 5 FPG hätte "die Erlassung des Rückkehrverbotes auf einen bestimmten Bereich des Bundesgebietes beschränkt werden können".

4.2. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, es wäre geboten gewesen, die Erlassung des Rückkehrverbots gemäß § 62 Abs. 5 FPG auf das Bundesland Wien zu beschränken, verkennt er den Inhalt der genannten Norm. § 62 Abs. 5 FPG räumt nämlich der Behörde nicht die Möglichkeit ein, die Wirkungen des Rückkehrverbots auf einen bestimmten Bereich des Bundesgebietes zu beschränken, sondern eröffnet die Möglichkeit, den Aufenthalt eines mit einem Rückkehrverbot belegten Asylwerbers aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auf einen bestimmten Bereich des Bundesgebietes zu beschränken.

5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 16. Jänner 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006180452.X00

Im RIS seit

28.02.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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