TE Vwgh Beschluss 2007/1/30 2006/17/0381

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.01.2007
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
31/05 Förderungen Fonds Zuschüsse;

Norm

B-VG Art104 Abs1;
B-VG Art132;
B-VG Art17;
HWG 2005 §3 Abs1;
HWG 2005 §3 Abs2;
HWG 2005 §3;
KatFG 1996;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, in der Beschwerdesache der X Aktiengesellschaft in Wien, vertreten durch Hasberger Seitz & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gonzagagasse 4, gegen die Vorarlberger Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit des Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetzes 2005, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit der vorliegenden Säumnisbeschwerde macht die beschwerdeführende Partei geltend, die belangte Behörde habe die sie treffende Entscheidungspflicht hinsichtlich der Anträge der beschwerdeführenden Partei auf die Gewährung von Beihilfen zur Behebung von Elementarschäden nach der Hochwasserkatastrophe des Jahres 2005 verletzt. Nach dem von der beschwerdeführenden Partei vertretenen Rechtsstandpunkt leitet sie die von ihr behaupteten Ansprüche aus dem Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005, BGBl. I Nr. 112 (in der Folge: HWG 2005), in Verbindung mit dem Bundesgesetz über Maßnahmen zur Vorbeugung und Beseitigung von Katastrophenschäden - Katastrophenfondsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201 (in der Folge: KatFG 1996), in der Fassung durch die Novelle BGBl. I Nr. 112/2005, ab.

Nach § 1 des HWG 2005 wird der Bundesminister für Finanzen nach Maßgabe der dafür im Bundesfinanzgesetz 2005 und 2006 vorgesehenen Bestimmungen ermächtigt, dem Katastrophenfonds zusätzliche Mittel zur Beseitigung von außergewöhnlichen Schäden, die durch das Hochwasser im Sommer 2005 entstanden sind, zur Verfügung zu stellen.

Nach § 2 leg. cit. sind mit den zusätzlich zur Verfügung gestellten Mitteln Maßnahmen zur Beseitigung von Schäden an Hab und Gut physischer und juristischer Personen (§ 3 Z 3 lit. a des KatFG 1996), Maßnahmen zum Wiederaufbau der Infrastruktur im Sinne des § 3 Z 1 des KatFG 1996 und Sofortmaßnahmen des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zur Vermeidung von Folgeschäden an Gewässern, Hochwasserschutzanlagen und Wildbachverbauungen zu finanzieren.

§ 3 des HWG 2005 lautet wie folgt:

"(1) Die Leistung von Zuschüssen des Bundes an die von der Hochwasserkatastrophe im Sommer 2005 betroffenen Länder gemäß § 3 Z 3 lit. a Katastrophenfondsgesetz 1996 zur Beseitigung außergewöhnlicher Schäden durch das Hochwasser im Sommer 2005 erfolgt unter den in den Abs. 2 bis 4 genannten Bedingungen.

(2) Die Länder machen für Beschwerden von physischen oder juristischen Personen privaten oder öffentlichen Rechts wegen Ungleichbehandlung oder Verletzung der fundamentalen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens bei der Leistung finanzieller, gemäß § 3 Z 3 lit. a Katastrophenfondsgesetz 1996 bezuschusster Hilfen des Landes zur Beseitigung außergewöhnlicher Schäden durch das Hochwasser im Sommer 2005 jeweils eine Beschwerdekommission zuständig. Der Kommission gehören neben den Vertretern des Landes auch je ein Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit an. Organe, die an der Entscheidung des Landes über die Leistung finanzieller Hilfe mitgewirkt haben oder denen für diese Entscheidungen ein Weisungsrecht zugekommen ist, gehören der Kommission nicht an.

(3) Beschwerden an die Kommission können innerhalb eines Monats nach der Entscheidung des Landes über die finanzielle Hilfe, jedenfalls aber innerhalb eines Monats nach der Einrichtung der Kommission, eingebracht werden. Die Kommission hat über eine Beschwerde binnen dreier Monate nach ihrem Einlangen zu entscheiden.

(4) Entscheidet die Kommission, dass der Beschwerdeführer durch eine Ungleichbehandlung oder eine Verletzung fundamentaler rechtsstaatlicher Grundsätze verkürzt worden ist, so hat das betreffende Land einen der Entscheidung entsprechenden Ausgleich zu leisten. Entscheidet die Kommission, dass der Leistung finanzieller Hilfe sonst eine Ungleichbehandlung oder eine Verletzung fundamentaler rechtsstaatlicher Grundsätze zugrunde liegt, so hat sie das betreffende Land zu verständigen und geeignete weitere Schritte zu ergreifen."

Gemäß § 4 leg. cit. ist mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes der Bundesminister für Finanzen betraut; nach § 5 leg. cit. trat dieses Bundesgesetz mit Ablauf des 31. Dezember 2006 außer Kraft.

Gemäß § 1 Abs. 1 des KatFG 1996 wird ein Katastrophenfonds als Verwaltungsfonds für die zusätzliche Finanzierung von Maßnahmen zur Vorbeugung gegen künftige und zur Beseitigung von eingetretenen Katastrophenschäden sowie zur Erhebung der Wassergüte gemäß Hydrographiegesetz, BGBl. Nr. 58/1979, geschaffen. Nach § 1 Abs. 2 leg. cit. hat der Bundesminister für Finanzen über die Gebarung des Fonds und die Verwendung der Mittel jeweils alle zwei Jahre bis 31. März des Folgejahres dem Nationalrat zu berichten.

Die Fondsmittel werden gemäß § 2 leg. cit. durch Anteile am Aufkommen an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer gemäß dem jeweils geltenden Finanzausgleichsgesetz aufgebracht. Sie sind dem Fonds jeweils monatlich zu überweisen und auf ein Sonderkonto des Bundes unter der Bezeichnung "Katastrophenfonds" nutzbringend anzulegen. Die Mittel des Fonds sind gemäß § 3 Z 3 lit. a des KatFG 1996 zur Deckung außerordentlicher Erfordernisse, die einem Land durch finanzielle Hilfe zur Beseitigung außergewöhnlicher Schäden gemäß Z 1 (angeführt sind in Z 1 u.a. außergewöhnliche Schäden, die durch Hochwasser eingetreten sind) im Vermögen physischer und juristischer Personen mit Ausnahme der Gebietskörperschaften entstehen, zu verwenden. Hagelschäden an landwirtschaftlichen Kulturen sind nicht anzuerkennen, soweit sie versicherungsfähig gewesen sind. Anträge auf Gewährung der Fondsmittel sind vom Land beim Bundesministerium für Finanzen innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren, gerechnet vom Tag, an dem der einzelne Schadensfall eingetreten ist, einzubringen. Das Land hat auch zur Frage der Versicherungsfähigkeit bei Hagelschäden Stellung zu nehmen. Die Fondsmittel dürfen im einzelnen Schadensfall 60 v.H. der Beihilfe des Landes nicht übersteigen.

Nach § 8 des KatFG 1996 ist mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes (abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen) der Bundesminister für Finanzen betraut.

Das Gesetz regelt somit nur die Bereitstellung von Finanzmitteln durch den Bund, nicht aber die Art und Weise der Vergabe von Förderungen (Katastrophenhilfsmittel) durch die Länder. Auch der von der beschwerdeführenden Partei angesprochene § 3 HWG 2005 regelt nur im finanzverfassungsrechtlichen Sinn das Verhältnis zwischen Bund und Ländern in diesem Zusammenhang.

Für die hier maßgebende Abgrenzung der Privatwirtschaftsverwaltung von der Hoheitsverwaltung kommt es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. nur den Beschluss vom 7. Dezember 1994, Slg. 13.968) auf die Motive und den Zweck der Tätigkeit nicht an; entscheidend ist vielmehr, welche rechtstechnischen Mittel die Gesetzgebung zur Verwirklichung der zu erfüllenden Aufgaben bereitstellt. Hat der Gesetzgeber den Verwaltungsträger nicht mit Zwangsbefugnissen ausgestattet, so liegt keine Hoheitsverwaltung, sondern Privatwirtschaftsverwaltung vor. Die Zuweisung einer Verwaltungsangelegenheit an die Hoheits- oder an die Privatwirtschaftsverwaltung ist Sache des Gesetzgebers.

Weder aus den hier genannten noch den sonstigen Bestimmungen des HWG 2005 bzw. des KatFG 1996 ergibt sich eine Zuständigkeit der belangten Behörde zur hoheitlichen Vollziehung. Auch die beschwerdeführende Partei nennt keine (etwa landesrechtlichen) Vorschriften, aus denen sich eine hoheitliche Kompetenz ergäbe. Auch lässt sich keiner Bestimmung das Recht etwa eines Geschädigten auf Erledigung eines subjektiv öffentlich-rechtlichen Anspruches durch Bescheid entnehmen (vgl. zu einer ähnlichen Gesetzeslage das hg. Erkenntnis vom 21. März 1980, Slg. 10.143/A).

Aus § 3 Abs. 1 des HWG 2005 folgt - entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei - eindeutig, dass die Errichtung einer Beschwerdekommission nach § 3 Abs. 2 leg. cit. nur eine der Bedingungen für die Leistung von Zuschüssen des Bundes an die Länder ist; die Einräumung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes eines Dritten, etwa eines Geschädigten, auf Erhalt von Zuschüssen des Bundes ist dieser Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen Bund und Ländern aber gerade nicht zu entnehmen.

Die Gewährung einer derartigen Beihilfe zählt somit nach dem vorhin Gesagten zu den Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung (vgl. auch die EB zur RV zum KatFG 1985, 481 BlgNR, 16. GP, 4f und Walter/Mayer, Grundriss des Besonderen Verwaltungsrechts2, 661). Die belangte Behörde konnte daher - das Vorliegen eines förmlichen Antrages auf bescheidmäßigen Abspruch (vgl. dazu etwa näher das hg. Erkenntnis vom 26. März 1994, Zl. 93/08/0012) wurde nicht behauptet - auch nicht säumig werden (vgl.  Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 75, mwN).

Aus den dargelegten Erwägungen war daher die vorliegende Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.

Wien, am 30. Jänner 2007

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Privatwirtschaftsverwaltung Hoheitsverwaltung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006170381.X00

Im RIS seit

18.06.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten