TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/26 93/08/0012

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Veröffentlicht am 26.03.1994
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Index

L92104 Behindertenhilfe Rehabilitation Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
BehindertenG OÖ 1991 §1 Abs2;
BehindertenG OÖ 1991 §31a idF 1992/013;
B-VG Art132;
B-VG Art17;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs5;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der M in S, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen die Oberösterreichische Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in bezug auf einen Antrag auf Gewährung von erhöhtem Pflegegeld gemäß § 31a O.ö. BhG 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 3. Juli 1992 auf förmliche bescheidmäßige Erledigung ihres Ansuchens vom 28. Jänner 1992 auf Gewährung von erhöhtem Pflegegeld gemäß § 31a O.ö. BhG 1991 in der Fassung LGBl. Nr. 13/1992 wird zurückgewiesen.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der am 20. Jänner 1993 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Beschwerde machte die Beschwerdeführerin die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Oberösterreichische Landesregierung geltend. In der Beschwerde wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe am 28. Jänner 1992 einen Antrag auf Gewährung von erhöhtem Pflegegeld gemäß § 31a O.ö. BhG 1991 in der Fassung LGBl. Nr. 13/1992 gestellt. Mit Schreiben vom 3. Juli 1992 habe sie die förmliche bescheidmäßige Erledigung dieses Ansuchens beantragt. Die belangte Behörde habe eine solche Erledigung unter Hinweis auf den nicht bestehenden Rechtsanspruch abgelehnt, sohin innerhalb von 6 Monaten keinen Bescheid erlassen und damit ihre Entscheidungspflicht verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Beschwerdeführerin stellte am 28. Jänner 1992 einen Antrag auf Gewährung von erhöhtem Pflegegeld gemäß § 31a des oberösterreichischen Behindertengesetzes 1991 in der Fassung LGBl. Nr. 13/1992.

Gemäß § 1 des O.ö. Behindertengesetzes 1991

LGBl. Nr. 113/1991 (in der Folge O.ö. BhG 1991) ist behinderten Menschen nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Landesgesetzes Hilfe zu leisten. Die §§ 26 bis 38 enthalten die Bestimmungen über Hilfe durch Pflege und Betreuung. Die Maßnahmen der Hilfe durch Pflege und Betreuung werden im § 27 aufgezählt, der wie folgt lautet:

"(1) Im Rahmen der Hilfe durch Pflege und Betreuung sind nach den jeweiligen Bedürfnissen des behinderten Menschen zu gewähren:

1.

Hilfe durch ambulante bzw. mobile Pflege und Betreuung (§ 28);

2.

Hilfe durch Unterbringung in Einrichtungen für Pflege und Betreuung (§ 29);

3.

Hilfe durch Gewährung von Pflegegeld (§§ 30 bis 38);

4.

Hilfe für Taubblinde (§ 24).

(2) Auf Hilfe durch Pflege und Betreuung nach Abs. 1 besteht - ausgenommen auf erhöhtes Pflegegeld gemäß § 31a - ein Rechtsanspruch; auf eine bestimmte Maßnahme der Hilfe durch Pflege und Betreuung besteht jedoch kein Rechtsanspruch."

Das Fehlen eines Rechtsanspruches auf erhöhtes Pflegegeld steht der Durchführung eines mit Bescheid zu erledigenden Verfahrens entgegen. Die Gewährung von erhöhtem Pflegegeld nach der genannten Gesetzesstelle zählt vielmehr zu den Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung. Die belangte Behörde konnte daher aufgrund des Schreibens vom 28. Jänner 1992, ohne die Beschwerdeführerin in einem subjektiven Recht zu verletzen, von einer Bescheiderlassung Abstand nehmen. Mit Schreiben vom 3. Juli 1992 beantragte die Beschwerdeführerin jedoch die förmliche bescheidmäßige Erledigung dieses Ansuchens. Einem solchen Antrag ist auch in einer Angelegenheit der Privatwirtschaftswirtschaftsverwaltung zu entsprechen. Jede Partei eines Verwaltungsverfahrens hat nämlich auch dann Anspruch auf Erlassung eines Bescheides, wenn lediglich die Voraussetzungen für die Zurückweisung des Antrages vorliegen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Zl. 934 und 1223/73, Slg. 9458/A). Wenn die Beschwerdeführerin daher im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war, konnte sie gemäß Art. 132 B-VG Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben. Da Säumnis im Sinne des § 27 VwGG vorliegt, ist die vorliegende Beschwerde zulässig. Gemäß § 42 Abs. 5 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst aufgrund der dargestellten Rechtslage mit Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin vom 3. Juli 1992 vorzugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Anspruch auf Sachentscheidung Besondere RechtsgebieteOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten in welchen die Anrufung des VwGH ausgeschlossen istVerletzung der Entscheidungspflicht Nichtbehördliche AngelegenheitenVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive BescheideAnspruch auf Sachentscheidung AllgemeinOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Wirtschaftschaftsverwaltung privatrechtliche Erklärungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993080012.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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