TE Vwgh Erkenntnis 2007/1/31 2005/08/0179

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Veröffentlicht am 31.01.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
VwGG §21 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der S KEG in L, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler, Mag. Harald Mühlleitner und Mag. Georg Wageneder, Rechtsanwälte in 4490 St. Florian, Marktplatz 10, gegen den Bescheid der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 1. September 2005, Zl. BMSG-229460/0001-II/A/3/2005, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. R in L; 2. Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, 4021 Linz, Gruberstraße 77; 3. Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1; 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1201 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Gegenschrift des Arbeitsmarktservice Oberösterreich wird zurückgewiesen.

Begründung

Im Akt befindet sich die Kopie einer Vereinbarung zwischen dem Erstmitbeteiligten und der Beschwerdeführerin vom 6. September 2001, die mit "Freier Dienstvertrag" überschrieben ist und wonach der Erstmitbeteiligte als Taxilenker im Rahmen dieser Vereinbarung tätig wird.

Der Erstmitbeteiligte gab vor der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse am 28. Jänner 2002 im Wesentlichen zu Protokoll, er sei bereits 1998/1999 in einem Dienstverhältnis bei S. (Geschäftsführer der Beschwerdeführerin) gestanden. Während dieses Dienstverhältnisses sei er angerufen worden, wenn ein Taxi frei gewesen sei. Er sei gefragt worden, ob er fahren wolle. Wenn er Zeit gehabt habe, sei er gefahren. Die Fahraufträge seien von der Zentrale erteilt worden. Wenn keine Taxifahrten mehr angefordert worden seien oder der Erstmitbeteiligte müde geworden sei, habe er sich am Computer von der Zentrale abgemeldet, um keine Aufträge mehr zu erhalten. Er habe auch ein Firmenhandy besessen. Wenn er aus dem Dienst gegangen sei, habe er auch dieses abgeschaltet. Im Jahr 1999 habe der Erstmitbeteiligte keinen fixen Dienstplan gehabt. Prozentuell sei er am Umsatz beteiligt gewesen. Nach Abschluss des KEG-Vertrages sei er selbständig geworden. Das Auto habe die KEG geleast. Getankt habe der Erstmitbeteiligte mit einer Tankkarte, der Rechnungsbetrag sei vom Konto der KEG abgezogen worden. Die Leasingraten habe er selbst bezahlt. Das sei so zu verstehen, dass er einen bestimmten Umsatz erzielt habe. Von diesem Umsatz habe er einen prozentuellen Teil auf ein Firmenkonto einbezahlt und einen Teil auf sein eigenes Konto. Die Höhe der Einzahlungen auf das Firmenkonto sei so eruiert worden, dass ihm der Chef die Kosten für einen bestimmten Monat (z.B. Tankrechnung, Leasingrate etc.) bekannt gegeben habe. Die Fahraufträge habe der Erstmitbeteiligte dadurch erhalten, dass er sich mit dem Computer bei der Zentrale angemeldet habe. Eine fixe Arbeitszeit habe er nicht eingehalten. Wenn er müde gewesen sei oder keine Aufträge erhalten habe, sei er nach Hause gefahren. Das habe er so gehalten wie schon vorher im Dienstverhältnis. Während des KEG-Vertrages habe der Erstmitbeteiligte das Taxi privat genutzt, habe dafür aber bezahlen müssen. Im freien Dienstverhältnis sei ihm keine Privatnutzung erlaubt gewesen. Die KEG-Gesellschafterstellung sei einvernehmlich im August 2001 beendet worden. Ein freies Dienstverhältnis sei sodann vielleicht deswegen vereinbart worden, weil es für den Chef besser sei. Hinsichtlich der Arbeitszeit habe sich gegenüber den früheren Rechtsverhältnissen nichts geändert. Als Entlohnung sei eine Umsatzbeteiligung von 40 % vereinbart worden. Besondere Vereinbarungen bzw. Änderungen gegenüber dem früheren Dienstverhältnis seien nicht getroffen worden. Er habe das Taxi an befugte Personen weitergeben können. Er habe dies bis jetzt nicht gemacht und werde es auch nicht machen. Er sei auch Sonntag und Feiertag gefahren und sei seit seiner Krankheit wieder als Taxifahrer tätig. Die Abrechnung mit S. erfolge täglich oder wöchentlich. Die Fahrten würden kontrolliert anhand der Taxameter und Kontrollzähler, der parallel zum Kilometerzähler weiterlaufe. Die Übergabe des Autos erfolge so, dass andere Taxilenker das Auto beim Erstmitbeteiligten abholten und wieder zurückstellten. Wenn sich Verzögerungen bei der Übergabe ergäben, rufe der betreffende Fahrer an. Den Dienstbeginn vereinbare der Erstmitbeteiligte mit S. Die Einzelaufträge erhalte er dann von der Zentrale. Er bekomme auch direkt Aufträge über Handy. Wenn der Wagen rund im die Uhr besetzt sei, führen insgesamt zwei Schichten. Wenn der Beschwerdeführer um 7.00 Uhr ins Auto steigen wolle, stehe es sicher da. Er führe eine Wochenliste, aus der ersichtlich sei, welchem Umsatz er gemacht habe und wie viele Kilometer er gefahren sei. Seit 1999 sei er, abgesehen von seiner Krankheit im Jahr 2001, ununterbrochen als Taxifahrer für S. tätig.

Nach einem Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin sprach der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 8. März 2005 aus, dass der Erstmitbeteiligte hinsichtlich der für die Beschwerdeführerin ausgeübten Tätigkeit als Taxilenker vom 1. September 2001 bis 31. März 2004 der Vollversicherung gemäß § 4 Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherung unterlegen sei.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte Ersatz für den Vorlageaufwand und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich Abstand. Die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt nahm von der Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich Abstand. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete, ebenso wie das Arbeitsmarktservice Oberösterreich, eine Gegenschrift. Die übrigen Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht hinsichtlich Sachverhalt und Rechtslage im Wesentlichen jenem, der dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2005/08/0176, zu Grunde gelegen ist. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

Aus den im genannten Erkenntnis angeführten Gründen war auch der hier angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Die Gegenschrift des Arbeitsmarktservice Oberösterreich war zurückzuweisen, da das Arbeitsmarktservice über keine eigenen subjektiv öffentlichen Rechte verfügt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2006, Zl. 2004/08/0055) und daher nicht die Stellung einer mitbeteiligten Partei haben kann.

Wien, am 31. Jänner 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005080179.X00

Im RIS seit

14.05.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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