TE Vwgh Erkenntnis 2007/2/27 2006/02/0115

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Veröffentlicht am 27.02.2007
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der T Handels- und Speditions Ges.m.b.H. in R, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. März 2006, Zl. IIb2-2- 1-7-45/35, betreffend Ausnahmegenehmigung gemäß § 45 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf den im hg. Erkenntnis vom 14. Juni 2005, Zl. 2004/02/0379, mit dem der im ersten Rechtsgang erlassene Berufungsbescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden war, dargestellten Sachverhalt.

Mit dem (Ersatz-)Bescheid vom 22. März 2005 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz, mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung von Ausnahmegenehmigungen vom Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t auf der B 171 Tiroler Bundesstraße, Ortsdurchfahrt Kundl, für 11 dem Kennzeichen nach näher bestimmte "Motorwagen/Sattelzugmaschinen" und jeweils dazu gehörende näher bestimmte "Anhänger/Auflieger" abgewiesen worden war, neuerlich ab.

Die belangte Behörde traf unter Zugrundelegung des als schlüssig und vollständig erachteten Gutachtens des Sachverständigen K (Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater) vom 12. Jänner 2006 hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen des gegenständlichen Fahrverbotes auf das Betriebsergebnis der Beschwerdeführerin folgende Feststellungen:

"Die Auswirkungen des Fahrverbotes in den Jahren 2000 bis 2004 auf die Kennzahlen

1.

Eigenkapitalrentabilität

2.

Gesamtkapitalrentabilität

3.

die Personalkostenentwicklung je Arbeitnehmer

4.

Personalaufwand in % der Betriebsleistung

5.

Entwicklung des Personalaufwandes in % vom Umsatz

6.

Entwicklung des Personalaufwandes der unselbständig Beschäftigten

7.

EGT in % der Betriebsleistung

8.

Entwicklung des Treibstoffanteiles in % der Gesamtaufwendungen

der Berufungswerberin wurden vom Sachverständigen untersucht und jeweils mit der durchschnittlichen Branchenentwicklung verglichen und dargelegt.

In den Jahren 2000 und 2001 liegt der Anteil des Eigenkapitals an der Gesamtfinanzierung (Pkt. 1.) unter dem Branchendurchschnitt, im Jahr 2002 steigt dieser stark an und erreicht beinahe den Branchendurchschnitt. Im Jahre 2003 steigt dieser um knapp 9,86 % und verzeichnet im Jahre 2004 einen Rückgang von 3,13 %.

Die erwirtschaftete Verzinsung des Gesamtkapitals (Pkt. 2.) liegt in den Jahren 2000 und 2001 bei 3,58 % bzw. 5,93 %, somit unter dem Branchendurchschnitt. Im Jahre 2002 steigt sie um 10,15 % an und liegt mit 2,52 % über dem Branchendurchschnitt. Diese Entwicklung setzt sich fort und steigt die Verzinsung des Gesamtkapitals im Jahre 2003 um 3,82 % auf 16,87 % und im Jahre 2004 um 1,5 % auf 18,37 %.

Im Jahre 2000 beschäftigte die Berufungswerberin durchschnittlich 14 Mitarbeiter, deren Anzahl im Jahre 2001 um 9 auf 23 Mitarbeiter anstieg und eine Steigerung der Personalkosten (Pkt. 3.) von 38,10 % zur Folge hatte. Im Jahre 2002 wurden 22 Mitarbeiter beschäftigt und war eine Personalkostensteigerung von 13,79 % zu verzeichnen. Im Jahre 2003 stieg die Zahl der Mitarbeiter um 3 auf 25 Mitarbeiter und stiegen die Personalkosten um 6,06 %. Im Jahre 2004 ist ein leichtes Sinken der Personalkosten um 2,86 % zu vermerken, obwohl die Anzahl der Mitarbeiter von 25 auf 30 gestiegen ist.

Im Branchendurchschnitt des Transport- und Speditionsgewerbes liegt der Personalaufwand in % der Betriebsleistung (Pkt. 4.) bei etwa 30 %. Bei der Berufungswerberin betrug dies im Jahr 2000 14,80 %, im Jahre 2001 29,90 %, im Jahre 2002 31,92 %, im Jahre 2003 34,05 % und im Jahre 2004 29,61 %. Außer dem Jahre 2000 liegt der Personalaufwand in % der Betriebsleistung sohin etwa im Branchendurchschnitt.

Was den Personalaufwand in % des Umsatzes (Pkt. 5.) betrifft, beträgt dieser im Branchendurchschnitt im Jahre 2003 31,35 %. Im Jahre 2000 beläuft sich dieser bei der Berufungswerberin auf 16,04 %, im Jahre 2001 auf 30,84 %, im Jahre 2002 auf 33,66 %, im Jahre 2003 auf 34,92 % und im Jahre 2004 auf 31,21 % vom Umsatz. Mit Ausnahme des Aufwandes im Jahre 2000 liegt die Berufungswerberin im Branchendurchschnitt.

Der Personalaufwand pro unselbständig Beschäftigten (Pkt. 6.) beträgt im Branchendurchschnitt für das Jahr 2003 in der für die Berufungswerberin relevanten Beschäftigungsgröße von 20 bis 49 Beschäftigten pro unselbständig Beschäftigten TEUR 33. Im Jahre 2000 beträgt der Personalaufwand pro unselbständig Beschäftigten TEUR 21, im Jahre 2001 TEUR 29, im Jahre 2002 TEUR 33, im Jahre 2003 TEUR 35 und im Jahre 2004 TEUR 34, sohin liegt mit Ausnahme des Jahres 2000 etwa der Branchendurchschnitt vor.

In den Jahren 2000 bis 2002 lag das EGT in % der Betriebsleistung (Pkt. 7.) mit 2,86 %, 1,22 % und 4,18 % deutlich unter dem Branchendurchschnitt. Im Jahre 2002 war eine Steigerung von 2,96 % zu verzeichnen, die sich im Jahre 2003 leicht fortsetzte und im Jahre 2004 wiederum um 2,95 % auf 7,73 % anstieg, insgesamt aber noch immer unter dem Branchendurchschnitt liegt.

Im Jahre 2000 ist der Treibstoffanteil im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen (Pkt. 8.) mit 26,48 % am höchsten im Vergleich zu den Jahren 2001 bis 2004. In den Jahren 2001 bis 2004 sinkt der Treibstoffanteil in % der Gesamtaufwendungen nämlich von 20,75 % auf 18,25 %. Die durchschnittlichen Kosten für Treibstoff betragen im Nahverkehr 14,28 % und im Fernverkehr 22,74 % der Gesamtaufwendungen."

Rechtlich bewertete die belangte Behörde diese Auswirkungen im Hinblick auf das Tatbestandselement "erhebliches wirtschaftliches Interesse der Antragstellerin" dergestalt, als sie die "zusätzlich zu leistenden Umwegkilometer der gerade im Nahverkehr tätigen" Beschwerdeführerin zwar "als nicht unbedeutend" ansah, dies jedoch insofern zu relativieren sei, als die Beschwerdeführerin insgesamt hinsichtlich der Betriebsergebnisse der letzten Jahre mit den maßgeblichen Kennzahlen mehr oder weniger im Branchendurchschnitt liege, weshalb die Beschwerdeführerin die strengen Voraussetzungen zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO schon im Hinblick auf das eben genannte Tatbestandselement "erhebliches wirtschaftliches Interesse der Antragstellerin" nicht erfülle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Hinsichtlich der Rechtslage und der dazu ergangenen Rechtsprechung wird ebenfalls auf die diesbezügliche Darstellung im genannten Erkenntnis vom 14. Juni 2005 verwiesen.

Die belangte Behörde hat entsprechend dem Inhalt der die Aufhebung des Bescheides im ersten Rechtsgang tragenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes nunmehr einen Sachverständigen beigezogen, der die wirtschaftlichen Auswirkungen des gegenständlichen Fahrverbotes auf das Betriebsergebnis der Beschwerdeführerin im Vergleich zu den durchschnittlichen Branchenkennzahlen der Transportunternehmen untersuchte. Die Erfassung der Betriebsergebnisse für die Jahre 2000 bis 2004 kann entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin bereits aus dem in der Beschwerde angeführten Grund, dass die Berücksichtigung von Betriebsergebnissen der Beschwerdeführerin aus Jahren vor der Erlassung des Fahrverbotes gar "nicht möglich" sei, weil die Beschwerdeführerin "erst seit 1999 im jetzigen Fahrverbotsbereich ihren Standort" habe, die "Härtesituation von Anfang an" gegeben sei und die Verschlechterung zur Situation vor dem Fahrverbot nicht berücksichtigt werden könne, nicht als unschlüssig angesehen werden. Angesichts dieser Situation ist es auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde den vom Sachverständigen durchgeführten Vergleich der Betriebsergebnisse der Jahre 2000 bis 2004 mit der durchschnittlichen Branchenentwicklung als schlüssig und vollständig wertete und ihrer rechtlichen Beurteilung zu Grunde legte.

Die Beschwerdeführerin wendet ein, die belangte Behörde gehe davon aus, dass der "Mehraufwand zum Verlust der Liquidität bzw. bis zur Konkursreife" führen müsse, um erhebliche wirtschaftliche Interessen zu begründen. Dem ist die belangte Behörde in der Gegenschrift mit dem Argument entgegengetreten, dass ein Betriebsergebnis, welches einen erheblichen (negativen) Unterschied zum Branchendurchschnitt aufweise (und die Rendite des Eigenkapitals gegen Null brächte), einen das Tatbestandsmerkmal "erhebliches wirtschaftliches Interesse" erfüllenden außergewöhnlichen wirtschaftlichen Härtefall darstellte, dies aber noch lange nicht heiße, dass ein solches Unternehmen deshalb konkursreif sei.

Im konkreten Fall liegt aber gerade keine derartige (negative) Abweichung der Kennzahlen der Beschwerdeführerin von den durchschnittlichen Branchenkennzahlen vor, weshalb die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen durfte, dass das Tatbestandsmerkmal "erhebliches wirtschaftliches Interesse" im gegenständlichen Fall nicht erfüllt ist.

Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzugestehen, das es einem Sachverständigen nicht zusteht, rechtliche Schlüsse vorzunehmen. Der Sachverständige K hätte sich demnach Ausführungen zu enthalten gehabt, ob die von ihm dargestellten Auswirkungen des Fahrverbotes als "erhebliches wirtschaftliches Interesse", das eine Ausnahme erfordere, anzusehen seien. Dem hat die belangte Behörde aber ohnehin Rechnung getragen, als sie die dem Sachverständigen nicht zustehenden rechtlichen Wertungen nicht übernommen, sondern eine eigenständige rechtliche Beurteilung der vom Sachverständigen gelieferten Ergebnisse im Tatsachenbereich - diesbezüglich ist das Sachverständigengutachten wie oben ausgeführt nicht als unschlüssig oder unvollständig zu erkennen - vorgenommen hat. Damit gehen aber auch die Rügen der Beschwerdeführerin an den rechtlichen Ausführungen des Sachverständigen ins Leere, insbesondere seine den Inhalt des hg. Erkenntnisses vom 9. Mai 1990, Zl. 89/02/0219, verkennende Aussage, ein bestimmter Anteil der Umwegkilometer an den Gesamtkilometern sei ein "erheblicher Anteil" im Sinne des genannten Erkenntnisses, insgesamt sei aber keine "außergewöhnliche Härte" zu ersehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. Februar 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006020115.X00

Im RIS seit

28.03.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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