TE Vwgh Erkenntnis 2007/2/28 2006/16/0180

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Veröffentlicht am 28.02.2007
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Index

E3R E02202000;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

31992R2913 ZK 1992 Art243 Abs2;
31992R2913 ZK 1992 Art5;
ABGB §1002;
AbgO 1931 §107a Abs3 Z5;
BAO §83;
BAO §84;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2006/16/0206 Serie (erledigt im gleichen Sinn):2007/16/0005 E 29. März 2007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der D GmbH in W, gegen die Bescheide 1. des Unabhängigen Finanzsenates (Zollsenat 2) vom 15. September 2006, GZ ZRV/0134-Z2L/05 und 2. des Unabhängigen Finanzsenates (Zoll-Senat 3) vom 18. Oktober 2006, GZ ZRV/0231-Z3K/06, jeweils betreffend Ablehnung als Vertreterin, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 763,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unter Bezugnahme auf ein Amtshilfeersuchen der "Republika Srpska" erließ das Zollamt Linz am 7. April 2004 einen Prüfungs-(Nachschau-)Auftrag gemäß § 24 ZollR-DG betreffend Wert und Herkunft diverser durch die T GmbH exportierter Waren.

In der Folge verweigerte die T GmbH unter Berufung auf Art. 15 ZK die Herausgabe von Unterlagen.

Mit Schreiben vom 16. Juli 2004 legte die Beschwerdeführerin u. a. eine Vollmacht der T GmbH vor und begehrte in deren Namen die Erlassung eines Feststellungsbescheides betreffend die Weitergeltung des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die administrative Zusammenarbeit in Zollangelegenheiten und über die gegenseitige Unterstützung zur Bekämpfung von Zuwiderhandlungen gegen die Zollvorschriften vom 15. März 1978.

Mit Schreiben vom 31. März 2005 erhob die Beschwerdeführerin wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß § 85a Abs. 1 Z 3 ZollR-DG Berufung.

Mit der an die T GmbH gerichteten, an die Beschwerdeführerin adressierten Berufungsvorentscheidung vom 3. Oktober 2005 wurde festgestellt, dass der genannte Vertrag geltendes Recht iSd Art. 4 Z 23 ZK und die Weitergabe von vertraulichen Angaben bzw. Unterlagen iSd Art. 15 ZK zulässig sei.

Die Beschwerdeführerin erhob dagegen im Namen der T GmbH Beschwerde.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 85c Abs. 8 ZollR-DG iVm § 84 Abs. 1 BAO als Vertreterin abgelehnt. Begründend wurde ausgeführt, nach § 85c Abs. 8 ZollR-DG gelte für das Rechtsbehelfsverfahren der zweiten Stufe die BAO sinngemäß. Diese sehe jedoch keine Vertretungsbefugnisse von Spediteuren vor. Auch die Bestimmung des § 321 BAO iVm § 107a Abs. 3 Z 5 AO erlaube nur die geschäftsmäßig betriebene interne Hilfeleistung in Steuersachen, enthalte aber keine Befugnis zur Vertretung vor den Finanzbehörden.

Mit Bescheid vom 13. September 2005 wies das Zollamt Salzburg/Erstattungen den Antrag der G GmbH vom 2. August 2005 auf Gewährung einer Ausfuhrerstattung ab.

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2005 erhob die Beschwerdeführerin dagegen "Beschwerde".

Mit der an die G GmbH gerichteten, zu Handen der Beschwerdeführerin adressierten Berufungsvorentscheidung vom 9. Juni 2006 wurde die Berufung vom 19. Oktober 2005 als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Beschwerde.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 85c Abs. 8 ZollR-DG iVm §§ 83 und 84 Abs. 1 BAO als Vertreterin abgelehnt. Begründend wurde ausgeführt, nach § 85c Abs. 8 ZollR-DG gelte für das Rechtsbehelfsverfahren der zweiten Stufe die BAO sinngemäß. Wer zur geschäftsmäßigen Vertretung berufen sei, richte sich nach dem Berufsrecht. § 321 BAO iVm § 107a Abs. 3 Z 5 AO enthalte keine Befugnis zur Vertretung vor den Finanzbehörden. Die Beschwerdeführerin sei nach dem Berufsrecht nicht zur Vertretung vor Abgabenbehörden befugt.

Gegen diese Bescheide richten sich die Beschwerden, mit denen Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, nicht als Vertreterin abgelehnt zu werden, verletzt.

Die belangte Behörde legte jeweils die Verwaltungsakten vor und erstattete Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges hat der Verwaltungsgerichtshof die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über sie erwogen:

Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin Berufungen bzw. Beschwerden im Namen und für Rechnung der T GmbH bzw. der G GmbH eingebracht.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 ZK kann sich jedermann gegenüber den Zollbehörden unter den Voraussetzungen des Art. 64 Abs. 2 und vorbehaltlich der im Rahmen des Art. 243 Abs. 2 Buchstabe b erlassenen Vorschriften bei der Vornahme der das Zollrecht betreffenden Verfahrenshandlung vertreten lassen.

Nach Art. 5 Abs. 2 ZK liegt eine direkte Vertretung vor, wenn der Vertreter im Namen und für Rechnung eines anderen handelt. Handelt der Vertreter hingegen im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen, so wird dies als indirekte Vertretung bezeichnet.

Art. 5 ZK regelt das Recht zur Vertretung in Zollverwaltungsverfahren einschließlich des Rechtsbehelfsverfahrens der 1. Stufe nach Art. 243 Abs. 2 lit. a ZK. Der Vorbehalt des Art. 243 Abs. 2 Buchstabe b ZK bedeutet, dass für das Rechtsbehelfsverfahren der 2. Stufe das nationale Verfahrensrecht Anwendung findet (vgl. Witte, Zollkodex4, Rz 5 und 8 zu Art. 5).

Nach § 38 Abs. 1 ZollR-DG idF BGBl. Nr. 516/1995, wird im Sinn des Art. 5 Abs. 2 ZK die geschäftsmäßige, wenn auch unentgeltliche direkte Vertretung bei der Abgabe von Zollanmeldungen im Anwendungsgebiet den Spediteuren, den Frachtführern sowie den sonst hiezu nach geltendem Recht befugten Personen vorbehalten. Nach der genannten Bestimmung ist § 84 BAO anzuwenden.

§ 85c ZollR-DG idF BGBl. I Nr. 97/2002 lautet:

"§ 85c. (1) Gegen Berufungsvorentscheidungen sowie wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Berufungsbehörde der ersten Stufe ist als Rechtsbehelf der zweiten Stufe (Artikel 243 Abs. 2 Buchstabe b ZK) die Beschwerde an den unabhängigen Finanzsenat (§ 1 UFSG) zulässig. Für die für Beschwerden zuständigen Berufungssenate gelten die in den folgenden Absätzen geregelten Besonderheiten.

(8) Für die Einbringung der Beschwerde, das Verfahren des unabhängigen Finanzsenates sowie dessen Entscheidungen gelten die diesbezüglichen Bestimmungen der BAO, soweit die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Regelungen nicht entgegenstehen, sinngemäß."

Gemäß § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Die Abgabenbehörde hat gemäß § 84 Abs. 1 BAO solche Personen als Bevollmächtigte abzulehnen, die die Vertretung anderer geschäftsmäßig, wenn auch unentgeltlich betreiben, ohne hiezu befugt zu sein.

Die Bestimmungen der §§ 83 f BAO regeln das Verhältnis gewillkürter Vertreter des Abgabepflichtigen zu den Abgabenbehörden. Bei einem derartigen Vertreter handelt es sich - sofern dies nicht im Einzelfall ausgeschlossen ist - um den Fall einer direkten Stellvertretung, bei der die Erklärung des Vertreters unmittelbare Wirkungen in der Person des Vertretenen erzeugt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 1993, Zl. 93/16/0119).

Nach § 321 Abs. 2 BAO erfahren die gemäß § 71 WTBO unberührt gebliebenen Befugnisse zur Vertretung vor Abgabenbehörden beziehungsweise zur Hilfe- oder Beistandsleistung in Abgabensachen durch das Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes keine Änderung; dies gilt auch für die im § 107a Abs. 3 Z 3 bis 9 der Abgabenordnung genannten Personen und Stellen.

Mit Inkrafttreten des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes (WTBG) trat gemäß § 228 Z 1 WTBG u. a. die WTBO außer Kraft. Soweit in anderen Rechtsvorschriften des Bundes auf Bestimmungen verwiesen wird, die mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes aufgehoben oder abgeändert werden, erhält nach § 230 WTBG die Verweisung ihren Inhalt aus den entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

Nach § 71 Abs. 1 WTBO werden die Befugnisse der Rechtsanwälte, Patentanwälte und Notare durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht berührt. Gleiches gilt für die Befugnisse von Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereiches Hilfe oder Beistand in Steuersachen im Sinne der Abgabenordnung leisten, sowie der im § 107a Abs. 3 Z 3 bis 9 der Abgabenordnung genannten Personen oder Stellen.

§ 6 WTBG in der Stammfassung BGBl. I Nr. 58/1999 lautet:

"§ 6. (1) Durch dieses Bundesgesetz werden die Befugnisse nicht berührt:

1.

der Rechtsanwälte,

2.

der Patentanwälte,

3.

der Notare,

4.

der Behörden und der Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereiches Hilfe oder Beistand in Steuersachen leisten,

              5.              der Revisionsverbände der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und der Prüfungsstelle des Sparkassen-Prüfungsverbandes hinsichtlich der ihnen zugewiesenen Prüfungs- und Beratungsaufgaben und der in § 3 Abs. 1 Z 1 und 3 angeführten Tätigkeiten,

6.

der Gewerbetreibenden,

7.

der Ziviltechniker und

8.

der gesetzlichen Berufsvertretungen, ihren Mitgliedern Hilfe und Beistand auf dem Gebiet des verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens zu leisten.

(2) Das Recht der Gerichte und Verwaltungsbehörden, zur Erstattung von Gutachten ständig oder im Einzelfall für das Buch- und Rechnungsfach beeidete Sachverständige oder Inventurkommissäre heranzuziehen, die nicht Berufsberechtigte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind, bleibt unberührt, doch erlangen diese Personen durch eine solche Heranziehung keine Befugnis, eine wirtschaftstreuhänderische Tätigkeit im Auftrag anderer Auftraggeber durchzuführen."

Daraus folgt, dass die Verweisung des § 321 BAO dahingehend zu verstehen ist, dass nunmehr auf § 6 WTBG verwiesen wird.

Gemäß § 107a Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO), DRGBl 1933 I 161, bedürfen Personen, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, insbesondere Rat in Steuersachen erteilen, dazu der vorherigen Erlaubnis des Finanzamtes. Abs. 1 gilt nach Abs. 3 u. a. nicht für Personen, die in Zollsachen Hilfe leisten (Z 3) und Unternehmer, die ein Handelsgewerbe betreiben, soweit sie in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Geschäft, das zu ihrem Handelsgewerbe gehört, ihren Kunden Hilfe in Steuersachen leisten (Z 5).

Die Beschwerdeführerin behauptet, Spediteur iSd § 407 HGB (nunmehr UGB) zu sein.

Die Beschwerdeführerin stützt eine ihrer Meinung nach bestehende Vertretungsbefugnis auf § 38 ZollR-DG. Dabei übersieht sie aber, dass diese Bestimmung nur für den Bereich der Abgabe von Zollanmeldungen gilt. In den vorliegenden Beschwerdefällen ist die Beschwerdeführerin jedoch ausschließlich als direkte Stellvertreterin im Verfahren der T GmbH betreffend deren Antrag auf Feststellung der Weitergeltung eines Amtshilfeabkommens und im Berufungsverfahren der G GmbH betreffend die Abweisung eines Erstattungsantrages aufgetreten, nicht hingegen bei der Abgabe von Zollanmeldungen.

Eine Vertretungsbefugnis des Spediteurs lässt sich auch nicht aus § 6 WTBG ableiten, gehört dieser doch nicht den dort aufgezählten Berufsgruppen, Körperschaften bzw. Verbänden an.

Auch aus § 107a Abs. 3 Z 3 bis 9 AO lässt sich für die Beschwerde nichts gewinnen (wobei die Frage, ob der Verweisung in § 321 Abs. 2 BAO überhaupt noch Bedeutung zukommt, dahingestellt bleiben kann).

Zu § 107a Abs. 3 Z 3 AO (Hilfe in Zollsachen) ist zu bemerken, dass diese Vorschrift schon bei Inkrafttreten der BAO zufolge der geänderten zollrechtlichen Bestimmungen unanwendbares Recht war (vgl. das Zollüberleitungsgesetz, BGBl. Nr. 1946/127, und das nachfolgende Zollgesetz 1955) und somit auch der derzeit ohne Bedeutung ist (vgl. Stoll, BAO, 839).

§ 107a Abs. 3 Z 5 AO erlaubt zwar Unternehmern, die ein Handelsgewerbe betreiben, ihren Kunden Hilfe in Steuersachen zu leisten, soweit diese in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Geschäft, das zu ihrem Handelsgewerbe gehört, steht. Daraus kann sich aber schon deswegen keine Vertretungsbefugnis für die Beschwerdeführerin ergeben, weil nach der Rechtsprechung die "Hilfe in Steuersachen" nicht auch die Vertretung vor Abgabenbehörden mit einschließt (vgl. die bei Ritz, BAO3, Tz 8 zu § 84 genannte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere das hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 1993, Zl. 93/16/0119, mwN).

Da die Beschwerden keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufzuzeigen vermochten, waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. Februar 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006160180.X00

Im RIS seit

11.05.2007

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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